Protocol of the Session on November 15, 2012

Ich erteile zunächst der Frau Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, Frau Abgeordneter Barbara Ostmeier, das Wort.

Vielen Dank. - Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich federführend gemeinsam mit dem mitberatenden Finanzausschuss mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung der Konsolidierungshilfe in mehreren Sitzungen befasst und am 7. November 2012 eine mündliche Anhörung durchgeführt. Die Ausschüsse schlossen ihre Beratungen in der gemeinsamen Sitzung am 14. November 2012 ab.

In Übereinstimmung mit dem beteiligten Finanzausschuss empfiehlt der Innen- und Rechtsausschuss dem Landtag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und eines Abgeordneten des SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP und eines Abgeordneten der Fraktion der PIRATEN die Annahme des Gesetzentwurfs, dessen Fassung der Anlage der Beschlussempfehlung zu entnehmen ist. Die Änderungen sind auch der Anlage zu entnehmen. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Gibt es Wortmeldungen zu dem Bericht? - Das ist nicht der Fall. Da die erste Lesung des Gesetzentwurfs zu Teil b) ohne Aussprache erfolgte, schlage ich vor, dass wir der Fraktion der SPD das Wort erteilen.

Ich bitte jetzt die Kollegin Simone Lange, die mir als Rednerin gemeldet wurde, nach vorn zu kommen. - Danke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ihnen liegen drei Gesetzentwürfe vor. Ich stehe jetzt vor der großen Herausforderung, in fünf Minuten die drei Vorlagen zusammenzubringen, von denen man meinen könnte, sie stehen inhaltlich nicht ganz nah beieinander. Es geht um die Neufassung des Haushaltskonsolidierungsgesetzes, um die Änderung der Gemeindeordnung, medial als sogenannter Kuchen-Paragraf bekannt, und um die Änderung der Gemeindeordnung zur Regelung der Ausschussbesetzung. Was haben alle drei Entwürfe gemeinsam? - Sie sind im Dialog entstanden, und vor allem sind sie durch den Dialog entstanden. Insbesondere die Neufassung des Haushaltskonsolidierungsgesetzes ist im Dialog entstanden.

Konkret zum Entwurf des Haushaltskonsolidierungsgesetzes: Er war notwendig geworden, weil die Regelungen zu starr und zu eng gefasst waren und eher gefesselt als geholfen haben. Die strikte Trennung der Anspruchsberechtigung auf entweder Fehlbetragszuweisung oder Konsolidierungshilfe hat eine strukturelle Benachteiligung der besonders verschuldeten Kommunen bewirkt, die den alternativlos vorgegebenen Weg eines zehnjährigen Konsolidierungsprojektes ganz oder teilweise nicht gehen können oder nicht gehen wollen.

Wir sagen: Konsolidierungshilfen ja, aber nicht um jeden Preis. Bei uns stehen nicht die Zahlen im Vordergrund, sondern die Menschen.

(Beifall SPD, vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

In diesem Sinne wünschen wir uns auch eine Änderung des Begriffs von Haushaltskonsolidierungsgesetz in Konsolidierungshilfegesetz; denn das soll es sein. Ganz konkret schlagen wir im Kern vor, Änderungen in der Systematik vorzunehmen: weg von einer strikten Trennung zwischen Fehlbedarfszuweisung und Konsolidierungshilfe hin zu einer Koppelung. Wir schlagen eine Änderung in der Mittelbereitstellung vor - vorher 45 Millionen €,

