Nun kann man die Gegebenheiten in Hessen sicher nicht ohne Weiteres auf Schleswig-Holstein übertragen. Inzwischen arbeiten aber auch die Bundespolizei, die Polizei in Hamburg, in Rheinland-Pfalz, in Bayern, in Bremen, in Berlin mit Pilotprojekten zur Body-Cam. Wir sind der Überzeugung, dass auch unsere Polizistinnen und Polizisten diesen zusätzlichen Schutz verdient haben. Deshalb wollen wir auch ein Modellprojekt auch für SchleswigHolstein.
Herr Innenminister, ich habe in dem Perspektivpapier, das Sie vorgelegt haben, mit Freude gelesen, dass Sie den Einsatz von Mini-Schulterkameras grundsätzlich positiv bewerten. Was Sie aber konkret planen, sagen Sie nicht. Im Zweifelsfall tragen wir Sie auch an dieser Stelle gern zum Jagen.
Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag, auch vor dem Hintergrund, dass rechtliche Vorarbeiten erforderlich sein werden, die Zeit brauchen, bis ein solches Modellprojekt beginnen kann. Dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt, in die Beratungen einzusteigen. Ich bitte um Zustimmung.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kleine Anmerkung zum Kollegen Dr. Bernstein: „Man braucht noch rechtliche Vorbereitungen“ und „unverzüglich“ beißen sich ein wenig. „Unverzüglich“ bedeutet, man macht es sofort und kümmert sich dann um die rechtlichen Vorbereitungen. Das können Sie als Rechtsstaatspartei nicht gemeint haben.
Spätestens seitdem in den USA Body-Cams eine weite Verbreitung gefunden haben, wird über ihren Einsatz unter vielen Aspekten diskutiert. Übrigens ist uns darüber auch schon im Innen- und Rechtsausschuss berichtet worden. Es gibt diverse Modellversuche in verschiedenen - übrigens meist rotgrün regierten - Bundesländern, und die Modellversuche laufen zum Teil noch, aus gutem Grund.
Als Opposition kann man es sich natürlich einfach machen, schnell den unverzüglichen Einsatz fordern - das haben wir gerade gehört - und sich danach mit den zu klärenden Fragen etwas tiefer beschäftigen. Wer aber in die entsprechenden Berichte unter anderem der Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz guckt, der stellt fest, dass in den unterschiedlichen Pilotversuchen verschiedene Fragestellungen geklärt werden. Beim Einsatz von BodyCams müssen folgende Fragen beantwortet werden: Wer filmt? Wie erkennen das Gegenüber und Unbeteiligte, dass sie gefilmt werden? An welchen Orten soll sie eingesetzt werden? Zu welchen Anlässen? Mit Ton? Die ganze Zeit? Mit oder ohne Vorlaufschleife? Wer hat Lesezugriff? Wer darf lö
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eine BodyCam ist ein weitreichender Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung auch von Unbeteiligten. Deshalb stellt sich zunächst die Frage nach der Geeignetheit.
Die Body-Cam soll deeskalierend auf das polizeiliche Gegenüber wirken - gleich klatschen Sie wahrscheinlich nicht mehr - und damit die Zahl der Widerstandshandlungen und Angriffe auf Polizeibeamte reduzieren. Ja, wir benehmen uns anders, wenn wir gefilmt werden. Diese Wirkung ist ausdrücklich erwünscht, und die Auswertung der Modellversuche zeigt, dass zumindest in kriminalgeographischen Schwerpunkten der erhebliche Mehraufwand den Nutzen rechtfertigen könnte.
Für die Kollegen der CDU scheint die Sache damit erledigt zu sein. Es ist geeignet, Gewalt gegen Polizeibeamte zu reduzieren, also machen wir es unverzüglich; Ende der Durchsage. - Ich bin ja froh, dass Sie einmal etwas Geeignetes vorschlagen; häufiger schlagen Sie ja etwas Ungeeignetes vor, was sich nur gut anhört.
Ja, die Eignung ist ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium. Da wir in Deutschland im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten erheblich höhere Datenschutzanforderungen haben, wäre es mit dem Minimierungsgebot des Eingriffs schlecht vereinbar, wenn jeder Polizeibeamte 24 Stunden lang überall eine Kamera laufen hätte - von den Belastungen für die Körperausrüstung einmal ganz zu schweigen.
