Das Faszinierende daran ist, dass uns die Bankvorstände, die „Leuchten der Finanzwelt“, erklärt haben - Herr Berger im Untersuchungsausschuss -, dass sie die Geschäfte, die sie damit verbunden haben, überhaupt nicht verstanden haben, sondern sich nur daran orientiert haben, dass auch andere Banken das machen. - Das ist doch ein Ausweis von Vertrauen in die Bank, wie er besser nicht sein kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion hat einmal dokumentiert, dass die großartigen Prognosen der führenden Vertreter der HSH Nordbank jedes Jahr über positive Geschäftsausblicke meistens innerhalb kürzester Zeit von der Realität eingeholt wurden.
„Für das Jahr 2008 geht die HSH Nordbank weiter von einer hohen Unsicherheit an den Finanzmärkten aus. ‚Wir haben jedoch gezeigt, dass wir ein erfolgreiches und krisenfestes Geschäftsmodell haben‘, sagte Vorstandsvorsitzender Hans Berger. ‚Daher werden wir unseren Wachstumskurs fortsetzen.‘ Das Neugeschäft entwickelt sich auch 2008 erfreulich.“
„ ‚Wir rechnen damit, dass die Finanzmarktkrise länger andauert. Mit unserem Programm verbessern wir unsere Wettbewerbsposition und machen unser Haus wetterfest‘, sagte Hans Berger, Vorstandsvorsitzender
„Ungeachtet der Turbulenzen an den Finanzmärkten hat sich das Geschäftsmodell der HSH Nordbank als robust erwiesen.... Mit den jüngsten Kapitalmaßnahmen über zwei Milliarden Euro“
„und dem bereits der Öffentlichkeit vorgestellten Maßnahmenpaket zur weiteren Stärkung der Finanzkraft sieht sich die Bank gut gerüstet, ihr Geschäftsmodell weiter zu fokussieren.“
Am 15. Januar 2009 berichtete die „Bild“-Zeitung, dass der Verlust der HSH höher sein wird als erwartet. Unter Berufung auf das Umfeld der Bank dürfte das Minus bei bis zu 2 Milliarden € liegen. Es werde zudem geprüft - so die „Bild“-Zeitung -, ob ein Einstieg des Bundes, ähnlich wie bei der Commerzbank, möglich sei.
Wir wissen heute, dass jeder dieser drei Sätze entweder zu diesem Zeitpunkt schon falsch war oder sich später als falsch herausgestellt hat. Eine schlechtere Trefferwahrscheinlichkeit gibt es nicht.
Es geht weiter. Im März 2010 erklärte Dirk Jens Nonnenmacher gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, dass die Bank im Jahr 2011 endlich die Verlustzone verlassen werde. Obwohl der Kurs, der im Jahr 2009 eingeschlagen wurde, laut Pressemitteilung vom 2. März 2011 „konsequent“ gehalten wurde, wurde nun ein neues Zieldatum angekündigt, an dem die HSH Nordbank wieder voll dividendenfähig sein sollte: 2014. - Wir wissen, dass auch das nicht gehalten werden konnte.
Dass die HSH selbst hieraus keine Schlüsse gezogen hat, konnten wir bei der Halbjahrespressekonferenz feststellen. Ich erspare mir, die Worte des Kollegen Rother von vor einem halben Jahr zu zitieren.
- Ja, das ist wirklich schade. Seine Einschätzung der Bank muss sich innerhalb eines so kurzen Zeitraums um 180 Grad gedreht haben.
Per Presseerklärung teilte die HSH Nordbank am 28. August 2015 mit, die Bank befinde sich „auf einem guten Weg“ - was nachweislich falsch war. Denn ausweislich der aktuellen Halbjahresbilanz sprechen wir von 23 % notleidenden Krediten - fast ein Viertel -, Tendenz steigend. Dies ist geschehen, obwohl sich die Bank durch die Umstrukturierung angeblich auf einem „guten Weg“ befunden hat. Können wir das tatsächlich noch glauben?
So könnten wir eine Reihe weiterer Beispiele nennen. Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass die Bank stets nach dem Motto verfährt: Wir verlegen die Beseitigung unseres Problems in die Zukunft, also haben wir heute kein Problem.
Ich sage Ihnen aus eigener Kenntnis, dass alle Vorstände der HSH Nordbank bis heute nach wie vor das Gefühl haben, ihnen gehöre das Land Schleswig-Holstein, sie könnten hier in die Steuerkasse hineingreifen, sie seien nicht Bank des Landes, das Land sei für die Bank da.
