Meine Damen und Herren, im aktuellen Berichtszeitraum gab es jedoch nicht nur schöne Diskussionen, wenn das Thema Minderheitenpolitik auf der politischen Tagesordnung stand oder medial diskutiert wurde. Die Haushaltskonsolidierung der Landesregierung hin zu einem zukunftsfähigen Bundesland hat auch im Bereich der Minderheitenpolitik viele erfolgreiche Aspekte überstrahlt, und ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass in vielen gesellschaftlichen Diskussionen Sachlichkeit gegenüber Emotionalität hätte Vorrang genießen sollen.
Ich komme noch einmal auf den Punkt Haushaltskonsolidierung und die Förderung der dänischen Schulen zurück, da dieses Thema - wie erwähnt wie kein zweites den öffentlichen Diskurs bestimmte. Der eingeschlagene Weg der Landesregierung ist Voraussetzung für den Erhalt der staatlichen Handlungsfähigkeit in allen Bereichen, ich betone dabei: in allen Bereichen, auch in der Bildungs- und Minderheitenpolitik. Hier können nicht einzelne gesellschaftliche Gruppen außen vor gelassen werden. Auch das ist Integration, und auch das ist gesellschaftliche Verantwortung.
Es muss deutlich hervorgehoben werden, dass die Politik der Regierungskoalition keine Abkehr von der bisherigen Minderheitenpolitik ist. Aktuell werden Förderhöhen an die dramatische Haushaltssituation des Landes angepasst, nicht mehr und nicht weniger.
Für das Jahr 2011 ist zu erwarten, dass die Gesamtbezuschussung der Ersatzschulen der dänischen Minderheit durch das Land trotz der prozentualen Reduzierung absolut immer noch höher liegt als im
Jahr 2007; wohlgemerkt bei weniger Schülern. Dem FDP-Bundestagsabgeordneten Jürgen Koppelin ist es zudem auf Bundesebene gelungen, für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 insgesamt 3,5 Millionen € zur Unterstützung des Dänischen Schulvereins einzuwerben
Ich betone den rechtlichen Aspekt, da ich Verständnis dafür habe, dass die dänische Minderheit die Schulen in ihrem Selbstverständnis als öffentliche Schulen wahrnimmt. Dennoch sind die dänischen Schulen mit schleswig-holsteinischen Schulen in freier Trägerschaft zu vergleichen. Gleichwohl ist im finanziellen Bereich durch die Landes- und Bundesförderung quasi eine Gleichstellung mit den öffentlichen Schulen in Schleswig-Holstein erreicht.
Auch die Kritik an der Bundesförderung ist für mich nicht nachvollziehbar. Die Bundesrepublik ist im Vergleich zum dänischen Gesamtstaat föderal organisiert. Schleswig-Holstein stehen nicht die gleichen Steuermittel zu wie Dänemark. Jeder Vergleich ist hier daher schief.
In einem föderalen Staat stehen alle Ebenen in der Pflicht. Es ist deshalb richtig, dass der Bund seine Verantwortung wahrnimmt und sich an der Finanzierung der Minderheiten beteiligt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, einen Punkt möchte ich hervorheben: Für uns Freie Demokraten war und ist Minderheitenpolitik seit jeher mehr gewesen als nur finanzielle Förderung. Uns geht es im Kern um Akzeptanz, Normalität, kulturelle Vielfalt und gegenseitiges Verständnis. Ein solches Verständnis gehört auch bei solch dramatischen Haushaltssituationen gelebt. Es geht darum, dass das Nationale keine bestimmende Konfliktlinie in der Politik und in der gesellschaftlichen Diskussion mehr sein darf. Das ist Integration, und wir stehen dazu.
Der Bericht widmet sich auch der zweiten in der Landesverfassung hervorgehobenen Volksgruppe, den Friesen. Die friesische Volksgruppe besitzt nicht - wie die deutsche und die dänische Minderheit - eigene Bildungseinrichtungen, und so bleiben die Zukunft des Friesisch-Unterrichts und die Förderung der Sprache wesentliche Themen. Im Bereich der Kindertageseinrichtungen erfolgt die Vermittlung von Friesisch meist freiwillig oder über öffentliche Träger wie die Jugendhilfe. In den
Schulen Nordfrieslands und Helgolands wird breit gefächert daran gearbeitet, Friesischangebote auf eine breitere Basis zu stellen.