Auch die Angemessenheit muss gegeben sein. Was in öffentlichen Räumen bei entsprechender Schwerpunktsetzung angemessen sein kann, dürfte bei Einsätzen in Privatwohnungen - was in Hessen gefordert wird -, die für Polizeibeamte auch hochgefährlich sein können, häufig gefährlicher als im öffentlichen Raum, nicht zulässig sein.
Neben der direkten Videoaufnahme wird auch über Vorlaufschleifen und Audioaufnahmen diskutiert. Richtig ist, dass nur, wenn dauerhaft festgehalten werden kann, wie es überhaupt zu der Situation gekommen ist, und zur Beurteilung des Verlaufs nicht nur ein Stummfilm zur Verfügung steht,
Ich jedenfalls habe noch Zweifel, ob eine zusätzliche Tonaufnahme so stark zusätzlich deeskalierend wirkt, zur Videoaufnahme, dass sich ihr Einsatz allein aus der Eigensicherung, also aus der Gefahrenabwehr rechtfertigen würde. Dann würden wir aber die bestehenden Ermächtigungsgrundlagen zur Gefahrenabwehr verlassen und uns auf das Gebiet der Beweissicherung begeben. Das stellt sich die Frage, wieweit der Landesgesetzgeber überhaupt gehen kann und darf.
Um es zum Schluss deutlich zu sagen: Meine Fraktion spricht sich grundsätzlich für den Einsatz von Body-Cams aus, auch wenn wir sie nicht für ein Allheilmittel halten. So dürften sich zum Beispiel Betrunkene kaum beeindrucken lassen. Aber die Abwägung, welche Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte für welchen polizeilichen Nutzen, insbesondere die Eigensicherung, gerechtfertigt sind, sollten wir als Parlamentarier selbst treffen.
Als selbstbewusste Parlamentarier sollten wir im Ausschuss intensiv darüber diskutieren, auch über die unterschiedlichen Ergebnisse der Modellversuche, auch über die Fragen, die ich eben aufgeworfen habe - außer jemand kann sie schon abschließend beantworten. Der Kollege Breyer wird es wahrscheinlich können, weil er Videoaufnahmen grundsätzlich schädlich findet. Ich schätze, alle anderen werden wahrscheinlich keine so klare Antwort finden können bei der unterschiedlichen Lage. Eine Body-Cam ist nicht eine Body-Cam, auch wenn sich das beim Antrag der CDU erst einmal so anhört.
Zum Änderungsantrag der Kollegen der PIRATEN muss ich sagen: Auch Sie scheinen sich nicht einig zu sein. Der Erste, der Body-Cams in den Ausschussberatungen ins Spiel gebracht hat, war Mitte 2014 der Kollege Dudda, der dieses Instrument beim Thema Polizeigewalt vorgeschlagen hat. Daran können Sie sehen, dass man unterschiedlicher Auffassung sein kann, wie immer bei diesen Fragen. Auf der einen Seite habe ich einen Nutzen, auf der anderen Seite habe ich einen Eingriff in Rechte, auch von Unbeteiligten. Das sollten wir vernünftig abwägen. Wir müssen auch nicht dauernd Modellversuche machen, wir können auch einfach die Ergebnisse von laufenden Modellversuchen abwarten.
Ich bin beim letzten Satz. - Dann können wir uns gemeinsam darüber unterhalten, was wir an rechtlichen Grundlagen ändern müssen. Das können wir allerdings erst dann wissen, wenn wir wissen, wie wir die Body-Cam überhaupt einsetzen wollen. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor allen Dingen lieber Kollege Dr. Bernstein! Wir Grüne stehen den Body-Cams kritisch, aber durchaus nicht ablehnend gegenüber. Ich halte es eher mit den Worten meines geschätzten Kollegen Dr. Tietze: „Erst grübeln, dann dübeln“.
Dazu gehört die Feststellung, dass der bundesweite Probeeinsatz von Body-Cams bei der Bundespolizei auf Bahnhöfen in Hamburg bis München erst in diesem Jahr anfängt. Die Landespolizei Hessen hat die erste Testphase bereits 2014 abgeschlossen und befindet sich zurzeit in der zweiten Erprobungsrunde. Hamburg testet seit Juni 2015 im Revier der Davidwache. Reinland-Pfalz erprobt Body-Cams seit Juli 2015 in zwei Einsatzgebieten in Mainz und Koblenz. Die Länder Bayern und Baden-Württemberg ziehen in diesem Jahr nach, und zwar an ausgesuchten Brennpunktorten in sogenannten Feiermeilen und Weggehvierteln, in denen es aufgrund hoher Alkoholisierung häufig zu Schlägereien kommt.
