Protocol of the Session on April 27, 2012

(Beifall bei der SPD - Zuruf: So ist das!)

Regelungen in der Gesetzgebung, wie zum Beispiel beim Steuerrecht oder in der Sozialversicherung, führen dazu, dass das ehrenamtliche Engagement deutlich und nachhaltig behindert oder gar eingeschränkt wird. Hier gilt es in der Zukunft, nachhaltig dafür Sorge zu tragen, dass diese Hemmnisse abgebaut werden.

Das Ehrenamt bedarf verlässlicher Strukturen. Es gibt ehrenamtliche Bereiche, die ohne hauptamtliche Unterstützung nicht handlungsfähig sind. Daher war es falsch, ohne genaueres Hinsehen von oben herab pauschale Haushaltskürzungen im Ehrenamtsbereich vorzunehmen.

(Beifall bei der SPD)

Besser ist es, mit den Betroffenen zu reden mit dem Ziel, Verlässlichkeit für die benötigten Rahmenbedingungen zu erreichen.

Sehr geehrte Damen und Herren, die SPD-Fraktion bittet darum, über die Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses in zwei Abschnitten abzustimmen. Im ersten Teil der Beschlussempfehlung wird mehrheitlich empfohlen, den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1214, abzulehnen. Dem können wir natürlich nicht zustimmen. Die Entschließung im zweiten Teil hat unsere volle Unterstützung. Ergänzend dazu rege ich an, unter Punkt 6, dritter Spiegelstrich auch die DLRG aufzunehmen. Ich weiß, dass sie im Rettungsdienstgesetz nicht vorkommt. Nach meiner Ansicht ist diese Forderung der DLRG seit Längerem vorhanden.

Zu Drucksache 17/2505 werden wir uns enthalten. Sicherlich ist es löblich, dass sich CDU und FDP für eine bessere Lesbarkeit des Kommunalrechts einsetzen. Das hätte jedoch nach unserer Ansicht bereits im letzten Monat bei der Änderung des Kommunalverfassungsrechts geschehen können. Es ist sehr ambitioniert - das ist der eigentliche Grund für unsere Enthaltung -, wenn Sie jetzt eine komplette Überarbeitung des Kommunalrechts noch vor

der nächsten Kommunalwahl 2013 vornehmen wollen.

Sehr geehrte Damen und Herren, an dieser Stelle möchte ich mich von Ihnen verabschieden. Ich habe das Vergnügen und die Freude gehabt, diesem Parlament seit 1995 immer wieder angehört haben zu dürfen. Ich habe viele gute Begegnungen in diesem Haus gehabt, die übrigens die schlechten überwiegen. Ich wünsche vor allen Dingen denjenigen, die dabeibleiben werden, weiterhin den Mut, sich weiter für dieses Land einzusetzen und das Land weiter voranzubringen.

(Beifall)

Herzlichen Dank, Herr Kollege. - Ich rufe nunmehr den Kollegen Jens-Uwe Dankert auf, der das Wort für die FDP-Fraktion erhält.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das Geburtstags- kind! - Ministerpräsident Peter Harry Car- stensen: Der gibt gleich einen aus! - Heiter- keit)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank für die Glückwünsche. Mit 66 Jahren - ich möchte Ihnen allen Mut machen - fängt das Leben erst an.

(Beifall)

Wir befassen uns zum wiederholten Mal hier im Plenum des Schleswig-Holsteinischen Landtags mit dem Ehrenamt, und das mit Recht, denn wir alle wissen nur zu gut, dass bürgerliches Engagement eine wesentliche Säule unserer Gesellschaft ist. Es ist vorhersehbar, dass angesichts immer knapper werdender Haushaltskassen die Bedeutung des Ehrenamts weiter steigen wird.

