Protocol of the Session on January 26, 2012

Land. - Das ist alles eindeutig zu wenig. Fest steht für uns, dass auch dieses Gesetz ein untauglicher Versuch ist, die Weiterbildung grundsätzlich in Richtung zukünftiger Erfordernisse zu regeln.

Im Bildungsausschuss haben wir - ausgehend von den Ergebnissen der schriftlichen Anhörung, deren Ergebnisse mehr für unsere Sicht der Dinge sprechen als für die meiner Vorrednerin, einschließlich der berechtigten Einwände - versucht, eine mündliche Anhörung durchzusetzen. Die wurde von der Ein-Stimmen-Mehrheit abgelehnt, obwohl eindeutig noch Beratungsbedarf gegeben war. Sodann haben wir versucht, unseren Antrag vom Mai 2010 zur Abstimmung zu stellen, der umfangreichere, zeitgemäßere Regelungen forderte. Auch das wurde abgelehnt. Ein letzter Versuch, aus dem Gesetzentwurf ein passables Gesetz zu machen, zu dem man gerade noch Ja sagen könnte, wurde auch abgelehnt. Substanzielle Änderungen, sehr mager. Die Hermann-Ehlers-Akademie spricht von einer „verpassten Chance“, die Gewerkschaften sind auf allen Zinnen, und die Erwachsenenbildner einschließlich der Uni Flensburg sehen das ganz ähnlich.

Wir wollen nicht verkennen, dass der in allerletzter Minute im Ausschuss vorgelegte Änderungsantrag der Koalition einige Veränderungen berücksichtigt, beispielsweise Migranten und Benachteiligte stärker in das Gesetz aufzunehmen und auch die Menschen, die variable Einkommen haben, an den „Vorzügen“ dieses Gesetzes teilhaben zu lassen. Allerdings wird der absolute Zwang zur Hauptamtlichkeit für viele bewährte Weiterbildungsangebote bestandsgefährdend sein. Gerade in der gesellschaftlichen Bildung hätten zumindest Veranstaltungen anerkannt werden müssen, die durch ihre Einbindung in hauptamtliche Strukturen von Vereinen, Verbänden und so weiter getragen werden, auch wenn diejenigen, die das konkrete Weiterbildungsangebot durchführen, nicht hauptamtlich beschäftigt sind.

Um ein Bild für diesen Entwurf zu verwenden: Das Glas ist zu drei Vierteln leer. Damit lassen wir uns nicht abspeisen, und damit werden sich auch die Beschäftigten nicht abspeisen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Der Anteil der Beschäftigten - auch das war Ausgangspunkt für eine Neuregelung -, die von den Freistellungsansprüchen nach dem Bildungsfreistellungsgesetz Gebrauch gemacht haben, ist sehr gering. Unser politisches Interesse als Gesetzgeber muss es sein, die Teilnahme deutlich zu steigern und das real und nicht nur in Sonntagsreden.

Der gänzliche Wegfall des Berichtswesens - im krassen Widerspruch zu den vielen Berichten im Schul- und Hochschulbereich; es stimmt, dass wir das früher einmal anders gesehen haben, aber wir lernen ja dazu - gibt dem Gesetzgeber in Zukunft gar keine Möglichkeit mehr, Informationen über die Entwicklung der Weiterbildung zu bekommen.

In der Anhörung hat die Möglichkeit, die Akkreditierung von Weiterbildungsveranstaltungen vom zuständigen Ministerium auf die Investitionsbank zu verlagern, eine nahezu einhellige Ablehnung erfahren. Auch wir sind der Meinung, dass es für Weiterbildung, die sogenannte vierte Säule, eine öffentliche Verantwortung gibt und sie in staatliche Hände gehört.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Ines Strehlau [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wir werden uns vorbehalten, bei veränderten Mehrheitsverhältnissen - sollten wir an die Regierung kommen - zu überlegen, dieses Gesetz in eine zeitgemäße Form zu bringen. Wir lehnen den Gesetzentwurf der CDU/FDP-Landesregierung ab.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Kirstin Funke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Das 21. Jahrhundert wird geprägt sein von einem neuen globalen Wettbewerb, bei der die Bildung in all ihren Facetten darüber entscheiden wird, wer im vorderen Feld mitspielen wird. Dabei wird die Anzahl der Teilnehmer an diesem Wettbewerb so hoch sein wie noch nie. Durch die Globalisierung und die neuen Medien kann heute fast jeder an diesem Wettbewerb teilnehmen, aber auch vor Ort brauchen wir eine gute Bildungsinfrastruktur.

