Protocol of the Session on November 19, 2015

daher die grundsätzliche Intention des vorliegenden Gesetzentwurfs, das Friesische zu stärken und zu pflegen.

(Beifall Beate Raudies [SPD] - Christopher Vogt [FDP]: Also ein guter erster Entwurf!)

(Christopher Vogt [FDP]: Also ein guter ers- ter Entwurf! - Zurufe)

Hätten Sie jetzt eben etwas mehr geklatscht, hätte ich das Aber vielleicht etwas leiser gesagt.

(Demonstrativer Beifall Beate Raudies [SPD])

- Nein, nein, nein, jetzt ist es zu spät. Also: Aber es bleibt offen, wie das am besten erreicht werden kann. Wir hatten bereits bei der Verabschiedung des Friesisch-Gesetzes darauf hingewiesen, dass in vielen Feldern wirklich nur Symbolcharakter besteht. Für die FDP-Fraktion bleiben konkrete Schritte zur Förderung des Friesischen vom Kindergarten über den Kulturbereich, den Schulbereich bis hin zur Universitätsebene jedenfalls ungleich wichtiger, obwohl - das nehme ich natürlich auch zur Kenntnis - der Ministerpräsident gerade in seiner Rede zum Handlungsplan Sprachenpolitik da schon sehr richtige Ansätze genannt hat.

Den Änderungen am Friesisch-Gesetz stehen wir gleichwohl durchaus wohlwollend gegenüber, ich sagte es eingangs bereits. Aber lassen Sie mich einige Bemerkungen zu einzelnen Punkten machen. Nehmen wir das Beispiel der Einführung von Urkunden und Beweismitteln in friesischer Sprache bei zivilrechtlichen Verfahren. Das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozessordnung regeln bereits die Einbringung fremdsprachlicher Urkunden abschließend. Das freundlicherweise zur Verfügung gestellte Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes stellt die Rechtslage in diesem Feld nachvollziehbar klar. Zu einer Parallelgesetzgebung ist das Land nicht befugt. Die landesrechtliche Regelung kann also nur die bereits bestehenden bundesrechtlichen Regelungen nachrichtlich wiederholen und - wie in diesem Fall - für das Friesische konkretisieren. Der Wissenschaftliche Dienst stellt aber auch klar, dass der Einreicher einer friesischsprachigen Urkunde in einem Zivilprozess nicht davon entbunden wäre, eine deutsche Übersetzung beizubringen, und auch die Kosten selbst zu tragen hätte.

Durch die Einführung des Friesisch-Gesetzes entsteht keine neue Rechtslage, es ändert sich also nichts. Alles, was bisher möglich war, ist auch weiterhin möglich, mehr aber auch nicht. Es ist also ein

(Dr. Marret Bohn)

reines Symbol, mithin aber natürlich auch unschädlich.

In diesem Zusammenhang weist der Wissenschaftliche Dienst auch darauf hin, dass es einer unzulässigen Rechtsausübung gleichkäme, wenn sich ein Beteiligter trotz einwandfreier Verständigung auf die Nichtbeachtung der Gerichtssprache berufen würde. Im Übrigen kann ich mir auch nicht vorstellen, dass irgendjemand einmal darauf verzichtet hat, sein Recht zivilgerichtlich durchzusetzen, nur weil er Schriftstücke nicht auf Friesisch beibringen konnte.

Gleiches gilt ebenso für die Aufforderung im Sinne einer Kann-Regelung, dass die Kommunen in Nordfriesland Friesisch-Angebote in ihre Fortbildungsangebote aufnehmen mögen. Dagegen spricht aus Sicht unserer Fraktion natürlich überhaupt nichts. Ich will nur darauf hinweisen, dass niemand den Kommunen verbietet, das bereits jetzt zu tun, und sicherlich tun das auch schon einige.

Nun zu dem Thema der Beschilderung: Ja, natürlich, durch eine zweisprachige Beschilderung zeigt sich die Verwurzelung des Friesischen in der Region. Es ist auch nicht von der Hand zu weisen - es wird auch in der Begründung des Gesetzentwurfs aufgeführt -, dass Nordfriesland als Tourismusregion natürlich davon profitieren kann. Die Touristen, die die nicht ausgebaute B 5 entlangfahren, haben natürlich auch Zeit, Schilder zu lesen.

