Protocol of the Session on December 17, 2015

Wir haben schon viel darüber gesprochen. Die Landesrektorenkonferenz hat sich im Rahmen der Anhörung aus meiner Sicht nicht besonders mit Ruhm bekleckert. Die Mehrheit in der Landesrektorenkonferenz war - wie ich dann erfahren durfte der Auffassung, man sollte in der Anhörung lieber nichts zum Entwurf meiner Fraktion sagen, um es sich nicht mit der Landesregierung zu verscherzen. Ich finde, dies offenbart ein merkwürdiges und nicht gerade vorbildliches Demokratieverständnis von führenden Professoren des Landes.

(Beifall FDP und CDU)

Ich kannte das bisher nur aus lupenrein gelenkten Demokratien und anderen Systemen. Aber sei es drum! Souveränität sieht anders aus.

Herr Abgeordneter -

Ich fördere Souveränität. - Herr Dr. Stegner, ich lasse Ihre Zwischenfrage gern zu.

Lieber Herr Kollege Vogt, mir liegt doch in der Adventszeit sehr daran, Ihnen mitzuteilen, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, dass es

(Rasmus Andresen)

einen Gesetzentwurf der FDP geben könnte, der uns ernsthaft erschreckt. Ich glaube, das wird nicht passieren. Insofern freuen wir uns, über jeden Gesetzentwurf zu reden, den Sie einbringen. Wir folgen Ihnen nur nicht immer. Wenn Sie etwas Vernünftiges machen, folgen wir Ihnen. Aber niemand in diesem Land muss Angst vor der FDP haben.

(Heiterkeit SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Ist er Mitglied der Landesrektorenkonferenz?)

- Herr Dr. Stegner, es ist mir neu, dass Sie Mitglied der Landesrektorenkonferenz sind.

(Beifall FDP und Daniel Günther [CDU])

Bestimmte wissenschaftliche Weihen haben Sie in Ihrem Leben erreicht, aber dafür hat es nun doch nicht gereicht. Ich glaube auch, Herr Dr. Stegner, vor Ihnen haben die keine Angst gehabt. Das sind irgendwelche diffusen Ängste. Ich glaube auch nicht, dass man vor der Ministerin Angst haben muss. Insofern: Sei es drum, Herr Dr. Stegner!

(Sandra Redmann [SPD]: Was soll so eine Bemerkung dann? - Zurufe FDP: Oh, oh! - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Sie schmeißt sich schützend vor den Fraktionsvorsitzenden Stegner! - Weitere Zurufe - Glocke Präsiden- tin)

Frau Erdmann, anderswo in der Republik sind Hochschulpräsidenten deutlich selbstbewusster. Die Technische Universität Darmstadt, die von der Größe her in etwa mit der Kieler Christian-AlbrechtsUniversität vergleichbar ist, hat vor Kurzem zehnjähriges Jubiläum gefeiert - wohlgemerkt, nicht das ihrer Gründung, denn sie wurde bereits 1877 gegründet, sondern ihr zehnjähriges Jubiläum als autonome Hochschule des Landes Hessen. Im Jahr 2004 wurde im Hessischen Landtag einstimmig ein Gesetz verabschiedet, das diese Hochschule zur bundesweit ersten autonomen Hochschule gemacht hat. Bauvorhaben, Personalplanung und die Festlegung von Schwerpunkten in Forschung und Lehre wurden in einem Modellprojekt der Hochschule übertragen. Nach zehn Jahren wurde ein positives Fazit gezogen: Das Modellprojekt ist geglückt.

Der Mut des Hessischen Landtags hat sich ausgezahlt. Der Start war zugegebenermaßen nicht ganz einfach, aber die Autonomie hat zu einer Kultur der Kreativität und einer hervorragenden Entwicklung der Hochschule geführt. Eine Rückkehr zu mehr ministeriellem Einfluss ist dort nicht mehr vorstellbar.

Mit dem von meiner Fraktion vorgelegten Entwurf eines Hochschulfreiheitsgesetzes wollen wir auch in Schleswig-Holstein diesen erfolgreichen Weg gehen. Wir wollen so die Potenziale unserer sehr heterogenen Hochschullandschaft zur Entfaltung bringen. Da geht es nicht nur um die Zusammensetzung der Hochschulgremien und die Bauherrenfähigkeit, sondern auch um die Finanz- und Personalhoheit. Bevor die Ministerin gleich wieder etwas anderes behauptet: Es geht nicht um eine Privatisierung der Hochschulen,

(Beifall FDP)

sondern darum, ihnen mehr Freiheit zu geben.

