Protocol of the Session on December 17, 2015

Guten Morgen, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße Sie und eröffne die Sitzung. Wir setzen die Tagung fort, und ich teile Ihnen zunächst mit, dass die Kollegin Regina Poersch weiterhin erkrankt ist. Wir wünschen ihr von dieser Stelle aus gute Genesung.

(Beifall)

Des Weiteren teile ich Ihnen mit, dass Minister Dr. Habeck ab 15 Uhr wegen auswärtiger dienstlicher Verpflichtungen beurlaubt ist.

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, bitte ich Sie, mit mir gemeinsam auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Comenius-Schule aus Quickborn zu begrüßen. - Seid uns herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Wir steigen gleich in eine Debatte ein, die möglicherweise viele von Ihnen in Zukunft betreffen wird. Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Hochschulfreiheitsgesetzes Schleswig-Holstein (HFG SH)

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 18/2984

b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulgesetzes und anderer hochschulrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 18/3156

Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und PIRATEN Drucksache 18/3673

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 18/3596

Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/3677

Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 18/3679

8894 Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 106. Sitzung - Donnerstag, 17. Dezember 2015

Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3690

Ich erteile zunächst das Wort der Berichterstatterin des Bildungsausschusses, der Abgeordneten Anke Erdmann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, der Bildungsausschuss hat zu dem ihm durch Plenarbeschluss vom 20. Mai 2015 überwiesenen Gesetzentwurf der FDP und zu dem ihm durch Plenarbeschluss vom 16. Juli 2015 überwiesenen Gesetzentwurf der Landesregierung schriftliche Stellungnahmen eingeholt, am 5. November 2015 eine Anhörung durchgeführt und am 10. Dezember 2015 über diese Gesetzentwürfe beraten.

Mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und FDP bei Enthaltung der PIRATEN empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf Drucksache 18/2984 abzulehnen.

Mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU, FDP und PIRATEN empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, den Gesetzentwurf Drucksache 18/3156 in der Fassung der rechten Spalte der nachfolgenden Gegenüberstellung anzunehmen. Änderungen gegenüber der Regierungsvorlage sind durch Fettdruck kenntlich gemacht. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort für die CDU-Fraktion dem Kollegen Daniel Günther.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Hochschulen in Schleswig-Holstein stehen vor großen Herausforderungen, sieht man sich die steigende Zahl der Studierenden an unseren Hochschulen, mangelnde Ressourcen und Ausstattung, verursacht nicht nur durch diese Regierung, sondern auch durch Vorgänger, die die Hochschulen nicht in dem Maße ausgestattet haben, wie andere Bundesländer dies getan haben, an. Mit Blick auf die Konkurrenzsituation mit Hochschulen in anderen Bundesländern, was die bevorstehende Exzel

lenzinitiative angeht, sind all dies Herausforderungen, bei denen die Hochschulen die Unterstützung der Politik brauchen.

Ich sage das sehr deutlich: Schon der Ursprungsentwurf der Ministerin war so etwas von unambitioniert. Er hat nicht versucht, ein einziges Problem von denen, die vor uns liegen, zu lösen. Vielmehr waren das alles kleinere Spielereien und Ideen. In Wahrheit war dies aber schon am Anfang überhaupt kein großer Entwurf, der vorgelegen hat.

(Beifall CDU)

Es war schon so, dass wir von Hochschulvertretern angesprochen worden sind, die gesagt haben: Macht keine lange Debatte, lasst sie das Gesetz so verabschieden, das schadet doch nichts. Es löst kein Problem, aber das ist immer noch besser, als wenn die sich jetzt richtig austoben und ihre linken Ideologien in das Gesetz schreiben, die uns nachher bei der Arbeit richtig nerven. Verabschiedet das Gesetz einfach so und guckt, ob ab 2017 eine Möglichkeit besteht, etwas Vernünftiges daraus zu machen. So war die Diskussion, die die ganze Zeit lang mit uns geführt worden ist.

Aber das, was jetzt auf dem Tisch liegt, hat mit dem Ursprungsentwurf überhaupt nichts mehr zu tun. Die regierungstragenden Fraktionen haben das gesamte Gesetz auf den Kopf gestellt. Mit Änderungen, die kurz vor Toresschluss in den Entwurf reingekommen sind, greifen sie tief in die Hochschulautonomie ein. Wieder einmal bringen SPD, Grüne und SSW tiefes Misstrauen in unsere bestehende Hochschullandschaft zum Ausdruck. Wir haben das beim Lehrerbildungsgesetz gemerkt, wir haben das bei der Weigerung der Weitergabe der BAFöG-Millionen gemerkt, wir haben das daran gemerkt, dass Sie die Hochschulen nicht auf die doppelten Abiturjahrgänge vorbereitet haben.

(Zuruf Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das zeigt, dass Sie für Hochschulen überhaupt nichts übrig haben. Nun fragt sich natürlich jeder: Wie kann es sein, dass ausgerechnet „die beste Wissenschaftsministerin“, die Schleswig-Holstein je gehabt hat, das schlechteste Hochschulgesetz einreicht, das dieses Haus jemals gesehen hat?

(Beifall CDU und Dr. Heiner Garg [FDP])

Die Frage ist doch berechtigt. Das passt überhaupt nicht zusammen.

