Erstens sind die Probleme, die wir haben, schon jetzt größer als die Planungsräume. Zweitens wird der Handlungsspielraum der Kommunen durch das Gesetz immer komplizierter und konfliktbeladener. Frau Poersch hat das schon gesagt und angespro
chen. Die Bürgerbeteiligung und die Demokratie entfernen sich durch dieses Gesetz einmal mehr von den Verwaltungen oder in diesem Fall die Verwaltungseinheiten von der Demokratie.
„Aufgabe der Raumordnung ist es, den Gesamtraum des Landes Schleswig-Holstein und seine Teilräume … zu ordnen und zu sichern.“
Man kann zumindest - vornehm ausgedrückt - sagen, dass dieser Grundsatz durch das Gesetz nicht gestärkt wird. Ich erinnere an die Debatte über die Enquetekommission und zum Zusammenspiel mit Hamburg. Eigentlich müssten wir doch über ein Zusammenwachsen der Bundesländer reden, also über einen Planungsraum, der größer als SchleswigHolstein ist, statt in noch kleineren Schächtelchen zu denken, die wir im Land unter uns haben.
Herr Innenminister, ich widerspreche Ihnen, dass die Koordinierung und der Ausbau der erneuerbaren Energien durch diese fünf Planungsräume oder auch die Kommunalisierung der Regionalplanung einfacher, einheitlicher und zielgenauer laufen wird. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der Kollege Matthießen das so gemeint hat. Es kann sein, dass sich Räume einigen, es kann aber genauso gut sein, dass alles viel, viel länger dauert, alles noch komplizierter wird, und wir auch in den verschiedenen Planungsräumen nicht mit den gleichen Maßstäben messen, wenn wir Windeignungsflächen ausweisen. Aus dem Gesetz heraus kann man auf jeden Fall nicht ableiten, dass die Energiewende besser gelingen wird. Wir meinen, sie wird dadurch schlechter gelingen.
Sie schreiben dann in der Begründung zu dem Gesetz, dass mit ihm „der Aufgabenabbau auf Landesebene umgesetzt" werde. Es mag sein, dass das für den Aufgabenabbau auf Landesebene gilt. Aber durch die Konnexität wird der Abbau mehr als aufgefressen, wenn auch nicht verfünfzehnfacht so doch verfünffacht. In Heller und Pfennig kostet uns das Gesetz 750.000 €. Das sind knapp 1 Million € für eine Spielwiese der Rhetorik - so will ich es einmal nennen. Ich glaube, bei den knappen Kassen, die wir haben, und bei den Debatten, die wir uns über Kürzungen bei Blindengeld, Frauenhäusern, soziokultureller Förderung et cetera, also schon bei kleineren Beträgen, geliefert haben, sind das keine Peanuts.
Eine Regierung, die sich heute Morgen noch so sehr für Sparpolitik selbst gelobt hat und sich das ins Stammbuch schreibt, hätte darauf aufpassen sollen.
Nun zur Konfliktsituation. Die fünf Planungsräume spannen sehr unterschiedliche Partner zusammen. Ich weiß gar nicht, ob das allen hier klar ist. Der Innenminister hat das ausgeführt. Jeweils nur ein Partner soll dann die Planung erstens übernehmen und zweitens auch hoheitlich, also ordnungsrechtlich, durchsetzen. Das heißt dann konsequenterweise, dass Kiel für Rendsburg-Eckernförde oder Schleswig-Flensburg für Flensburg Planungsbehörde wird. Da können Sie schon einmal sicher sein, dass die Begeisterung darüber in RendsburgEckernförde oder auch in Kiel, wenn es umgekehrt der Fall ist, sehr, sehr groß sein wird.
In Wahrheit machen Sie sich mit dem Gesetz und Ihrer Rhetorik einen schlanken Fuß, liefern aber die Kommunen den Problemen aus.
- Das kann angehen, Herr Minister. Sie müssen nur einmal mit den kommunalen Vertretern reden, die freuen sich schon darauf. Lübeck wird begeistert sein, wenn Ostholstein für Lübeck die Regionalplanung übernimmt oder Ostholstein, wenn für sie Bernd Saxe das erledigt.
Ich glaube, dass die FDP in diesem Fall sozusagen als Gegenpart zum Denkmalschutz wie in einem Kuhhandel wider besseres Wissen den Quatsch der CDU mitmacht. Wahrscheinlich wird es nicht mehr lange dauern, dass Sie - ähnlich wie bei den Beschlüssen zur Gemeindeordnung - auf Ihrem Parteitag wieder einen Beschluss fassen, der genau das konterkariert, was der Innenminister hier ausführt und was Sie hier im Landtag beklatschen.
Jetzt läuft mir die Zeit etwas davon. - Ich will deshalb nur noch kurz auf den letzten Punkt, nämlich die Transparenz und die Demokratie eingehen. Entweder der ganze Ansatz scheitert, weil sich die Kommunen nicht einigen, oder aber er funktioniert, aber dann auf Kosten von Transparenz und Mitbestimmung in den Parlamenten. Sie schaffen durch
die vertragliche Konstruktion etwas ähnliches, wie Sie es mit den Amtsausschüssen auf Gemeindeebene gemacht haben
- ja, eben gerade doch! -, Sie verlagern die Lösungen aus den Kreistagen heraus. Sie müssen dann natürlich noch abnicken, was dann da ist, aber die wahre Problemfindung findet nicht in den Kreistagen statt. Deshalb ist das ähnlich wie bei dem ursprünglichen Gedanken von Herrn Schlie zur Gemeindeordnung, der Streichung des § 5, der die Kommunen oder die Gemeinden zu Fusionen gezwungen hätte. Denn sie wären gar nicht in der Lage gewesen, diese Aufgaben zu erledigen. Wenn dieses Modell funktionieren sollte, beschreiten Sie mit diesem Modell den Weg in eine Kreisgebietsreform. Denn das ist die logische Konsequenz, die daraus folgt, dass Sie nämlich dann irgendwann auch noch die kommunalen Parlamente wählen müssen.
