Protocol of the Session on December 14, 2011

sisch an der Uni Flensburg durch die Neustrukturierung der Lehrerbildung, die an der Uni sowieso stattfindet, zu stärken und die Bedeutung des Faches zu unterstreichen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Die deutsche Minderheit ist ein wichtiger Brückenbauer nach Dänemark. Gerade in der Debatte um die Europäische Kulturhauptstadt - zumindest da haben wir einen Konsens in diesem Haus - wird ihre Bedeutung zunehmen. Auch diese hat unsere Unterstützung verdient.

Die Debatte um die diskriminierenden Mittelkürzungen bei den dänischen Schulen zeigt das Grundübel Ihrer Minderheitenpolitik. Es gibt keine Grundsätze. Sie behaupten im Bericht, dass die dänische Regierung die Kürzungen bei den Schülerkostensätzen der dänischen Schulen nicht als Bruch mit den Minderheitenabkommen definiere. Als dies von der dänischen Regierung vor Kurzem dementiert wurde, mussten Sie in letzter Sekunde im Eilverfahren - ich glaube, gestern Nachmittag um 16 Uhr, 17 Uhr kamen bei uns per Hauspost die Änderungen rein - den schriftlichen Bericht ändern lassen.

(Jürgen Weber [SPD]: Peinlich!)

- Ich würde sagen, dies ist mehr als peinlich. In meiner Rede steht: Dieses Verhalten ist beschämend. Es ist unfassbar, nicht nur, wie Sie mit den Minderheiten umgehen, sondern auch, wie Sie Ihre diplomatischen Beziehungen nach Dänemark verstehen. Ich bin da fassungslos. Mir bleibt da ein Stück weit die Sprache weg.

In diesem Zusammenhang kann man vielleicht auch einmal das Zahlenspiel erwähnen, Frau Herold, Herr Brodersen, das Sie betrieben haben. Es geht nicht um 85 % oder um 96 %, es geht hier nicht um irgendwelche Zahlen und darum, ob wir näher an 100 % dran sind. Es geht hier um Gleichstellung. Gleichstellung erreicht man nicht mit 95 % oder mit 90 % oder mit 90,5 %, sondern wenn man Gleichstellung ernst meint und sie als politisches Anliegen betrachtet, kann man sich dann nicht irgendwie hinrechnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

All diese Sachen nehmen Ihnen den letzten Respekt bei den Minderheiten und führen auch bei der dänischen Regierung, ich habe es Ihnen schon gesagt, zu extremem Kopfschütteln. Nehmen Sie die Kürzungen bei den dänischen Schulen zurück! Ent

(Rasmus Andresen)

schuldigen Sie sich bei der dänischen Regierung, und beginnen Sie endlich einen konstruktiven Dialog mit den Minderheiten!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Alle vier nationalen Minderheiten - ich spreche jetzt ausdrücklich von vier - haben eine wichtige Bedeutung für unser Land. Es ist deshalb dringend an der Zeit, den Neustart in der Minderheitenpolitik zu wagen.

Es ist deshalb ein gutes Zeichen, dass wir parteiübergreifend am letzten Freitag im NordschleswigGremium unter Vorbereitung von Landtagsdirektor Prof. Schliesky und Landtagspräsident Thorsten Geerdts an einem Gesetz für die deutsche Minderheit gearbeitet haben.

Das Wichtigste für die Minderheiten ist Verlässlichkeit. Es ist deshalb gut, dass im Gesetz für die deutsche Minderheit eine mehrjährige Förderperiode vorgeschlagen wird. Wir hoffen natürlich auch, dass dieses Gesetz hier im Haus eine breite Mehrheit findet und, Frau Herold, dass Sie sich in diesem Punkt einmal in Ihrer Fraktion durchsetzen.

Dieses Gesetz könnte ein guter erster Schritt sein. Aber es darf nicht der letzte Schritt sein. Es geht eben - auch das habe ich am Freitag im Nordschleswig-Gremium schon angemerkt - nicht nur um die Förderung der deutschen Minderheit und die Perspektive für die deutsche Minderheit, sondern genau dasselbe brauchen wir auch für die anderen drei nationalen Minderheiten in unserem Land.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW sowie vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

Ein anderer wichtiger - vielleicht der wichtigste Aspekt ist, dass wir wieder eine parteiübergreifende Minderheitenpolitik hinbekommen. Wir schlagen deshalb vor - ähnlich wie die SPD-Fraktion, die schon deutlich vor uns vorgeschlagen hat -, minderheitenpolitische Grundsätze in Zukunft immer mit breiter Mehrheit, nicht mit 50,5 % oder 50 + X %, sondern mit einer größeren Mehrheit im Haus zu beschließen und darüber zu entscheiden. Wir würden die Minderheitenbeauftragte des Landes statt bei der Staatskanzlei gern beim Parlament ansiedeln und sie durch den Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit wählen lassen.

Wir setzen uns für den Erhalt des ECMI in Flensburg ein. Wir teilen nicht die Kritik, die von einigen Minderheiten geäußert wird, dass es zu wenig regional ausgeprägt arbeite. Allerdings wünschen wir

uns, dass es enger mit den Hochschulen bei uns im Land kooperiert.