(Heiterkeit Uli König [PIRATEN])

Im Übrigen glaube ich auch, dass die zweisprachigen Schilder einen besseren Effekt haben als die „Willkommen im echten Norden“-Schilder, die man sieht, wenn man von Norden kommt und Richtung Süden fährt. Ich denke schon, dass das ein größerer Profit ist als die Echter-Norden-Schilder.

(Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt kommt der Karnevals- prinz!)

Wenn die zweisprachige Beschilderung Schritt für Schritt ausgebaut werden soll, dann wäre es aus meiner Sicht nur wichtig, dass dies vor dem Hintergrund der katastrophalen Finanzlage des Landes mit Augenmaß und der Finanzsituation angemessen geschieht.

Die Möglichkeit der Verwendung der friesischen Sprache bei Eingaben an die Verwaltung - nächstes Thema - besteht in Nordfriesland schon seit über zehn Jahren. Es wäre daher interessant, im Rahmen der weiteren Ausschussberatung zu evaluieren, wie davon überhaupt Gebrauch gemacht wird und wie

die Kommunen in Nordfriesland verwaltungstechnisch damit umgehen.

Das bringt mich zu den Punkten, die wir kritisch sehen und bei denen wir auf die Anhörung und die Stellungnahmen gespannt sind. Damit meine ich insbesondere den neuen § 82 b im Landesverwaltungsgesetz. Der Aspekt des Friesischen ist schließlich bereits geregelt und braucht nicht doppelt geregelt zu werden. Klar ist zudem, dass es beim Plattdeutschen und Dänischen Unterschiede zum Friesischen gibt, und zwar ist das Dänische keine gefährdete Sprache, und beim Plattdeutschen gibt es nun einmal keine verbindliche Schriftsprache. Es gibt zudem in unserem Land auch noch regionale sprachliche Unterschiede beim Plattdeutschen.

Dass zudem mögliche Übersetzungskosten vom Land oder von den Kommunen zu tragen sind, stellt eine unverhältnismäßige Belastung der öffentlichen Haushalte dar. Ich weise auch darauf hin, dass eine Übernahme von Übersetzungskosten in der Sprachencharta im Verwaltungsbereich nicht explizit vorgesehen ist und die Bundesrepublik sogar eine Übernahme von Kosten im Justizbereich ausgeschlossen hat.

Herr Abgeordneter, achten Sie bitte auf die Uhr.

Ja, genau. - Diesen Paragrafen sollten wir also wirklich noch einmal intensiv vom Wissenschaftlichen Dienst im Ausschuss prüfen lassen. Im Übrigen bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf eine intensive Ausschussberatung.

(Beifall FDP, Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jette Waldinger- Thiering [SSW])

Das Wort für die Fraktion der PIRATEN hat Frau Abgeordnete Angelika Beer.

Herr Ministerpräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Renate Schnack! Lieber Matthäus Weiß! Ein wichtiger Eckpfeiler einer guten Minderheitenpolitik ist die Pflege unserer Minderheitensprachen. Ohne den Erhalt ihrer eigenen Sprachen haben die Minderheiten keine Zukunft und sind der Gefahr ausgesetzt, irgendwann assimiliert zu wer

(Oliver Kumbartzky)

den. Deshalb begrüßen wir ganz ausdrücklich, dass die Landesbeauftragte für Minderheiten zum ersten Mal in der Geschichte Schleswig-Holsteins einen Handlungsplan für Minderheitensprachen des Landes vorgelegt hat. In diesem Handlungsplan, der auch die Regionalsprache Niederdeutsch umfasst, wird insbesondere auf die Vermittlung der nordfriesischen Sprache Wert gelegt.

Meine Fraktion der PIRATEN begrüßt auch, dass die Landesregierung für die Sprache Romanes weiterhin akzeptiert, dass die Verantwortlichen der politischen und gesellschaftlichen Vertretung der Minderheit der deutschen Sinti und Roma keine Verschriftlichung oder Kodifizierung ihrer Sprache wünschen und gleichwohl das Ziel von uns allen so hoffe ich - weiterverfolgt wird, die Bildungsteilhabe der Kinder und jugendlichen Sinti und Roma eben dieser Minderheit - für die Zukunft zu stärken.