Ein weiterer Dreh- und Angelpunkt ist die Ausbildung von Lehrkräften mit dem Sprachschwerpunkt Friesisch, und zwar speziell an der Universität Flensburg. Im Vorbereitungsdienst für angehende Lehrkräfte ist das Ministerium für Bildung und Kultur mit der auf Wunsch angebotenen Ausbildung in Friesisch einen großen Schritt gegangen. Positiv ist auch hervorzuheben, dass im Zuge des Germanistikstudiums im Bachelor- und Mastersystem in Flensburg jährlich 30 angehende Lehrkräfte einen Kurs „Einführung in Friesistik“ belegen. Ich weiß, dass es hier noch Probleme mit der Auslastung gibt. Durch eine kontinuierliche Arbeit muss es in Zukunft gelingen, mehr junge Menschen für eine qualitativ hochwertige Sprachschulung zu begeistern. Nur so wird eine kulturelle sprachliche Vielfalt weiterhin erhalten bleiben.
Der Bericht greift auch die dritte Minderheit in Schleswig-Holstein auf, nämlich die Sinti und Roma. Auch hier möchte ich mich dem Thema Bildung als Integrationschance zuwenden. Sprachkenntnisse und Bildungschancen sind eng miteinander verbunden. Wenn in dem Bericht wieder deutlich wird, dass weniger als 10 % der Sinti und Roma ihre Kinder in Kindertageseinrichtungen schicken, die der Ort der Frühvermittlung von Sprache sind, dann wird deutlich, wo weiter angesetzt werden muss. Erfreulich sind in diesem Zusammenhang die Erfahrungen aus dem Mediatorenprogramm an Kieler Schulen. Hier wird der Ansatz einer sozialpädagogischen Arbeit aus der Mitte der Minderheit heraus geleistet. Wenn es uns gelingt, das Bewusstsein für Sprache und Bildung als Integrationsförderung bei Sinti und Roma zu erreichen, dann werden wir auf Dauer integrative Erfolge feststellen können.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich im zweiten Teil auf den Antrag des SSW zur Minderheiten- und Sprachenförderung im kommunalen Bereich eingehen. Ihre Kernforderungen haben die Aufnahme eines umfangreichen Berichtswesens in die Kommunalordnung zu Minderheiten- und Regionalsprachen als Ziel. Diese Berichtspflicht ist unserer Auffassung nach nicht zielführend. Die Erstellung eines solchen Berichts ist - wie vielerorts erwähnt - mit einem erheblichen Mehraufwand verbunden. Da zusätzlich nicht jede Region betroffen ist, steht der bürokratische Aufwand in keinem Verhältnis zum erstrebten Nutzen.
Wie man in den Ausführungen im Zusammenhang mit den Beratungen des Innen- und Rechtsausschusses lesen kann, sollen den Ämtern nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichts gerade nicht weitere Aufgaben zugewiesen werden. Ihr Entwurf sieht aber genau diesen Schritt vor. Grundsätzlich glaube ich nicht, dass man durch Berichtspflichten sinnvoll Sprache fördern kann. Vielmehr glaube ich, dass man neben der Förderung in Schulen insbesondere durch Angebote im kulturellen Bereich die Vielfalt der Sprachen erhalten kann. Die Unterstützung von niederdeutschen Bühnen vor Ort scheint mir zum Beispiel ein richtiger Ansatz zu sein. Gerade plattdeutsches Theater, das durch seinen in der Hauptsache boulevardesken und kommödiantischen, unterhaltenden Charakter einen niedrigschwelligen Zugang zur Sprache bietet, kann ein wichtiger Ansatzpunkt sein, um Sprache zu fördern.
