Protocol of the Session on November 19, 2015

- Dagegen? - Entschuldigung! Das habe ich nicht gesehen. Dann legen wir Wert darauf, festzustellen, dass Herr Dr. Breyer dagegen gestimmt hat.

Ich unterbreche die Sitzung und wünsche guten Appetit.

(Unterbrechung 13:06 bis 15:04 Uhr)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne unsere Nachmittagssitzung. Erlauben Sie mir bitte diese geschäftsleitende Bemerkung: Ich habe ein paar Minuten gewartet, weil der Finanzausschuss noch tagt, aber ich glaube, wir sollten jetzt trotzdem beginnen.

Begrüßen Sie gemeinsam mit mir auf der Tribüne Fachoberschulklassen des Regionalen Berufsbildungszentrums Eckenerschule aus Flensburg. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 9 und 57 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Umsetzung des Verfassungsauftrags zur Stärkung der autochthonen Minderheiten

Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 18/3536

(Uli König)

b) Handlungsplan Sprachenpolitik

Ich gehe davon aus, dass das Wort zur Begründung nicht gewünscht wird. - Das ist richtig. Auf der Tribüne begrüße ich ebenfalls die Minderheitenbeauftragte Renate Schnack. - Herzlich willkommen, liebe Frau Schnack!

(Beifall)

Ich werde gleich der Landesregierung das Wort zur Berichterstattung zu b) erteilen. Ich eröffne also die Grundsatzberatung und erteile dem Herrn Ministerpräsidenten Torsten Albig das Wort.

Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Schleswig-Holstein ist Minderheitenpolitik fest etabliert. Sie ist Bestandteil unseres landespolitischen Grundverständnisses, quasi unserer landespolitischen DNA. In diesen schweren Tagen können wir uns wieder einmal bewusst machen, welche Bedeutung es hat und wie besonders es ist, wie wir in Schleswig-Holstein zwischen Minderheit und Mehrheit, zwischen Mehrheit und Minderheit miteinander umgehen. Wenn es in anderen Bereichen der Welt nur annähernd so wäre, so sähe sie wahrscheinlich anders aus.

Wir wollen dieses konstruktive Element unseres Verständnisses von einem Miteinander weiterentwickeln, und wir wollen jetzt mit Ihnen den nächsten Schritt gehen, um Schleswig-Holsteins besondere Sprachenvielfalt zu erhalten, ja auszubauen. Diese Vielfalt ist einzigartig in Deutschland, auf sie sind wir sehr stolz. Dies wollen wir gemeinsam noch stärker sichtbar machen, und wir wollen auch von dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Mehrwert profitieren, weil wir fest an ihn glauben.

Das ist der tiefere Sinn, der hinter dem Handlungsplan Sprachenpolitik für die Regional- und Minderheitensprachen steht, mit dem wir ein eigenständiges sprachenpolitisches Konzept für sämtliche Bereiche des Regierungshandelns vorlegen. Wir begreifen den Schutz aller unserer Sprachen als elementare Querschnittsaufgabe. Unser Ziel ist deshalb die Schaffung eines geschlossenen Bildungsgangs in den Regional- und Minderheitensprachen. Das heißt, wir wollen die Sprachen über den gesamten Bildungsgang und die gesamte Bildungslaufbahn verankern, von der Kita über Schule und Berufsschule bis hin zum Studium.

Das ist ein Zeichen unseres besonderen Selbstverständnisses in Schleswig-Holstein. Nordfriesisch,

Dänisch, Niederdeutsch und Romanes sind Teil unserer gelebten kulturellen Identität. Sie sind nicht Teil eines musealen Verständnisses, auf Bauernhofmuseen zu finden, sondern sie sollen ein Teil des gelebten Alltags in Schleswig-Holstein sein.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der Handlungsplan Sprachenpolitik der Landesregierung ist mit der Unterstützung unserer Minderheitenbeauftragten Renate Schnack damit Teil moderner Minderheitenpolitik. Wir folgen dabei der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen.

Lassen Sie mich einige Beispiele für das nennen, was wir vorhaben, und für das, was bereits zum Teil umgesetzt ist: Leitfäden für den Schulunterricht, der neue Leitfaden für den Friesisch-Unterricht wurde gerade in der vergangenen Woche vorgestellt, Schulbücher als Basis systematischen Spracherwerbs, und wir sind froh, dass wir sie für den Niederdeutsch-Unterricht in den Klassen 1 und 2 seit diesem Schuljahr haben vorlegen können, Paul un Emma: snackt plattdüütsch.

