Protocol of the Session on November 19, 2015

(Beifall SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. - Ich teile Ihnen nun mit, dass es noch Restredezeiten gibt: Für die CDU-Fraktion sind es 7 Minuten, für die SPD-Fraktion sind es 6 Minuten, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind es 4 Minuten. Die FDP hat keine Restredezeiten mehr, für die Piratenfraktion sind es 4 Minuten und für den SSW sind es ebenfalls noch 4 Minuten Restredezeit. Ich frage Sie: Gibt es noch weitere Wortmeldungen? Der Kollege Tobias Koch von der CDU-Fraktion hat nun das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Oppositionsführer, mein Fraktionsvorsitzender, hat zu Recht darauf hingewiesen, dass es uns nicht weiterhilft, wenn wir vergangenheitsbezogene Debatten über Schuld oder Verantwortung führen. Da die Ministerin dies aber als Einstieg in ihre Rede gewählt hat, gestatten Sie mir einen Hinweis: Frau Heinold, Sie hätten sich gar nicht die Mühe machen müssen, Zitate aus dem Jahr 2011 herauszusuchen. Sie hätten auch aus dem Bericht der Landesregierung vom Juni dieses Jahres zitieren können, in dem Sie dem Haus mitgeteilt haben, dass die finanziellen Belastungen für die Steuerzahler erst in den Jahren 2019 bis 2025 eintreten werden und sich dann auch nur auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag belaufen werden.

(Lars Harms)

Was hilft uns das jetzt in der Debatte? - Ich glaube, es hilft uns gar nicht, denn das Einzige, das wir daraus lernen können, ist, dass die Entscheidungsträger zu den unterschiedlichen Zeitpunkten unterschiedliche Erwartungen, Hoffnungen und Prognosen gehabt haben und dass sich, wie schon mehrere Redner es betont haben, alle diese Erwartungen, Hoffnungen und Prognosen im Nachhinein als falsch erwiesen. Deshalb müssen wir heute darauf achten, dass wir diese Debatte nicht wieder mit falschen Hoffnungen für die Zukunft führen.

(Vereinzelter Beifall PIRATEN und Beifall Daniel Günther [CDU])

Ich will einen zweiten Aspekt ansprechen, der auch einen Vergangenheitsbezug hat und in der Rede des Kollegen Harms heute wieder eine Rolle gespielt hat. Das ist die Beteiligung des Bundes. Der Abgeordnete Lars Harms und die Abgeordnete Monika Heinold haben 2009 gegen den Rettungsschirm gestimmt mit der Begründung, der Bund müsse sich beteiligen. Heute hätten wir diese Möglichkeit. Statt eine Abwicklungsanstalt nach § 8 b zu gründen, könnten wir auch eine Abwicklungsanstalt in Bundesobhut nach § 8 a gründen. Jetzt, wo Sie die Möglichkeit haben, machen Sie selbst davon keinen Gebrauch, weil Sie zu Recht darauf hinweisen: Auch bei einer solchen Lösung würden wir alle Verluste tragen und nicht der Bund. Auch daraus lernt man also nicht wirklich etwas, höchstens, dass es damals vielleicht richtig gewesen wäre, zuzustimmen, oder dass es heute richtig wäre, zuzustimmen. Ich glaube nicht, dass uns solche Debatten wirklich weiterhelfen.

Worauf es ankommt, das ist die Frage, die wir immer wieder gemeinsam gestellt haben: Welches ist die Lösung, die das Landesvermögen am besten schont und schützt? Dieser Nachweis ist bislang noch nicht erbracht.

Wir haben in der letzten Woche eine fast dreistündige intensive Debatte im Beteiligungsausschuss geführt. Bei allen deprimierenden Zahlen, die wir hin und her gewälzt haben - ich glaube, es war eine der besten und intensivsten Debatten in diesem Gremium, die wir in den letzten zehn Jahren geführt haben -, sind wir noch nie so tief in die Thematik eingestiegen. Mein Dank gilt der Regierung für die Aufbereitung der Zahlen und dafür, dass sie uns für die Beratungen zur Verfügung gestanden hat.

