Wie soll man sich das vorstellen? Die Eltern sind noch in Syrien, und die Jugendlichen befinden sich irgendwo in Deutschland in irgendeiner Unterkunft, und man verweigert den Nachzug und damit das Zusammenkommen der Familie. Das ist unmenschlich und darf nicht Praxis werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Flüchtlinge brauchen in ihrer schwierigsten Phase ihres Lebens bei uns in Schleswig-Holstein oder in Deutschland oder anderswo Bezugspersonen. Diese Bezugspersonen sollten nicht wechseln. Deswegen befürworten wir, dass es immer mehr ehrenamtliche Lösungsansätze gibt, wie die Betreuung oder die Vormundschaft erfolgen können.
Auch Vereine wie Lifeline e.V. bei uns in Schleswig-Holstein, dem Vormundschaftsverein im Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, möchten wir
gern Unterstützung geben. Wir sind gespannt, wie die Verhandlungen mit dem Sozialministerium und deren Anliegen, mehr finanzielle Unterstützung zu bekommen, ausgehen werden, um diese wichtige Aufgabe und Scharnierfunktion durchführen zu können. Dies sollten die betreffenden Vereine auch mit Unterstützung der Landesregierung umsetzen können.
Wir freuen uns darüber, dass wir uns hier im Grundsatz völlig einig sind. Die Herausforderungen sind immens und langfristig. Aber hier ist bereits deutlich geworden: Wir sind zuversichtlich. Wir schaffen das.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge kommen aus Afghanistan, Eritrea, Somalia und immer häufiger jetzt auch aus Syrien. In diesem Jahr werden etwa 2.400 allein reisende Kinder und Jugendliche erwartet, die zu uns nach Schleswig-Holstein fliehen. Das sind dreimal so viele wie im letzten Jahr und viele mehr als noch in den Jahren zuvor. Wie viele es im kommenden Jahr sein werden, weiß kein Mensch, und das lässt sich auch nicht voraussagen.
Dies ist ohne Zweifel eine große Herausforderung. Dieser Herausforderung gilt es nun gerecht zu werden und zukunftsgerichtet Schritt für Schritt bessere Standards für die jungen Menschen zu entwickeln. Denn klar ist, dass die bisherigen Strukturen nicht für eine so große Anzahl von Jugendlichen ausgerichtet sind. Eine völlig dezentrale Unterbringung ist in dieser Hinsicht leider nicht immer möglich oder im konkreten Fall manchmal auch nicht von Vorteil. Denn erst einmal sollte die Fachkenntnis gebündelt werden, damit so viele Kinder und Jugendliche wie möglich von ihr überhaupt profitieren können. Genau das geschieht jetzt bei dem Pilotprojekt in Neumünster. Ich glaube, das ist ein richtig guter Ansatz, um der Problematik, vor der wir jetzt stehen, Herr werden zu können.
Es ist ein entscheidender Unterschied, ob man mit seiner Familie seine Heimat verlässt oder allein, und das gerade auch als junger Mensch. Vor diesem Hintergrund braucht es schlichtweg die spezialisier
Vor dem Hintergrund der angespannten Lage und der oftmals ausgeschöpften Kapazitäten begrüße ich es, dass eine Summe von 40.000 € für den Verein Lifeline fest zugewiesen ist. Denn schließlich nimmt der Verein eine wichtige Brücken- und Aufklärungsfunktion wahr, auf die wir auf gar keinen Fall verzichten können.
Neben den hauptamtlichen Kräften geht es auch an dieser Stelle nicht ohne das Ehrenamt. Ehrenamtliche Vormundschaften sind quasi Gold wert, denn sie können den regelmäßigen Kontakt zum Jugendlichen auf eine andere Ebene bringen, als dies die Jugendämter können.
Nun muss man aber ehrlicherweise auch sagen, dass die Übernahme einer Vormundschaft kein Spaziergang ist. Schließlich geht es auch um Verantwortung für einen jungen Menschen, der sonst keine oder kaum Bezugspersonen in seiner Nähe hat. Diejenigen, die eine Vormundschaft übernommen haben, leisten unverzichtbare Arbeit in unmittelbarer Ergänzung zu den bestehenden Institutionen und Vereinen. Bei all diesen vielen Menschen in Schleswig-Holstein möchte ich mich auch im Namen des SSW bedanken.