Liebe CDU, warum wir angesichts dieser Fülle von laufenden Pilotprojekten, bei denen die unterschiedlichsten technischen Systeme, Einsatzszenarien und Zweckbestimmungen für Body-Cams erprobt und anschließend evaluiert werden, ausgerechnet in Schleswig-Holstein „unverzüglich“ mit dem Einsatz von Body-Cams beginnen sollen, können Sie keinem vernünftigen Menschen erklären.
Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Bernstein, das Einzige, was Sie treibt, ist wieder einmal, Ihre famose Schneidigkeit im Bereich der inneren Sicherheit unter Beweis zu stellen, allerdings auch in diesem Fall ohne Sinn und Verstand.
Der sofortige flächendeckende Einsatz von BodyCams in Schleswig-Holstein verbietet sich angesichts der vielen noch offenen Fragen, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Datenschutz.
Wo darf das System zum Einsatz kommen? Nur im öffentlichen Raum oder auch im Privatbereich, wenn zum Beispiel gewalttätige Ehemänner der Wohnung verwiesen werden? Das sind ja häufig sehr gefahrenträchtige Situationen. Dient das System nur der Eigensicherung oder auch der Gefahrenabwehr oder der Beweissicherung in einem Strafverfahren? Sollen nur Bildaufnahmen oder auch Tonaufnahmen gefertigt werden? Wie sind die Löschungsfristen? Wer trifft die Löschungsentscheidung? Wie ist die nachträgliche Unveränderlichkeit der Dokumentation gewährleistet? Sollen auch die von der Aufnahme betroffenen Bürger und Bürgerinnen Zugriff auf die Dokumentation haben?
Das alles sind äußerst wichtige und vor allem noch völlig ungeklärte Fragen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Body-Cams. Ihnen, Herr Dr. Bernstein, ist das des knalligen Effekts wegen aber offenkundig völlig egal. Sie wollen gleich loslegen. Vor einem Einsatz in Schleswig-Holstein brauchen wir aber eine genaue Analyse, an welchen Orten und bei welchen Einsätzen es in der Vergangenheit besonders häufig zu Gewalt gegen Polizeikräfte gekommen ist. Angesichts der nicht unerheblichen Kosten der auf dem Markt befindlichen Systeme - 20.000 € für vier Stück allein in Hamburg - wäre es völlig abwegig, alle Streifenbeamtinnen und -beamten auf dem platten Lande mit einer solchen Anlage auszustatten.
Wir Grünen können dieser Technik nahetreten, wenn sie im konkreten Einsatzgeschehen im öffentlichen Raum tatsächlich eine Deeskalationswirkung hat. Jeder verhinderte gewalttätige Angriff auf Polizistinnen und Polizisten ist zu begrüßen. Die bisherigen Erfahrungen in Hessen legen dies nahe. Das bedarf aber genauerer Überprüfung.
darstellen, sind die damit verbundenen Rechtsfragen sehr intensiv und unter Einbeziehung der Datenschutzbehörden zu prüfen. Das geschieht bereits bei der Bundespolizei und in fünf Bundesländern. Wir sind in Schleswig-Holstein klug beraten, die in den anderen Ländern gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnisse abzuwarten, auszuwerten und uns die Übertragbarkeit auf die hiesigen Verhältnisse und Erforderlichkeiten genau anzuschauen. Ich gehe davon aus, dass das Projekt Body-Cams laufend von Innenministerkonferenz und Landespolizeibehörde begleitet und verfolgt wird. Genaueres werden wir dann im Innen- und Rechtsausschuss beraten und erfahren. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der CDU bezieht sich auf einen Modellversuch, der vor zwei Jahren in Hessen ausgewertet worden ist. Die dort erhobene Behauptung, durch den Einsatz von Body-Cams seien gewaltsame Übergriffe auf Polizeibeamte um 37 % zurückgegangen, klingt bombastisch, ist aber bei näherem Hinsehen ziemlich fragwürdig. Der Befund bezieht sich nämlich auf die stolze Zahl von 14 Fällen. Für jeden, der etwas von Statistik versteht, ist die Ableitung genereller Schlussfolgerungen angesichts dieser Zahl geradezu lächerlich.
Hinzu kommt: Während der Versuchsphase in Frankfurt am Main sind die hessischen Polizeibeamten immer zu dritt statt im Zweierteam unterwegs gewesen, wie sonst allgemein üblich.