- Sie werden gleich hören, was das heißt. - Wir haben sehr ernsthaft überlegt, ob es hier in diesem Parlament dann wieder eine Debatte gibt, in der der eine dem anderen irgendetwas vorwirft und Populismus unterstellt. Wir haben dies auch mit unserem Koalitionspartner sehr ernsthaft diskutiert. Unser Partner, Fraktionsvorsitzender Stegner, hat hier eine Rede gehalten, die genau das wiedergespiegelt hat, was wir mit diesem Antrag ausdrücken wollten. Wir wollten ein Zeichen setzen. Wir wollten deutlich machen, dass wir hier im Landtag alle gemeinsam ein Zeichen gegen rechts setzen. Dass es da draußen eine Gefahr gibt, wer will das bitte schön abstreiten?
Ich bin eben vom NDR gefragt worden, warum es jetzt diese Debatte gebe und ob wir das Thema dadurch nicht aufbauschen. Denn in Schleswig-Holstein gebe es zum Glück noch nicht so eklatante Umfragewerte für die AfD, wie 17 % in SachsenAnhalt, weil in Kiel zum Glück noch keine KIGIDA - oder wie die sich hier nennen würden - auf der Straße herumlaufen. Vielmehr sind bei uns zum Glück ganz viele Menschen, auch junge Menschen, immer noch Teil einer Willkommenskultur. Ja, das ist alles gut. Da müssen wir aber doch jetzt deutlich machen, dass wir wollen, dass das so bleibt. Wenn hier die Rechten sitzen, dann wollen wir nicht sagen: Oh, hätten wir doch besser aufgepasst, jetzt müssen wir mit den Nazis im Parlament sein. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass Sie das schlecht finden.
Herr Günther, Sie widersprechen sich auch. Sie selbst erzählen davon, dass es in Ihren Ortsverbänden besorgte Bürgerinnen und Bürger gibt. In unseren gibt es sie auch, es gibt sie auch bei der SPD. Diese Bürger suchen Antworten, und wir wollen sie nicht an den rechten Rand verlieren. Das genau ist der Punkt, und wir müssen darüber reden, wie das am besten gehen kann.
- Ja, aber Sie beginnen Ihre Rede hier vorn damit, dass dies alles nicht nötig sei, dass dies alles nur Populismus sei, im Übrigen sollten wir aufpassen, dass wir selbst nicht in der linksradikalen Ecke stünden. Das ist doch absurd.
Herr Günther, wenn es einen Grund gab, diesen Antrag zu stellen und hier im Landtag darüber zu diskutieren, dann hat Ihre Rede eben richtig deutlich gemacht, dass das wichtig ist.
(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und vereinzelt PIRATEN - Zurufe Wolfgang Kubicki [FDP] und Dr. Heiner Garg [FDP])
Ich bin wirklich sehr enttäuscht und überrascht darüber, mit welcher Vehemenz sich hier der CDUVorsitzende gegen so einen Antrag stellt, der sämtliche Vorwürfe und Polemiken ausgelassen hat und der ein sehr konsensorientierter Antrag ist, von dem wir immer noch gedacht haben, dass Sie ihm sogar zustimmen oder ihn unterstützen könnten. Stattdessen wird mit keinem Satz gesagt, was daran anders sein sollte.
Sie werfen uns vor, wir hätten keinen Änderungsantrag zur Asyldebatte gestellt. Wir haben hier ganz klar gesagt, wie wir uns positionieren. Ich habe gesagt, das sind für mich Scheinlösungen. Mein Änderungsantrag ist die Integrationsarbeit dieses Innenministers. Deswegen brauche ich hier auch keinen Antrag XYZ dazu zu stellen, warum ich kein Asylpaket will.
Ein weiterer Punkt: Wenn Sie diesen Antrag anders hätten haben wollen, dann hätten Sie einen Änderungsantrag stellen können. Stattdessen sagen Sie: Wir brauchen statt dieses Antrags ein Bekenntnis zu den Medien. Ja, wir brauchen ein Bekenntnis zu den Medien. Überall, wo ich kann, auch in Schülerdiskussionen, spreche ich dazu. Neulich wurde ich bei einer Diskussion in Malente gefragt: Wo kann man sich denn noch informieren? Im Netz wird so viel Hetze verbreitet, woher soll man wissen, was richtig ist? Dann verweise ich immer auf die öffentlich-rechtlichen Medien. Ja, auch die können einmal etwas falsch melden, und sie schreiben logischerweise auch nicht immer das, worüber wir uns freuen. Nach manchen Landtagssitzungen würde man sich auch andere Schwerpunkte als den „Friedhof der Kuscheltiere“ oder Ähnliches wünschen. Aber es ist tatsächlich so, dass ich ein hohes Vertrauen in die öffentlich-rechtlichen Medien habe. Ich halte es für unsäglich, dass gerade das auch von der rechten Seite genutzt wird, um das in Misskredit zu stellen.
