Protocol of the Session on February 17, 2016

sien. Einige scharren schon mit den Hufen und wollen gern. Ich glaube, diese Chance sollte man ihnen auf alle Fälle geben.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Einer der Punkte, wenn man mit Lehrkräften aus DaZ-Basisklassen spricht, ist, dass sie sagen, es sei schon sehr herausfordernd geworden. Die Spannbreite von - das ist jetzt kein Klischee - dem eritreischen Hirtenjungen ohne Schuhe bis hin zu dem fast fertigen Abiturienten aus Syrien neben ihm stellt schon eine Herausforderung an Heterogenität dar. Dann kommt dazu ein permanenter Lerngruppenwechsel. Wir wissen, es gibt keine stabile Lerngruppe, sondern gerade im Bereich der Geflüchteten kommen permanent neue Kinder und Jugendliche dazu. Andere gehen wieder, ziehen also weg. Ich glaube, momentan haben wir eine sehr unruhige Situation, obwohl man den Kindern und Jugendlichen natürlich Stabilität wünschen würde. Ich weiß aber nicht, wie man das anders regeln kann. Ich bin froh, dass wir eine Schulpflicht ab dem ersten Tag haben.

Wir hören eben auch, dass die Sorge besteht, ob man auch in einem Jahr noch genügend Personal finden wird. Deshalb ist die Fragestellung DaZ in der zweiten Phase der Lehramtsausbildung sehr gut. Die zusätzlichen Referendariatsstellen hatte ich schon angesprochen. Möglicherweise kann man auch darüber nachdenken, ob die DaZ-Zentren DaZ-Schulassistentinnen und -Schulassistenten bekommen können. Warum greifen wir nicht auch auf Lehrkräfte zurück, die möglicherweise unter den Geflüchteten sind, die zum Beispiel Englisch und Mathe unterrichten könnten? Das wäre eine Überlegung. Aber auch die bedarf natürlich noch einer Überprüfung.

Zu dem Antrag der Fraktion der CDU wird gleich meine Kollegin Ines Strehlau sprechen. Ich kann Ihnen aber sagen, was eines der Gründe ist, warum der Flüchtlingsbeauftragte dafür ist. Plötzlich hätten nämlich alle Jugendlichen einen Anspruch auf Bildung. Momentan gilt das nur für die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen ab 18, die aus Staaten mit einer klaren Bleiberechtsperspektive kommen.

Kommen Sie bitte zum Ende.

Komme ich, Herr Präsident. - Das heißt, all die jungen Menschen aus Afghanistan zum Beispiel sind von den Maßnahmen ausgeschlossen. Aber da könnte man von Bundesregierungsseite für eine Öffnung eintreten. - Vielen Dank.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Für die Fraktion der PIRATEN hat Herr Abgeordneter Sven Krumbeck das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für den vorgelegten Bericht danke ich der Bildungsministerin und ihrem Haus ausdrücklich Wir wissen aus den zurückliegenden Sitzungen aller beteiligten Ausschüsse, dass hier eine Menge an Koordinierungsarbeit zu leisten ist und die Entwicklung hinsichtlich Daten und Fakten oft schneller ist, als man es aufschreiben kann.

Wer die Flüchtlingspolitik kritisiert, der wird doch, wenn es um die schulpflichtigen Kinder geht, feststellen können, dass die Landesregierung hier schnell reagiert hat. Sie hat hier versucht, möglichst viel richtig zu machen und angemessen zu erledigen. Das möchte ich grundsätzlich für den Bereich der Schulpolitik feststellen. Dafür danke ich auch ausdrücklich.

(Beifall PIRATEN, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Jette Waldinger-Thiering [SSW])

Darum unterstelle ich auch bei allem, was ich im vorgelegten Bericht lese, zunächst großes Bemühen und politisches Engagement. Dennoch kann der Bericht nicht wirklich zufriedenstellend sein, weil er nur dokumentiert, was auf geduldigem Papier gut funktioniert, was aber bei genauem Hinsehen leider der Realität in den Schulen nicht standhält.