Ich komme zum Schluss, bevor es mir gesagt wird. - Die Minderheiten sind sehr unzufrieden mit Ihrer Arbeit. Das machen Sie auch auf den letzten Seiten des Berichts deutlich. Wir würden uns deshalb wünschen, dass Sie den Dialog mit den Minderheitenverbänden ernst nehmen und uns Oppositionsfraktionen einbinden, damit wir gemeinsam einen parteiübergreifenden Neustart wagen können, um zu retten, was zu retten ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Das Wort für die Fraktion DIE LINKE erteile ich nun Herrn Kollegen Heinz-Werner Jezewski.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Bei allen politischen Unterschieden in der Minderheitenpolitik will ich der Landesregierung an dieser Stelle doch ein Lob aussprechen. Die schleswigholsteinische Minderheitenpolitik ist in weiten Teilen immer noch vorbildhaft für andere Bundesländer, vielleicht sogar für ganz Europa, und das nicht wegen, sondern trotz der minderheitenpolitischen Aktivitäten dieser Landesregierung in den letzten zweieinhalb Jahren.

Vorbildlich heißt allerdings nicht, dass sie nicht in erheblichen Teilen verbesserungsfähig und verbesserungswürdig ist. Eine notwendige Verbesserung wäre zum Beispiel ein Gesetz zur Minderheitenund Sprachenförderung in Schleswig-Holstein, das aber heute in diesem Haus abgelehnt werden wird. Ich weiß, dieser Vorwurf trifft eigentlich nicht die Landesregierung, sondern die sie tragenden Fraktionen des Landtags, aber es hätte der Landesregierung auch gut zu Gesicht gestanden, so wie in anderen Fällen einen eigenen Entwurf zu diesem Thema zu schreiben und vorzulegen.

Mein Dank gilt trotzdem der Landesregierung und der Minderheitenbeauftragten Frau Schwarz für diesen Bericht, der die Aktivitäten des Landes im Bereich der Förderung der Minderheiten weitgehend vollständig zusammenfasst.

Die vier Minderheiten, die durch die Landesregierung gefördert werden, sind die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein, die deutsche Minderheit

(Rasmus Andresen)

in Dänemark, die Volksgruppe der Friesen und die Sinti und Roma.

Aus Respekt vor der politischen Vertretung der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein will ich die Anmerkungen dazu kurz halten und vorweg Anke Spoorendonk für ihren engagierten und sehr sachkundigen Beitrag dazu danken.

(Beifall bei der LINKEN)

Klaus Tscheuschner, der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Flensburg, hat das Verhältnis von Minderheits- und Mehrheitsbevölkerung in der Stadt sehr treffend zusammengefasst. Er hat gesagt: Wir sind von einem Gegeneinander über ein Miteinander zu einem Füreinander gekommen. Dieser Prozess hat unter anderem zur Rückkehr des sogenannten Idstedt-Löwen von Kopenhagen nach Flensburg geführt, die im Bericht ausführlich beschrieben wird. Dieser Prozess wird auch dazu führen, dieses ehemalige Kriegsdenkmal in ein Denkmal der Verständigung und des friedlichen Zusammenlebens zwischen Menschen verschiedener Nationalität umzudeuten.

In einem Punkt werden wir in diesem Haus keinen Konsens erreichen, das ist die Finanzierung der Minderheitenpolitik und speziell des dänischen Schulsystems. Auch der wiederholte Verweis auf die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse ändert nichts daran: Mit der Kürzung der Zuschüsse für die dänischen Schulen hat der Landtag der dänischen Minderheit ein Sonderopfer auferlegt. Das war die Preisgabe minderheitenpolitischer Grundsätze aus fiskalpolitischen Gründen, ein minderheitenpolitischer Sündenfall, ein minderheitenpolitischer Super-GAU. Daran ändert auch der auf zwei Jahre begrenzte Zuschuss der Bundesregierung nichts. Aber die kommende Landesregierung, wie immer sie zusammengesetzt sein wird - nach den Beiträgen hier bin ich richtig froh, dass die FDP nicht mehr dabei sein wird -, muss sich daran messen lassen, wie ernst sie es mit der Rücknahme dieser Kürzung meint.

(Beifall bei der LINKEN)

Mehr will ich zur dänischen Minderheit gar nicht sagen, das hat die Kollegin Anke Spoorendonk gut genug gemacht.

Aber nicht nur die dänische Minderheit ist in diesem Parlament vertreten - übrigens nicht nur in der SSW-Fraktion, sondern auch in anderen Fraktionen -, sondern auch die Volksgruppe der Friesen, und auch die gleich in mehreren Fraktionen. Auch das ist für mich ein Zeichen gelungener Minderhei

tenpolitik über Jahre, ja Jahrzehnte hinweg. Auch das wäre meines Erachtens eine Erwähnung im Minderheitenbericht wert gewesen.