Hier sind insbesondere die Kommunen gefordert, in denen die jeweilige Sprache regional von Bedeutung ist. Ich denke hier zum Beispiel an die Stadt Flensburg. Unser Landtagspräsident hat es richtig formuliert: Niederdeutsch ist ein Markenzeichen unseres Landes. Der Erhalt von Niederdeutsch und jeder anderen Regionalsprache basiert ganz entscheidend auf dem Engagement zahlreicher Vereine, Verbände und Bühnen. Ein verpflichtendes Berichtswesen, das nur Bürokratie produziert, ist hier nicht hilfreich. Wir halten daher an der Beschlussempfehlung der Ausschüsse fest und lehnen den Gesetzentwurf ab.
Meine Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich feststellen: Obwohl es allen Anlass gibt, mit der Bilanz der Minderheitenpolitik zufrieden zu sein, darf man nicht übersehen, dass es politische Herausforderungen gibt, denen wir uns auch in Zukunft für eine nachhaltige Integration aller Minderheiten stellen müssen. Schleswig-Holstein befindet sich auf einem guten Weg, der eine lange Tradition besitzt. Diesen Weg gilt es auch in der kommenden Legislaturperiode mit kreativen Lösungen weiter zu gehen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Dr. Garg, stellvertretend sozusagen für den Ministerpräsidenten beziehungsweise die Staatskanzlei, vielen Dank an die Staatskanzlei, die Arbeitsebene in der Staatskanzlei, die sich bei der Zusammenstellung des Berichts wahrscheinlich viel Mühe gegeben hat.
Ich finde, dass dieser Bericht in großen Teilen eine sehr interessante und übersichtliche Zusammenstellung der Arbeit der vier nationalen Minderheiten sowohl bei uns als auch der deutschen Minderheit in Süddänemark ist. Es sind Minderheiten, die, jedenfalls wenn es nach der Opposition geht, auch eine große Bedeutung für Schleswig-Holstein haben sollten.
Als Grüne-Fraktion haben wir mit dem Minderheitenbericht große Erwartungen verbunden. Der Bericht hätte Ihre Chance sein können, Fehler der Vergangenheit einzugestehen und zum Ende Ihrer Amtszeit - das bezieht sich jetzt erst einmal auf den Ministerpräsidenten; an dem Rest arbeiten wir noch - einen Neustart in der Minderheitenpolitik zu wagen.
Aber nichts da. Dieser Minderheitenbericht ist eine Katastrophe. Die Kolleginnen Spoorendonk und Pauls sind darauf schon eingegangen. Ich kann es Ihnen nicht ersparen, auch noch ein paar Sätze dazu zu sagen. Für die Minderheiten ist es ein Schlag ins Gesicht, gleich dreimal im Bericht denselben Textbaustein zur Schuldenbremse zu lesen. Weder können die Minderheiten im Land etwas für die katastrophale Haushaltslage, noch kann Ihre konzeptlose Minderheitenpolitik dadurch entschuldigt werden.
Es ist bezeichnend, dass als einer der größten Erfolge Ihrer Minderheitenpolitik einleitend erwähnt wird, dass die Landesregierung sehr gern Festveranstaltungen der Minderheitenverbände besucht.
Jetzt kann man natürlich sagen, Frau Herold und auch Herr Brodersen, dass es in der Minderheitenpolitik nicht immer nur um die Kürzungen bei den dänischen Schulen gehen darf. Da würde ich Ihnen recht geben. Ich sage zu vielen anderen Aspekten gleich auch noch etwas in meiner Rede. Aber es
kann nicht sein, dass, wenn es dann andere Aspekte gibt, von Ihnen immer Ablehnung kommt. Sie haben das heute bei dem Gesetzentwurf des SSW auch dazu komme ich gleich noch - auch so gemacht: also keine eigenen Vorschläge und dazu noch Kürzungen.
Wer bei Ihrer Minderheitenpolitik nach positiven Ansätzen sucht, sucht bei Ihnen vergebens. Die wenigen positiven Ansätze, die wir in der Minderheitenpolitik in den letzten Jahren überhaupt auf den Weg zu bringen probiert haben, gingen alle vom Parlament aus, und die meisten wurden von der Mehrheit hier im Haus blockiert.