Wir üben den Spagat zwischen dem politisch Möglichen und dem realpolitisch Besten, und da kommen wir noch immer nicht zusammen. Seit 2012 wurden 84 DaZ-Zentren eingerichtet und stufenweise ausgebaut. Der Bericht zeigt auf, dass sich durch den massiven Flüchtlingsstrom allerdings die Zielgruppe und damit der Anspruch an diese Zentren geändert haben. Im September hat der NDR in Schleswig-Holstein einen praxisnahen Bericht, einen Bericht aus dem Schulalltag, gezeigt. Dabei

(Anke Erdmann)

wurde auch das Bemühen der Landesregierung unter der Fragestellung: „Alles gut?“, beleuchtet.

Der schulische Alltag beginnt in den Sekretariaten, in denen überraschend immer mal wieder Schülerinnen und Schüler ankommen, die auf die Schulen nicht vorbereitet werden konnten. Die Kinder sind natürlich nicht an unseren Schulalltag gewöhnt. Sie sprechen gar kein Deutsch, sind traumatisiert oder nachhaltig verunsichert. In den DaZ-Klassen sitzen so nicht selten 28 oder 30 Kinder, ursprünglich sollten es 12 sein.

Managen sollten das alles die Lehrkräfte, die inzwischen eine Rarität auf dem Arbeitsmarkt sind. Denn auch das wissen wir: Die zusätzlich von der Regierung zur Verfügung gestellten Stellen werden zwar ausgeschrieben, können dann aber nicht besetzt werden, weil das qualifizierte Personal bundesweit gesucht wird. Eine unbesetzte Stelle dient dann vielleicht der Profilierung der Regierung, hilft aber den Schulen nicht. Sie müssen improvisieren. Da werden eben Klassen geteilt und der Unterricht in Teilen von Schülern mit übernommen.

Auf Seite 10 des Berichtes finden wir die Hinweise auf flexible Lösungen und die Leistungen der Wohlfahrtsverbände. Es ist zwar gut, dass hier viele zusammenarbeiten, nur mit diesen vielen müssen wir im Gespräch bleiben, auch wenn es um den heute vorgelegten CDU-Antrag geht. Den finde ich in der Sache gut. Darum signalisiere ich hier schon einmal Unterstützung und freue mich auf die Ausschussberatung. - Vielen Dank.

(Beifall PIRATEN)

Für die Abgeordneten des SSW hat jetzt Frau Abgeordnete Jette Waldinger-Thiering das Wort.

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Thema Zuwanderung und bei der Frage nach notwendigen Integrationsmaßnahmen überschlagen sich die Meldungen nahezu täglich. Ich denke, dass die Diskussion darüber, wie wir die Menschen, die zu uns kommen, bestmöglich integrieren, extrem wichtig ist. Bereits in der Debatte zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt wurde deutlich, dass die Sprachkompetenz ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Integration ist. Die sprachliche Barriere ist eine Hürde, die erfolgreich in Angriff genommen werden muss.

Was für den Arbeitsmarkt gilt, gilt natürlich auch für die Integration ins Schulsystem. Daher ist es dringend geboten, dass wir uns in diesem Zusammenhang mit dem Ausschnitt Schule befassen. Aber ich will deutlich sagen, dass wir bei diesen Fragen ganz sicher nicht am Anfang stehen. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden.

Aus dem vorliegenden Bericht geht klar hervor, dass wir zum Beispiel beim Thema DaZ-Unterricht über mehrjährige Erfahrung verfügen. Diese Form der Sprachförderung in den allgemeinbildenden Schulen ist in der Tat fachlich und institutionell etabliert. Bereits seit 2002 wurden in Schleswig-Holstein schrittweise bis 2013 und 2014 insgesamt 84 DaZ-Zentren eingerichtet. Hierfür wurden 220 Lehrerstellen im dreistufigen Modell eingesetzt.

Seinerzeit wurden die DaZ-Zentren unter dem Vorzeichen errichtet, Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund eine Sprachförderung quer durch alle Fächer und Lernbereiche zu geben - also für Kinder und Jugendliche, die bereits längere Zeit in Deutschland gelebt haben, die aber aufgrund ihrer eingeschränkten Sprachkompetenz Nachholbedarf aufzeigten.

