Für meine Fraktion beantrage ich, sowohl den Bericht des Landesbeauftragten als auch den Antrag der Fraktion DIE LINKE als auch den Punkt A des Antrags der Grünen in den Ausschuss zu überweisen. Dem Antrag der Grünen unter B stimmen wir selbstverständlich zu.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit seinem vierten Tätigkeitsbericht für die Jahre 2009 und 2010 hat der Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderung, Dr. Ulrich Hase, einen umfassenden Bericht über die Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein vorgelegt. Ich will im Namen der SPD-Fraktion und auch ganz persönlich, sehr geehrter Herr Hase, Ihnen und Ihrem Team ein herzliches Dankeschön sagen,
ein Dankeschön für die Arbeit und das Engagement, das Sie als Interessensvertretung für die Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein aufbringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten zeigt aber auch sehr deutlich die Schwächen und Unzulänglichkeiten der gegenwärtigen Landesregierung bei der Umsetzung einer fortschrittlichen und aktiven Politik für Menschen mit Behinderung auf. So kritisiert der Landesbeauftragte sehr deutlich die mangelhafte Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Schleswig-Holstein. Dem kann ich mich nur anschließen.
Das Fehlen jeglichen Engagements der Landesregierung zur Erarbeitung eines Aktionsplans für das Land Schleswig-Holstein wird nicht nur kritisiert, sondern es wird auch festgestellt, dass SchleswigHolstein aus einer Vorreiterrolle in der Integrations- und Inklusionspolitik weit hinter andere Bundesländer zurückgefallen ist. Seit dem 26. März 2009 gilt in Deutschland die Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Mit der Konvention werden viele Rechte wie zum Beispiel das Recht auf Bildung, das Recht auf Arbeit sowie das Recht auf Teilhabe am politischen Leben beschrieben. Das sollte mittlerweile auch bei uns selbstverständlich sein.
In der Broschüre „Was ist Politik?“ der Lebenshilfe Schleswig-Holstein wird in leichter Sprache erklärt, was die Idee der Inklusion bedeutet:
„Inklusion bedeutet, dass alle Menschen immer selbstverständlich dazugehören. In allen Bereichen der Gesellschaft.
Das gilt zum Beispiel für alte und junge Menschen, Männer und Frauen, Menschen mit einer anderen Hautfarbe, Menschen mit Behinderung.
An Menschen mit Behinderung und Barrierefreiheit soll in allen Bereichen des Lebens immer gedacht werden.
Ich glaube, da ist sehr einfach beschrieben, wie auch in vielen anderen Bereichen des politischen Lebens und der politischen Gestaltung Inklusion aussehen sollte. Dass wir davon noch ein großes Stück weit entfernt sind, stellt auch der Bericht von Ulrich Hase und von seinem Team dar.
„Der Landesbeauftragte wiederholt hier aber auch seine Auffassung, dass der Begriff der Inklusion nicht missbraucht werden darf, zum Beispiel indem Inklusion gerade dann als erstrebenswert angesehen wird, wenn damit Sparmaßnahmen erwartet werden.“
„Der Landesbeauftragte wertet die Beibehaltung des § 5 (2) Schulgesetz, das im Februar 2011 in Kraft getreten ist, als nicht konform mit der BRK und bedauert, dass seine Intervention erfolglos blieb.“
So weit zur Realität: Wir beschließen im Februar 2011 hier im Landtag ein Gesetz, das nicht behindertenrechtskonform ist. Ich finde, das ist schon ein Skandal, was sich die schwarz-gelbe Koalition da geleistet hat.
Zur Realität heute in der Politik für Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein gehört aber auch die Kündigung des Landesrahmenvertrages durch die Landkreise.
,,Die Kündigung des Landesrahmenvertrages wertet der Landesbeauftragte als überaus problematisch. Dies nicht nur, da sie sehr zur Verunsicherung der Menschen mit Behinderung beigetragen hat. Gerade im Hinblick auf Einheitlichkeit und Transparenz von Leistungen für Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein ist ein Landesrahmenvertrag notwendig, der Standards beziehungsweise Qualitätsabsprachen in der Leistungsgewährung beinhaltet.“
Hinzu kommt die Aussage, dass in Schleswig-Holstein noch immer kein konstruktives Zusammenwirken der verantwortlichen Akteure zu spüren ist, um zu einem neuen Landesrahmenvertrag zu kommen. Auch hier stelle ich fest: Der Sozialminister des Landes Schleswig-Holstein glänzt durch Untätigkeit.