Es gibt aber noch zwei oder drei Punkte, bei denen wir auseinanderliegen. Einen Punkt haben Sie heute selber deutlich gemacht, weil Sie zum ersten Mal

Zahlen für die Gewährträgerhaftung genannt haben, die in der Diskussion bisher noch nie eine Rolle gespielt haben. Noch vor einer Woche haben Sie auf Basis der bis dahin bekannten öffentlichen Zahlen mit 12,5 Milliarden € Gewährträgerhaftung gerechnet. Heute - dafür danke ich Ihnen - haben Sie ausgeführt, im November seien es nur noch 10,9 Milliarden €. Schon von daher sieht die Rechnung, die wir noch in der letzten Woche angestellt haben, wieder ein Stück anders aus. Weil das meines Erachtens noch nicht öffentlich ist, wäre meine Bitte, dass Sie uns noch einmal den Verlauf der Gewährträgerhaftung auf den Tag genau bis zum Jahresende und gerne auch darüber hinaus zukommen lassen.

Der zweite und noch viel entscheidendere Punkt ist die Risikoeinschätzung bei der Übernahme der Altlasten. Sie haben erst heute dargestellt, dass es egal sei, ob die Verluste der Altlasten in der Bank selber anfallen oder in der Abwicklungsanstalt. An dieser Stelle trifft das nicht zu, Frau Ministerin Heinold. Es ist ein Unterschied, ob die Verluste in der Bank anfallen, dann nämlich durch die Garantie abgedeckt sind, oder ob sie in der Abwicklungsanstalt anfallen und damit außerhalb des Garantieschirms. Es ist ein Unterschied, Herr Kollege Schmidt, ob wir 2, 3 oder 4 Milliarden € kaufen; denn die Verluste aus der Abwicklungsanstalt tragen wir zusätzlich. Es können ja trotzdem bis zu 10 Milliarden € Garantie in Anspruch genommen. Wenn dann Verluste in der Abwicklungsanstalt anfallen, weil sich die Schiffskredite in den nächsten Jahren schlechter entwickeln als gedacht, dann entstehen zusätzliche Verluste, und die müssen wir zusätzlich tragen, und diese liegen dann je nach Kaufpreis bei 11, 12, 13 oder 14 Milliarden € Belastung. Deshalb müssen wir genau diese Frage der Bewertung der Altlasten und des Preises, den wir dafür zahlen, vorher klären.

(Beifall CDU und FDP)

Deswegen, Herr Kollege Andresen, geht es gar nicht so sehr um Parlamentsfristen und Beratungszeiten, sondern es geht darum, dass man Entscheidungen erst dann treffen kann, wenn man alle relevanten Fakten vorliegen hat. Diese entscheidenden Fakten, welche Portfolien wir übernehmen, welchen Wert diese haben und welchen Preis wir dafür zahlen, kennen wir nicht. Das können nicht wir als CDU-Fraktion entscheiden, das kann eigentlich kein Abgeordneter in diesem Hause zum jetzigen Zeitpunkt entscheiden, solange diese Zahlen nicht vorliegen.

(Beifall CDU)

(Tobias Koch)

Heute ist hoffentlich zur Kenntnis genommen worden - das ist auch in der Rede von Daniel Günther sehr deutlich geworden -, dass wir, soweit es geht, auf die Regierung zukommen. Wir haben schon in der letzten Woche erklärt: Wir sind bereit, die Abwicklungsanstalt in diesem Jahr zu gründen, um bei dem Aspekt des Auslaufens des Finanzmarktkonsolidierungsgesetzes, wie man das auch immer richtig einschätzen mag, Herr Kollege Kubicki, auf der sicheren Seite zu sein. Auf jeden Fall können wir noch in diesem Jahr die Abwicklungsanstalt gründen.

Der Herr Kollege Winter hat ausgeführt, dass wir auch die Entscheidung, die ja Teil der EU-Vorgabe ist, die HSH Nordbank in eine Holding und in eine Tochter aufzuspalten, noch in diesem Jahr treffen können, weil sich an unserer Rechtsposition nichts ändert. Wir hätten dann den gleichen Anteil an der Holding, und die Tochter gehört zu 100 % dazu.