Im Lichte dieser leuchtenden Zukunftsprognosen von Vertretern der Bank haben die Landesregierung und der Landtag mit Mehrheit mehrfach Entscheidungen gefällt, die sich später als falsch und als finanzpolitisch fatal herausgestellt haben. Mittlerweile sprechen wir von mehreren Milliarden Euro, die wir seit 2008 in die Bank gesteckt haben. Wir müssen im schlimmsten Fall mit einem zweistelligen Milliardenbetrag rechnen, der in den kommenden Jahren auf den Landeshaushalt zurollt. Ertrag für das Land bisher: null.
Ich habe schon früher erklärt und erkläre heute noch einmal: Wir sollten die vollmundigen Erklärungen der Bank kritisch hinterfragen. Es liegt doch auf der Hand, dass die Vertreter der HSH nicht aus altruistischen Motiven heraus agieren und den Schutz des Landesvermögens im Blick haben, sondern dass sie eigene Interessen verfolgen, was man ihnen im Zweifel nicht vorwerfen kann. Den Schutz des Landesvermögens aber müssen wir als Parlamentarier in diesem Hohen Haus verantworten.
Auch aus diesem Grund ist es unausweichlich, dass wir über die Zukunft der HSH Nordbank nicht nach dem Hauruck-Prinzip, sondern unter Hinzunahme von kritischen Stimmen in einem geordneten parlamentarischen Verfahren mit Expertenanhörungen
beraten. Kollege Andresen, ich freue mich, dass diese Bereitschaft besteht. Wir können die Zeit bis Dezember nutzen, um dieser Forderung zu entsprechen.
Denn wir wollen uns nicht einer sinnvollen Lösungsmöglichkeit versperren. Ich komme darauf noch einmal zurück. Die bisherigen Argumente aber, warum das alles bis zum 31. Dezember 2015 passieren müsse, sind falsch.
Eine Entscheidung über Milliarden von Euro sollten wir uns niemals leicht machen und keinesfalls übers Knie brechen, zumal sich diese Schulden in einem strukturellen Defizit niederschlagen werden, das mindestens 150 Millionen € betragen wird. Das strukturelle Defizit, was wir damit machen, wird mindestens jedes Jahr 150 Millionen € betragen, und auch hier ist die Tendenz eher steigend, wenn wir davon ausgehen, dass die Zinsen in den nächsten Jahren wieder nach oben gehen werden.
Um wie viel Geld es insgesamt geht, haben Sie, Frau Finanzministerin, in Ihrer Rede ganz bewusst ausgeklammert. Als Parlamentarier können wir das nicht akzeptieren. Ich werde jedenfalls einem Modell nicht meine Zustimmung geben, dessen finanzpolitische Tragweite entweder unbekannt ist oder aus bestimmten Gründen verschwiegen wird. Und ich erwarte auch von den Abgeordneten der anderen Fraktionen, dass sie die Ministerin hier nicht aus ihrer Pflicht entlassen.
Das Ergebnis, für das sich Olaf Scholz und Torsten Albig feiern lassen wollen, ist alles andere als ein Erfolg, auch wenn ich verstehen kann, dass die Koalitionäre mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln einen Jubelsturm zu entfachen versuchen. Vielmehr ist die angebliche Einigung mit Brüssel ein Oktroi, es ist eine Abwicklung auf Zeit. Es ist die kontrollierte Abwicklung, von der wir reden.
Übrigens, Herr Kollege Andresen, der Begriff der unkontrollierten Abwicklung soll ja suggerieren, dann würde hier das Chaos ausbrechen. Die WestLB wird in einem kontrollierten Verfahren abgewickelt, aber auch unkontrolliert, weil die Weiterbeschäftigung der Bank am Markt schlicht und ergreifend von der Europäischen Kommission untersagt worden ist. Das gleiche Verfahren wie bei der WestLB würde auch im Fall einer von Ihnen sogenannten unkontrollierten Abwicklung der HSH angewandt.
Faktisch hätte das Brüsseler Ergebnis nicht schlechter ausfallen können. Denn eine kontrollierte Abwicklung heißt doch, dass wir gezwungen sind, die Bank in jedem Fall zu jedem Preis zu veräußern,
weil ansonsten die Bank aufhört zu existieren. Das wissen potenzielle Käufer doch auch. Ich finde es genial, wenn man den Marktpreis auf diese Art und Weise nach oben treibt, indem man dem Käufer wenn es überhaupt einen gibt - suggerieren kann: Du kannst in aller Ruhe warten, denn das Land muss zu jedem Preis veräußern.
Das grundlegende Problem bleibt, dass die Bank noch immer keine Zukunftsperspektive hat. So erklärte die Ratingagentur Fitch - Herr Kollege Andresen, vielleicht hören Sie einmal zu! - unmittelbar nach der Einigung mit der EU-Kommission, im Hinblick auf die vereinbarten mittelfristigen Privatisierungsbemühungen müsse die Langfristperspektive von „BBB-stable“ auf „BBB-negativ“ verändert werden. Fitch spricht in seinem Bericht von einem schwachen, also kaum tragfähigen Geschäftsmodell.