Für die dänische Minderheit ist dabei die geplante Änderung des Landesverwaltungsgesetzes von Bedeutung. Lars Harms hat das ausführlich dargestellt. Auch wir hoffen, dass diese Stellen schnellstmöglich besetzt werden und entsprechende Mitarbeiter eingestellt werden können.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, SchleswigHolstein ist das Land mit den meisten Regionalund Minderheitensprachen. Darauf sind wir stolz. Es ist aber auch eine Herausforderung. Ich sage das auch als ehemalige Europaabgeordnete, denn die Sprachencharta wird immer wieder diskutiert. Aber dass wir in Schleswig-Holstein dort eine Vorreiterrolle übernommen haben und übernehmen, wird doch relativ oft negiert. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir die Einführung der Amtssprache für Dänisch, Friesisch und Plattdeutsch. Ich glaube, lieber Oliver Kumbartzky, dass die gerade vorgetragenen Bedenken wenig mit der Realität zu tun haben, gerade weil es freiwillig schon geschieht.

Wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben, wird die Stärkung der Minderheiten jetzt noch einmal ein Stück konkreter. Bei den Gremiensitzungen mit den Minderheiten sind die Vorstellungen des Handlungsplans Sprachenpolitik durch Renate Schnack auf breite Zustimmung gestoßen, und im Dialog mit den Friesen wurde gerade kürzlich im Friisk Hüs in Bredstedt das sogenannte Anwachsen der nordfriesischen Sprache erörtert. Damit wird angestrebt das halte ich für ganz besonders wichtig -, dass sich die Sprachenkompetenz von den Kindertagesstätten über alle Schultypen bis hin zur Universität fortsetzen kann.

Es ist schon erwähnt worden - die Friesen selber weisen darauf hin, aber eben auch die UNESCO und die Gesellschaft für bedrohte Völker -, dass die Sprache gefährdet ist. Deswegen hoffen wir nicht nur im Hinblick auf das Friesische, sondern auch auf alle Sprachen im Rahmen des Handlungsplans Sprachenpolitik, dass eine Anregung der Minderheitenbeauftragten gerade neulich im Gremium mit der friesischen Minderheit von uns allen wahrgenommen wird und wir gemeinsam die Umsetzung versuchen, denn sie hat gesagt - ich möchte es kurz zitieren -: Als Umsetzungsdefizit sei zu nennen, dass derzeit eine koordinierende Instanz im Sinne einer Aufgabe noch ausstehe. - Ich glaube, uns allen ist klar, dass bei diesem Vorhaben der Umsetzung eine solche koordinierende Instanz vorhanden sein muss, um das ganze Paket der Minderheitenpolitik auch gleichberechtigt nach vorn zu treiben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch für uns selbst attraktiv. Ich erinnere mich, dass ich, als ich einmal in Wales war, so begeistert war, dass ich mir ein kleines Handbuch mit der Sprache gekauft und mir gedacht habe: Vielleicht schaffe ich es ja. - Ich habe es nie geschafft. Aber es ist auch so, dass zum Beispiel im Bereich Tourismus Menschen durch eine solche Minderheitenpolitik angezogen werden, weil durch die Darstellung und Wahrnehmbarmachung der kulturellen Vielfalt unsere Region sicherlich an Attraktivität gewinnt.

Für mich selbst muss ich als leider nicht Friesisch sprechend sagen: Unser Gesetzentwurf, den wir heute diskutieren, gibt schon einmal die Möglichkeit, damit anzufangen, Friesisch zu lernen. Die Liste von Ortsnamen und topografischen Bezeichnungen in Deutsch und Friesisch sind ein erster Anfang. Ich glaube, nächstes Mal schaffe ich es dann, zumindest auch die Begriffe in den Minderheitensprachen richtig auszusprechen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall PIRATEN, vereinzelt SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag hat Herr Abgeordneter Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte doch noch einmal versuchen, zwei oder drei Dinge aufzuklären, weil Herr Kollege Kumbartzky ganz konkrete Dinge angesprochen

(Angelika Beer)

hat, über die wir seiner Meinung nach noch einmal reden sollten.