Auf der Besuchertribüne erkenne ich viele Ehrenamtliche, auch ehrenamtliche Jugendliche bei den Jugendfeuerwehren. Allen voran sehe ich dort Dr. Rinke aus Bosau, den ich ganz besonders herzlich begrüße.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, liebe Jugendliche, Sie alle können sich als Stellvertreter derjenigen fühlen, die in ehrenamtlicher Weise für unsere Gesellschaft tätig sind. Sie alle machen unsere Gesellschaft reicher.

(Andreas Beran)

Die Förderung des Ehrenamtes und der Abbau bürokratischer Hemmnisse waren von Beginn an wesentliche Ziele der Regierungsfraktionen. Ich sage deutlich: Wir werden weiterhin alles tun, um die Rahmenbedingungen für ehrenamtlich Tätige zu verbessern.

Im Bericht der Landesregierung zum Ehrenamt aus dem Mai 2011 hat der Finanzminister bereits deutlich gemacht, wo und wie nachhaltig Fortschritte erzielt worden sind. Aber auf den erzielten Fortschritten wollen wir uns keineswegs ausruhen. Es geht uns vielmehr darum, die Initiative für das Ehrenamt in unserem Land fortzusetzen.

In den letzten Wochen wurde die Überarbeitung der EU-Arbeitsrichtlinie und ihre Auswirkung auf das Ehrenamt öffentlich diskutiert. Die vielen ehrenamtlich Tätigen in unserem Land sind in Sorge, und das mit Recht, dass sie nach den Plänen der EU-Kommission in ihrem freiwilligen Engagement beschränkt werden. Diese Befürchtungen dürfen keinesfalls Realität werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Deshalb muss sich die Landesregierung nachdrücklich dafür einsetzen, dass nicht auch unsere Ehrenamtler Opfer des gelegentlichen Brüsseler Regulierungswahns werden. Ein wenig mehr Sensibilität und Bürgernähe bei der europäischen Gesetzgebung wären durchaus wünschenswert.

Meine Damen und Herren, der Innen- und Rechtsausschuss hat sich im Rahmen einer Anhörung ausführlich mit dem Thema Ehrenamt befasst. Diese hat deutlich gemacht, dass Handlungsbedarf bei der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Behandlung der finanziellen Entschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten besteht. Auch da muss sich die Landesregierung weiterhin für die bereits im Bericht des Finanzministers vorgeschlagene Vereinheitlichung der Einkommensfreibeträge auf höherem Niveau und die entsprechenden Verbesserungen im Bereich des Sozialversicherungsrechts einsetzen.

Meine Damen und Herren, die vielen Diskussionsveranstaltungen in Schulklassen anlässlich der bevorstehenden Wahl zeigen uns, auf wie viel Interesse und Zuspruch politisches Ehrenamt stößt. Warum aber bedarf es erst einer Landtagswahl, um jungen Menschen Politik näherzubringen? Wir wollen, dass in Schulen kontinuierlich stärker für das kommunalpolitische und gesellschaftliche Ehrenamt geworben wird.

(Beifall bei FDP und CDU)

Als Leiter einer ehrenamtlich tätigen Organisation in Ostholstein weiß ich sehr wohl, meine Damen und Herren, wie wichtig es ist, gerade junge Menschen zum Einsatz für die Gemeinschaft zu ermuntern.

Das Ehrenamt braucht Anerkennung und muss mit seiner Bedeutung für unsere Gesellschaft wahrgenommen und - ich betone das - wertgeschätzt werden. Auch wenn die Leistung des Ehrenamtes nicht wirklich in Euro und Cent zu beziffern ist, so hat sie doch einen unschätzbaren Wert. Als liberaler Politiker füge ich besonders gern hinzu, dass bürgerschaftliches Engagement natürlich auch Ausdruck von Freiheit ist. Viele Menschen auf der Welt würden sich gern ehrenamtlich engagieren, dürfen es aber nicht, können es nicht oder stoßen dauernd an Grenzen. Das ist sehr, sehr bedauerlich. Da haben wir es hier in unserem Lande gut. Ich meine, wir alle hier im Hohen Hause haben mit der Debatte heute den ehrenamtlich tätigen Bürgerinnen und Bürgern in großer Einigkeit - das gefällt mir gut - unseren Respekt gezollt.