Wir können auch über die Reduzierung der Garantieprovision auf 2,2 % entscheiden, die die EUKommission für die operative Tochter vorsieht. Das geht mit Verlusten bei Garantieprämien für uns einher; aber daran führt so oder so kein Weg vorbei.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter, als mein Fraktionsvorsitzender das vorhin getan hat. Wir können in diesem Jahr auch darüber entscheiden, der HSH finanzfonds AöR eine Kreditermächtigung für die Aufnahme von bis zu 10 Milliarden € Krediten zu geben. Es ist richtig, Frau Ministerin, dass natürlich diese Inanspruchnahme der Garantie zwangsläufig und folgerichtig auf uns zukommt. Denn wenn man eine Bürgschaft ausspricht, kann sie auch in Anspruch genommen werden. Auch an dieser Stelle gibt es nichts mehr zu entscheiden. Auch diese Kreditermächtigung können wir noch in diesem Jahr aussprechen.

Wir können in diesem Jahr aber nicht mehr darüber entscheiden, die Altlasten zu übernehmen, solange wir nicht wissen, welchen Wert sie haben und welchen Preis wir dafür bezahlen. Weil eben noch kein Bewertungsergebnis vorliegt, schlägt die Regierung ja vor, eine Blankovollmacht von 6,2 Milliarden € auszustellen. Deswegen die maximale Obergrenze. Über genau diesen Punkt, die Übernahme der Altlasten und die dafür erforderliche Kreditermächtigung, können wir erst im nächsten Jahr entscheiden. Ich glaube, es ist deutlich ausgeführt worden: Dies kann nicht an dem Zeitrahmen der Gutachten mangeln.

Nun komme ich zu meinem letzten Gedanken und danach auch zum Schluss. Wir haben im Jahre 2009

als CDU-Fraktion Verantwortung übernommen, als es darum ging, 65 Milliarden € Gewährträgerhaftung zu vermeiden. In den letzten Jahren sind wir auch als verantwortungsvolle Opposition nie der Versuchung erlegen, zulasten der Bank politisches Kapital daraus zu schlagen, weil uns immer bewusst war: Jede politische Aktion zulasten der Bank schadet auch dem Land. Dankenswerterweise hat sich die Landesregierung bei uns mehrfach für diesen fairen Umgang mit der HSH Nordbank bedankt.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das wollen wir auch gerne in Zukunft so handhaben. Das setzt aber voraus, dass wir jetzt über die gravierendste Entscheidung, die dieser Landtag wahrscheinlich für alle Zeiten treffen wird, auf solider Faktenbasis entscheiden. Keinem Abgeordneten sollte eine Entscheidung abverlangt werden, die zu diesem Zeitpunkt niemand von uns guten Gewissens treffen kann. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist immer wieder schön, dass wir jetzt den Infokanal Parlament haben; denn mich hat gerade eine Mitteilung eines Bürgers von Schleswig-Holstein erreicht, der die bisherige Debatte verfolgt hat und sich darüber wundert, wie wir über den Ankauf der Papiere der HSH Nordbank diskutieren. Mir wurde eine Information Ihres Hauses - Sie können das gleich sehen - zur HSH Nordbank vom 26. Oktober an mich weitergeleitet, in der es wie folgt heißt:

„Nach der am 19. Oktober 2015 zwischen den Ländern und der EU-Kommission geschlossenen Vereinbarung darf die Bank notleidende Kredite im Umfang von rund 8 Milliarden € verkaufen. Damit geht ein wesentlicher Teil der Altlasten insbesondere im Bereich der Schiffsfinanzierungen an Dritte über und belastet die Bank nicht mehr.“

Jetzt kommt es:

„Wenn ein Verkauf direkt an dem Markt nicht möglich ist, werden die Länder Portfo

(Tobias Koch)

lienvolumen von 6,2 Milliarden € zum Marktwert übernehmen.“

Das ist ja zunächst der Ansatz, nicht 8 Milliarden € am Markt zu platzieren. Wenn das nicht möglich ist, dürfen die Länder die restlichen 2 Milliarden € übernehmen.