Ich sage Ihnen, wie das passiert ist: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind jedes Mal im Bereich der

Schleswig-Holsteinischer Landtag (18. WP) - 106. Sitzung - Donnerstag, 17. Dezember 2015 8895

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Hochschulpolitik zu kurz gekommen. Man hat den Ärger gesehen. Rasmus Andresen, ich kann das nachvollziehen, ich war auch lange hochschulpolitischer Sprecher. Bei allen Entscheidungen sind die Hochschulen benachteiligt worden, und man hat Ihnen die Schmerzen angesehen, die es Ihnen bereitet hat, als Sie den Sachen zustimmen mussten.

Und jetzt wurde gesagt, pass mal auf, Rasmus Andresen, wir müssen das irgendwie wieder gutmachen, mach einen Entwurf, setz dich mit deinen linken Studienkumpels zusammen, dhu hast eine Nacht Zeit, schreib ein Gesetz auf und mach das möglichst schnell, damit wir das in der DezemberTagung im Schatten von HSH Nordbank und im Schatten des Haushalts verabschieden können - in der Hoffnung, die Öffentlichkeit merkt nicht, was für ein Mist hier vorgelegt wird, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall CDU)

Und weil ich als hochschulpolitischer Sprecher viel mit Staatssekretär Fischer zu tun gehabt habe, den ich wirklich schätze, mit dem man auch unterschiedlicher Auffassung sein kann in Hochschulfragen, bin ich mir sicher, dass ein so seriöser, zuverlässiger Staatssekretär, der für die Hochschulen ein Ansprechpartner ist,

(Beifall CDU und FDP)

diesen Gesetzentwurf nicht einmal gesehen hat, bevor er eingebracht worden ist. Das hätte niemals die Zustimmung dieses Mannes gefunden, was Sie hier vorgelegt haben.

(Beifall CDU)

Keine fachliche Expertise haben Sie eingeholt. Und, meine Damen und Herren, wie das bei Nachtund Nebelaktionen so ist, ist alles handwerklicher Pfusch, der hier vorgelegt worden ist. Wenn man keine Expertise einholt, wenn man einfach nur zusammensitzt, dann kann man natürlich nur Google benutzen, um Gesetzentwürfe zu formulieren. Und da passiert nämlich auch so etwas, dass Sie von Gesetzentwürfen in NRW abschreiben und nicht einmal merken, dass Sie auf den Ursprungsentwürfen aufgebaut haben, die am Ende abgeändert wurden, weil schon in NRW gemerkt worden ist, dass die überhaupt nicht praktikabel sind. Wie unseriös ist dieser Gesetzentwurf überhaupt gestrickt, meine sehr geehrten Damen und Herren?

(Beifall CDU und FDP)

Und wenn man sich das konkret anguckt, was Sie dort vorgelegt haben - vom „Bürokratiemonster“ ist

vonseiten der Hochschulen gesprochen worden, die Senate sollen unnötig aufgebläht werden, diese Gremien werden überhaupt nicht mehr handlungsfähig sein, zukünftig Senate in der Größenordnung eines Landtages, interne Sitzungen soll es nicht mehr geben. Und was passiert dann? Dann müssen natürlich, damit dort überhaupt Handlungsfähigkeit gegeben ist, Gremien eingeführt werden, damit die Hochschulen überhaupt weiter handlungsfähig bleiben. Also das heißt, Sie werden weniger Transparenz erreichen durch das, was Sie vorgelegt haben.

Und wenn Sie sich die Forschungsanträge angucken: Ich meine, wie stellen Sie sich das am Ende in der Praxis mit dieser Ethikkommission vor? Die CAU hat alleine 250 Forschungsaufträge, die mit Drittmitteln finanziert werden.

(Zuruf SPD: 250 kommen ja dazu!)

Bei Forschungsaufträgen weiß jeder, wie schwierig es ist, Mittel einzuwerben. Aber über diese Forschungsaufträge müssen jetzt auch noch Berichte an die Ethikkommission geschrieben werden, die das fachlich überhaupt nicht beurteilen kann. Ich sage Ihnen, mit diesem Vorschlag werden Sie dafür verantwortlich sein, dass in Schleswig-Holstein millionenschwere Forschungsaufträge bei unseren Hochschulen überhaupt nicht mehr ankommen werden. Das wird die Konsequenz sein.

(Beifall CDU)

Und den Widerspruch zwischen grundgesetzlicher Freiheit der Forschung und dem, was Sie vorgelegt haben, hat uns der Wissenschaftliche Dienst ja jetzt in aller Klarheit aufgeschrieben. Und allein daran, dass der Wissenschaftliche Dienst das nur vorläufig machen konnte, weil das alles so kurzfristig gekommen ist, sollten Sie schon merken, dass das überhaupt nicht mehr seriös geprüft werden kann bis zur heutigen Sitzung. Aber selbst in der vorläufigen Prüfung hat der Wissenschaftliche Dienst doch in aller Klarheit verfassungsrechtliche Bedenken gegen Ihren Gesetzentwurf vorgelegt. Herr Habersaat hat dann zwar gesagt, na ja, das ist ja nur in zwei Punkten! Trotzdem ist es verfassungsrechtlich bedenklich. Wie viele Punkte dabei kritisiert werden, ist völlig egal, wichtig ist, dass Bedenken bestehen und dass die Forschungsfreiheit in Schleswig-Holstein gefährdet wird, weil der Senat die Position der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer dermaßen schwächt, dass es erhebliche Bedenken gibt, ob das mit der Freiheit von Forschung und Lehre in Schleswig-Holstein überhaupt in Einklang zu bringen ist.