Protocol of the Session on January 27, 2010

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Gesetzentwurf taucht der Punkt ,,Kosten“ nicht auf. Auch im Bildungsausschuss wurde dieser Punkt ausgeschwiegen. Schweigen ändert aber nichts daran, dass Mehrkosten auf das Land zukommen, die zu vermeiden wären.

Mehrkosten - das sage ich in Klammern - werden auch auf das Land zukommen, wenn G8 und G9 parallel angeboten werden sollen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch das ist - ich weiß gar nicht, wie ich das formulieren soll - merkwürdig allemal.

Für den SSW halte ich an dieser Stelle fest, dass diese Schulgesetznovellierung aus unserer Sicht nicht nur rückwärtsgewandt ist. Sie verunsichert die Schulen und die Schulträger, die Eltern, die Lehrerschaft und die Schülerinnen und Schüler des Landes. Darum erwarten wir, dass dies wieder zurückgezogen wird, wenn das Volksbegehren nicht positiv für den Erhalt der Realschulen ausfällt. Dann hätten Sie einen Beitrag zum Bürokratieabbau. Sie hätten eine virtuelle Gesetzesänderung im Schulgesetz. Die kann man auch für andere Zwecke nutzen. Aber mit Schule und Bildung hat das nun wirklich nichts zu tun.

Dass wir gegen diesen Gesetzentwurf sind, ist kein Geheimnis. Wir werden dagegen stimmen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Ines Strehlau von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

(Unruhe)

Ich bitte noch einmal um mehr Aufmerksamkeit. Das gilt, bitte, auch für die Regierungsbank.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vorweg, liebe Frau Kollegin Conrad, muss ich etwas zu Ihnen sagen. Sie haben gesagt: „Ich wiederhole so lange, bis es alle verstanden haben“, und das tun Sie gern.

(Cornelia Conrad [FDP]: Ja!)

Wenn Sie immer wieder auf dieselbe Art und Weise etwas erklären, erhöht das nicht den Erkenntnisgewinn. Das lernen alle Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Ausbildung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Sie dieses veraltete pädagogische Prinzip hochhalten, zeigt, wie dringend wir eine Schulreform mit anderen Lernformen brauchen, die zu mehr Verständnis und nicht zum Auswendiglernen führt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir haben schon viel Kritik zu dieser Schulgesetzänderung gehört.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Die kritisiert jeder!)

(Anke Spoorendonk)

Dieser Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen erscheint eben nur auf den ersten Blick wie ein Bonbon für die Schulen. Aber er ist es mitnichten. Er ist das Hinauszögern einer lange vorbereiteten Reform. Wenn es im Sinne der FDP läuft, ist es die Einleitung der Rolle rückwärts im Schulsystem. Wir haben heute mehrfach gehört, es gebe keine Rolle rückwärts. Das stimmt so nicht. Wenn das Schulgesetz tatsächlich die Möglichkeit eröffnet, auch an Gemeinschaftsschulen wieder Schulartklassen einzuführen, hätten wir diese Rolle rückwärts. Wir befürchten, dass es so kommt.

Also schafft dieses neue Schulgesetz keine Ruhe, wie Sie es wollten, sondern großen Frust an den Schulen. Die Schulen und Schulträger haben sich nicht umsonst seit 2007 auf den Weg gemacht, ihre Strukturen zu ändern. Mit dem gültigen Schulgesetz von 2007 ist ein großer Schritt in die richtige Richtung gemacht worden, in die Richtung des längeren gemeinsamen Lernens. Dass die Regionalschule dabei die zweitbeste Lösung ist und nicht die beste, zeigen die Anmeldezahlen, denn die Eltern stimmen darüber mit den Füßen ab.

Sie schreiben in Ihrem Koalitionsvertrag, dass die Schulen jetzt Ruhe brauchen, die begonnenen Reformen umzusetzen. Genau richtig. Das können wir nur unterstützen - wenn Sie es denn ernst nehmen würden. Diese Ruhe, beschlossene Reformen umsetzen zu können, wollen sowohl Schulen als auch Eltern. Das zeigt das Ergebnis der Anhörung zur Schulgesetzänderung. Dort hat als einziger der Verband der Realschullehrer geschrieben, dass er sie begrüßt. Alle anderen sahen überhaupt keine Notwendigkeit für ein Hinauszögern der Reform, nicht einmal die Landeselternvertretung der Realschulen, für die die FDP meint sich als Lobbyist betätigen zu müssen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Auch handwerklich ist die Schulgesetzänderung grottenschlecht gemacht. Bei der ersten Lesung haben Sie nur eine Gesetzesänderung zu § 146 des Schulgesetzes eingebracht, in der die Umwandlung der Haupt- und Realschulen in Regionalschulen geregelt wird. § 147, der die Umwandlung der Gesamtschulen in Gemeinschaftsschulen regelt, auch die der Kooperativen Gesamtschulen, wurde im Entwurf gar nicht angefasst.