Meine Damen und Herren, dies war meine letzte Rede im Schleswig-Holsteinischen Landtag. Ich danke Ihnen für Ihre Zusammenarbeit und wünsche Ihnen alles erdenklich Gute.

(Beifall)

Auch von hier aus herzlichen Dank. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass Sie alle heute Morgen so gut aufgelegt sind.

Ehrenamtlichkeit ist auch in Schleswig-Holstein ein Maß dafür, ob Bürgergesellschaft funktioniert, ob ein gutes Miteinander besteht. Aber immer weniger Menschen haben die Zeit, sich für ein Ehrenamt zu engagieren. Dies liegt vor allen Dingen an der gegenwärtigen Situation auf dem Arbeitsmarkt. Wir erleben eine Verdichtung von Arbeit. Gerade auch unsere Freiwilligen Feuerwehren spüren das. Früher war der Handwerker im Ort und damit auch die Freiwillige Feuerwehr. Heute sind die Arbeitsplätze oft über 100 km entfernt. Gerade bei unseren Ehrenamtlern besteht das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Ehrenamt.

(Jens-Uwe Dankert)

Schon Wilhelm Busch hat in einem Gedicht geschrieben: Willst Du froh und glücklich leben, lass kein Ehrenamt dir geben! Willst du nicht zu früh ins Grab, lehne jedes Amt gleich ab!.

(Heiterkeit)

Ich hoffe sehr, dass die vielen Ehrenamtlichen nicht im Sinne von Wilhelm Busch handeln, sondern dass sie eine andere Erfahrung machen. Deshalb ist meine Fraktion davon überzeugt: Bürgerschaftliches Engagement trifft als Thema einen Nerv, weil Bürgerinnen und Bürger bei diesem persönlich betroffen sind. Es ist aber auch mit den großen Fragen verbunden, die uns heute herausfordern und beschäftigen, nämlich: Was hält unsere Gesellschaft zusammen? Wie können und sollen sich Einzelne in die Gesellschaft einbringen? Staat, Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger, wer muss und wer sollte in der Gesellschaft was leisten?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Staat muss hier als Förderer, als Begleiter, als Unterstützer, ja geradezu als Dienstleister für das Ehrenamt tätig sein. Die Aufgabe des Staates ist es, Alltagsprobleme für Ehrenamtliche zu lösen und nicht neue Probleme zu verursachen. Insofern begrüßen wir es, dass wir heute in der letzten Sitzung dieses Landtags fraktionsübergreifend in diesem Antrag einen gemeinsamen Ansatz vorliegen haben, dem alle Fraktionen zustimmen können. Ich finde, das ist ein guter Tag für das Ehrenamt in Schleswig-Holstein, ein Erfolg für Politik. Einmütigkeit ein paar Tage vor der Landtagswahl ist ja selten, aber dass sie da funktioniert, zeigt, dass uns das allen sehr wichtig ist, dass uns das allen ein Anliegen ist.

(Beifall)

Auch die befürchtete EU-Arbeitsrichtlinie hätte dem Ehrenamt sehr geschadet. Auch hier ist zu erkennen, dass Politik im Vorfeld reagieren kann. Hier waren wir alle wirklich hellwach und aufmerksam. Politikerinnen und Politiker aller Parteien haben Kontakt zu ihren EU-Parlamentariern aufgenommen und haben präventiv davor gewarnt: Wenn das kommt, dann ist das sozusagen das Aus für das Ehrenamt.

Aber es besteht auch ein Handlungsbedarf bei Steuer- und Sozialversicherungspflicht, hinsichtlich der Erhöhung der Einkommensteuerfreibeträge, bei einer verstärkten Internetwerbung, hinsichtlich einer zentralen Anlaufstelle für Ehrenamtliche, Projektwochen an Schulen - das sind die Dinge, die wir jetzt mit dem Antrag nach vorn bringen, Dinge, die lange gefordert worden sind, und nun sind sie also Wirklichkeit geworden.