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

jetzt 60 Millionen € -, dafür eine Heraufsetzung des Fonds der Fehlbedarfszuweisungen von 15 auf 30 Millionen €. Wir schlagen nicht zuletzt auch eine Änderung im Zeitablauf vor, also in der Bindungszeit, nämlich jetzt bis zum Ende der nächsten Wahlperiode. Denn unsere Vorschläge geben den Kommunen die Spielräume zurück, die sie brauchen, um überhaupt noch handlungsfähig zu sein. Sie stärken auch ihre demokratischen Rechte und die Selbstverwaltung der Kommunen. Sie stellen echte Hilfen statt knebelnder Zwänge dar und machen - was ich eben sagte - das Haushaltskonsolidierungsgesetz zu einem echten Hilfegesetz.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Lassen Sie mich noch zwei oder drei Worte zu den anderen Änderungen verlieren. Im Fokus steht hier auf der einen Seite die sogenannte Spendenregel, medial immer als der sogenannte Kuchen-Paragraf bezeichnet. Es ist uns an dieser Stelle wichtig, Kleinspenderinnen und Kleinspender nicht zu benachteiligen und es den Gemeinderäten anheimzustellen, sich selbst darüber Gedanken zu machen, ob sie Wertgrenzen einziehen und ob sie nicht auch die Aufgabe der Entscheidung, wo Transparenz gewährleistet wird, auf Hauptausschuss oder Bürgermeister übertragen können. Wir sagen, Transparenz und Nachvollziehbarkeit sind für uns richtig und wichtig, aber sie dürfen keine überbordende Bürokratie hervorrufen.

Nicht zuletzt eine vielleicht kleine, aber feine Änderung des § 46 Abs. 9 der Gemeindeordnung: Wir eröffnen nämlich hier den Gemeindevertreterinnen und -vertretern, die nicht Ausschussmitglied sind, die Teilnahme auch an nicht öffentlichen Sitzungen von Ausschüssen. Das ist ja vielleicht auch noch einmal eine kurze, aber knackige Erwähnung wert. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Petra Nicolaisen das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns seit Juni 2012 in einer äußerst spannenden und rasanten Entwicklung in Bezug auf das Konsolidierungsgesetz: von der ursprünglichen im Koalitionsvertrag vorge

sehen Streichung hin zu einem Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Konsolidierungshilfe der regierungstragenden Fraktionen. Dann hatten wir eine überaus interessante Anhörung und gestern eine erneute Diskussion im Innen- und Rechtsausschuss.

Zwei Änderungen von der CDU-Fraktion wurden übernommen, und zwar erstens die Wiedereinführung der Parlamentsbeteiligung. Sehr geehrte regierungstragende Fraktionen, die Streichung der Parlamentsbeteiligung ist Ihnen wahrscheinlich so durchgerutscht. Das war von der Regierung auch richtig trickreich eingetütet. Die Regierung kommt an dieser Stelle häufig gern ohne Parlament aus.

Zweitens ging es um die Regelung über die Verteilung der Mittel innerhalb der Gruppe, die von der Fußnote der Richtlinie in das Gesetz übernommen wurde. Das war uns an dieser Stelle sehr wichtig.

Wir begrüßen es insgesamt, dass das Konsolidierungsgesetz bestehen bleibt. Dass wir das ernst meinen, sehen Sie daran, dass wir unseren Änderungsantrag auf der Basis Ihres Gesetzentwurfs, Drucksache 18/192, formuliert haben und nicht auf der Basis des bestehenden Gesetzes, das wir in der 17. Legislaturperiode bereits auf den Weg gebracht haben.

Mühsam nährt sich das Eichhörnchen, und Sie sehen, dass es in einem parlamentarischen Verfahren innerhalb der Ausschüsse durchaus möglich ist, zu konstruktiven Beschlüssen zu kommen. Wer der Anhörung am Mittwoch der letzten Woche beigewohnt hat, stellt fest, dass an der Fortentwicklung der Konsolidierungshilfe festgehalten werden sollte und auch werden muss.

Wir haben akribisch an Änderungsvorschlägen gearbeitet. Es gibt zwei wesentliche Kritikpunkte, auf die ich kurz eingehen möchte. Einmal geht es um die Bindung der Konsolidierungshilfe an die zwingende Voraussetzung einer Fehlbetragszuweisung im Jahr 2012 sowie in den Folgejahren, die der Zielsetzung nicht gerecht wird, die bisher aufgelaufenen sowie die zukünftig noch entstehenden Fehlbeträge zurückzuführen. Das Beispiel der Stadt Uetersen, aber auch der Hinweis des Landkreistags an dieser Stelle, haben gezeigt, dass diese zwingende Verknüpfung die Gewährung von Konsolidierungshilfen zum Abbau der aufgelaufenen Fehlbeträge unter Umständen konterkariert.

