Ich habe die Vermutung, dass der Minister in seiner langen Zeit als FDP-Bildungspolitiker vielen Interessengruppen viel versprochen hat. Ich will jetzt nicht das sagen, was die Kollegin Conrad vorhin sagte, aber es gibt Verbände, die sich regelmäßig vor dem Büro des Ministers oder - in seiner Zeit als Bildungspolitiker vor seinem damaligen Büro - trafen. Man spürt, dass diese Interessenverbände weiterhin Einfluss gehabt haben.
Ich stelle das so in den Raum. Ich sage noch einmal: Man kann sich nicht hier hinstellen - wie vorhin die Kollegin Conrad - und sagen: Wir haben alles erreicht. Das, was gesagt wird, macht deutlich: Man hat vielleicht für bestimmte Gruppen etwas erreicht, man hat aber nicht das erreicht, was angesagt und wichtig ist, nämlich die Schulentwicklung in diesem Land weiterzubringen. Das hat man nicht erreicht.
Ich habe in der Vergangenheit mehrfach darauf hingewiesen, dass ich mir eigentlich nicht vorgestellt hätte, die Schulreform der Großen Koalition noch einmal zu loben, aber ich tue es wieder, denn damit waren wir schon weiter gekommen. Das, was in den letzten zwei Jahren erreicht worden ist, ist nur, dass sich die Gräben vertieft haben und dass wir wieder die ideologische Diskussion bekommen, die wir alle eigentlich nicht mehr haben wollten.
Lieber Herr Minister, das Bild des Zeugnisses wurde vom Kollegen Habersaat vorhin schon angesprochen. In Ihrem Zeugnis müsste meiner Meinung nach stehen, dass Ihre Versetzung nicht nur stark gefährdet ist, sondern dass Ihre gesamte schulische Karriere neu durchdacht werden sollte.
Meine Damen und Herren, wir haben jetzt die uns zuvor gemeldeten Rednerinnen und Redner gehört. Damit es durch die überzogene Regezeit der Landesregierung keine Verwirrung gibt, schlage ich vor, dass die Kollegin Ostmeier Ihnen kurz sagt, für welche Fraktionen noch welche Restredezeiten zur Verfügung stehen, bevor Sie möglicherweise noch weitere Dreiminutenbeiträge halten möchten. Frau Ostmeier, bitte.
Ich kann folgende Restredezeiten verkünden: Für die CDU-Fraktion 16 Minuten, für die SPD-Fraktion 15 Minuten, für die FDP-Fraktion 18 Minuten, für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10 Minuten, für die Fraktion DIE LINKE 19 Minuten und für die Fraktion des SSW 17 Minuten. Sie sehen es mir nach, dass wir die halben Minuten nicht berechnet haben. Ich hoffe, Sie kommen damit aus.
Wir fahren in der Debatte fort. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Robert Habeck das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der Atmosphäre, die mitunter an Aschermittwoch erinnerte, möchte ich drei Anmerkungen machen, die - wie ich finde - den Kern dieser Debatte betreffen. Erstens. Herr Minister, es ist selbstverständlich Ihr gutes Recht, für den Koalitionsschuss erbetene Papiere zu schreiben. In der Antwort auf einen Berichtsantrag, in dem detaillierte Fragen gestellt wurden, aber nicht auf diese Fragen einzugehen und diesen Bericht nur einigen Fraktionen zur Verfügung zu stellen, nicht aber der Opposition, denn wir haben diese Berichte nicht, zeugt von einem Stil, der nicht akzeptabel ist.
Sie müssen das Parlament unterrichten und sich nicht selbst beschäftigen. Ich kann gleich weitermachen. Das ist die Arroganz, Themen nicht ernsthaft diskutieren zu wollen, sondern als Schaufensteranträge in die Welt zu posaunen, die in den letzten drei Tagen vor allem von der FDP bestimmt wurde.
Dodenhof, Bildungspolitik - nie ging es Ihnen um die Sache. Immer ging es Ihnen nur um die dpaMeldungen und um die billigen Zeitschriften.
- Jawohl! Schlagzeilen, nicht Zeitschriften. Herr Kubicki, wenn Sie sich im „Hamburger Abendblatt“ zitieren lassen, der Bildungsminister hätte Ih
re „Aktion Dodenhof“ sabotiert, dann müssen Sie sich damit auseinandersetzen, dass es Ihnen niemals um Dodenhof ging. Es ging Ihnen nur darum, Ihre mickrigen Prozente aufzupusten. So ist das.
Wenn Sie Ihrem Kollegen Klug vorwerfen, dass es sich bei diesen 453 Lehrerstellen um stümperhafte Inszenierungen handelt, und Aktionen sabotieren, dann zeigt dies genau die Ernsthaftigkeit, mit der Sie sich noch um die Probleme des Landes kümmern. Die ist nämlich Null. Es geht nur um Inszenierungen, und es geht nur darum, in die Zeitungen zu kommen. Ich frage mich, wie lange sich die CDU das gefallen lassen will. Ich sage Ihnen: Genau an dieser Stelle ist die Große Koalition zerbrochen. Ich habe mir die Wortmeldungen noch einmal herausgesucht, Herr Ministerpräsident. Sie ist zerbrochen, weil Sie der SPD vorgeworfen haben, den Haushalt immer wieder infrage zu stellen.
