Protocol of the Session on December 15, 2011

Genau in diesem Sinne ist auch die im Koalitionsausschuss am Montag getroffene Vereinbarung zu verstehen. Es geht darum, die Bildungsqualität durch zielgerichtetes Handeln weiter zu verbessern, wobei man allerdings oft über die dazu erforderlichen Ressourcen sprechen muss.

Die Opposition setzt dagegen gern auf die altbekannte Linie wohlfeiler Versprechungen.

(Zuruf von der SPD)

Herr Stegner sagt beispielsweise - ich komme gleich zu Ihnen, Herr Stegner -: Jede Gemeinschaftsschule, die eine Oberstufe haben will, soll

auch eine bekommen. So die „Landeszeitung“ am 14. September 2011 mit einem Bericht aus Nortorf. Ob überhaupt genügend Schüler da sind, die eine Versetzung in die Oberstufe erreichen, scheint Herrn Stegner egal zu sein. Er kann es auch gar nicht wissen, denn die ältesten Gemeinschaftsschulen haben jetzt gerade erst die 8. Jahrgangsstufe erreicht. Wer im 10. Schuljahr die Versetzung in die Oberstufe schaffen wird, ist derzeit also noch gar nicht sicher. Großzügig verteilt Herr Stegner trotzdem neue Oberstufen.

Dass eine einzige neue Oberstufe mindestens zehn Lehrerstellen erfordert, scheint für Herrn Stegner auch nicht so entscheidend zu sein. Wollen Sie diese Stellen im Zweifelsfall eigentlich zusätzlich bereitstellen oder durch den Abzug von Stellen an den Gymnasien? Dazu hat Herr Stegner bislang geschwiegen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ein anderer prominenter Sozialdemokrat, Herr Albig,

(Zurufe von der SPD)

erklärt, Regionalschulen wolle er als Regierungschef wieder abschaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

„Lübecker Nachrichten“, 2. Oktober 2011. Dass seine eigene Fraktion vor ein paar Jahren noch dieses Faltblatt

(Minister Dr. Ekkehard Klug hebt ein Falt- blatt hoch)

mit der Überschrift: „Regionalschule - Bessere Chancen für alle“, herausgegeben hatte, scheint von den schleswig-holsteinischen Sozialdemokraten noch keiner, der damals dabei war, Herrn Albig, der damals - glaube ich - noch außer Landes tätig gewesen ist, gesagt zu haben. Anfang Oktober sagte Herr Albig in den „Lübecker Nachrichten“ zu den Regionalschulen: „Es ist nicht erkennbar, wozu es die braucht.“

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE] - Cornelia Conrad [FDP]: In- teressant!)

Nun kann man an der Schulreform der Großen Koalition, die ein altes System mit drei weiterführenden Schularten durch ein neues System mit drei weiterführenden Schularten ersetzt hat, vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung durchaus manches als unstimmig und unsinnig erkennen; das will ich gar nicht bestreiten. Auch das

gehört zu den Altlasten der Bildungspolitik in diesem Land. Aber so, wie die neue Schullandschaft durch eine sozialdemokratische Bildungsministerin ab 2007 gestaltet wurde, ergeben sich nun mit Blick auf die Pläne von Herr Albig folgende „kleine Schwierigkeiten“: Viele Regionalschulen sind einfach viel zu klein, als dass man aus ihnen Gemeinschaftsschulen machen könnte.

(Zuruf von der CDU: So ist das!)

Für den Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Kiel

(Zurufe von der SPD)

mag dies unproblematisch erscheinen. Aber im ländlichen Raum würde ein generelles Aus für die Schulart Regionalschule ein Schulsterben an vielen kleinen Standorten bedeuten, und zwar auch dort, wo die Schulträger eben erst im Vertrauen auf die Schulreform von 2007 zum Teil eine Menge Geld in ihre Schulen investiert haben.

(Beifall bei FDP und CDU - Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Herr Minister -

Nein, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu. - Weil kleine Standorte relativ teuer sind, ist deren Erhalt mit einem entsprechenden zusätzlichen Mitteleinsatz verbunden. Auch hier stellt sich also die Ressourcenfrage, und zwar nicht wegen der Politik dieser Regierung, sondern deshalb, weil uns Ihre Vorgängerin eine entsprechende schulpolitische Erblast aufgebürdet hat.

Nun könnten Sie sagen: Wir gehen einfach von den von Frau Erdsiek-Rave damals festgesetzten Mindestgrößen für eine Gemeinschaftsschule - 60 Schüler pro Jahrgang und 300 Schüler insgesamt ab. Nun gibt es viele, die sagen, dass sei ohnehin viel zu niedrig. Der Landesrechnungshof möchte eine Mindestgröße von 500. Sie könnten ja sagen, jede Regionalschule, so klein sie auch sein mag, wird dann eben eine Gemeinschaftsschule. Das allerdings würde bedeuten, dass die Sozialdemokraten den direkten Übergang zur schulpolitischen Realsatire üben. Dann hätte man nämlich mit der Kombination aus Albig und Stegner die kleine Dörfergemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe.