Ich komme dann noch einmal zur Laufzeit der Konsolidierungshilfe. Mit der Gewährung von Konsolidierungshilfen sollen die bisher aufgelaufenen sowie die zukünftig noch entstehenden Fehlbe

(Simone Lange)

träge zurückgeführt werden. Angesichts der großen Defizite von über 800 Millionen € bei den Kommunen ist das erwünschte Ziel mit der Verkürzung auf sieben Jahre nicht zu erreichen. Die gesetzlich festgelegte Dauer für die Gewährung von Konsolidierungshilfen einschließlich des Landesanteils von 15 Millionen € ist deshalb unbedingt und zwingend erforderlich bei zehn Jahren zu belassen.

Durch die Verkürzung des Zeitraums wird eine nachhaltige Wirksamkeit der Konsolidierungshilfe verhindert. Der vom Land eingebrachte Eigenanteil an den kommunalen Haushaltskonsolidierungen wird in drei Jahren auf 45 Millionen € gekürzt. Die jetzt geltende gesetzliche Gültigkeitsdauer von zehn Jahren ist aber doch nicht gleichbedeutend mit einer vertraglichen Verpflichtung und Bindung der Gemeinden über diesen gesamten Zeitraum. Vielmehr können in Abhängigkeit von der Ausgestaltung der Richtlinie gegebenenfalls auch kürzere Vertragslaufzeiten gewählt werden, sodass zukünftige Kommunalparlamente nicht durch bereits abgeschlossene Verträge in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt werden müssten.

Ich stelle fest, das von uns angestrebte Prinzip des Förderns und Forderns im Gesetz hat mit der Gesetzesänderung nicht mehr den Charakter wie ursprünglich angedacht. Die Haushaltskonsolidierung ist damit nicht wirksam genug, nicht glaubhaft und nicht nachhaltig genug. Es gibt keinen sachlichen Grund und keine fachliche Begründung, die für eine Verkürzung der Laufzeit sprächen.

Für die CDU-Fraktion kann ich an dieser Stelle verkünden, dass wir uns aufgrund des konstruktiven Miteinanders in den Beratungen heute in der Abstimmung enthalten werden.

(Vereinzelter Beifall SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ganz kurz noch zur Änderung der Gemeindeordnung.

Frau Abgeordnete!

Ja, ich bin gleich fertig.

Die Änderung ist ja ebenfalls Gegenstand dieser Beratung. Zum § 46 der Gemeindeordnung, Ausschluss von Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertretern bei nicht öffentlichen Sitzungen, und zum sogenannten Kuchenspende-Paragrafen hatten

wir es den kommunalen Landesverbänden anheimgestellt, für welche Lösung sie sich entscheiden. Es hat eine Entscheidung gegeben.

Frau Kollegin, ich muss Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit deutlich überschritten ist, und ich bitte Sie, zu Ihrem letzten Satz zu kommen.

Ja. - Dieser Entscheidung haben wir gestern im Innen- und Rechtsausschuss einstimmig zugestimmt. Von daher haben wir eine praktikable Lösung erzielt.

Wir wünschen weiterhin gute Beratungen und Entscheidungen in den Kreisen und Kommunen und hoffen darauf, dass viele Spenden eingeworben werden können. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU, vereinzelt SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, PIRATEN und SSW)

Vielen Dank. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Ines Strehlau.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegenden Beschlussvorschläge sind - jedenfalls zum Teil - ein Gemeinschaftsprodukt aller. Die letzten Änderungen wurden gestern in einer gemeinsamen Sitzung der beiden beteiligten Ausschüsse auf Anregung der CDU eingebaut. Auch bei unserem Gesetzentwurf zur Fortentwicklung der Konsolidierungshilfe hat es intensive Gespräche gegeben, zum einen bei der Erstellung des Gesetzentwurfs, der erst auf Wunsch der kommunalen Familie überhaupt zustande gekommen ist, zum anderen während eines ausführlichen Beteiligungsverfahrens.