Wo wir beim Haushalt sind: Ich frage mich, wie es gehen soll, wenn Sie keinen Nachtragshaushalt machen wollen. Wie wollen Sie Lehrerstellen für das nächste Schuljahr bereitstellen, wenn Sie keinen Nachtragshaushalt verabschieden wollen?
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD], Bernd Heinemann [SPD] und Antje Jansen [DIE LINKE])
Es gibt nur eine Alternative: Entweder es ist alles Popanz und Show - davon gehe ich aus -, oder Sie werden in drei oder vier Wochen wieder den gleichen Zinnober veranstalten, dann aber einen Nachtragshaushalt machen. Sie werden wieder diese Debatte führen, dann als Wahlkampfversprechen für eine Klientel, die Ihnen lange schon nicht mehr folgt. Mit anderen Worten: Bildungspolitik, die Ernsthaftigkeit der Debatte, das alles geht Ihnen am Moors vorbei.
Weil es so ist, weil Sie von der Unterrichtung der Fraktionen in diesem Haus bis zu dem Bericht, der geliefert wurde, bis zu den Schlagzeilen, mit denen Sie sich gegenseitig beleidigen, so agieren, müssen wir heute eine namentliche Abstimmung durchfüh
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer die Reaktionen auf der Regierungsbank nach der Rede des Bildungsministers beobachtet hat - da steht der Ministerpräsident auf, dann gibt es ein Schulterklopfen des Parteivorsitzenden, dann gibt es den rhythmischen Beifall der Fraktionen -, der hat festgestellt, dass die Regierung extrem erleichtert darüber war, dass der Herr Bildungsminister keine einzige der Fragen beantwortet hat, die hier gestellt worden sind. Das ist der Sachverhalt.
Dann könnte man Udo Lindenberg auf der „Andrea Doria“ sinngemäß zitieren und sagen: „Wir trinken einen Schampus und warten auf die Flut.“ Das ist das, was die Haltung dieser Landesregierung auszeichnet, wenn sie die Leistung dieses Bildungsministers betrachtet.
Und ich muss Ihnen auch ehrlich sagen: Dass diese Inszenierung reine Show ist, ist gar nicht mal durch Zitate der Opposition zu belegen, es reicht aus nachzulesen, was der Fraktionsvorsitzende der FDP dazu öffentlich gesagt hat, was gestern der Kollege aus Lübeck im „Schleswig-Holstein Magazin“ gesagt hat und was der Ministerpräsident öffentlich gesagt hat - also all die aus dem eigenen Lager, die sich dazu geäußert haben. Man muss nur die Zitatsammlung vorlesen, dann braucht man gar keine oppositionelle Bewertung dazu, um festzustellen, dass es ausschließlich um Inszenierung geht.
Ich muss sagen, mich hat die Rede der Frau Kollegin Conrad erschüttert. Ich hatte zwar schon wahrgenommen, dass Sie gesagt haben, es sei ein tragischer Vorgang, dass die Abkehr vom dreigliedrigen Schulsystem eingeleitet würde - jetzt schon so früh, als vorletztes Land in Europa. Aber wenn man sich angehört hat, was Sie gesagt haben, weiß man, dass es reaktionäre Reden auch von Frauen gibt.
Dann weiß man gar nicht, was man schlimmer finden soll - Sie wissen, ich sage so etwas sehr ungern -, ob man schlimmer finden soll, dass Sie hier im Parlament sind oder dass Sie nach Ihrem Ausscheiden aus dem Parlament wieder an die Schule zurückkehren, Frau Kollegin Conrad.
Das muss ich Ihnen ehrlich sagen. Wenn man Ihre Vorstellung von der Bildungspolitik hört, muss ich Ihnen ehrlich sagen: Schülerinnen und Schüler mit dieser Form von Bildungsverständnis zu bearbeiten - das muss ich Ihnen ehrlich sagen -, ist schon ganz schwierig.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Christo- pher Vogt [FDP]: Rhythmischer Applaus bei der SPD! - Weitere Zurufe)
Ich will aber zu dem Punkt kommen, den der Minister hier vorgetragen hat. Die Dramaturgie, die Sie aufgebaut haben, ist ganz interessant. Sie haben erst einmal dargelegt - übrigens wie Ihre Kollegin auch -, was alles schlecht gewesen ist, als Sie an die Regierung gekommen sind. Alles war katastrophal, und alle anderen waren schuld. Das haben Sie hier dargelegt.
(Christopher Vogt [FDP]: Wir haben nicht alles aufgelistet, das wäre zu viel gewesen! - Anita Klahn [FDP]: Wir haben das nicht ge- schafft!)
Dann fragt man sich natürlich, wenn das so ist, wie Sie in der Lage gewesen sind, zu Beginn dieser Koalition dem zuzustimmen, dass sich erst die Union von der gemeinsamen Verabredung verabschiedet hat, die Hälfte der theoretisch frei werdenden Stellen im System zu belassen, um die Qualität zu