Es muss auch Teilzeitbeschäftigten und Menschen mit geringem Einkommen möglich sein, ihre Kinder in eine Kindertageseinrichtung zu geben. Wir müssen aber auch abwägen, ob eine landesweite Sozialstaffel vor Ort tatsächlich überall Verbesserungen bringt, oder ob Nutzer in einzelnen Bereichen eventuell schlechter gestellt würden, weil dann die günstigere Sozialstaffel vor Ort entfiele. Wie sieht es in den Bereichen aus, bei denen durch eine landesweite Neuregelung auf einmal erhebliche Mehrkosten auf die Träger der Jugendhilfe zukommen? Wer soll das bezahlen? - Hier ist die Frage nach der Konnexität abzuklären.
Meine Damen und Herren, das Thema Neuregelung der Kita-Sozialstaffel ist in seiner Komplexität und mit seinen möglichen Folgewirkungen nicht zu unterschätzen und deshalb auch nicht so nebenbei zu erledigen. Bedauerlicherweise haben es aber auch die Vorgängerregierungen, gerade unter dem SPDgeführten Bildungsministerium, nicht geschafft, diese Missstände aufzugreifen und zu vernünftigen Lösungen zu kommen. Tätig geworden sind Sie leider nicht. Wie wir aus regelmäßigen Berichten im Bildungsausschuss wissen, versucht Bildungsminister Klug nun eine für alle Seiten tragbare Lösung mit den kommunalen Landesverbänden zu erarbeiten. Die CDU-Fraktion erwartet, dass sich nunmehr alle Beteiligten ein gutes Stück aufeinander zubewegen, denn in der Sache geht es doch im Wesentlichen darum, bedürftigen Familien zu helfen und möglichst vielen Kindern den Besuch und die Förderung in einer Kindertageseinrichtung zu ermöglichen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe jetzt sieben Jahre Landtag hinter mir. Während dieser Zeit war mit Sicherheit einer der Dauerbrenner die Frage der Finanzierung der Kindertagesstätten. Wir haben uns mehrfach darüber unterhalten, und wir haben mehrfach versucht, Regelungen zu finden. Ich habe mir von länger dienenden Kolleginnen und Kollegen, unter anderem vom Feldwebel Finanzminister, sagen lassen, dass das schon zu seiner Zeit so war. Sie haben gestern gesagt, als alter Feldwebel hätten Sie bestimmte Erfahrungen. Dies muss man ja aufnehmen. Ich gestatte mir die Prognose, dass sich auch die Generation von Landtagsabgeordneten, die nach mir kommt, daran abarbeiten müsste, wenn nicht, wie wir es alle vermuten oder wissen, am 6. Mai die Landesregierung wechselte und das Vorhaben der SPD wieder in die Tat umgesetzt wird, den Kindergartenbesuch beitragsfrei zu stellen und die Bildung von der Kindertagesstätte bis zum Erststudium gebührenfrei auszugestalten.
Dass das nur stufenweise umzusetzen ist, ist mir völlig klar. Deshalb brauchen wir parallel dazu Überlegungen dahin gehend, inwieweit man eine Kita-Sozialstaffel ausgestalten kann.
Allerdings müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass diese Überlegungen nicht dazu führen können, dass der Verwaltungsaufwand - was zu vermuten ist - wesentlich höher sein wird als der Erfolg, den wir erzielen werden, wenn wir diese Kita-Sozialstaffel umsetzen. Deshalb ist meines Erachtens jetzt schon von hier aus zu sagen, dass es wesentlich günstiger sein wird, unser Vorhaben ganz gezielt, ganz stringent und ganz schnell umzusetzen, in den Kitas den Eltern Beitragsfreiheit zu bieten.
Alle Beteiligten überbieten sich in Reden, wie wichtig die vorschulische Bildung ist, und alle Beteiligten zeigen dann jeweils auf die andere Seite, wenn es darum geht, zum finanziellen Engagement beizutragen. So sind die Überlegungen, die der Bildungsminister mit den kommunalen Landesverbänden anstreben wollte, bisher von wenig Erfolg gekennzeichnet gewesen. Die Ankündigung, die wir von dem Minister in der Bildungsausschusssitzung am 22. September 2011 gehört haben, er hoffe, noch im Herbst 2011 die Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden über eine gesetzliche Neuregelung der Kita-Finanzierung ab
Im November hat das Ministerium dann den Kommunen, den Wohlfahrtsverbänden und der Elternvertretung ein Eckpunktepapier zugeschickt, in dem von einem einheitlichen Basiszuschuss, auslastungsabhängigen Pauschalen pro Platz und individuellen Zuschlägen, die das Programm der jeweiligen Kita sowie die soziale Lage des Kindes und seiner Familie berücksichtigen, die Rede ist.
Ich habe großes Verständnis dafür, dass man aus laufenden Verhandlungen nicht frei berichten kann. Aber entweder unterlässt das Ministerium es einfach, das Parlament und den Ausschuss über erzielte Einigungen zu unterrichten, oder diese Einigungen lassen weiter auf sich warten. Ich glaube, das Letztere ist hier der Fall.
Es kann ja durchaus sein, dass die Gesprächspartner der amtierenden Landesregierung sich erst einmal in den Winterschlaf zurückgezogen haben und auf die politischen Entwicklungen nach dem 6. Mai warten. In jedem Fall sollte das Bildungsministerium aber über der Stand der Beratungen berichten.