Wir wollen auch die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit von Forschung, Wissenschaft und Kunst stärken und nicht - wie SPD, Grüne und SSW - diese ohne jede Not infrage stellen. Wir plädieren also für einen Paradigmenwechsel in der Hochschulpolitik des Landes. Der Landespolitik muss endlich bewusst werden, welch elementare Bedeutung die Wissenschaft für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes hat.

Leider wird es echte Autonomie für unsere Hochschulen in Schleswig-Holstein so schnell nicht geben. Die Landesregierung hatte uns einen schwachen Reformentwurf vorgelegt: viele Selbstverständlichkeiten, einige kleinere Anpassungen, wenig Innovatives.

Ich möchte jedoch, weil ich ein konstruktiver Typ bin, Frau Redmann, zunächst vier Punkte hervorheben, in denen wir Übereinstimmungen haben beziehungsweise wo es bei Rot-Grün-Blau aus unserer Sicht mittlerweile in die richtige Richtung geht. Zum einen ist das das Tenure-Track-Verfahren, also der verlässliche Karriereweg für Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren, die Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung von älteren Professorinnen und Professoren, die jetzt in das Gesetz aufgenommen wird. Das liegt ja nicht nur im Interesse der Professoren, sondern auch des Landes. Das begrüßen wir. Das Thema Bauherrenfähigkeit - Herr Kollege Andresen, Sie haben es zu Recht angesprochen - bleibt in Ihrem Gesetzentwurf zwar etwas hasenfüßig, aber Sie machen immerhin leichte Lockerungsübungen. Auch das erkennen wir an. Und - da der Blick auf den SSW - es geht um das Thema internationaler Studienkalender für die Uni Flensburg. Das wollen wir den Universitäten grundsätzlich freistellen; aber es geht zumindest in die richtige Richtung, dass die Universität Flensburg ihrem Namen und ihrer internationalen Ausrichtung ge

(Christopher Vogt)

recht wird. Auch da freue ich mich über den rotgrün-blauen Erkenntnisgewinn.

(Beifall Lars Harms [SSW])

Bevor Sie zu lange klatschen - jetzt komme ich zu den Punkten, die wir sehr kritisch sehen. Das sind die neuen bürokratischen Auflagen, das Vorschreiben von neuen Beauftragten, die die unterfinanzierten Hochschulen auch noch selbst finanzieren müssen, und eine mehr als nur fragwürdige Einschränkung der Forschungsfreiheit durch die vorgeschriebenen Ethikkommissionen. Wie deren sehr vage Aufgabe an einer so großen Universität wie der Christian-Albrechts-Universität in der Praxis nur halbwegs sinnvoll umgesetzt werden soll, ist mir ehrlich gesagt rätselhaft. Entweder werden diese Kommissionen am Ende völlig sinnlos sein, oder sie werden mit dem Grundgesetz in Konflikt geraten. Beides können wir nicht wollen. „Gut gemeint“ ist auch hier das Gegenteil von „gut gemacht“.

Meine Damen und Herren, für ein wenig Aufsehen hat Ihr Vorschlag zur Einführung des Promotionskollegs gesorgt. Das hat auch bundesweit Beachtung gefunden, weil das ein Novum ist. Das ist ein bisschen die „Krücke“, mit der man dem Wunsch der Fachhochschulen nachkommen will, dass auch sie Promotionen anbieten können. Ich kann den Wunsch der Fachhochschulen zwar nachvollziehen, glaube aber nicht, dass dieses Modell der Weisheit letzter Schluss ist. Bevor man so etwas auf den Weg bringt, sollte man sich zunächst einmal grundsätzlicher darüber unterhalten, warum es mit den Universitäten und den Fachhochschulen zwei unterschiedliche Formen von Hochschulen gibt und was ihre jeweiligen Stärken und Schwächen sind. Eine Nivellierung, ohne nach links und rechts zu gucken, ist keine sinnvolle hochschulpolitische Strategie, die nachhaltig trägt.

(Beifall FDP)

Trotz unserer Skepsis gegenüber diesem Modell haben wir einen kleinen Hilfsantrag eingereicht, mit dem wir sagen: Die privaten Fachhochschulen dürfen nicht außen vor gelassen werden. Alles andere wäre eine unbegründete Ungleichbehandlung der privaten Fachhochschulen. Ich hoffe, dass die Koalition das ähnlich sieht und dem zustimmt.

(Beifall FDP)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Bemerkung des Herrn Abgeordneten Andresen?

Herr Andresen, bitte!

Herr Kollege, erst einmal möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass ich von Ihnen eine inhaltliche Rede höre, wie ich es von Ihnen auch gewohnt bin. Das ist hier heute ja nicht bei allen Oppositionsrednern der Fall gewesen.