Das ist ein klassischer Klaus Schlie: vorne zu tönen „kommunale Selbstverwaltung und alle Macht den Kommunen!“, und ihnen hinten herum den Boden, auch den verfassungsrechtlichen Boden, unter den Füßen wegzuziehen. Das mag politisch geschickt sein, mir erscheint das zu sehr von hinten durch die Brust ins Auge zu sein, deswegen werden wir dem nicht zustimmen.
Herr Abgeordneter Dr. Habeck, ist Ihnen bekannt, dass es zurzeit bei der Landesplanung, wo wir die fünf Regionalpläne aufgestellt haben, nicht eine einzige Mitbestimmung eines kommunalen Selbstverwaltungsgremiums gibt und dass in Zukunft nach dem Gesetzentwurf alle Kreistage und Ratsversammlungen der kreisfreien Städte eines Planungsraumes zustimmen müssen? Sie müssen darüber beraten, sie
müssen das wirklich erarbeiten, sie müssen das gemeinsam für eine Region erarbeiten. Würden Sie auch so freundlich sein und zur Kenntnis nehmen, dass das, was Sie mir als Innenminister unterstellt haben, schon hart an der Grenze dessen ist, was Verleumdung ist? Denn ich bin der Einzige gewesen, der gerade auch in diesen Fragen überall vor Ort die Diskussionen geführt und im Übrigen breite Zustimmung bekommen hat - im Gegenteil zu den Reaktionen auf das, was Sie wollen.
- Ich wollte Ihnen nichts unterstellen, Herr Schlie. Ich weise darauf hin, dass eine Entwicklung, die wir verfassungsrechtlich überprüft haben, dazu führt, dass ein meinetwegen gut gemeintes Gesetz das Gegenteil der Intention bewirken kann. Das ist Verfassungswirklichkeit in Schleswig-Holstein, die durch komplizierte Listenregelungen auf der Gemeindeebene gelöst werden will.
Die verfassungsrechtliche Frage ist das eine. Ich sage voraus, dass wir mit diesem Gesetz auf der kommunalen Kreisebene in diesen Bereich vorstoßen werden. Geben Sie dem einmal fünf bis zehn Jahre Zeit, dann werden wir diese Diskussion führen, wahrscheinlich vor Gericht. Vielleicht aber besinnen wir uns eines Besseren und ziehen dem nach, indem die Kreise bei den Planungen tatsächlich wieder hoheitliche Rechte haben. Sie haben sie im Moment. Das ist aber nicht das Entscheidende. Vergessen Sie einmal kurz die verfassungsrechtliche Frage. Das ist nur eine Prognose.
Trotzdem ist die Frage entscheidend, mit welchem Gestus Politik betrieben werden soll. Wir alle leiden doch darunter oder nehmen es wenigstens wahr, dass die Legitimation von Politik infrage gestellt wird. Es wird nicht einfacher, indem man sagt, da gibt es Unterausschüsse, quasi Verhandlungskommissionen von Kreisen, die sich wahrscheinlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen und das schon einmal vorbereitet haben. Das wird irgendwie im Hauptausschuss und dann im Kreistag abgesegnet. Die Öffentlichkeit der Debatte wird doch immer weiter erschwert.
Sie entziehen mit diesem Gesetz über die Verträge und die Verwaltungsvorschriften doch die Entscheidungsebene immer weiter der direkten demokratischen Kontrolle. Das ist doch evident.
Wir müssen weg von der Frage, ob das verfassungskonform ist oder nicht. Das ist es natürlich, sonst würden Sie es ja auch nicht machen, das wäre ja sonst ein Skandal. Aber es ist politisch die falsche Richtung. Sie entfernen sich damit von den Mitspracherechten und den Bedürfnissen der Menschen. Aufgabe der Politik ist jedoch, politisch kluges Handeln und demokratische Partizipation zusammenzubringen. Das tun Sie nicht.
Sehr geehrter Herr Abgeordneter Dr. Habeck, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es bei der Regionalplanung zurzeit null Mitbestimmung, weder des Landesparlaments noch irgendeines kommunalen Selbstverwaltungsgremiums, gibt? Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass im Gesetzentwurf von CDU und FDP zur Weiterentwicklung der Gemeindeordnung erstens grundsätzlich die Öffentlichkeit aller Ausschüsse gewährleistet wird und zweitens Ausschüsse in kommunalen Selbstverwaltungsgremien von Kreistagen genau wie Kreistage selber nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagen? Das sind direkt und unmittelbar gewählte Abgeordnete, die demokratisch legitimiert durch das Volk jetzt endlich in die Lage versetzt werden, die Regionalplanung zu machen. Das stellt alles auf den Kopf, was Sie eben erzählt haben.
Wie soll der Zwang zur Einigung aussehen, wenn er im Zweifelsfall nicht abgestimmt werden kann oder wenn er von verschiedenen Partnern abgestimmt werden muss, die völlig unterschiedliche Interessen haben und parteipolitisch völlig unterschiedlich zusammengesetzt sind?
Das kann selbstverständlich gelingen bei irgendwelchen Plänen, die wir alle gemeinsam teilen, es kann aber auch nicht gelingen. Wenn es nicht gelingt, aber gelingen muss - Sie haben ja dazwischengerufen, sie müssen sich einigen -, haben Sie keine Möglichkeit mehr, das in dem Sinne, in dem ich das referiert habe, demokratisch und transparent zu klären.