Deshalb bitte ich darum, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen und ihn dort ausführlich zu beraten.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal stelle ich fest: In diesem Hohen Haus herrscht kein Dissens über die Kita-Sozialstaffel. Wir alle teilen die Auffassung, dass die Uneinheitlichkeit in den verschiedenen Kreisen mehr als unglücklich ist und dass ein klarer Rahmen wünschenswert wäre. Der Landesrechnungshof mahnt es schon lange an, andere Bundesländer machen es uns auch schon vor.
Auch wir sind unzufrieden über den aktuellen Verfahrensstand und hätten uns eine Einigung schon vor Jahren gewünscht, haben aber Verständnis für die Position jedes Beteiligten. Gerade in Zeiten leerer Kassen ist es immer schwieriger, Lösungen zu finden. Jeder hat darauf zu achten, finanziell nicht
überfordert zu werden. Jeder hat seine Interessen zu wahren. Das gilt für alle kommunalen Ebenen. Das ist auch aus unserer Sicht nachvollziehbar.
Ich zitiere aus dem Antrag Drucksache 16/2669 (neu) aus der vergangenen Legislaturperiode, quasi dem Ursprungsantrag für den Auftrag an die Landesregierung. Der Antrag forderte die Landesregierung auf, Gespräche mit den Kreisen und kreisfreien Städten aufzunehmen. Dort heißt es:
„Wir werden unter Beachtung der kommunalen Eigenständigkeit prüfen, wie vergleichbare Sozialstaffelregelungen in Schleswig-Holstein eingeführt werden können.“
Zuletzt zitiere ich aus dem Antrag der Grünen, der dieser Debatte zugrunde liegt. Dort steht, es sei „eine mit den Kommunen abgestimmte landesweite Regelung für eine Kita-Sozialstaffel vorzulegen“.
„Einvernehmen“, „Verständigung“, „Beachtung der kommunalen Eigenständigkeit“ und „abgestimmt“ sind die Wörter, welche den Rahmen für die Verhandlungen bilden. Alle Formulierungen, auch im neuesten Antrag, sagen ganz klar, dass nichts ohne die Zustimmung der kommunalen Landesverbände entschieden werden soll.
Leider stocken die Verhandlungen, weil es, wie man hört, Frau Erdmann, Differenzen zwischen Landkreistag und Städtetag einerseits und dem Gemeindetag andererseits gibt, die momentan noch nicht gelöst sind. Die kommunalen Landesverbände sind sich also aktuell untereinander nicht einig. Ich will an dieser Stelle unmissverständlich klarstellen: Der Minister hat hier nichts „versemmelt“, um mit Ihren Worten zu sprechen.
Da es sich bei der Frage der Sozialstaffel um eine ureigene Angelegenheit der Kommunen handelt und auch vitale finanzielle Interessen der Kommunen betroffen sind, ist für die FDP-Fraktion eine Einbindung unerlässlich. Gegen den Willen der Kommunen werden wir keine Regelung durchdrücken. Das würde nicht unserem Verständnis von
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die entscheidende Frage ist doch, wie den Betroffenen geholfen werden kann, auch wenn aktuell keine Einigung erzielt werden kann. Es besteht für die betroffenen Eltern die Möglichkeit, gemäß § 90 SGB VIII höhere Leistungen bei den Kommunen geltend zu machen. Dieses Verfahren ist aus unserer Sicht für einen längeren Zeitraum unbefriedigend, sowohl für die Betroffenen, weil das Verfahren natürlich höhere Hürden aufstellt, als auch für die Kommunen, da es höhere Kosten verursacht und verwaltungsaufwendiger ist. Gleichwohl bietet es auch übergangsweise die Möglichkeit, die schärfsten sozialen Härten zu vermeiden, und das ist zunächst einmal das Wichtigste.
Liebe Kollegin Erdmann, wenn Sie jedoch glauben, alles besser zu wissen, wie wäre es dann, wenn sie einfach einmal einen konkreten Lösungsvorschlag präsentieren würden, wie man den bestehenden Gordischen Knoten durchschlagen kann? Ihr Antrag bietet auf jeden Fall keinen Lösungsansatz. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass Sie sich im Bildungsausschuss dazu konstruktiv eingelassen hätten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit anderthalb Jahren oder, wie ich auch gehört habe, seit sieben Jahren ist es nicht gelungen, eine landeseinheitliche Regelung für die Kita-Sozialstaffeln zu finden. Wenn wir dieses Thema hier heute schon wieder im Landtag diskutieren müssen, dann reden wir über den Bankrott der Bildungs- und Familienpolitik der Landesregierung.
DIE LINKE sieht das auch so, aber gesagt hat es der Abgeordnete Dr. Klug in diesem Haus. Der Unterschied ist natürlich, dass der Minister Dr. Klug im Jahr 2009 noch nicht der zuständige Minister war. Es ist Ihnen, Herr Minister, daher damals sehr leichtgefallen, hier im Landtag festzustellen - ich zitiere aus dem Plenarprotokoll vom Juni 2009 -:
Sie haben dies gesagt im Hinblick darauf, dass schon 2009 in Schleswig-Holstein bundesweit die höchsten Elternbeiträge für die Kindertagesbetreuung verlangt wurden. Leider hat sich das nicht geändert, seitdem Sie der zuständige Minister sind.
Im Gegenteil, die Elternbelastung ist unter Ihrer Verantwortung durch die Streichung des beitragsfreien dritten Kita-Jahres noch erhöht worden. Wir haben zwar einen anderen Minister, aber wir haben noch immer die unsozialste Kita-Politik in ganz Deutschland. So bleibt es beim erklärten Bankrott.
Für uns Linke kann die landeseinheitliche Sozialstaffel allerdings nur ein Zwischenschritt sein. Unsere Forderung bleibt die völlige Kostenfreiheit der frühkindlichen Bildung.