Meine Damen und Herren, die Hetze und die Gewalt richten sich nicht nur gegen Flüchtlinge, und sie sind auch nicht nur ursächlich in der Flüchtlingsdiskussion zu sehen, sondern sie wabern schon lange und kommen jetzt in einer Hetze gegen Politik, gegen Medien, gegen Flüchtlinge, gegen Menschen, die anders aussehen, gegen Jüdinnen und Juden hoch. Ich hatte gerade in der letzten Woche ein Gespräch mit dem Landesverband. Dort sagt man: „Wir befürchten, dass wieder Jüdinnen und Juden Deutschland verlassen, weil sie Angst vor Rechten haben.“ Wenn mir das ein Landesverband sagt, Herr Günther, dann ist das doch gruselig; das ist doch nicht egal.
schon darüber reden, warum dann bitte nicht im Schleswig-Holsteinischen Landtag darüber reden? Es ist doch eine unserer Aufgaben, hier darüber zu reden. Meine Damen und Herren, ich glaube, dass dieser Hass auch lange kaschiert worden ist.
Insoweit möchte ich abschließend noch auf Ihren Antrag eingehen, liebe PIRATEN. Sie sagen, wir sollten aus unserem Antrag herausstreichen, dass wir uns in Medien oder auf Podien damit auseinandersetzen. Ich kann mir vorstellen, was dahintersteht, nämlich eine große Abscheu, diesen Menschen auch noch eine Bühne zu bieten. Wir haben das erlebt. Ich habe neulich eine Talkshow gesehen, an der Herr Augstein und Ralf Stegner teilgenommen hatten, der sich ja nun auch nicht so leicht unterbuttern lässt. Dort war es so, dass Frau Petri und andere Schweitzer Rechtspopulisten herumgepöbelt und Blödsinn erzählt haben, sodass andere Meinungen überhaupt nicht mehr zu Wort kamen. Insofern habe ich Verständnis dafür, dass es nervt, mit denen zusammen auf einem Podium zu sitzen, und dass es auch gewisse Gefahren gibt, wenn die Moderation nicht gut ist.
Aber es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen uns auch mit Rechtspopulisten auseinandersetzen; anderenfalls kommt wieder dieser wahnsinnige Spruch: „Man wird das doch hier wohl mal sagen dürfen“. Sonst könnten wir das nie entlarven. Wir müssen es mit Argumenten entlarven, wir müssen es mit guter Politik entlarven. Das ist der einzige Punkt, bei dem ich Ihnen komplett zustimme. Die Politik hier im Hause muss gut gemacht werden, der Stil muss gut sein, und wir müssen uns inhaltlich damit auseinandersetzen. Bei diesem Punkt bin ich voll bei Ihnen. Aber ich bin nicht dafür, das entweder totzuschweigen und zu sagen: „Wir haben ja gar kein rechtes Problem; deshalb brauchen wir im Landtag auch nicht darüber zu sprechen“, oder zu sagen: „Wir halten hier nur Bekenntnisreden, und mit den Rechten reden wir nicht“. Beides halte ich für falsch.
Das ist keine Absage an die gemeinsame Forderung, sich mit Rechtsextremen oder auch Rechtspopulisten auseinanderzusetzen. Wir sind aber der Überzeugung, dass jeder für sich entscheiden muss, ob er bereit ist, sich mit Vertretern von rechtsextremen oder rechtspopulistischen Organisationen oder Parteien an einen Tisch zu setzen.
Ihr Antrag macht daraus keine Verpflichtung, erwartet aber, dass man das automatisch tut. Wir selber differenzieren je nach Vorfall, sage ich mal. Sie wissen auch, dass ich im letzten Jahr, als es hier eine Diskussion mit der Kollegin Trebesius, der Europaabgeordneten der AfD, gab, eine Presseerklärung herausgegeben und gesagt habe: „Demokratie muss das aushalten.“ Ich habe mich dieser Diskussion gestellt. Aber wir möchten, dass jeder für sich die Freiheit hat, auch ganz klar zu sagen: „Nein, mit denen setze ich mich nicht an einen Tisch.“
- Ich kann nicht verstehen, in welcher Form unser Antrag irgendjemandem die Freiheit nimmt, sich nicht mit jemanden an einen Tisch zu setzen. Insofern kann ich Ihren Antrag noch weniger verstehen.
Wenn Sie auch noch sagen, Sie würden sich der Debatte stellen, dann verstehe ich auch dies nicht. Ich würde nie jemanden zwingen, sich auf irgendein Podium zu setzen, weder mit einem Antrag noch mit körperlicher Gewalt.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, noch auf einen ernsthaften Punkt hinzuweisen. Ich glaube, der Kern der Debatte - das ist, glaube ich, der Punkt, über den wir als demokratische Parteien alle gemeinsam nachdenken müssen - ist: Wie schaffen wir es eigentlich, unseren Rechtsstaat zu schützen, ohne ihn aufzugeben? Ich glaube, das ist der Kernpunkt, über den wir in bestimmten Situationen auch bereits diskutiert haben: am Beschneidungsverbot, an der Kopftuchdebatte. Wie können wir das Dilemma auflösen, dass wir Religionsfreiheit wollen, dass wir aber auch andere Grundwerte und Werte haben, die ihr unter Umständen entgegenstehen können?