In den Stellenausschreibungen des Landes wollen wir dort, wo es sinnvoll ist, Charta-Sprachenkenntnisse anerkennen oder sogar voraussetzen. Gelungen ist uns das jüngst bei der Neubesetzung des Niederdeutsch-Zentrums für den Landesteil Holstein. Wir arbeiten auch beim Nachwuchskonzept der Landesregierung mit diesen besonderen Kenntnissen und wollen sie positiv berücksichtigen, wenn junge Frauen und Männer bei uns anfangen und mit diesen Kenntnissen zu uns kommen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, der Handlungsplan ist aber auch ein langfristig angelegtes Programm über den Bildungsbereich hinaus. Auch dafür einige Beispiele: Das Genehmigen neuer privater lokaler Hörfunksender hat eine elementare Funktion, gerade in diesem Bereich. So können unsere Regional- und Minderheitensprachen in der Öffentlichkeit präsent werden. Der Erfolg des FriiskFunk seit 2010 ist dafür ein eindrucksvoller Beleg. Es war eine große Freude, bei der Jubiläumsfeier dabei zu sein und zu sehen, mit welchem Stolz, aber auch mit welchem Selbstverständnis dieser Sender hochprofessionell mit einer breiten Strahlkraft mittlerweile arbeitet.

In den ZDF-Fernsehrat entsendet Schleswig-Holstein bald eine Vertreterin der Minderheitensprachen, Frau Dr. Karin Haug. In der öffentlichen Ver

(Präsident Klaus Schlie)

waltung wollen wir mehr Menschen, die Dänisch, Niederdeutsch und Friesisch sprechen, damit Bürgerinnen und Bürger in diesen Sprachen rechtswirksam mit der Verwaltung in Kontakt treten können.

Meine Damen und Herren, das sind wichtige Schritte für unsere nationalen Minderheiten, Volksgruppen und für die niederdeutsche Sprechergruppe in Schleswig-Holstein, aber eben auch für die Mehrheit in unserem Land, weil auch Mehrheit erleben muss, wie vielfältig und wie bunt und damit wie stark unser Land hier aufgestellt ist.

Das Artikelgesetz, das heute in erster Lesung beraten wird, ist deswegen ein wichtiger und notwendiger weiterer Schritt zu einem gleichberechtigten Nebeneinander von Regional- und Minderheitensprachen und der Mehrheitssprache. Wir finden dort mehreres gebündelt: Änderungen des Landesverwaltungsgesetzes, des Kita-Gesetzes und des Friesisch-Gesetzes. Das Artikelgesetz kommt einer entscheidenden Forderung der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen nach, nämlich der rechtsgültigen Vorlage von Schriftstücken in der eigenen Sprache. Die Kosten der Übersetzung muss niemand scheuen, weil die entgegennehmende Behörde sie zu tragen hat.

Das Friesisch-Gesetz geht in Zukunft noch einen Schritt weiter und regelt den Einsatz von Friesisch sprechenden Behördenmitarbeitern in den Sprachgebieten. Dort kommen Sprachenplan und Artikelgesetz zusammen. Dazu kommen innerhalb der nächsten beiden Jahre zweisprachige Orts- und Hinweisschilder in deutscher und friesischer Sprache, die nach innen und außen Identität stiften sollen und vielleicht auch Vorbild sein können für andere Regionen. Das kann man miteinander aushalten. Da passiert nichts Schreckliches, das ist ein gutes Zeichen.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Meine Damen und Herren, damit sind Sprachenplan und Artikelgesetz Ausdruck unserer Wertschätzung für die regionalen Minderheitensprachen in Schleswig-Holstein und eben auch Ausdruck unseres gelebten besonderen schleswig-holsteinischen Verständnisses des Miteinanders von Mehrheit und Minderheit.

Ich bitte Sie herzlich um Zustimmung zu unserem Sprachenplan und um Unterstützung des Artikelgesetzes - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Birte Pauls.

(Astrid Damerow [CDU]: Warum das?)

Die Fraktion der SPD erhält als erstgenannte Fraktion zum Gesetzentwurf zu a) das Wort, Frau Abgeordnete Damerow.

(Zuruf)

- Sie haben intern etwas anderes festgelegt, nämlich dass zunächst Lars Harms sprechen soll?

(Lars Harms [SSW]: Richtig! Genau!)

Das ist mir erst bewusst geworden, nachdem er neben mir steht.

(Heiterkeit)

Damit hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort. Es wäre schön, wenn Ihre internen Abmachungen künftig auch das Präsidium erreichen würden.

Herr Abgeordneter Harms hat eine Redezeit von 10 Minuten. Das ist im Ältestenrat so abgemacht worden.

Di hiire loondäispräsidänt! Liiw följkens! Diling gunge we wider en trees foram, am önj e manerhäidepolitiik en forbil tu weesen. Än en forbil tu weesen, dåt koone we nooch bekånd weese.

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Sprachen der Minderheiten überleben nur dann, wenn ihnen auch Räume geschaffen werden, in denen sie überleben können. Das gilt insbesondere für die friesische Sprache in unserem Land, die durch die UNESCO als „besonders bedroht“ eingestuft wird. Schon einer unserer ehemaligen Kollegen, der Landtagsabgeordnete Kurt Hamer, hat als Minderheitenbeauftragter die Vision von einem Modell Nordfriesland gehabt, in dem es darum ging, der friesischen Sprache möglichst viele Lebensbereiche zu verschaffen.

Genau das war auch der Hintergrund, im Jahr 2004 das Friesisch-Gesetz zu beschließen. Es enthielt erstmals Bestimmungen zur zweisprachigen Beschilderung von Verwaltungsgebäuden und zur Nutzung der friesischen Sprache im öffentlichen

(Ministerpräsident Torsten Albig)