Bei der Unterstützung der Friesen mangelt es meines Erachtens nicht am guten Willen. Umstritten ist auch hier lediglich, ob man minderheitenpolitische Grundsätze fiskalpolitischen Zwängen opfern darf. Gerade die Friesen und ihre Sprache treffen die demografischen Entwicklungen derzeit besonders stark. Das wird von der Landesregierung im Bericht auch ausdrücklich anerkannt. Allein die Folgerung daraus, nämlich jetzt mehr Geld in das Bildungs-, in das Vorschul- und Schulwesen zur Stärkung des Friesischen zu stecken, traut sich niemand zu ziehen. Wenn wir aber auf die erfolgreiche Konsolidierung der Landesfinanzen warten, bis wir die friesische Volksgruppe mit den notwendigen Mitteln zur Weiterentwicklung und zur Rettung ihrer Sprache ausstatten, werden wir wohl zu spät kommen. Da werden wir in den nächsten Jahren Ansätze finden müssen. Bis dieser Landeshaushalt konsolidiert ist, wird es die friesische Sprache in Schleswig-Holstein nicht mehr geben.

Damit komme ich zur deutschen Minderheit in Dänemark. Auf die Sonderkürzungen bei der deutschen Minderheit durch das Land Schleswig-Holstein hat die dänische Regierung in meinen Augen vorbildlich reagiert und ihre eigene Förderung für die deutsche Minderheit ohne Ausnahmen bestätigt und abgesichert. Trotzdem ist die deutsche Minderheit von den Kürzungen aus dem Landeshaushalt stark betroffen. Bewundernswert und für mich manchmal kaum verständlich ist es, wie sich die Vertreterinnen und Vertreter damit auseinandersetzen. Geklagt wird meist nicht über weniger Geld, sondern allenfalls über Verwaltungsverfahren, die eine sinnvolle Minderheitenarbeit mehr erschweren als begünstigen.

Ich komme auf ein weiteres Feld zu sprechen, das im Bericht der Landesregierung recht stiefmütterlich behandelt wird: Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat sowohl ein Gremium für die Belange der friesischen Volksgruppe als auch für die Angelegenheiten der deutschen Minderheit in Dänemark eingerichtet. Alle Mitglieder dieser Gremien sind sich darin einig, dass dort keine parteipolitische Arbeit geleistet wird, sondern fraktionsübergreifende Initiativen für die Minderheiten gefördert werden sollen. Dafür gebührt ihnen mein Dank und die Hoffnung, dass sich das in den Regierungsfraktionen auch einmal fraktionsweit durchsetzt.

Während also die dänische Minderheit eine eigene politische Vertretung in diesem Landtag hat, die

(Heinz-Werner Jezewski)

Friesen und die Nordschleswiger zumindest Gremien für ihre Belange haben, sind die Sinti und Roma - die vierte Minderheit in Schleswig-Holstein in diesem Haus zwar gern gesehen, aber stets nur als Gast. Wir sollten das spätestens in der nächsten Legislaturperiode ändern und auch ein Gremium für die Angelegenheiten der Sinti und Roma in unserem Land einrichten. Das sind wir diesen Menschen spätestens seit der peinlichen Debatte in dieser Legislaturperiode um ihre Aufnahme in Artikel 5 Abs. 2 der Landesverfassung schuldig.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Lars Harms [SSW])

Sinti und Roma lebten bereits in Schleswig-Holstein, als von Deutschland oder Schleswig-Holstein noch gar nicht die Rede war. In wenigen Jahren, 2017, jährt sich ihre erste Erwähnung in einer Lübecker Urkunde zum 600. Mal. Wir sollten dieses Datum zum Anlass nehmen, einmal ernsthaft über unseren Umgang mit Sinti und Roma nachzudenken und Fehler aus den vergangenen Jahren zu korrigieren.

Bei allem, was uns in der Minderheitenpolitik eint, und bei allem, was uns trennt, möchte ich noch eines hervorheben: Minderheiten dürfen für uns auf keinen Fall ein Kostenfaktor sein. Minderheiten sind sprachliche, kulturelle und gesellschaftliche Bereicherung für die entsprechende Mehrheitsgesellschaft. Ob ich die Einrichtungen auf dem nordschleswiger Knivsberg besuche oder Maro Temm in Kiel, ob ich ins dänische Aktivitetshuset in Flensburg gehe oder in das Archiv der Ferring-Stiftung, immer komme ich ein Stück erfahrener, klüger und reicher wieder heraus. Genau das ist es, was die politische Arbeit für die Belange der Minderheiten so wichtig macht.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Zu einem Dreiminutenbeitrag hat sich Herr Abgeordneter Lars Harms von der Fraktion des SSW gemeldet. Ich erteile ihm hiermit das Wort.

Liiw forwüset, liiw följkens, uk ik wal hål hartliken tunk for e manerhäideberucht seede. En berucht as nüsi for än fou en politisch diskusjoon ouerhood önj e gung.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Meine Damen und Herren, das war eine der Minderheitensprachen, nämlich Friesisch, in der ich mich für den Minderheitenbericht bedankt habe, unter dem Hinweis, dass ein Minderheitenbericht erst einmal eine politische Diskussion überhaupt in Gang bekommt.