Protocol of the Session on March 9, 2016

Herr Minister, die Landesregierung hat in einem Punkt recht: Planwirtschaftliche Ausbauziele - wie die Bundesregierung sie formuliert - sind relativ irre, wenn man weiß, dass das privatwirtschaftlich organisiert wird. Das Land muss in erster Linie in Zusammenarbeit mit den anderen staatlichen Ebenen die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass der Glasfaserausbau und der Ausbau des mobilen Netzes schnellstmöglich voranschreiten.

Herr Minister, Sie haben gesagt, die Landesregierung sei gut davor, wir seien beim Glasfaserausbau teilweise an zweiter Stelle. Das ist alles ganz toll. Aber wir sollten uns genau anschauen, wer das macht. Wir können ja froh sein, dass wir in Schleswig-Holstein so viele kommunale Energieunternehmen haben, Stadtwerke, die das machen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Dann muss man nicht nörgeln!)

- Herr Stegner, da muss man nicht nörgeln. Das Problem ist nur, Sie klopfen sich für etwas auf die Schulter und sagen, wie toll Sie davor seien, wofür Sie gar nichts können.

(Beifall FDP und CDU)

Ich kann politisch nachvollziehen, dass man sagt: Wir sind an zweiter Stelle, und die Landesregierung hat so toll gearbeitet. - In Wahrheit machen es die Stadtwerke.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Minister, in einem Beitrag in der wunderbaren Image-Broschüre der Landesregierung „Wirtschaftsland 2016“ mit dem Titel „Schleswig-Holstein ist ein attraktiver Industriestandort“ werden Sie mit folgendem Satz zitiert:

„Eine zuverlässige, auch für noch größere Datenmengen der Zukunft geeignete Breitbandversorgung ist für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft von größter Bedeutung.“

Diese Auffassung teile ich, aber - wie gesagt - die Landesregierung kann nur Rahmenbedingungen schaffen. Herr Minister, schauen Sie sich einmal an, was die Unternehmensbefragung der IHK Schleswig-Holstein ergeben hat. Da stellen wir fest: Über 91 % der befragten Unternehmen in Schleswig-Holstein sagen, die Breitbandversorgung sei für sie das wichtigste Thema. Die Zufriedenheit hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Es waren schon einmal über 50 %, und es sind jetzt deutlich weniger: Nur 26 % sind noch zufrieden.

(Zuruf Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Dr. Stegner, ich stelle fest, dass Sie Fachmann bei diesem Thema sind. - Da ist noch viel zu tun. Wenn man sich lobt, muss man auch die Probleme sehen.

Meine Damen und Herren, wir werden das Thema weiter im Ausschuss beraten. Herr Minister, wir haben das Jahr 2016. Legen Sie Ihre digitale Agenda doch endlich vor, damit wir noch vor der Landtagswahl darüber reden können, wie es in SchleswigHolstein mit der Digitalisierung weitergeht! Sehen Sie mal ein bisschen zu! Wenn etwas Ordentliches dabei herausgekommen ist, können Sie sich noch vor der Landtagswahl dafür loben. Ich habe Zweifel daran, dass Sie etwas Ordentliches hinbekommen. Wir werden das sehen und vor der Landtagswahl diskutieren. - Ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall FDP und CDU)

(Christopher Vogt)

Für die SPD-Fraktion hat die Abgeordnete Kirsten Eickhoff-Weber das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Dem Ministerium danke ich für die Antworten auf die Große Anfrage und für den Bericht.

(Beifall SPD)

Den Antragstellern danke ich ebenso. Denn es ist eine wunderbare Gelegenheit zu zeigen, was alles auf dem Weg ist, was alles geschafft wurde. Ich habe das Genörgel nicht so richtig nachvollziehen können. Vielleicht liegt es daran, dass die Antworten und der Bericht recht umfangreich sind und die Zeit trotz der vier Monate, die es gedauert hat, gefehlt hat, um in dieses Thema richtig einzusteigen.

