Protocol of the Session on February 17, 2016

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, die Anträge in den Drucksachen 18/3836 und 18/3837 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will -

(Wortmeldung Angelika Beer [PIRATEN])

Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist dieser Antrag gegen die Stimmen der PIRATEN von allen anderen Fraktionen so überwiesen worden. - Danke schön.

Wir kommen zu den Tagesordnungspunkten 15 und 45:

(Minister Stefan Studt)

Gemeinsame Beratung

a) Chancen für eine erfolgreiche Integration verbessern - Unterrichtsangebote für Asylbewerber und Flüchtlinge ausbauen

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/3817

b) Bericht zur Integration von Flüchtlingskindern ins Schulsystem

Bericht der Landesregierung Drucksache 18/3715

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann kommt zunächst die Landesregierung mit dem älteren Bericht zu Wort. Das Wort für die Landesregierung hat die Ministerin für Schule und Berufsbildung, Britta Ernst.

(Beifall Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sehr geehrte Damen und Herren, die Integration der jungen Flüchtlinge in unser Schulsystem ist in der Tat eine Herausforderung, der wir uns stellen. In dem Bericht der Landesregierung wird in vielen Punkten dargelegt, wie diese Herausforderung bewältigt wird.

Vorweg noch eine Bemerkung: Wenn wir uns anschauen, wie wir in diesem Bereich der Integration agieren, dann können wir ganz deutlich sehen, dass wir aus den Erfahrungen mit Einwanderung nach Deutschland gelernt haben. Als in den 50er- bis 70er-Jahren die sogenannten Gastarbeiter zu uns kamen, war es nicht üblich, regelhaft Deutschlernangebote für Kinder und für Erwachsene zu unterbreiten. In diesem Bereich haben wir, die Gesellschaft, viel gelernt, und das setzen wir auch um. Wir sind klüger und klarer geworden. Wir wissen, dass Bildung der Schlüssel zur Integration ist. Die deutsche Sprache muss erlernt werden. Deshalb bieten wir Sprachkurse an. Im Übrigen erwarten wir auch, dass Deutsch gelernt wird. Wir sind auch stolz auf unsere Grundwerte und vermitteln sie denjenigen, die zu uns kommen. Wir erwarten, dass sie akzeptiert und gelebt werden.

Wir wissen, dass auch Arbeit ein wichtiger Schlüssel zur Integration ist. Deshalb sind die Hürden für

die Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen richtigerweise gesenkt worden.

(Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die deutsche Gesellschaft hat die Konsequenzen gezogen und stellt sich bei dieser Integrationsleistung schlauer als früher auf.

Wir wissen, dass Integration nicht allein durch den Staat gewährleistet werden kann. Deshalb packt die gesamte Gesellschaft mit an.

Ungefähr jeder beziehungsweise jede fünfte Schutzsuchende ist schulpflichtig. Wir sagen sehr deutlich: Das Menschenrecht auf Bildung gilt auch für nach Schleswig-Holstein geflüchtete Kinder. Es wird umgesetzt.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Unsere Schulen leisten auf diesem Gebiet Großartiges. Rückblickend können wir feststellen, dass wir im Jahr 2015 ungefähr 8.000 Flüchtlingskinder integriert haben. Wenn wir das zu Beginn des Jahres 2015 gewusst hätten, hätten wir vielleicht doch tief durchgeatmet. Rückblickend können wir feststellen, dass die Herausforderung im Großen und Ganzen sehr gut bewältigt worden ist. Deshalb möchte ich an dieser Stelle den Schulen, den Lehrkräften, den Schulleitungen, den Eltern, den vielen ehrenamtlichen Unterstützern und natürlich auch den vielen Schülerinnen und Schülern, die sich engagieren, sehr herzlich danken. Sie alle haben erheblich dazu beigetragen, dass das letzte Jahr so gut lief.

(Beifall SPD und CDU)

Wir sind auch insofern gut aufgestellt, weil wir 2002 begonnen haben, ein System von DaZ-Zentren, „Deutsch als Zweitsprache“-Zentren, aufzubauen. Wir konnten auf ein atmendes System aufbauen. Wir haben die Zentren und die Klassen ausgeweitet. Die Grundstruktur, dass wir ein mehrstufiges Sprachlernsystem haben, bei dem die einzelnen Module aufeinander aufbauen, hat uns dabei sehr geholfen.

Wir beginnen bereits bei der Erstaufnahme mit Deutschunterricht und beschulen die Schülerinnen und Schüler in den sogenannten Basisstufen, in denen die zugewanderten Kinder erste Deutschkenntnisse erhalten, bis die Kinder so gut sind, dass sie ins Regelsystem integriert werden können. Ich denke, das mehrstufige Modell, was wir machen - es machen nicht alle Bundesländer -, hat sich im letz

(Vizepräsident Bernd Heinemann)

ten Jahr bewährt. Wir werden es im Kern fortführen.

Wir werden auch an den beruflichen Schulen, an denen es keine DaZ-Stufe gibt, diese aufbauen. Auch bei diesen ist es richtig, erst Grundkenntnisse in Deutsch zu erlernen, um dann in die Berufsvorbereitung zu gehen. Wir sind gerade dabei.