Liebe Kollegen und Kolleginnen, in der modernen Wissensgesellschaft hat man nie ausgelernt, vielmehr beruhen gesellschaftliche Teilhabe und beruflicher Erfolg auf der Bereitschaft, ein Leben lang kontinuierlich Wissen und Kompetenzen neu zu erwerben. Anders ausgedrückt: In Zukunft ist man nicht mehr entwickelt, sondern man entwickelt sich ständig weiter, und das bis ins hohe Alter.

(Hans Müller)

Deswegen ist es erforderlich, dem Prozess und den Rahmenbedingungen des lebenslangen Lernens ein höheres Maß an Aufmerksamkeit zu schenken.

(Ulrich Schippels [DIE LINKE]: Und nicht die Mittel zu kürzen!)

Durch den technologischen Fortschritt und den Wegfall der Grenzen haben die Wissensfülle und die Informationen in den letzten 30 Jahren - verglichen mit der Zeit zuvor - überproportional zugenommen. Das gesamte Wissen der Menschheit hat sich seitdem vervielfacht. Schlüsselqualifikationen sind damit heute auch der Umgang mit den Medien und die Fähigkeit, mit der Informationsflut umzugehen.

(Zurufe)

- Ich sehe, Herr Stegner, Sie lachen.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Nein, Sie haben recht!)

Sie haben in Bezug auf die neuen Medien vielleicht auch dazugelernt. Gerade vor dem Hintergrund der Entwicklungen in unserer Gesellschaft und der Arbeitswelt ist die Weiterbildung in ihrer Funktion zu einer eigenständigen Säule im Bildungssystem herangereift. Neben der vorschulischen Bildung, den Schulen, Hochschulen und der dualen Ausbildung ist die Weiterbildung zu einer weiteren Säule im Bildungssystem geworden, wobei wir hier neu als eigene Säule die vorschulische Bildung mit aufgenommen haben, weil sie für uns ganz selbstverständlich dazugehört. Es ist an uns die Aufgabe gestellt, dass die Weiterbildung und das lebenslange Lernen einen gesetzlichen Rahmen finden, welcher der Bedeutung gerecht wird. Das haben wir mit dem neuen Weiterbildungsgesetz in Schleswig-Holstein verwirklicht.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dabei geht es bei der Weiterbildung um jede Form von Bildung und Ausbildung, die nach Abschluss der Erstausbildung oder nach dem Eintritt ins Berufsleben absolviert wird und jedem Einzelnen helfen soll, die eigenen Kenntnisse und Kompetenzen zu verbessern, zu aktualisieren oder eben auch zu erwerben. Dies sollte nicht nur unter dem beruflichen Aspekt gesehen werden, sondern Weiterbildung gilt gleichermaßen der persönlichen Weiterentwicklung.

Trotz der guten und zahlreichen Angebote im Land ist es auch unsere Aufgabe, Menschen zu informieren, damit sie verstärkt diese persönliche Chance ergreifen. Gleiches gilt für die Unternehmen, Wei

terbildung der Mitarbeiter als Chance für das Unternehmen zu begreifen, auch im Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter.

Wir wollen, dass die Weiterbildung unserer Gesellschaft dient, indem sie die Chancen von benachteiligten Menschen insgesamt verbessert. Sie hilft dabei nicht nur den Betroffenen, sondern ebenso den Mitgliedern der Gesellschaft im Umgang miteinander. Wir haben den Kreis der Träger erweitert und zugleich die kulturelle Bildung der allgemeinen und politischen gleichgesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, gleichzeitig setzen wir unseren Bürokratieabbau zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger fort, indem wir nun gesetzlich festgeschrieben haben, dass die Berichtspflicht zukünftig entfällt. Gleichwohl beteiligt sich das Land an dem aussagekräftigen Bericht zum Weiterbildungsverhalten AES mit der Zusatzstudie Schleswig-Holstein. Dies ist auch zur weiteren Beurteilung unserer Weiterbildungslandschaft in Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Ländern wichtig. Die Weiterbildung wird mit diesem neuen Gesetz auf eine bessere Grundlage gestellt und schafft Klarheit darüber, dass diese eigenständige Säule des Bildungssystems in Schleswig-Holstein einen besonderen Stellenwert hat.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die Landesregierung oder die regierungstragenden Fraktionen tatsächlich der Weiterbildung eine solche Bedeutung zumessen würden, dann würde das Weiterbildungsgesetz anders aussehen müssen. So klappt das überhaupt nicht.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Ganz im Gegenteil:

„Landesregierung bringt neues Weiterbildungsgesetz auf den Weg - Zieschang: ‚Ein weiterer kleiner Schritt zur Haushaltskonsolidierung’“.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

(Kirstin Funke)

Das war der Titel einer Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums vom 31. Mai 2011. Seitdem wissen wir, woher der Wind weht. Es war nicht das zentrale Interesse des Wirtschaftsministeriums, mehr Menschen zu überzeugen, an Weiterbildungsangeboten teilzunehmen. Nein, die Landesregierung will mit dem Weiterbildungsgesetz den Haushalt sanieren. - So geht es nicht, liebe Landesregierung!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

In der ersten Lesung des Gesetzentwurfs im Oktober vergangenen Jahres wurde von der Opposition bemängelt, dass das Gesetz zwar viele redaktionelle Änderungen enthalte, es fehlten aber sowohl Anreize, die Bildungsfreistellungsquote von knapp 0,7 % zu erhöhen, als auch eine Antwort auf die zentrale Frage, wie die Weiterbildungslandschaft in Schleswig-Holstein in Zeiten von demografischem Wandel und knappen Kassen aussehen soll. Sieht man sich den CDU/FDP-Änderungsantrag zum Weiterbildungsgesetz an, so stellt man fest, dass er sechs Änderungsvorschläge vorwiegend redaktioneller Art enthält. Es soll zum Beispiel der Satz eingefügt werden:

„Weiterbildung ist ein wesentlicher Baustein im Kontext lebenslangen Lernens.“

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Donnerwetter!)

Herzlichen Glückwunsch, liebe regierungstragenden Fraktionen! Willkommen in der Gegenwart! Aber wenn Sie diese Erkenntnis haben, warum machen Sie dann kein Gesetz, das das lebenslange Lernen auch fördert?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Sie machen das Gegenteil. Sie streichen zum Beispiel die Möglichkeit, den Anspruch auf Freistellung aus zwei aufeinanderfolgenden Jahren zu bündeln, soweit es für die Teilnahme an Veranstaltungen der Weiterbildung erforderlich ist. Besonders kurios ist aber die Übertragung der Anerkennung von Weiterbildungsangeboten auf die Investitionsbank Schleswig-Holstein. Diese Übertragung haben sehr viele Anzuhörende kritisiert.

Für die Landesregierung ist es der „weitere kleine Schritt zur Haushaltskonsolidierung“. Es werden nämlich eineinhalb Planstellen im Wirtschaftsministerium eingespart. Aber die Verlagerung ist doch nicht Ergebnis von Aufgabenkritik, so wie es die Staatssekretärin in ihrer Pressemitteilung schreibt.

Es ist nichts weiter als das Outsourcen von Aufgaben, das aber nicht einmal konsequent.

Mir ist nicht klar, warum das für Weiterbildung zuständige Ministerium zwar die Träger und Einrichtungen von Weiterbildung anerkennt, die Weiterbildungsangebote aber von der Investitionsbank anerkannt werden sollen. Da die Anerkennung in Zukunft kostenpflichtig sein soll, würde das doch auch die Personalkosten im Wirtschaftsministerium reduzieren.

Unter dem Strich bleibt ein Etikettenschwindel: Was Sie vorlegen, ist bei Weitem noch kein Weiterbildungsgesetz. Wir lehnen deshalb den Gesetzentwurf der Landesregierung ab.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich dem Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal ist es offensichtlich besser, einen Gesetzentwurf nicht einzubringen, wenn man die Regierung gegen sich hat, die dann den Entwurf umdreht und das Gegenteil von dem positiv Gewollten realisiert.