(Beifall bei FDP und CDU)

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

Die Redezeit wurde vom Minister um 3 Minuten 35 Sekunden überschritten. Diese Zeit steht jetzt auch allen Fraktionen zusätzlich zur Verfügung. Ich erteile der Frau Abgeordneten Anke Erdmann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, Sie haben gerade angedeutet, welche Maßnahmen es sein könnten. Ich wollte fragen, was Sie glauben, was bis März 2012 an weiteren Erkenntnissen der Koalition und dem Koalitionspartner vorliegen werde. Offensichtlich hat das, was Sie gerade vorgelegt haben, den Koalitionspartner Union nicht überzeugt. Ich habe gedacht, Sie hätten im Koalitionsausschuss bestimmt nicht nur gesagt, Sie wollten 300 Stellen mehr, sondern hätten das bestimmt differenziert begründet, an welcher Stelle. Das hier war jetzt ein bisschen dürftig. Sie haben viel über Herrn Albig geredet, aber wenig darüber, was Sie sich vorstellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wenn es nach uns Grünen geht, schlagen wir zwei Bereiche vor, von denen wir denken, dass die Stellen dort gut aufgehoben wären: Das eine ist die Aufstockung der Differenzierungsstunden, und das andere ist eine Fortbildungsoffensive.

Wir haben sehr gute Programme wie zum Beispiel SINUS, von denen wir wissen, dass sie eine unglaubliche Hebelwirkung haben. Da reinzugehen und zu sagen, das ist nicht nur ein Programm für einzelne Schulen, sondern ein Programm, das einen „Flächenbrand von Qualität“ im ganzen Land auslöst - das wäre genau richtig gewesen.

Ich habe noch eine Frage an die FDP. Sie haben gerade gesagt, unser Antrag missinterpretiere Ihren Parteitagsbeschluss. Ich frage nach: Die 300 Lehrerstellen sollten doch zum kommenden Schuljahr gestrichen werden, oder haben wir das falsch verstanden? Wann sollen die 300 Lehrerstellen, von denen Sie in dem Parteitagsantrag sprechen, sonst zur Verfügung gestellt werden? Sie haben gesagt, es gebe eine große Differenz. Ich sehe sie nicht. Sie reden von den geplanten 300 Lehrerstellen. Die geplanten 300 Lehrerstellen sollen im nächsten Haushaltsjahr wegfallen. In den kommenden Jahren taucht die Zahl 300 überhaupt nicht mehr auf. Das heißt, es muss sich um das kommende Schuljahr handeln - insbesondere weil Sie auf Ihrem Parteitag

einen Dringlichkeitsantrag eingebracht haben. Das heißt doch, es wird einigermaßen dringend gewesen sein. Sie reden doch nicht über irgendwas.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Frau Abgeordnete Erdmann, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki zu?

Ja, natürlich.

Frau Kollegin Erdmann, würden Sie freundlicherweise zur Kenntnis nehmen, dass Dringlichkeitsanträge solche sind, die nicht innerhalb der satzungsmäßigen Zeit eingereicht wurden? Das sind Dringlichkeitsanträge. Ich weiß nicht, wie es bei den Grünen ist. Jedenfalls ist es bei allen demokratischen Parteien, die ich sonst kenne, so.

Die zweite Geschichte: Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass davon die Rede ist, dass von den 3.600 Stellen, die wir im System bis 2020 einsparen wollten, 300 im System verbleiben sollen, um zur Verbesserung der Unterrichtssituation in Schleswig-Holstein beizutragen?

- Das kann ich aus diesem Antrag überhaupt nicht erkennen. Vielleicht haben Sie ihn danach noch einmal geändert. Ich erinnere mich an eine Kommentierung von Frau Loedige in den „LN“. Vielleicht war das falsch wiedergegeben. In den „LN“ stand, der Einsparkorridor von 3.650 Stellen bis 2020 werde dadurch nicht beeinträchtigt. Dazu müssen Sie sich äußern. Das war zur Klarstellung gar nicht schlecht, Herr Kubicki. Das heißt also, Sie gehen nicht davon aus, dass die 300 Lehrerstellen zum kommenden Schuljahr nicht gestrichen werden. So habe ich Ihre Frage und Kommentierung verstanden.

Der zweite Punkt ist die Frage der Gegenfinanzierung. Frau Franzen hat uns vorgeworfen, das sei alles ganz unseriös. Ich will sagen: Wir gehen auf den Vorschlag der FDP ein, dass das gesunkene Zinsniveau ein Teil der möglichen Finanzierung ist. Wir haben aber gesagt: Möglicherweise kann die Union damit nicht leben. Deshalb bringen wir den Straßenbau ins Spiel; das wird Ihnen leichter fallen.

1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage bei

Sie haben für mich überhaupt nicht deutlich gemacht, an welcher Stelle inhaltlich ein Dissens besteht - es sei denn, Sie sagen, die 300 Stellen sollen irgendwann irgendwie eingespart werden. Überzeugend ist das nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Bevor wir zur Abstimmung kommen, begrüßen Sie bitte mit mir unsere Besucherinnen und Besucher auf der Tribüne vom Bürgerverein Gleschendorf, vom BBZ Rendsburg-Eckernförde und Mitglieder von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde. - Herzlich willkommen im Haus!

(Beifall)

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/2117, abstimmen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist nur die SPD.

(Zurufe von der SPD: Nur?)

- Entschuldigung, das ist die SPD!

(Beifall bei der SPD)