Mittlerweile hat sich die Situation an den DaZZentren durch die Flüchtlingskinder deutlich geändert. Hier geht es um Kinder und Jugendliche, die heute unter ganz anderen Voraussetzungen am Unterricht an den DaZ-Zentren teilnehmen. Es sind junge Menschen, die teilweise extreme Lebenserfahrungen gemacht haben und durch Krieg und Flucht traumatisiert sind. Sie sind in einem fremden Land, mit einer fremden Sprache und einer anderen Kultur.

Diese Kinder und Jugendlichen zu integrieren, ist eine große pädagogische Herausforderung. Dazu kommt, dass sich die Zahl der Flüchtlingskinder im letzten Jahr mehr als vervierfacht hat. Dies stellt alle Beteiligten vor große Aufgaben. Das dürfte allen hier klar sein.

Es gilt, diese jungen Menschen innerhalb kürzester Zeit an unsere Sprache und an unser Schulsystem heranzuführen. Laut Bericht haben wir 122 DaZZentren mit - Stand Februar 2016 - mittlerweile 406 Klassen, die sich über das Flächenland SchleswigHolstein verteilen. Aktuell haben wir rund 9.700 Schülerinnen und Schüler mit DaZ-Bedarf, die von 700 Lehrkräften begleitet werden. 6.087 Schülerinnen und Schüler sind an den Basisstufen der allgemeinbildenden Schulen, 3.611 Schülerinnen und Schüler sind an den berufsbildenden Schulen.

(Sven Krumbeck)

In den DaZ-Zentren wird aber mehr als nur Sprache vermittelt. Insbesondere die interkulturelle Bildung und Erziehung ist wichtig, um die jungen Menschen an unsere Gesellschaft heranzuführen. Um dies alles zu ermöglichen, hat das Land große Anstrengungen unternommen und die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt. Auch im Haushalt 2016 sind bereits zusätzliche Mittel eingeplant. Ergänzend zum Schulangebot haben wir 2015 Mittel im Umfang von 1,5 Millionen € für einen „Sprachförderungs- und Integrationsvertrag“ bereitgestellt. Damit wollen wir den jungen Menschen auch außerhalb der Schulzeit Bildungsimpulse zukommen lassen, denn Sprache lebt davon, auch in der Freizeit gesprochen zu werden.

Der Bericht weist noch eine Menge guter und hilfreicher Integrationsmaßnahmen auf, doch leider reicht die Zeit nicht, hier alle zu nennen.

Das Engagement der Lehrkräfte und aller Beteiligten an den Standorten ist bemerkenswert. Für diese enorme Leistung gilt allen unser großer Dank, die bisher mitgeholfen haben,

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

diese gesellschaftliche Herausforderung so erfolgreich zu bewältigen.

Kurz noch zum Antrag der Kollegin Franzen. Der Ansatz, den über 18-Jährigen Zugang zur Berufsschule zu gewähren, um sie dort zu integrieren, ist im ersten Moment nachvollziehbar. Jedoch halte ich den Antrag für wenig hilfreich. Zum einen liegt die Verantwortung für nicht mehr berufsschulpflichtige Menschen beim Bund, zum anderen verbauen wir den über 18-Jährigen mit der Berufsschulpflicht ihr individuelles Recht, andere Möglichkeiten - auch mit beruflicher Perspektive wahrzunehmen. Deshalb freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss.

Eines möchte ich noch in Richtung Frau Klahn sagen. In dem Bericht, den uns die Bildungsministerin vorgelegt hat, steht auch, dass uns die Wohlfahrtsverbände im Sommer 2016 einen ausführlichen Sachbericht zu den vereinbarten Zielen und den einzelnen Projekten geben werden. Insofern freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss und auf den Bericht im Sommer, um zu sehen, wozu unser Geld gebraucht worden ist.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu den Dreiminutenbeiträgen. Davon habe ich zurzeit drei. Den ersten davon liefert der Herr Abgeordnete Martin Habersaat.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Schleswig-Holstein gilt ab dem ersten Tag die Schulpflicht für Flüchtlinge. Das ist zunächst einmal eine richtig gute Nachricht und nicht in jedem Bundesland selbstverständlich. Sogar in den Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es ab Tag eins DaZVorbereitungskurse. Darüber, ob und wie man diese Schulpflicht für die Jugendlichen über 18 ausweitet, sind wir gern gesprächsbereit.