Wir geben mit der Fortentwicklung des Haushaltskonsolidierungsgesetzes den hochverschuldeten Kommunen in unserem Land zum einen die gewünschte Kombinationsmöglichkeit zwischen Fehlbetragszuweisung und Konsolidierungshilfe, zum anderen erhalten sie die Sicherheit, ihren Weg der Konsolidierung weiter gehen zu können.

(Petra Nicolaisen)

Die regierungstragenden Fraktionen stellen sich der Verantwortung und geben 15 Millionen € aus Landesmitteln dazu. Die kommunalen Landesverbände haben mit ihrer einstimmigen Zustimmung zum Gesetz gezeigt, dass auch sie gemeinsam mit dem Land Verantwortung für die Konsolidierung hochverschuldeter Kommunen übernehmen. Uns ist sehr wohl bewusst, dass das Gesetz für sie ein Kompromiss ist und sich die einzelnen Landesverbände durchaus eine Ausformung in eine andere Richtung vorstellen könnten. Umso mehr möchten wir uns bei ihnen für die konstruktive Kooperation bedanken.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, ver- einzelt SPD und SSW)

Es gab im Anhörungsverfahren den Wunsch einer einzelnen Kommune und auch des Landkreistages also zwei Landesverbände waren dagegen, ein Landesverband war dafür -, das Paket noch einmal aufzuschnüren und Konsolidierungshilfe auch in den Jahren zu zahlen, in denen die Kommune keine Fehlbetragszuweisung erhält. Wir haben in dem Punkt den Gesetzentwurf unverändert gelassen, weil Kommunen in den Folgejahren bei schlechteren Haushaltslagen wieder Fehlbetragszuweisungen bekommen können und weil Kommunen mit einem ausgeglichenen Haushalt die Möglichkeit haben, ihre Fehlbeträge aus eigener Kraft abzubauen.

Mit dem Antrag in der Drucksache 18/201 (neu) bereinigen wir zwei Änderungen von CDU und FDP aus der vergangenen Legislaturperiode, die gut gedacht, aber unpraktikabel gemacht waren. Zum einen ermöglichen wir allen Mitgliedern der Kommunalparlamente wieder die uneingeschränkte Teilnahme auch an den nicht öffentlichen Teilen der Ausschusssitzungen. Dort war von der alten Landesregierung eine Formulierung im Kommunalwahlrecht verankert worden, die zu völlig unterschiedlichen Auslegungen in den Kommunen geführt hat. In einigen Kommunalparlamenten durften die Gemeindevertreterinnen und -vertreter oder die Kreistagsabgeordneten, die nicht Mitglied des Ausschusses sind, gar nicht an nicht öffentlichen Teilen einer Ausschusssitzung teilnehmen. In anderen Kommunen durften sie das nur nicht, wenn es um Personalentscheidungen ging. Da die Mitglieder von Kommunalparlamenten zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, ist es nur konsequent, ihnen auch den Zugang zu Informationen über alle nicht öffentlich zu behandelnden Themen zu ermöglichen. Das rücken wir wieder gerade.

(Vereinzelter Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt ist § 76 der Gemeindeordnung, der in der Presse inzwischen „Kuchen-Paragraf“ genannt wird. Dort ist es gelungen mit der Neufassung auf der einen Seite die von CDU und FDP eingeführte notwendige Transparenz bei Spenden und Schenkungen beizubehalten, indem die Zuwendungen jährlich in einem Bericht aufgeführt sind, der der Gemeindevertretung zugeleitet wird. Auf der anderen Seite muss mit der neu eingeführten Bagatellgrenze von 50 € jetzt nicht mehr die Gemeindevertretung über die Annahme jeder Kuchen- oder sonstigen Spende entscheiden. Das verhindert unnötige Bürokratie und Kosten.

Auch der unterschiedlichen Größe und Bedürfnisse unserer kommunalen Gebietskörperschaften trägt die vorliegende Fassung des Gesetzentwurfs Rechnung. So kann die Gemeindevertretung die Entscheidung über die Annahme oder Vermittlung bis zu jeweils von ihr zu bestimmenden Wertgrenzen auf die Bürgermeisterin, den Bürgermeister und den Hauptausschuss übertragen.