Denn Schleswig-Holstein hat als einziges Bundesland eine Breitbandstrategie, die ein klares Ziel formuliert - das kann man alles nachlesen -: Die flächendeckende Versorgung mit Glasfaser in die Gebäude und Haushalte bis 2030. Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Bis 2025 wird ein Großteil dieser Dinge geschafft sein.

(Vereinzelter Beifall SPD)

Auch neue Wege werden beschritten - der Minister hat es ausgeführt -, das Backbone-Netz für die Verwaltungsstrukturen und die Schulen wird ein ganz wichtiger Schritt nach vorn sein. Dabei lassen wir den Ausbau des Mobilfunknetzes nicht aus den Augen. Er muss flächendeckend vorangetrieben werden. Es geht in Schleswig-Holstein nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch.

(Beifall SPD, SSW und vereinzelt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Schleswig-Holstein ist auf einem guten Weg - der Minister hat es gesagt -: 73,2 % der Haushalte verfügen bereits über Bandbreiten von 50 Mbit. Dies ist der zweitbeste Versorgungsgrad aller Flächenländer der Bundesrepublik. Und da nörgeln und jammern Sie in einem Stück!

(Beifall SPD)

23 % der Haushalte können einen Glasfaseranschluss erhalten. Damit sind wir bundesweit spitze. Und immer noch nörgeln und jammern Sie.

(Beifall SPD)

Das Wichtigste an unserer Breitbandstrategie in Schleswig-Holstein ist, dass wir die Aktivitäten der am Breitbandausbau Beteiligten intensiv flankieren und begleiten, mit Beratung und Koordination und natürlich auch mit Fördermitteln. Es ist richtig, dass dies vor allem auf kommunaler Ebene geschieht. Darauf kann Schleswig-Holstein wirklich stolz sein.

(Unruhe)

In diesem Land stehen bis 2020 über 70 Millionen € an Fördermitteln zur Verfügung. Die werden aus verschiedenen Töpfen gespeist: EU, Bundes- und Landesmittel. Hinzu kommen die Finanzierungsinstrumente der Investitionsbank und mögliche Landesbürgschaften. Das heißt, dass die vielfältigen Aktivitäten im Land vielfältige Möglichkeiten der Förderung haben.

Die zentrale Rolle bei der Koordination - der Minister hat es gesagt - ist das Breitband-Kompetenzzentrum. Wir wissen, dass das Breitbandforum, der Runde Tisch Breitband sowie die Informations- und Fortbildungsveranstaltungen in Schleswig-Holstein gut und vielfältig genutzt werden. Viele vor Ort sind damit sehr zufrieden.

(Beifall SPD und Flemming Meyer [SSW])

Betont wurden die regionalen Anbieter, die den Glasfaserausbau vorantreiben, und da bin ich ganz bei Ihnen: Kommunen und Verbände können nur gemeinsam mit dem Land Breitbandausbau in Schleswig-Holstein flächendeckend sichern. Ganz wichtig ist es - auch das hat der Minister erwähnt -: Die Bundesförderungen müssen auf die Vielfalt in Schleswig-Holstein abgestimmt werden. Es darf nicht zu einer Bevorzugung einiger weniger Anbieter kommen. Darauf müssen wir miteinander achten, dass insbesondere auch die Aktivitäten der Stadtwerke hier weiter möglich sind. Wir brauchen faire Förderbedingungen des Bundes, die den schleswig-holsteinischen Weg weiter unterstützen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf Lars Winter [SPD])

Und ganz wichtig noch einmal: Ländliche Räume in Schleswig-Holstein werden profitieren. Eine digitale Spaltung zwischen Stadt und Land lassen wir nicht zu.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Ralf Stegner [SPD] - So ist das!)