Nur in dem Redebeitrag von Frau Conrad in der ersten Lesung wurde in einem Satz von ihr ganz nebenbei erwähnt, dass dann wohl auch § 147 geändert werden müsse. Im Gesetzentwurf stand dieser

Paragraf aber nicht. Also positionierten sich die Gesamtschulen in ihrer Stellungnahme zur Anhörung nicht dazu. Sie konnten ja davon ausgehen, dass die Schulgesetzänderung sie gar nicht betrifft. Aber weit gefehlt. Im Bildungsausschuss wurde ein Antrag zur Änderung des § 147 nachgereicht. Ein wichtiger Teil der Schulgesetzänderung war also den Beteiligten an der Anhörung gar nicht bekannt.

Frau Abgeordnete, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit.

Ja! - Es gab zu Recht einen Aufschrei der Empörung vor allem bei den betroffenen Kooperativen Gesamtschulen, zumindest bei denen, die 2010 Gemeinschaftsschule werden wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, ich hoffe, dass es wirklich nur ein handwerklicher Fehler war. Das ist schlimm genug. Viel schlimmer wäre es aber, wenn dies kein handwerklicher Fehler war, sondern der neue Umgangsstil

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

zwischen Bildungsministerium und Gesamt-, Gemeinschafts- und Regionalschulen. Wenn das der Fall gewesen sein sollte,

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist bereits abgelaufen. Formulieren Sie bitte Ihren letzten Satz.

- dann, Herr Minister, müssen Sie sich warm anziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Loedige, FDP-Fraktion, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir, die FDP, als Lobbyisten bezeichnet werden, so ist das in diesem Zusammenhang sehr lobenswert. Ich danke Ihnen. Vielen Dank, Frau

(Ines Strehlau)

Strehlau. Das machen wir gern. Wir verteidigen hier eine sehr gute Schulform, nämlich die Realschule. Die Realschullehrerverbände und Eltern haben ein Volksbegehren angeschoben; dieses werden wir weiter unterstützen und weiterhin begleiten. Deswegen werden wir dem Änderungsgesetz zustimmen.

Ich finde es schon sehr merkwürdig, dass Sie das Volksbegehren einfach ignorieren und so tun wollen, als gäbe es nicht mehrere 10.000 Leute im Land, die unterschrieben haben, dass die Realschule - und seien es nur fünf Standorte im Land erhalten bleibt. Wir reden hier vielleicht von einer Minderheit. Das mag sein. Deswegen finde ich es umso merkwürdiger, dass gerade der SSW meint, man müsse hier etwas durchziehen. Einmal sind wir zu langsam, ein anderes Mal sind wir zu schnell.

Ich erinnere daran, dass wir dieses Chaos in der Schulpolitik einer sozialdemokratischen Bildungsministerin zu verdanken haben.

(Widerspruch bei der SPD)

Wenn wir so weitermachen und den Vorschlägen der Grünen folgen würden, dann hätten wir noch mehr Chaos. Ich verweise nur auf Hamburg: Dort stehen die Menschen auf der Straße, und man versucht, jetzt irgendwie einen Kompromiss mit dem Senat zu finden. Dort geht die grüne Schulpolitik voll in die Hose.

Ich kann allen hier nur empfehlen, unserem Gesetzentwurf zuzustimmen, um ein wenig Ruhe in die Landschaft zu bringen und so auch einer Minderheit Gelegenheit zu geben, sich zu äußern. Vielleicht ist es eine Minderheit und das Volksbegehren kommt nicht durch. Aber diese Landesregierung wird abwarten, ob die entsprechenden Stimmen zusammenkommen. Das ist nur gerecht. Deswegen werden wir hier zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Im Rahmen der verabredeten Redezeit erteile ich der Frau Abgeordneten Heike Franzen das Wort, die noch vier Minuten aus der ersten Runde hat.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe in den heutigen Redebeiträgen sehr viel gehört, was mit dem vorliegenden Gesetzentwurf überhaupt nichts zu tun hat. Es ging um

Planstellenzuweisungen usw. Das ist nicht Inhalt dieses Gesetzentwurfs.

Ich bitte wirklich darum, im Gesetzentwurf nachzulesen. Er schafft die Möglichkeit zur Fristverlängerung. Wir vollziehen weder eine Rolle rückwärts noch sagen wir von vornherein, dass wir Realschulen aufrechterhalten oder wieder einführen. Wir orientieren uns an dem Fakt, dass wir ein Volksbegehren haben.

Ich will auch auf die zeitlichen Abläufe noch einmal hinweisen. Die Schulen werden im Februar ihre Eingangsveranstaltungen zur Aufnahme der Schülerinnen und Schüler abhalten. Die Aufnahmefristen in Gesamtschulen enden im Februar, die für die anderen allgemeinbildenden Schulen im März. Wie Sie richtig erfahren haben, wird das Ergebnis des Volksbegehrens erst Ende Februar/Anfang März vorliegen. Das heißt, wenn wir die Möglichkeit haben wollen, dem Volksbegehren zu entsprechen, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben, dann ist genau jetzt der Zeitpunkt, um eine solche Fristverlängerung im Schulgesetz zu verankern.

(Beifall bei CDU und FDP)