Deshalb sieht der Gesetzentwurf ein gemeinsames Vorgehen vor: Das Land gewährt den betroffenen Kommunen zusätzliche Hilfe und verlangt im Gegenzug einen verbindlichen Konsolidierungsplan. Dies ist kein Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung. Es handelt sich hierbei um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, wie ihn Kommunen mit verschiedenen Partnern abschließen, auch über mehrere Wahlperioden hinaus. Von Daumenschrauben zu reden, ist mehr als unangebracht. Es wird ein Fahrplan zur Haushaltskonsolidierung gegen die Gewährung von zusätzlichen finanziellen Hilfen verlangt. Das ist wohl kaum als Daumenschrauben zu bezeichnen, erst recht nicht, da es sich um ein freiwilliges Angebot des Landes an die Kommunen handelt.
Richtig ist, dass von der Konsolidierungshilfe nur 15 Millionen € aus Landesmitteln zusätzlich zur Verfügung stehen, den Rest erbringt die kommunale Gemeinschaft durch Umschichtungen. Da Schleswig-Holstein selbst ein Konsolidierungsland ist und unter Beobachtung des Stabilitätsrats steht, ist eine andere Finanzierung gar nicht möglich. Aus kommunalpolitischer Sicht habe ich natürlich Verständnis dafür, dass die Kommunen den von einer sozialdemokratisch geführten Landesregierung vor Jahren eingeführten Vorwegabzug von 120 Millionen € aus dem kommunalen Finanzausgleich wieder rückgängig gemacht sehen möchten. Wer hätte dieses Verständnis nicht? Die schlechte Finanzpolitik der vergangenen 20 Jahre lässt eine solche Rücküberweisung im Moment jedoch leider nicht zu.
Frau Kollegin Loedige, können Sie mir bitte mitteilen, wer bei der sozialdemokratisch geführten Landesregierung zum Zeitpunkt des 120-Millionen-€-Eingriffs Ministerpräsident war und welcher Partei er angehörte?
- Ich glaube, das wissen Sie besser. Sie haben den Innenminister gestellt, und der Innenminister ist für den kommunalen Finanzausgleich zuständig.
(Dr. Kai Dolgner [SPD]: Und der hat die Landesregierung geführt? Das ist interessant. Danke für die Antwort! - Beifall bei BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Versprechen des Spitzenkandidaten der SPD, bis 2017 die 120 Millionen € an die Kommunen zurückzugeben, ist reine Bauernfängerei. Ich empfehle dem Spitzenkandidaten die Lektüre des Finanzplans.
Den Hinweisen aus der Anhörung haben wir mit unserem Änderungsantrag Rechnung getragen. Wir stellen sicher, dass die Verträge vorab den parlamentarischen Ausschüssen zur Kenntnis gegeben werden und dass jährlich über die Entwicklung der Kommunen, die Konsolidierungshilfen erhalten, berichtet wird. Zusätzlich werden die nicht benötigten Mittel der Konsolidierungshilfe und der Fehlbetragszuweisungen den Schlüsselzuweisungen zugeschlagen. Das ist endlich einmal ein Gesetz für die Zukunft.
Wir blicken hier bis zum Jahr 2021 in eine gute Zukunft für die 18 Kommunen, die über 90 % des Defizits in Schleswig-Holstein tragen. Es ist Zeit für dieses Gesetz. Es hätte eigentlich schon viel früher gemacht werden müssen. Ich bitte um Ihre Zustimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kommunalhaushaltskonsolidierungsgesetz - ein kompliziertes Wort, das die finanzielle Not der Kommunen beschreibt. Es ist richtig, die Kommunen mit einem gemeinsamen Entschuldungsfonds Land/ Bund aus der Verschuldungsspirale führen zu wollen. Auch die kommunalen Landesverbände haben diesen Ansatz im Grundsatz begrüßt. Aber die Kommunen haben auch deutlich gemacht - CDU und FDP scheinen das nicht gehört zu haben, obwohl es absolut deutlich war -, dass sie in diese schwierige Lage überhaupt erst gekommen sind,
Frau Loedige, was hat die FDP den Kommunen alles versprochen, als sie noch in der Opposition war! Also Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Einige Kommunen haben uns eins zu eins vorgerechnet, dass sie ohne den Eingriff von 120 Millionen € überhaupt nicht in finanzielle Not gekommen wären. Deshalb ist es doch nachvollziehbar, dass die Kommunen jetzt sauer sind. Sie wollen sich nicht dem Spardiktat des Innenministers unterwerfen, nur um ihr eigenes Geld zurückzubekommen.
Frau Loedige, dass Sie an der Stelle sagen, Kassieren, ohne zu kontrollieren, gehe nicht, ist eine bodenlose Frechheit. Frau Loedige, was würden Sie sagen, wenn wir Ihnen erst Geld wegnehmen und dann sagen würden, Sie kriegen das Geld nur zurück, wenn Sie Fahrrad fahren, auf dem Ökomarkt einkaufen und samstags für den Weltfrieden demonstrieren? Da würden Sie sich doch auch bevormundet fühlen.