(Beifall Dr. Heiner Garg [FDP])

Das heißt nicht: Der Prozess wird der Bank dahin gehend abgenommen, dass wir von vornherein 6,2 Milliarden € übernehmen und nur die anderen 2 Milliarden € nachplatziert werden sollen. Ihr Staatssekretär Dr. Nimmermann hat erklärt - ich habe gerade versucht, das anhand der offiziellen Erklärungen Ihres Hauses an die EU-Kommission zu verifizieren, was mir vielleicht gelungen ist; aber Sie werden dem sicher noch einmal nachgehen -, es gebe immer einen Marktwert. Wenn ich am Markt zu den Preisen, die der Markt hergibt, verkaufe, dann ist die Konsequenz daraus, dass ich unter Umständen im Jahr 2016 Verluste sofort realisiere, die dann bei der Bank ausgeglichen werden müssen und damit eine unmittelbare Belastung darstellen.

Die Intention der EU-Kommission ist offensichtlich nicht die, dass das Land übernehmen darf, sondern lediglich die, das Land darf nur dann übernehmen, wenn der Markt nicht in der Lage ist, die 8 Milliarden € aufzunehmen. Das ist aber etwas anderes, und das ändert die Diskussionslage.

Nun zu einem anderen Punkt, Frau Ministerin. Sie haben ja gesagt, wenn ich noch Fragen hätte, könnte ich die hier stellen.

Wir in meiner Fraktion, die wir juristischen Sachverstand haben, sind im Zweifel darüber, ob es auf den Zeitpunkt der Gründung der juristischen Person ankommt, um die Frage Eigenkapitalunternehmen und Banklizenz zu beantworten. Wahrscheinlich kommt es darauf an, zu welchem Zeitpunkt die Geschäfte vollzogen werden. Das leuchtet im Zweifel durchaus ein, weil die Frage der Durchführung eines Geschäftes nur dann relevant ist, wenn man dieses Geschäft auch tatsächlich durchführt. Nur dann ist auch die Frage relevant, ob ich eine Lizenz dafür brauche, ja oder nein.

Wenn das der Fall ist, dann spricht überhaupt nichts dagegen, das im Zweifel auch noch in das nächste Jahr hinein zu verlagern, jedenfalls was die konkreten Transaktionsüberlegungen angeht; denn sonst würden wir rechtlich ohnehin nichts anderes bewirken.

Meine Bitte ist also diese: Sie haben alle Informationen und haben ja auch Ihre juristischen Berater befragt.

(Zuruf Lars Harms [SSW])

Herr Kollege Harms, auch Sie hatten große Probleme, zu begründen, warum sich etwas von dem realisieren soll, was Sie als mögliches Risiko beschrieben haben. Wir brauchen in den nächsten Wochen und Monaten eine intensive Beratung.

Noch einmal: Es geht hier nicht um Peanuts, sondern wir reden hier über einen zweistelligen Milliardenbetrag, der dem Steuerzahler von SchleswigHolstein schlicht und ergreifend auf andere Art und Weise verloren gehen wird. Das ist tatsächlich eine sehr schwere Entscheidung, die einer gründlichen Beratung bedarf und nicht mit der Erklärung abgetan werden kann: Wir vertrauen der Bank, wir vertrauen den juristischen Beratern, wir vertrauen der Regierung. Auch ich würde das gerne tun. Aber parlamentarische Kontrolle sieht anders aus. Das waren die Fehler der Vergangenheit.

(Beifall FDP und CDU)

Für die Landesregierung erteile ich erneut Frau Ministerin Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Erste, was ich deutlich machen möchte, ist, dass wir keine falschen Erwartungen wecken wollen. Deshalb sage ich Ihnen, Herr Schmidt, sehr deutlich: Es gibt kein Versprechen der Landesregierung, dass wir die Bank verkaufen können.

Insofern ist es falsch, dass Sie so tun, als würden wir dies geben, um anschließend zu sagen: Jetzt haben Sie Ihr Versprechen nicht erfüllt. - Wir haben vielmehr gesagt, dass ein Verkauf der Bank anzustreben wäre. Das ist unser Ziel, weil das aus heutiger Sicht die vermögensschonendste Variante ist. Aber bitte drehen Sie das Wort nicht so herum, dass es später anders genutzt wird.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Zweite ist: Herr Kubicki, ich wundere mich ein bisschen über den Neuigkeitswert Ihrer Ausführungen, denn das war für mich immer klar. Ich will gern die alten Pressemitteilungen noch einmal daraufhin überprüfen, was dort steht. Klar war immer, dass der einzureichende Umstrukturierungsplan ei

(Wolfgang Kubicki)