Protocol of the Session on February 24, 2012

Da bin ich doch bei dem genannten Buch - ich habe es sogar gelesen, liebe Frau Kollegin; das kommt vor - von Bartholomäus Grill. Ich kann es empfehlen. Das Buch heißt „Ach, Afrika“. Der Titel dieses Buches macht deutlich, worum es geht. Auf der einen Seite: „Ach, Afrika“. Die Probleme wie schlechte Regierungsführung, und Korruption gibt es. Genannt werden auch die historischen Hintergründe wie Sklaverei, Imperialismus und Ausbeutung. Man bekommt alles mit, wenn man dieses Buch liest. Dann versteht man vielleicht ein bisschen mehr, worum es geht. Die andere Seite dieses Buches - „Ach, Afrika“ - ist die Faszination und die Begeisterung dafür, was möglich ist.

Ich denke, das hat letztlich auch etwas mit politischen Strategien vor Ort zu tun. Ich sage immer noch: Das Land muss sich auch dieser Verantwortung stellen. Man kann das nicht auf NGOs und andere engagierte Kräfte abwälzen. Das geht nicht. Ich denke, das sollte die Botschaft sein.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

So, nun hoffe ich, dass ich keinen weiteren Dreiminutenbeitrag übersehen habe, und schließe, nachdem keine Wortmeldungen mehr vorliegen, die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag an den Ausschuss zu überweisen. Jetzt frage ich kurz: Frau Kollegin Redmann und Sie, Herr Kollege Voß, haben Ausschussüberweisung beantragt, federführend an den Sozialausschuss und mitberatend an den Umwelt- und Agrarausschuss?

(Zurufe)

- Ich frage deshalb, weil wir hier eine kleine Irritation durch den vorbereiteten Sprechzettel hatten.

Wer den Antrag, Drucksache 17/2157, dem Umwelt- und Agrarausschuss überweisen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer lehnt die Ausschussüberweisung ab? - Damit ist die Ausschussüberweisung mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag, Drucksache 17/2157, in der Sache zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. Wer diesen Antrag ablehnen möchte, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen. - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP. Wer enthält sich? - Das sind die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe die Tagesordnungspunkte 23, 43 und 58 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Einrichtung einer Gemeinsamen Berufsbildungskonferenz von Bund und Ländern

Antrag der Fraktion des SSW Drucksache 17/2188

b) Den Übergang von Schule zu Beruf neu gestalten - kein Abschluss ohne Anschluss

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/2280

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/2308

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/2309

(Dr. Michael von Abercron)

c) Regionale Berufsbildungszentren in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 17/2220

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Ich erteile zunächst dem Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Berichtsantrag zur Entwicklung der Regionalen Berufsbildungszentren - kurz RBZ - ermöglicht unter anderem etwas nachzuholen, was in der vergangenen Landtagstagung zu kurz gekommen ist. Wir haben im Januar über die Eigenverantwortlichkeit von Schulen debattiert. Im Mittelpunkt standen dabei die allgemeinbildenden Schulen. Vorreiter dieser Entwicklung hin zu einer eigenverantwortlichen Steuerung der Schule sind aber die berufsbildenden Schulen, insbesondere die Regionalen Berufsbildungszentren.

Auch wenn sich allgemeinbildende und berufsbildende Schulen in vielerlei Hinsicht unterscheiden, bestätigt uns die RBZ-Entwicklung darin, den Schulen insgesamt mehr Gestaltungsspielräume zu geben und den regionalen Akteuren mehr zuzutrauen.

Die berufsbildenden Schulen, die sich in diesem Prozess neu aufstellen, strahlen frisches Selbstbewusstsein und Dynamik aus. Davon konnten wir uns in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder überzeugen, wenn wir Schulen vor Ort besucht haben, wie zum Beispiel die Elly-HeussKnapp-Schule in Neumünster, die sich in der Biotechnologie profiliert, oder jetzt beim Richtfest des RBZ-Technik in Kiel. Es gibt eine große Aufbruchstimmung in der Landeshauptstadt, weil das berufsbildende Schulwesen in der Stadt komplett mit drei Regionalen Berufsbildungszentren modernisiert wird.

Zehn Jahre nach dem Start der RBZ-Erprobung und fünf Jahre nach ihrer rechtlichen Verankerung im Schulgesetz hat sich über die Hälfte der berufsbildenden Schulen im Land organisatorisch, pädagogisch und räumlich erneuert. Darüber hinaus wurden die Gestaltungsspielräume der Schulen in Krei

sen erweitert, die das RBZ-Konzept nicht verfolgen. Insgesamt stellen wir einen Innovationsschub der beruflichen Bildung fest. Dies wird im vorgelegten schriftlichen Bericht im Einzelnen näher ausgeführt.