Der Flüchtlingsrat hat eine detaillierte Checkliste ausgearbeitet für diejenigen, die eine Vormundschaft übernehmen wollen oder dies bereits getan haben. Dieses Heftchen ist mehr als nur ein Informationsflyer, sondern arbeitet nahezu alle Fragen ab, die sich in diesem Zusammenhang ergeben können. Von daher kann ich an dieser Stelle nur dafür werben, sich diese Lektüre noch einmal genauer anzusehen, sollte das Interesse an der Übernahme einer Vormundschaft bestehen.
Natürlich geht es auch um eine vernünftige Unterbringung. Die Unterbringung der jungen Flüchtlinge erfolgt im Allgemeinen nach den Jugendhilfevorgaben des SGB VIII. Hier müssen Abwägungsprozesse stattfinden, damit trotzdem das Wohl der zu uns kommenden unter 18-Jährigen gewährleistet werden kann. Kompromisse gehören hier in gewisser Weise zum Alltagsgeschäft.
Dazu reicht auch ein Blick auf die Zahlen. So konnte der Kreis Rendsburg-Eckernförde noch Mitte September etwa 63 minderjährige Flüchtlinge verzeichnen, während es in Neumünster bereits um
die 400 sind. Da kann man sich leicht zusammenrechnen, dass wir es mit sehr unterschiedlichen Verhältnissen zu tun haben. Ähnliches wurde auch schon in den Ausschussberatungen thematisiert.
Dabei geht es natürlich um eine ganz wichtige Frage, nämlich die nach der Bewerkstelligung der ungleich verteilten Aufgabenlast, um die Weiterbildung von hauptamtlichen Mitarbeitern und natürlich auch um adäquate Schulung für das Ehrenamt. Genau an diesen Stellschrauben müssen wir drehen, damit sich der Alltag der jungen Flüchtlinge bei uns verbessert.
Dabei wird es von Kommune zu Kommune, von Kreis zu Kreis unterschiedliche Ideen geben, unterschiedliche Vorgehensweisen. Wichtig ist aber, dass überhaupt etwas passiert und wir dafür unsere Unterstützung geben. Denn letztendlich geht es doch auch in dieser Frage nur um eines, nämlich um das Miteinander von uns allen. Gerade für diese jungen Menschen haben wir eine besondere Verantwortung, der wir nachkommen müssen. - Vielen Dank.
Ich schlage zunächst vor, den Änderungsantrag der Fraktion der CDU in der Drucksache 18/3590 zu einem selbstständigen Antrag zu erklären und in der Sache abzustimmen. - Ich sehe keinen Widerspruch. Wer dem Antrag der CDU zustimmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist der Antrag einstimmig angenommen.
Ich stelle fest, dass der Berichtsantrag in der Drucksache 18/3529 durch den Bericht der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Ministerin! Zunächst herzlichen Dank dafür, dass ich die Gelegenheit bekomme, der Justiz heute noch einmal eine Stimme zu geben. Dieser Tagesordnungspunkt ist ja ein bisschen hin- und hergeflogen. Deshalb herzlichen Dank dafür, dass wir hier noch einmal dazu sprechen können. Ich meine, Justiz ist ein wichtiges Politikfeld, das wir nicht aus den Augen verlieren dürfen.
Gerade im Nachgang zur eben stattgefundenen Debatte finde ich es besonders gut, jetzt über die Justiz zu sprechen; denn wir werden erleben, dass hier große Herausforderungen auf unsere Amtsgerichte zukommen, gerade was die ganzen Vormundschaftsfragen angeht. Das ist heute zwar nicht unser Thema; aber ich wollte es an dieser Stelle einfach schon einmal sagen.
Wir treten heute mit einer Bitte an Sie heran: Unterstützen Sie bitte unseren Antrag, mit dem wir die Landesregierung auffordern, das Landgericht Kiel mit einer zusätzlichen, zeitlich befristeten Großen Strafkammer zu verstärken. Für unseren Rechtsstaat ist es von entscheidender Bedeutung, dass Straftaten konsequent aufgeklärt und einem Urteil zugeführt werden. Ich glaube, das ist unstrittig. Das bedeutet nicht nur, dass Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln. Entscheidend ist auch, dass Strafprozesse zügig und effektiv durchgeführt werden.
Die Menschen setzen ihr Vertrauen in die Justiz und erwarten zu Recht, dass Strafverfahren an Gerichten zeitnah nach Anklageerhebung durchgeführt werden. Dies erwarten die Opfer, aber auch diejenigen zu Recht, die sich einem Strafverfahren stellen müssen. Dies steht ihnen nach Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes und Artikel 6 Absatz 1 der Menschenrechtskonvention zu. Ich denke, auch deswegen haben wir dafür zu sorgen.