Es ist richtig, wenn es um die zivilrechtlichen Verfahren oder auch um den Einsatz im Sprachgebiet geht, gibt es rechtliche Regelungen, die jetzt bereits in der Sprachencharta enthalten sind. Die Sprachencharta ist Bundesgesetz, daran haben wir uns also alle zu halten. Wir vollziehen das mit unserem Gesetz nur noch nach. Damit ist rechtlich nichts gewonnen, aber es hilft in der Region, wenn ein Landesgesetz dieses noch einmal wiedergibt, weil die Leute dieses dann „ganz nah“ lesen können. Nicht jeder hat die Sprachencharta immer zur Hand, aber das Friesisch-Gesetz wird tatsächlich von vielen in der Region gelesen, sodass darüber dann auch entsprechend die Kenntnisnahme erfolgen wird.

Was die Weiterbildungsangebote angeht: Klar, Sprachen zu nutzen oder Sprachen zu lernen, ist in diesem Land nicht verboten. Da gebe ich Ihnen recht. Das Problem ist, dass wir in der Vergangenheit - auch vor Bestehen des Friesisch-Gesetzes bis 2004 - immer von der Verwaltung gesagt bekommen haben: Uns fehlt da irgendwie die Rechtsgrundlage; wir müssen da irgendwie eine Rechtsgrundlage haben; schreibt uns das einmal auf, dann haben wir zumindest eine Rechtsgrundlage, und dann legen wir los.

Das ist im Übrigen der gleiche Grund, dass wir das jetzt im Kita-Gesetz machen. Da stehen schon Sprachen drin, das wurde aber immer als eine Art Integrationsparagraf für Menschen, die mit Fremdsprachen groß geworden sind, gesehen. Da musste explizit jetzt reinformuliert werden, dass man das auch für die Minderheiten- und Regionalsprachen machen kann, damit man eine Rechtsgrundlage hat. Das ist übrigens auch für unser Ministerium selbst notwendig, damit es einen Erlass herausgeben kann. Ich glaube, daraus ergibt sich die riesige Chance, im Kindergarten mit dieser neuen Rechtsgrundlage so etwas entsprechend zu fördern.

Da auch Matthäus Weiß unter den Zuhörern ist ich weiß nicht, ob er das vorhin mitbekommen hat -: Ich könnte mir vorstellen, dass ein Mediatorenprojekt auch unter eine solche Rechtsgrundlage fallen könnte, sodass man dann in der Lage sein wird, so etwas, was ihr jetzt schon in den Schulen macht, auch in den Kindergärten zu fördern. Ich glaube, diese Intention muss man sich immer vor Augen halten.

Was die Beschilderung angeht: Finanzierung mit Augenmaß. Wir werden da innerhalb von zwei Jahren 300.000 € einsetzen. Wir machen eine absolut

Low-Budget-Beschilderung, wir wechseln die Schilder nicht aus, sondern wir ergänzen sie nur. Wir bringen ergänzend zu den Schriftzügen, die auf deutsch schon drauf sind, zusätzliche Beschriftungen an. Das ist die absolut preiswerteste Variante. Ich glaube, das ist schon mit Augenmaß. Das wollte ich noch einmal gesagt haben, das kann man aber auch in der Begründung des Gesetzentwurfs nachlesen.

Letzter Punkt: Die praktische Nutzung von Vorlagen und Urkunden. Natürlich gibt es nicht für jeden Kram eine friesische Urkunde, natürlich gibt es auch nicht für jeden Kram irgendwie einen plattdeutschen Vordruck. Darum geht es nicht. Sondern allein in der Theorie das Recht zu haben, dieses vorlegen zu können, schafft die Gleichberechtigung dieser Gruppen. Hier geht es nicht darum, Verwaltungen zu nerven, sondern hier geht es darum, eine grundsätzliche Gleichberechtigung von Bevölkerungsgruppen zu haben. Man orientiert sich - wenn man so will - dabei an einem Grundsatz aus dem Grundgesetz, nach dem alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Wir erweitern das jetzt darauf, dass die Minderheiten genauso gleich sind wie die Mehrheitsbevölkerung. Das ist das Ziel, das wir damit verfolgen. - Vielen Dank.

(Beifall SSW, vereinzelt SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Ich muss jetzt noch einmal etwas klären. Frau Abgeordnete Damerow hat die Überweisung an den Europaausschuss und mitberatend an den Innenund Rechtsausschuss beantragt. Ist der Bildungsausschuss nicht beteiligt? - Nein, gut.