Besonders erschreckend ist - finde ich - der Umgang mit den Sinti und Roma. Gerade in den letzten eineinhalb Jahren liest man in der Bundespresse wieder vermehrt über den menschenunwürdigen Umgang mit den Sinti und Roma in anderen EUMitgliedstaaten. Schleswig-holsteinische Minderheitenpolitik hat immer auch einen internationalen Kontext. Durch die positive Minderheitenpolitik ihrer Vorgängerregierungen wird aus anderen Staaten und von anderen Minderheiten auf Schleswig-Holstein geschaut. Gerade deshalb sollten wir uns stärker für die circa 5.000 in Schleswig Holstein lebenden Sinti und Roma einsetzen.
Die Abstimmung über die Aufnahme des Schutzes der Sinti und Roma in die Landesverfassung war erschreckend. Mit der FDP-Fraktion und den progressiveren Kräften in der Union - sofern es sie noch gibt - hätten wir eigentlich eine Zweidrittelmehrheit zur Aufnahme des Schutzes in die Landesverfassung erreichen müssen. Doch leider haben sich einige wenige Konservative in der CDU mit der damaligen Fraktionsspitze durchgesetzt. Für die Sinti und Roma wäre die Aufnahme in die Landesverfassung - das haben sie mehrmals kommuniziert - ein wichtiges Signal gewesen.
Aber es geht nicht nur um Verfassungsänderungen. Der SSW hat vor Kurzem einen Antrag für einen Integrationsplan für Sinti und Roma eingereicht. Der Antrag hat konkrete Schritte aufgezeigt, also genau das, Frau Herold, Herr Brodersen, von dem Sie hier immer gesprochen haben, wie das Land der besonderen Verantwortung für diese Minderheit gerecht werden könnte. Aber auch diesen Antrag haben Sie ohne Aussprache und Anhörung im Ausschuss abgelehnt. Unfassbar! Hinzu kommen Haushaltskürzungen bei den Sinti und Roma im Doppelhaushalt pro Jahr um 33 %. Dadurch wurden
gerade Kulturprojekte der Sinti und Roma - ich denke da beispielsweise an die Projekte in Kiel, das Wohnprojekt „Maro Temm“ oder auch ein weiteres Integrationsprojekt auf dem Kieler Ostufer extrem beschädigt. Gerade diese Projekte hätten mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung durch die Landespolitik verdient.
Durch die Kleine Anfrage des Kollegen HeinzWerner Jezewski, Drucksache 17/1998, ist bekannt geworden, dass eine Sinti-Familie im November 2011 aus Schleswig-Holstein abgeschoben wurde. Es fällt schwer, jetzt spontan oder mehr oder weniger kurzfristig diesen Einzelfall zu beurteilen, das will ich hier auch nicht tun. Aber es ist definitiv so, dass die Verkettung dieser ganzen Felder in der Politik gegenüber der Volksgruppe der Sinti und Roma einem ziemlichen Trauerspiel gleichkommt und mehr als Zufall ist.
Dieser menschenunwürdige Umgang mit Sinti und Roma muss ein Ende haben. Wir fordern Sie auf, Ihre Politik gegenüber den Sinti und Roma zu überdenken und sie endlich als nationale Minderheit anzuerkennen.
Bei anderen Minderheiten gibt es andere konkrete Herausforderungen. Die friesische Minderheit kämpft sehr - das ist in der Debatte schon deutlich geworden - für den Erhalt der friesischen Sprache.
- Eine Kollegin bei uns unterstützt das ganz besonders. - Wir Grüne erkennen einen großen Wert in Minderheitensprachen. Genau deshalb kommt der Gesetzentwurf des SSW, den wir heute mitberaten, zur richtigen Zeit. In den Kommunen würde durch diesen Gesetzentwurf ein größerer Fokus auf die Sprachenvielfalt gelegt werden. Wir unterstützen den Gesetzentwurf. Er ist ein konkreter Schritt, um die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen vor Ort zu verankern.
Sicherlich gibt es auch kritische Punkte in dem Gesetzentwurf. Wir fordern Sie aber auf, eigene Ideen einzubringen und nicht einfach im Affekt gute Ideen abzulehnen. Es muss uns darüber hinaus gelingen - davon bin ich überzeugt -,- das Fach Frie
sisch an der Uni Flensburg durch die Neustrukturierung der Lehrerbildung, die an der Uni sowieso stattfindet, zu stärken und die Bedeutung des Faches zu unterstreichen.