Meine Damen und Herren, zu den Stärken der Berufsbildung zählt, dass sie auch jungen Menschen ohne Ausbildungsplatz eine Perspektive verschafft. Sie trägt entscheidend zu der im internationalen Vergleich sehr niedrigen Jugendarbeitslosigkeit bei. Kaum jemand in Deutschland spricht darüber, dass das angebliche PISA-Wunderland Finnland eine Jugendarbeitslosigkeit von über 20 % aufweist, abgesehen von Frankreich und Italien, die ähnlich hohe Werte haben, oder Spanien, das sogar bei 50 % liegt. Davon sind wir Gott sei Dank weit entfernt; wir liegen bei Werten von deutlich unter 10 %, eher zwischen 7 und 8 %.

Meine Damen und Herren, in Schleswig-Holstein haben wir in den vergangenen Jahren mit intensiver Berufsorientierung sowie mit dem Handlungskonzept Schule & Arbeitswelt gute Fortschritte gemacht. Es ist heute schon erwähnt worden, dass die Zahl der Schulabbrecher von 10 % Mitte des letzten Jahrzehnts auf jetzt 7 % gesunken ist. Dieses Konzept trägt dazu bei, dass die Situation der Jugendlichen beim Übergang in die berufliche Bildung, ins Arbeitsleben stetig verbessert werden konnte.

Daher ist eine Neugestaltung des Übergangs von der Schule zur Ausbildung, wie die Grünen sie vorschlagen, ein durchaus riskantes Unterfangen. Der Antrag der Grünen orientiert sich am sogenannten Hamburger Modell, das dort seit dem 1. August 2011 stufenweise umgesetzt wird. Die Übertragung dieses Modells berücksichtigt jedoch nicht, dass mit der Berufsfachschule des Typs I in Schleswig-Holstein ein Bildungsangebot wegfallen würde, in dem bisher jährlich über 3.000 Jugendliche mit einem Hauptschulabschluss starten und dann einen Realschulabschluss erwerben. Dies ist ein Bildungsangebot für Bildungsaufsteiger. Das darf man nicht kaputt machen, wie Sie das mit Ihrem Antrag beabsichtigen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Dass dieser zweijährige Bildungsgang die Ausbildungsfähigkeit der Jugendlichen deutlich verbessert, indem er die berufliche Grundbildung mit dem Ziel des Realschulabschlusses verbindet, ist auch ein wichtiges Argument für die Beibehaltung. Zudem ist die Anrechnung eines Berufsgrundbildungsjahrs auf die Ausbildung in der derzeitigen

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

Berufsschulordnung enthalten; gleichwohl entwickeln wir die Berufsfachschule I weiter.

Aus den Erfahrungen anderer Länder, zum Beispiel Nordrhein-Westfalen, wissen wir, dass die geförderte Umwandlung berufsvorbereitender Maßnahmen in eine überbetriebliche Ausbildung nicht der goldene Weg ist. Uns sollte doch zu denken geben, dass das Pilotprojekt „3. Weg in der Berufsausbildung in Nordrhein-Westfalen“ von einer fast 40prozentigen Abbrecherquote begleitet war.

Entscheidend ist für uns, dass die Jugendlichen individuell gefördert und frühzeitig an die Berufspraxis herangeführt werden. Das entspricht dem, was die aktuelle Forschung etwa des Deutschen Jugendinstituts empfiehlt. Dabei gilt es, die verlässlichen Regelangebote im Übergangssystem weiterzuentwickeln und zugleich die Vielfalt der Maßnahmen zu begrenzen. Es ist sicherlich zu Recht in der letzten Zeit Kritik an einem hohen Maß an Wildwuchs geäußert worden.

Mit einer individualisierten Förderung folgen wir auch dem Leitbild einer zeitgemäßen inklusiven Bildung, die immer auf die individuellen Voraussetzungen der einzelnen Schüler Rücksicht nehmen muss. Deshalb wollen wir mit dem Handlungskonzept Schule & Arbeitswelt, mit dem Weg, den wir damit eingeschlagen haben, weitermachen und bemühen uns dabei um eine Verlängerung der Förderung aus dem Europäischen Sozialfonds. Das habe ich Ihnen in der Landtagsdebatte im letzten Monat schon erläutert.

Ich habe Ihnen auch erläutert, dass ich im Namen einer ganzen Reihe anderer Länder im Oktober-Plenum der KMK gegenüber den Vertretern der Bundesregierung angeregt habe, dass wir uns zusammensetzen und überlegen, wie wir die verschiedenen auf Berufseinführung, Übergang ins Arbeitsleben, ausgerichteten Förderprogramme stärker zu einem einheitlichen Konzept zusammenführen können. Es ist wichtig, das in die 2014 beginnende, neue Förderperiode der Europäischen Union einzupassen. Es ergibt keinen Sinn, zum jetzigen Zeitpunkt neue Konzepte festzuzurren, wenn wir noch nicht genau wissen, wie der Beitrag der Europäischen Union zur Finanzierung solcher Programme aussehen kann. Das wird - denke ich - im Laufe des Jahres 2012 geklärt werden, und dann können wir mit dem Bund zusammen in eine nähere Abstimmung, was die Konzepte angeht, eintreten.

Was der SPD-Antrag zu diesem Thema fordert, ist etwas, was wir schon seit Herbst letzten Jahres in Angriff genommen haben und wo wir im Gespräch

mit den anderen Bundesländern und vor allem auch mit dem Bund sind.