Genau so wenig haben die Kommunen Bock darauf, von der Landesregierung gegängelt zu werden. Der Gesetzentwurf, der vorgelegt worden ist, hat viele Schwächen. Er benennt keine klaren Ziele für die Konsolidierung, er verschweigt die Folgen für die Kommunen, und er sagt nicht einmal, was passiert, wenn die Kommunen den öffentlichen Vertrag gar nicht erfüllen können, weil der Bundesgesetzgeber neue Aufgaben und Ausgaben für sie beschließt.
Der Gesetzentwurf lässt die Kommunen im Unklaren darüber, wie der Sparkurs ermittelt werden soll und wer letztendlich über die notwendigen Maßnahmen entscheidet. Die Kommunen wollen aber nicht die schwarz-gelbe Katze im Sack kaufen. Sie wollen ihren Gestaltungsspielraum nicht an der Garderobe des Innenministeriums abgeben.
Das Land steuert mit 15 Millionen € einen verhältnismäßig kleinen Beitrag bei, und dann wird das Ganze Solidarmaßnahme der Kommunen genannt. Dabei haben dann einige Kommunen einfach Pech. Wenn Kommunen bettelarm, aber zu klein sind, um in den letzten fünf Jahren 5 Millionen € Defizit ausgebaut zu haben, dann zahlen sie über die Schlüsselzuweisungen mit, ohne selbst zu profitieren. So saniert zukünftig das hochverschuldete Bad Bramstedt die Landeshauptstadt Kiel. Die arme Gemeinde Trappenkamp saniert Lübeck. Der Bettler unterstützt den Hartz-IV-Empfänger - das nennen Sie schwarz-gelbe Solidarität.
(Gerrit Koch [FDP]: Es wird ja keiner ge- zwungen, es muss ja keiner! - Zuruf der Ab- geordneten Katharina Loedige [FDP])
Sie wollen keine schwarz-gelbe Zwangsbeglückung, die dem Ehrenamt die Luft zum Atmen nimmt. Die Kommunen befürchten, dass der kommunale Gestaltungsspielraum verlorengeht, wenn sie sich mit einem Zehnjahresvertrag sehr lang binden müssen und vorher die Spielregeln nicht kennen. Schwarz-gelb schafft Willkür statt Systematik.
Auch der Änderungsantrag von CDU und FDP macht die Sache nicht besser. Wie stellen Sie sich denn die zukünftigen Beratungen in den Ausschüssen des Landtages über diese Zehnjahresverträge und die Nachbesserungen, die Evaluationen, vor? Sollen wir uns im Finanzausschuss dann mit der Frage beschäftigen, ob die vom Innenministerium angeordneten verpflichtenden Parkplatzgebühren für die Stadt Elmshorn angemessen sind?
Mit diesem Vorschlag ist der Gesetzentwurf endgültig zum Bürokratiemonster verkommen, ein Verwaltungsbeschäftigungsgesetz zulasten der kommunalen Selbstverwaltung. Der Innenminister das wurde deutlich - weiß nicht, wo er das benötigte Personal zur Bewerkstelligung des neuen Verwaltungsaufwands hernehmen soll.
Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht der Landesparlamente, und die Selbstverwaltungsaufgaben sind die Kronjuwelen der kommunalen Ebene.
Nehmen Sie der Selbstverwaltung und dem Ehrenamt nicht ihre Kronjuwelen. Die Kommunen wollen sich auf diese Art und Weise nicht helfen lassen. Das sollten sie respektieren.
(Günther Hildebrand [FDP]: Das müssen sie doch gar nicht! - Zuruf der Abgeordneten Katharina Loedige [FDP])
- Natürlich müssen sie das. Frau Loedige, erzählen Sie doch nicht so einen Unsinn. Wenn sie den Solidartopf nicht wollen und die Vereinbarung nicht unterschreiben, dann verlieren sie die kompletten Fehlbedarfszuweisungen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] - Weitere Zurufe)
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW - Gerrit Koch [FDP]: Das be- ruht auf Gegenseitigkeit!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren auf den Regierungsbänken und bei der regierungstragenden Fraktion! Ihr Gesetzentwurf und auch die Veränderungen sind ein Irrtum. Der Irrtum nimmt seinen Anfang in der falschen These, dass die überschuldeten Städte und Kommunen bisher über ihre Verhältnisse gelebt hätten, Frau Loedige. Sie hätten so sagen Sie - das Geld mit vollen Händen ausgegeben und sich um einen ausgeglichen Haushalt nicht geschert. Sie haben es in Ihren Worten auch formuliert. Frau Loedige, das stimmt nicht. Sie wollen mit Ihrem Gesetzentwurf Kommunen zur Haushaltsdisziplin zwingen, die seit Jahren nichts anderes machen als Kürzen, Kürzen, Kürzen.
Kiel hat zum Beispiel sein ganzes Tafelsilber verscherbelt, die sogenannten freiwilligen sozialen Leistungen bis zur Unkenntlichkeit gekürzt, Büchereien auf Ehrenamtlichkeit umgestellt und so weiter und so fort.