Aber auch wir - der Kollage Beran hat das gesagt würden da noch ein Stück weiter gehen. Das ist ja immer so, wenn man etwas beschlossen hat, kann man die nächste Latte vielleicht schon in Angriff nehmen. Uns Grünen fehlen besondere Anreizprogramme für Migrantinnen und Migranten im Ehrenamt. Es fehlen Anreizprogramme für alleinerziehende Mütter, beispielsweise dass Ehrenamt und kostenlose Kinderbetreuungsangebote kombiniert werden können. Ja, man könnte sogar überlegen, ob man nicht tatsächlich die Idee aufgreift, die ich schon mehrfach, auch in der Anhörung, gehört habe, ob es nicht eine kostenlose Nutzung des ÖPNV geben kann, wenn zum Beispiel die Freiwillige Feuerwehr in Uniform fährt. Das haben wir ja jetzt schon bei der Polizei. Das sind Angebote, durch die die Wertschätzung für das Ehrenamt durch staatliche Dienstleistungen deutlich werden könnte. Hier würden wir uns wünschen, dass sich die öffentliche Hand dafür verantwortlich weiß und versucht, in der Zukunft solche Maßnahmen umzusetzen.

Ehrenamtlichkeit braucht auch Hauptamtlichkeit. Deshalb ist es auch hier falsch, wenn man gerade im Jugendbildungsbereich spart. Wir brauchen gerade Hauptamtliche in der Jugendarbeit. Der Reparaturbetrieb Jugendhilfe - das ist auch eine Erkenntnis - ist viel, viel teurer. Wenn das Kind mit dem Bade ausgekippt wird, wird es teurer als die Prävention.

Wir sind davon überzeugt, Ehrenamtlichkeit erhöht die Lebensqualität, schafft sozialen Zusammenhalt und sichert die Zukunft unserer Gesellschaft. Ohne dieses Engagement wären wir ärmer. Ich hoffe, dass es, anders als im Gedicht von Wilhelm Busch, keine Plage wird, sich ehrenamtlich zu engagieren. Ich hoffe, dass wir alle miteinander gesund bleiben, dass wir im Ehrenamt gute Momente haben, dass wir gelungene Zusammenkünfte haben. Es geht vor allem darum, gewonnene Lebenszeit sinnvoll zu nutzen. Dieser Zeit Sinn zu geben, wird eine Aufgabe des bürgerlichen Engagements sein. Das ist unser aller Auftrag, den wir für das Ehrenamt wahrnehmen sollten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels das Wort.

(Dr. Andreas Tietze)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte an meinen Vorredner anschließen. Es ist selbstverständlich, dass auch wir als DIE LINKE das zivilgesellschaftliche Engagement fördern wollen. Das Ehrenamt gehört dabei an die erste Stelle. Das Ehrenamt ist wichtig für die Menschen, die es selbst ausüben. Das gilt vor allem für Jugendliche, die sich engagieren und sich dadurch selbst und in der Gruppe entwickeln. Es ist natürlich auch wichtig für die Gesellschaft. Deswegen werden wir diesen Resolutionsantrag mit unterstützen.

Es wurde schon auf die leider nicht auf unser Ehrenamt Rücksicht nehmende EU und auf unsere Initiativen, hier eine Umsteuerung zu erreichen, hingewiesen. In der Tat kann es nicht sein, dass Menschen das Ehrenamt aufgrund dieser EU-Arbeitszeitrichtlinie nicht ausüben können. Wir finden es auch richtig, dass das Ehrenamt stärker entschädigt wird als bisher. Vor allem wollen wir, dass es eine entsprechende steuerliche Würdigung erfährt.

(Beifall bei der LINKEN)