Es ist Aufgabe der Politik - unsere Aufgabe -, der Justiz die notwendigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, wenn wir sehen, dass diese zur Bewältigung der Aufgaben dringend erforderlich sind.
Bereits 2013 - wir haben dazu schon einmal eine Kleine Anfrage gestellt - hat das Ministerium das Problem erkannt, dass es, insbesondere am Standort
Kiel, im Bereich der Wirtschaftsstrafverfahren zu starken Rückständen gekommen ist. Die Ministerin hat, was ich sehr begrüße, bereits 2013 gehandelt und hier eine Hilfsstrafkammer eingerichtet; dies gelang durch eine Umschichtung vom Landgericht Schleswig zum Landgericht Kiel. Sie hat gesagt, diese Kammer solle Unterstützung dabei leisten, die alten Bestände konsequent zu reduzieren und abzuarbeiten.
Die Ministerin hat am 19. Januar in ihrem Bericht an den Innen- und Rechtsausschuss selbst erklärt, dass die Entwicklung im Bereich der Wirtschaftsstrafsachen weiter zu beobachten ist. Ich finde, die Antwort auf unsere aktuelle Kleine Anfrage zeigt deutlich, dass hier nach wie vor und mehr denn je Handlungsbedarf besteht, insbesondere am Landgericht Kiel - nicht nur dort, aber insbesondere am Landgericht Kiel.
Die Einrichtung der Kammer für Wirtschaftsstrafsachen hat erste Effekte gezeigt; das ist unbestritten. Aber ich bin schon der Meinung, dass wir aufpassen müssen, dass diese erfolgreiche Arbeit unter den aktuellen Bedingungen fortgesetzt werden kann, dass diese ersten Effekte nicht durch aktuelle Ereignisse infrage gestellt werden. Deswegen möchten wir heute einen weiteren Impuls geben und hier weiter unterstützen.
Ich will Ihnen die Situation gerne darstellen. Wir haben am Landgericht Kiel nach wie vor einen zu hohen Bestand alter Verfahren. Hinzu kommt, dass am Landgericht Kiel Verfahren zur Verhandlung anstehen, die in erheblicher Form personelle Kapazitäten binden werden. Vor dem Landgericht Kiel wird derzeit das bisher größte Strafverfahren in der Geschichte Schleswig-Holsteins mit zwölf inhaftierten, als hochgefährlich geltenden Angeklagten verhandelt. Wegen des immensen Personal- und Sicherheitsaufwands muss die Verhandlung im 50 km entfernten Schleswig stattfinden. Vier Berufsrichter sind auf lange Zeit gebunden. Derzeit ermitteln die Staatsanwaltschaften gegen eine zweistellige Zahl von Beschuldigten; 14 Haftbefehle liegen derzeit bundesweit vor. Wenn das entsprechende Verfahren am Standort Kiel eröffnet wird, werden weitere vier Berufsrichter ab dem Frühjahr lahmgelegt; sie werden dann damit beschäftigt sein.
Neben weiteren Großverfahren steht am Landgericht Kiel - das haben wir aus der Presse gehört erstmalig ein Auschwitz-Prozess bevor. Wir alle
sind uns bewusst, welche Kapazitäten ein derartiges Verfahren binden wird, wenn es tatsächlich dazu kommt. Die CDU-Fraktion regt deshalb an, vorübergehend eine zeitlich befristete zusätzliche Große Strafkammer am Landgericht Kiel einzurichten. Umschichtungen, wie sie bisher erfolgt sind, halten wir an der Stelle nicht für richtig; denn wir müssen schon aufpassen, dass wir durch das Stopfen des einen Loches nicht ein anderes in die Justiz reißen. Deswegen bitten wir, diesem Antrag mit Wohlwollen entgegenzutreten.
Ich denke schon, dass wir als Politik, als Parlament gefordert sind, dieses Zeichen zu setzen und die Ministerin dabei zu unterstützen, dass hier zeitlich befristet eine zusätzliche Kammer geschaffen wird. Dies sind wir der Justiz schuldig, dies sind wir den Verfahrensbeteiligten schuldig, dies sind wir allen Menschen schuldig, die ihr Vertrauen in die Stärke unserer Justiz setzen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.