Nun zum Vorschlag des SSW, eine gemeinsame Berufsbildungskonferenz von Bund und Ländern zu schaffen. Um es vorwegzunehmen: Noch ein Gremium mehr bedeutet nicht automatisch, dass die Zusammenarbeit besser wird. Wir haben in der beruflichen Bildung sehr viele Interessen, Akteure und Institutionen, die Arbeitgeber und die Branchenverbände, die Gewerkschaften, die Bundesländer, verschiedene Bundesministerien wie Bildung, Wirtschaft und Arbeit. Entsprechend gibt es eine Vielzahl von Gremien. Zentrale Funktionen hat der gesetzlich vorgesehene Hauptausschuss beim Bundesinstitut für Berufsbildung. In ihm sitzen Beauftragte der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, der Länder und des Bundes. Vertreten ist sowohl die Wirtschafts- als auch die Kultusseite. Ein weiteres Gremium mit Integrationsfunktion ist der BundLänder-Koordinierungssausschuss Ausbildungsordnungen und Rahmenlehrpläne. Partner sind Berufsschulvertreter der Länder und zuständige Bundesressorts. Des Weiteren gibt es die BundLänder-Ausschüsse für die Förderung überbetrieblicher Berufsbildungsstätten sowie für die Handwerkswirtschaft und Gewerbeförderung und weitere themenorientierte Arbeitskreise mit Bund-Länder-Beteiligung.

Was wir brauchen, ist eine gemeinsame Gesamtstrategie für die berufliche Bildung. Sie muss ein langfristiger Prozess sein, der die unterschiedlichen Interessen berücksichtigt, die Zusammenarbeit der Ressorts stärkt und einzelne Aktionen besser aufeinander abstimmt. In diesem Sinne hat zum Beispiel die Wirtschaftsministerkonferenz in ihrer Sitzung im Dezember 2011 die Bundesregierung aufgefordert, die Bundesprogramme zur Förderung der außerschulischen beruflichen Bildung künftig frühzeitig mit den Ländern abzustimmen. Daran wird gearbeitet, aber ein neues Gremium, wie es die Kollegen vom SSW vorschlagen, brauchen wir dafür nicht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine Damen und Herren, verabredet war eine Redezeit von 5 Minuten. Der Minister hat seinen Beitrag auf 9 Minuten 50 Sekunden gestreckt und damit allen Fraktionen die Möglichkeit gegeben, ihre Ausführungen doppelt so lang wie verabredet vorzutragen. Zunächst rufe ich nun Frau Kollegin Anke Spoorendonk vom SSW auf.

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, vielen Dank für den Bericht. Herr Minister, Sie haben in Ihren letzten Bemerkungen bestätigt, dass wir eine gemeinsame Bund-Länder-Konferenz brauchen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wer sich die vielen Debatten, die wir zum Thema Kooperationsverbot geführt haben, noch einmal durch den Kopf gehen lässt, wird sich daran erinnern, dass die berufliche Bildung in diesem Kontext kaum eine Rolle gespielt hat. Das Kooperationsverbot trifft aber die berufliche Bildung gleichermaßen. Unser Ziel ist vor diesem Hintergrund, die Gleichwertigkeit von allgemeiner und beruflicher Bildung verstärkt in den Mittelpunkt der Diskussion zu rücken.

Konkret fordern wir - das ist ja bekannt - die Einrichtung einer Bund und Länder übergreifenden gemeinsamen Berufsbildungskonferenz. Das Vorbild solch einer Konferenz könnte die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz sein. Diese Konferenz wurde wegen des Kooperationsverbots ins Leben gerufen. Man hat damit eine Klammer hinbekommen, die für die Wissenschaftspolitik in der Bundesrepublik von hoher Bedeutung ist. Das heißt, wir schlagen die Bildung einer gemeinsamen Berufsbildungskonferenz aus all den guten Gründen, die der Minister vorhin genannt hat, vor. Wir wollen, dass damit auch deutlicher wird, dass die berufliche Bildung in den kommenden Jahren vor massiven Herausforderungen steht und dass eine Klammerfunktion des Bundes notwendig ist.

Die Einführung von Regionalen Berufsbildungszentren sollte sowohl - auch das haben wir schon gehört - die Schulautonomie als auch die regionale Berufsbildung stärken, damit die Regionen schneller auf Ausbildungsplatzbedarfe reagieren können und eine bessere Verzahnung von Theorie und Praxis erreicht werden kann. Wie der vorliegende Bericht deutlich macht, sind diese Erwartungen bisher jedoch nur in Ansätzen erfüllt worden. Es gibt Regionen, in denen es eine Gründungsdynamik für RBZ gibt, andere haben sich entschieden, keine zu etablieren, oder haben sich nach der Erprobungsphase gegen die Etablierung ausgesprochen und möchten die Entwicklung der bestehenden RBZ erst einmal abwarten.

Der SSW hat die Einrichtung Regionaler Berufsbildungszentren von Anfang an positiv begleitet und als wünschenswert angesehen. Wir betrachten die