Vor dem Hintergrund dieser Perspektive erleben wir jetzt aber, wie flexibel manch ein verantwortlicher Abgeordneter seine Argumentationslinie zeichnet. Ich erinnere daran, dass es in der Vergangenheit immer von SPD, Grünen und SSW geheißen hat, einen sogenannten Weißen Ritter werde es für die HSH Nordbank nicht geben, was ja letztlich nur bedeuten kann, dass die Werte der Bank doch nicht so gut waren, wie immer erklärt wurde.
Jetzt aber müssen wir feststellen, dass die Aussichten, einen Weißen Ritter zu gewinnen, aktuell offenbar sehr gut sind - zumindest wenn wir den öffentlichen Bekundungen der Koalitionsvertreter Glauben schenken. Wo der herkommen soll, wenn er maximal eine Bilanz, nämlich die des Jahres 2014, zur Kenntnis nehmen kann, erschließt sich momentan nicht.
Warum sich die Situation jetzt fundamental verändert haben sollte, zumal sich die HSH in den letzten Monaten mit der Immobilienfinanzierung weitere schwere Klumpenrisiken ans Bein gebunden hat, hat mir bisher niemand plausibel erklären können.
Und wenn es jetzt realistisch sein sollte, einen solventen Käufer zu finden, weil die Bank jetzt konkurrenz- und dividendenfähig ist, wäre es dann nicht sinnvoller, wir diskutierten bereits in diesem Plenum über die HSH Nordbank, damit noch mehr potenzielle Käufer von diesem großartigen Geschäft erfahren? Müssen wir nicht die Zeit nutzen und weltweit Werbung für diese Bank machen, damit wir die größten finanziellen Risiken für den Landeshaushalt abwenden können? - Vielleicht sollten Sie Ihre Argumentation an dieser Stelle noch einmal überdenken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Sie nur dringend davor warnen, sich wegen eines Mangels an Informationen dazu verleiten zu lassen, den Einschätzungen weniger anderer über angebliche fiskalische Auswirkungen blind zu vertrauen. Beispielsweise ist die Behauptung, § 8 b Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz könne nach dem 31. Dezember 2015 nicht mehr angewandt werden, falsch. Ja, ich würde als Anwalt auch in meine Begutachtung reinschreiben: „es besteht ein gewisses Risiko“. Was die Eintrittswahrscheinlichkeit angeht, ist dazu nichts gesagt worden, schon aus Haftungsgründen, aber das ist wie bei den Atomkraftwerken: Es gibt ein gewisses Risiko, und trotzdem ist erklärt worden, die Eintrittswahrscheinlichkeit gehe gegen null.
Sie sollten gelegentlich vielleicht auch einmal auf einen Juristen hören. Der Kollege Peters ist auch Jurist. Wir würden das immer so machen.
(Eka von Kalben [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ja, aber doch nicht immer auf Sie, Herr Kollege! Es gibt ganz viele Juristen, Sie sind nicht der einzige Jurist!)
- Das müssen Sie gar nicht, aber Sie müssen vielleicht ein paar Sachen verstehen. Die Behauptung, die uns nachgeliefert worden ist, die Wirtschaftsprüfer würden darauf bestehen, dass das bis zum 31. Dezember 2015 geschieht und nicht erst zum 31. März 2016, ist deshalb falsch, weil in der Wertaufhellungsphase Wirtschaftsprüfer von Gesetzes wegen die Entwicklung berücksichtigen müssen.
Hören Sie damit auf, mit falschen oder unzureichenden Erklärungen den Versuch zu unternehmen, das bis zum 31. Dezember 2015 durchzudrücken. Das schafft doch mehr Misstrauen als Vertrauen.
Ich möchte noch einige andere Dinge ansprechen. Möglicherweise hat die Tatsache, dass die Wertgutachten, die Marktwertgutachten, erst im April 2016 erstellt werden sollen, etwas damit zu tun, dass noch eine Frage geklärt werden muss. 6,2 Milliarden € bezahlen wir, völlig egal, was wir dafür bekommen. Das heißt, wenn die Marktwerte der Portfolio dann gegen null gehen, investieren wir trotzdem 6,2 Milliarden €. Das Problem bestände dann nur darin, dass wenn die Marktwerte der Portfolien gelegentlich gegen null gehen, die Bank, weil sie andere Buchwerte hat, riesige Probleme bekommt, denn der Verlustausgleich muss sofort erfolgen. Das ist ein riesiges Problem, vor dem wir stehen, und das müssen wir intensiv diskutieren,