Wir sind auch dabei, für die beruflichen Schulen ein Curriculum für diesen Unterricht zu erstellen, in dem es nicht nur um Sprache gehen wird, sondern das auch an das anknüpfen wird, was ich vorhin gesagt habe, nämlich die Verankerung unserer Werte. Auch das gehört in die Schule.

Darüber hinaus ergänzen wir das schulische Angebot. Wir haben mit den Wohlfahrtsverbänden einen Vertrag geschlossen. Es gibt viel ehrenamtliches Engagement in Schleswig-Holstein. Der Nachmittag und die Ferien sollen genutzt werden. Das sind wichtige Eckpunkte für die Integration von Flüchtlingskindern.

Viele Lehrkräfte haben sich weitergebildet; sie haben eine DaZ-Fortbildung gemacht. Wir haben gestern öffentlich vorgestellt, dass wir bei den Lehrkräften im Vorbereitungsdienst nicht mehr darauf setzen, dass sie sich irgendwann fortbilden. Vielmehr nutzen wir den Vorbereitungsdienst, sodass man bereits das DaZ-Modul erlernen kann. Viele junge Lehrkräfte, die künftig neu bei uns eingestellt werden, werden bereits eine DaZ-Qualifikation haben.

(Beifall SPD)

Noch einige Worte zum vorliegenden CDU-Antrag auf Verlängerung der Berufsschulpflicht: Es ist ein großes Kompliment an die beruflichen Schulen, die hier Erhebliches leisten. Dem in Ihrem Antrag verborgenen Kompliment schließe ich mich ausdrücklich an.

(Beifall SPD und CDU)

Einer generellen Ausweitung der Berufsschulpflicht möchte ich aber doch einige Argumente entgegenstellen. Sie müssen sich klarmachen, dass die Verantwortung für 18-jährige Flüchtlinge im Kern beim Bund liegt. Ich finde, man muss gute Gründe haben, warum man in diesem Bereich eine Zuständigkeit von einer Ebene komplett auf eine andere verlagert. Ich halte das nicht für richtig. Ich gebe Ihnen mit, dass auch die anderen Bundesländer dies so sehen. Bayern wird immer als Land mit einer langen Berufsschulpflicht angeführt. Aber auch Bayern ist nicht unbedingt dabei, die Berufsschul

pflicht für erwachsene junge Leute in jedem Punkt durchzusetzen.

Ich habe der gestrigen Ausgabe der „FAZ“ entnommen, dass die CDU im Bund in ihrem Integrationspapier von einer Forderung nach einer Ausdehnung der Berufsschulpflicht abgerückt ist. Sie haben dies in einen Prüfauftrag verwandelt. Insofern weiß ich nicht, ob der von Ihnen vorgelegte Antrag inzwischen überholt ist, weil es auch in Ihrer Partei Diskussionen gegeben hat.

(Unruhe)

Ich will Ihnen noch einige Argumente nennen, und ich bitte Sie, wirklich zuzuhören. Im Übergangsbereich setzen wir darauf, dass die Akteure, die sich um die jungen Menschen kümmern, gut zusammenarbeiten. Das sind die Schulen, das sind das Jobcenter, die Bundesagentur, die Kommunen und die Jugendhilfe. Wir haben für unsere Jugendlichen darauf gesetzt, dass dieser Ausbau verbessert wird und die Kooperation vorangetrieben wird, unter anderem mit dem Instrument der Jugendberufsagentur.

(Beifall SPD)

Sie müssen starke Argumente haben, um zu begründen, weshalb Sie für junge Flüchtlinge, die zu uns kommen, eine Sonderregelung treffen wollen.

(Beifall FDP - Zuruf Hans-Jörn Arp [CDU])

Mit einer Ausweitung der Berufsschulpflicht ist zwangsläufig verbunden, dass Sie all den jungen Menschen mit einer Bleibeperspektive den Leistungskatalog über das SGB II, die Leistungen der Bundesagentur, der Jobcenter, entziehen. Die jungen Menschen mit einer Bleibeperspektive, die 19, 20, 21 Jahre alt sind, können jetzt selbstverständlich eine assistierte Ausbildung absolvieren, ein EQJ machen. Das sind bewährte Maßnahmen.

Der Bund hat erheblich daran gearbeitet, diesen ganzen Instrumentenkasten für diese Gruppe auszuweiten. Ich gebe Ihnen zu bedenken, dass Ihre schlichte Forderung, die einfach klingt, den gegenteiligen Effekt auslöst. Sie würden einer großen Gruppe von Jugendlichen die bereits bereitgestellten Maßnahmen mit einem Schlag verwehren.

(Vereinzelter Beifall SPD und SSW)

Ich denke, das kann nicht in Ihrem Interesse sein. Deshalb verweise ich positiv auf das Programm, was Ministerkollege Meyer für junge Flüchtlinge vorgestellt hat. Es gibt eine Kooperation mit Mitteln des Landes, des Wirtschaftsministeriums und der Bundesagentur mit dem Ziel, Angebote für

(Ministerin Britta Ernst)

2.000 Flüchtlinge zu unterbreiten, darunter auch für jüngere Flüchtlinge. Insofern ist ihre, die vermeintlich einfachste Lösung nicht unbedingt die beste. Wir sollten im Bildungsausschuss weiter darüber diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und SSW)