Denn die Chancen der Digitalisierung sind die Zukunft der ländlichen Räume. Eine leistungsstarke

Breitbandversorgung ist Teil der Lebensqualität. Sie wird dazu beitragen, Familie und Beruf besser zu vereinbaren. Sie kann erleichtern und Industrie und Mittelstand erfolgreich bestehen lassen. Das bedeutet Arbeitsplätze und Wertschöpfung vor Ort.

Digitalisierung bedeutet aber auch Teilhabe für alle Generationen. Mit der Glasfaser erweitern sich die Möglichkeiten, auch auf dem Land ein selbstbestimmtes Leben im Alter zu führen. Das hat Auswirkungen auf Gesundheitsvorsorge, PflegeOrganisation, auf internetbasierte Mobilitätskonzepte, aber auch auf digitale Kulturangebote. Junge Generationen wachsen in einer digitalisierten Welt auf. Für sie sind viele Techniken selbstverständlich, bei denen viele ältere sich eher überfordert fühlen. Hier muss noch eine Menge getan werden. Wir müssen uns gemeinsam Gedanken machen, wie wir allen Generationen die Tür in die digitale Welt öffnen können. Es gibt also nicht nur den Bildungsauftrag für die Schulen, sondern auch die älteren Leute müssen eine Chance haben, sich mit diesem Medium vertraut zu machen, damit sie die Dinge nutzen können.

(Beifall SPD)

Wir sind in Schleswig-Holstein auf einem sehr guten Weg. Setzen wir ihn gemeinsam fort! - Danke.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Rasmus Andresen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Politik hechelt der Digitalisierung zu oft hinterher. Deswegen ist es wichtig, dass wir endlich begreifen, dass der Zugang zu digitaler Infrastruktur staatliche Grundversorgung ist. Deswegen bedanke ich mich auch bei der CDU-Fraktion dafür, eine Große Anfrage zu diesem wichtigen Thema, wo es um weit mehr als einfach um Breitbandausbau geht, hier eingereicht zu haben. Ich bedanke mich bei der Landesregierung für die Antwort.

Soziale und gesellschaftliche Teilhabe wird ohne den Zugang zu digitaler Infrastruktur in Zukunft nicht mehr möglich sein. Der gleichwertige Zugang zum Internet, der durch die Netzneutralität

gewährleistet wird, ist deshalb kein Nebenthema, sondern zentrale Voraussetzung für unsere digitale Infrastruktur.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kir- sten Eickhoff-Weber [SPD] und Martin Habersaat [SPD])

Schleswig-Holstein - das haben Kollegen bereits genannt - ist mit Nordrhein-Westfalen unter den Flächenländern beim digitalen Infrastrukturausbau vorne. Allerdings heißt es natürlich nicht, dass wir zufrieden sein können oder dass es bei uns im Land keine Lücken gibt. Die gibt es natürlich, und es muss weiter daran gearbeitet werden, diese zu schließen. Die technologische Modernisierung unseres Landes wird auch nicht zum Nulltarif realisierbar sein. Diese Investitionen, die getätigt werden müssen, werden sich aber lohnen. Das Einzige, das nämlich noch teurer wäre, als diesen Ausbau durchzuführen, wäre, ihn zu verschlafen.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Burkhard Peters [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb ist es richtig, auf einen Mix aus unterschiedlichen Instrumenten zu setzen. Dazu braucht man die öffentliche Hand - der Minister hat eine ganze Menge dazu bereits gesagt, in der Großen Anfrage stehen weitere Sachen - und die Einbeziehung privater Akteure. Ein Akteur, eine Ebene allein wird diese Mammutaufgabe nicht stemmen können.

Wir nehmen als Land dafür aus Sondervermögen und aus anderen Haushaltstöpfen durch Fördermittel zurzeit ungefähr 70 Millionen € für den digitalen Infrastrukturausbau in die Hand. Es ist gut investiertes Geld, und wir werden sicherlich in den nächsten Jahren noch weit darüber hinausgehen.