Ich habe mich über das Signal der CDU gefreut, die sagt: Das Geld spielt keine Rolle, wir würden auch die Finanzierung übernehmen, die bisher der Bund übernommen hat. Es ist ja diese Koalition gewesen, die im Bildungsbereich seit 2012 massiv Stellen aufgebaut und damit Ihren Stellenabbaukurs an allen möglichen Enden korrigiert hat. Ja, Sie haben im letzten Haushalt beantragt, zusätzliche Lehrerstellen zu schaffen. Aber Sie wollten auch die BAföG-Mittel nicht an die Schulen geben. Das heißt: Unter dem Strich führen die Schulen bei Weitem nicht so gut, wie Sie es hier darstellen. Wir lernen ja auch, wie seriös Sie neuerdings arbeiten, Herr Koch, wenn der eine Kollege Tausende von neuen Polizeibeamten fordert und der andere Kollege das mit schlanker Hand wieder einsammelt. Langsam machen wir uns Sorgen, Herr Koch. Sie entwickeln sich zu einem finanzpolitischen Hallodri.

(Unruhe - Zurufe Tobias Koch [CDU] und Dr. Ralf Stegner [SPD])

Wir haben in der Tat noch viel zu tun. Drei Themenblöcke möchte ich hier ansprechen, die mir in dieser Hinsicht besonders am Herzen liegen.

Der erste ist: Die Jugendberufsagenturen können in der Tat ein Weg sein, um Schulen, Bundesagentur und Kreise gemeinsam in die Verantwortung zu bringen und gemeinsam Angebote für die bis 25 oder 27 Jahre alten Menschen zu entwickeln. Wir haben das in sechs Kreisen und kreisfreien Städten gestartet. Ich bitte Sie alle, mit uns gemeinsam dafür zu werben, dass mehr Kreise und kreisfreie Städte mitmachen, damit die Jugendberufsagenturen genau dort helfen können, wo sie helfen sollen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

(Jette Waldinger-Thiering)

Der zweite Block betrifft die Bundesebene und auch die Bundes-CDU, die sich ja in Berlin mit der Frage befasst, ob die Berufsschulpflicht ausgeweitet werden soll. Das ist doch der Schlüssel, um endlich dieses bescheuerte Kooperationsverbot aufzuheben und in ein Kooperationsgebot zu verwandeln. Da müssen wir gemeinsam weitermachen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der dritte ist, dass wir gemeinsam die Strukturen, die in Schleswig-Holstein zweifelsohne vorhanden sind, Stück für Stück ausweiten müssen. Ich habe keine Zeit, weiter darauf einzugehen, weil ich noch kurz auf den Steuerzahlerbund eingehen möchte, über den ich mich auch geärgert habe. Ich beruhige mich dann immer damit, dass ich mir vorstelle, ich würde einen Bund der Luftatmer gründen. Alle Menschen wären in meinem Bund vertreten. Dann würde ich dem Steuerzahlerbund zwar nicht sagen, dass es völliger Blödsinn sei, was er da verkündet, würde ihm diese Worte aber doch zum Prozess der Selbsterkenntnis angeboten haben wollen. - Vielen Dank.

(Heiterkeit - Beifall SPD und SSW)

Jetzt hat der Herr Abgeordnete Dr. Heiner Garg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Erdmann! - Ich habe mich gemeldet, weil mir eigentlich vieles, was Sie gesagt haben, ganz gut gefallen hat. In der Sache hat mir vieles gut gefallen, vor allem, weil mich die Begeisterung, mit der die sogenannten DaZ-Lehrerinnen und -Lehrer an die Sache herangehen, wirklich selbst begeistert.