Konkret zum Promotionskolleg. Das war ja auch Thema in der mündlichen Anhörung. Da gab es bei den Verbänden keine Einstimmigkeit, sondern da gibt es sehr unterschiedliche Positionen, wie so oft in der Demokratie, Gott sei Dank. Wir haben uns beim Thema Promotionskolleg uns auch mit den Erfahrungen auseinandergesetzt, die man damit in Baden-Württemberg in den letzten Jahren gemacht hat. Jetzt können Sie mir natürlich entgegnen: Wen wundert’s, es sind ja auch die Grünen, die in Baden-Württemberg regieren und das Wissenschaftsministerium stellen! Nichtsdestotrotz, wie ich die Diskussion aus Baden-Württemberg mitbekommen habe, genießt dieses Modell inzwischen sehr breite Akzeptanz und ist etwas, wo man die unterschiedlichen Hochschultypen berücksichtigt, aber die Qualitätssicherung ins Zentrum stellt und nicht mehr die alte Aufteilung zwischen „Schmuddelkindern“ und „Eliteeinrichtungen“.

Das haben Sie mir schon einmal erzählt. Vielen Dank für das Koreferat. Ich verstehe aber immer noch nicht, dass Sie die privaten Fachhochschulen, die staatlich anerkannt sind, außen vor lassen wollen.

(Beifall FDP)

Dazu habe ich noch kein Argument gehört, das trägt.

(Volker Dornquast [CDU]: Gibt es auch nicht!)

Meine Damen und Herren, bedauerlich ist, dass es so viele Großbaustellen im Hochschulbereich gibt, die eigentlich angepackt werden müssten. Beim Thema Personal brauchen wir endlich echte Per

(Christopher Vogt)

spektiven für den akademischen Mittelbau, also attraktive Laufbahnen und Arbeitsbedingungen, damit die besten Leute in der Wissenschaft gehalten werden. Dazu haben Sie eine kleine Formulierung im Gesetz; allerdings ist das auch eine finanzielle Frage, die man sich angucken muss. Das ist ein Thema, das Sie nicht angepackt haben.

Die chronische Unterfinanzierung der Hochschulen wird trotz guter Haushaltslage leider nicht beseitigt. Der Großteil Ihrer Versprechungen liegt in der nächsten Wahlperiode.

Meine Damen und Herren, entscheidend ist bei der heutigen Beratung, dass der schwache Regierungsentwurf von den Koalitionsfraktionen noch einmal erheblich verschlimmbessert wurde. Wie wir schon bei der ersten Lesung des Lehrkräftebildungsgesetzes vonseiten des geschätzten Herrn Ministerpräsidenten erleben durften, wurde die Debatte dieses Mal von den Koalitionsfraktionen mit erheblichen Änderungen in letzter Sekunde in Gang gebracht, weil die Hochschulen da nicht involviert waren. Herr Habersaat, Herr Andresen, Ihre Rechtfertigungsversuche finde ich ganz interessant. Sie sagen, das sei irgendwo, irgendwann schon einmal Thema gewesen. Das Problem, das Sie dabei haben, ist nur: Die Hochschulen wollen davon nichts wissen und stehen auf den Barrikaden. Da können Sie nicht behaupten, Sie hätten einen erfolgreichen Dialog geführt. Selbstgespräche ersetzen keinen Dialog.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Es ist wirklich ein Treppenwitz, dass der vermeintliche Oberlinke der SPD, Dr. Ralf Stegner, vom SPD-Parteitagswochenende in Berlin verlautbaren lässt: Es wird nichts geändert, das Ding wird jetzt so beschlossen. - Das stimmt nicht ganz; Sie legen heute noch einen Änderungsantrag vor. - Herr Stegner, ich finde es lustig, dass ausgerechnet Sie die schrödersche Basta-Politik übernommen haben. Vielleicht haben Sie in Berlin einen Tag zu viel mit ihm verbracht.

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)

Es ist schon witzig, dass ausgerechnet Sie Gerhard Schröder nachahmen. Das finde ich interessant.

Meine Damen und Herren, der Oppositionsantrag auf Durchführung einer dritten Lesung baut Ihnen eine Brücke, über die Sie gehen sollten. Da bricht niemandem ein Zacken aus der Krone. Herr Habersaat, keine Sorge, wir wollen Ihnen nicht mangelnde Handlungsfähigkeit vorwerfen. Das würden wir nie tun. Wären wir gehässig, könnten wir Ihnen di

lettantisches Vorgehen vorwerfen, und uns darüber freuen.

Aber die Hochschulen sind für die Entwicklung unseres Landes zu wichtig, als dass wir hier solchen Murks mit Tischvorlagen beschließen. Das sollte man noch einmal vernünftig beraten. Tun Sie sich selbst den Gefallen, und stimmen Sie unserem Antrag auf Durchführung einer dritten Lesung zu!

(Beifall FDP, CDU und PIRATEN)