Wie schaffen wir es, auf komplexe Fragen einfache Antworten zu geben beziehungsweise deutlich zu machen, dass es eine einfachen Antworten gibt? Ich glaube, das sind Fragen, die uns alle angehen müs
sen. Ich merke das gerade auch in der Rechtsdebatte immer wieder, Herr Kubicki. Da wird dann von Lieschen Müller gesagt: „Warum könnt ihr den nicht einfach festnehmen, am Kragen packen, ins Flugzeug stecken und ihn abschieben, wenn ihr doch gesehen habt, dass er dies oder das gemacht hat?“ Dann deutlich zu machen, dass wir in einem Rechtsstaat leben, dass bei uns die Unschuldsvermutung gilt, sind Punkte, die unglaublich schwierig sind. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten: Wie bringen wir unsere Grundsätze rüber, ohne politische Correctness zu verlieren?
Das Problem, liebe Opposition, ist doch dieses: Sie empfinden diesen Antrag als einen Vorwurf an Sie, dass Sie das nicht machen. So ist es überhaupt nicht.
Aber wenn Sie sagen, wir täten das immer nur, dann kommt es offensichtlich dennoch nicht richtig an. Insofern verstehe ich Ihre Aufregung darüber überhaupt nicht, sondern ich halte es für ein ernsthaftes Anliegen von uns allen.
Wie gehen wir zum Beispiel damit um, dass die Rattenfänger immer von „das Volk“ sprechen? Ich sage immer: „Ich bin auch ein Teil dieses Volkes, aber ich bin vielleicht nicht das Volk, das er vertritt.“ Das sind Punkte, an denen wir alle gemeinsam arbeiten müssen.
Ja, Herr Günther, der wichtigste der Punkte, die wir tun können, um Rechtsextremismus aufzuhalten, ist gute Politik, um Lösungen für die Bevölkerung zu finden, damit diese insoweit zufrieden ist. Dazu hätte gestern für Sie die Möglichkeit bestanden. Zur Demokratie gehört auch, dass man eine andere Lösung für die richtige hält und nicht nur Ihre. Wir müssen ja nicht Ihrem Antrag zustimmen, um die Lösung richtig zu finden. Auch das gehört zur Wahrheit der Debatte. Sie müssen ja auch nicht unserem Antrag zustimmen; das ist auch logisch. Das verlange ich auch gar nicht, Herr Garg. Aber es ist nicht so, dass wir in diesem Hause nicht gemeinsam darüber nachdenken dürften, welches nun die beste Lösung ist, zum Beispiel auch in der Flüchtlingsdebatte.
Zweitens müssen wir in demokratische Bildung und in eine lebendige Demokratie investieren. Das bedeutet auch Medienkompetenz, damit man rechte Hetze als das erkennen kann, was sie ist.
Drittens brauchen wir Präventionsarbeit, Beratungsnetzwerke und auch konsequente Strafverfolgung von rechten Straftätern.
Insoweit hat diese Landesregierung bereits sehr viel auf die Beine gestellt. Wir werden die Landesregierung auch weiterhin gerne dabei unterstützen.
Meine Damen und Herren, in diesem Land wollen viele Menschen leben, nicht nur wegen voller Supermarktregale, sondern wegen unseres Rechtsstaates, wegen unserer Werte, wegen unserer Humanität. Das müssen wir verteidigen. Wir dürfen nicht den kleinen Finger geben und sagen: „ein bisschen schärfere Asylgesetze, ein bisschen härterer Rechtsstaat, ein bisschen weniger Gleichstellung, ein bisschen weniger Europa“, und am Ende haben wir die ganze Hand verloren. Das möchte ich nicht. Keine Handbreit den Rechtspopulisten und keine Handbreit rechter Hetze. - Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist verblüffend, aus der Initiative der regierungstragenden Fraktionen etwas, wie ich finde, aus Ihrer Sicht Sinnvolles herauszufinden, wenn Sie zugleich sagen, die AfD werde blockiert. Das ist ein Beitrag, der seinesgleichen sucht.
Ich habe den vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen so verstanden, dass er Ausdruck der Befürchtung ist, der politische Rechtsradikalismus könne wieder eine demokratiegefährdende Größe erreichen, was ich momentan nicht sehe. Der Antrag solle daher zeigen, dass alle Demokraten im Schleswig-Holsteinischen Landtag auch mit dem politischen Signal einer gemeinsamen Resolution dieser Entwicklung entgegenwirken. Deshalb wäre es vielleicht nett gewesen, Frau von Kalben, man hätte vorher auch mit uns Kontakt aufgenommen mit dem Ziel, eine gemeinsame Resolution hinzubekommen, als hier einen Antrag zu stellen und zu sagen: „So wollen wir es machen.“
Ich befürchte aber, dass die sicherlich gut gemeinte Initiative das Problem, vor dem wir stehen, nicht löst. Ich bezweifle sogar, dass sich politischer Radikalismus überhaupt ansatzweise dadurch wirksam einhegen lässt, dass man „gute Demokraten“ definiert, die den „bösen Populisten“ und den „rechten