Tätig ist diese Landesregierung allerdings gewesen, als es darum ging, ihren Haushalt durch massive Kürzungen im Sozialbereich und bei der Behindertenhilfe durchzusetzen. So ist durch die Halbierung des Blindengeldes eine erhebliche Einsparung bei den blinden und sehbehinderten Menschen in diesem Land vorgenommen worden. Sie, die Blinden und Sehbehinderten in Schleswig-Holstein, haben das größte Einsparvolumen erbracht, das ei
ner Personengruppe in Schleswig-Holstein durch Schwarz-Gelb abgefordert worden ist. Dies ist und bleibt ein Skandal.
Der Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung geht noch auf viele weitere Punkte wie zum Beispiel die unzureichende Umsetzung des persönlichen Budgets, aber auch die Inklusion von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt ein. Diese Punkte, die ich an dieser Stelle nun leider zeitmäßig nicht mehr ansprechen kann, sollten wir aber weiter intensiv diskutieren.
- ich komme ganz schnell zum Ende - und den Forderungen von Menschen mit Behinderungen. Die Gestaltung und Durchführung des ersten „KrachMach-Tach“ in Schleswig-Holstein war eine wunderbare Aktion, um den Inklusionsgedanken in die Öffentlichkeit zu tragen. An dieser Stelle allen Beteiligten ein großes Dankeschön.
Der Bericht des Landesbeauftragten fordert die Landesregierung, aber auch das Landesparlament als Gesetzgeber auf, sich verstärkt für die Umsetzung des Inklusionsgedankens und der UN-Behindertenrechtskonvention einzusetzen. Dies wollen wir auch gern tun.
Deswegen ist die Überweisung der Anträge und des Berichts in den Sozialausschuss richtig. Ich würde aber auch vorschlagen, den Bericht des Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung wegen seiner Querschnittsaktualität in alle Ausschüsse des Landtags zu überweisen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Dr. Hase! Auch ich möchte mich im Namen der FDP-Landtagsfraktion bei Ihnen für die geleistete Arbeit in dem Berichtszeitraum 2009 bis 2010 ganz herzlich bedanken. Diesen Dank bitte ich Sie auch an Ihre Mitarbeiter weiterzugeben, denn diese sind ein wichtiger Baustein für Sie.
Wie engagiert Sie Ihren Auftrag wahrnehmen, lässt sich allein schon durch die Auflistung der Veranstaltungen, Bereisungstermine und umfangreichen Öffentlichkeitsarbeit in verschiedensten Gremien, in Vereinen und Verbänden, auf kommunaler, Landes- und Bundesebene ablesen und verdient unser aller Respekt und vor allem auch unseren Dank.
„Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
So formuliert es Dr. Hase in dem Bericht und weist auch darauf hin, dass eine Weiterentwicklung der Versorgungssysteme allein nicht ausreichend sei. Vielmehr mahnen Sie - und das unterstützen wir Liberale -, dass insbesondere auf kommunaler Ebene eine stärkere Einbindung von Menschen mit Behinderung erfolgen sollte.
In den Kreisen Steinburg und Dithmarschen gibt es zurzeit keinen Behindertenbeirat und keinen Beauftragten. Ich selber komme aus Stormarn. Wir haben seit einiger Zeit einen Behindertenbeirat und stellen fest, wie wichtig es ist, auf Dinge des Alltags aus der Sicht des Betroffenen hingewiesen zu werden. Wir stellen eine hervorragende Zusammenarbeit des Behindertenbeirats mit dem Seniorenbeirat fest, denn viele Dinge überschneiden sich ganz einfach. Vielleicht reicht dieser Appell für Steinburg und Dithmarschen aus, dort tätig zu werden.
Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung muss zur Selbstverständlichkeit werden. Behinderung darf nicht vorrangig zur individuellen Schicksalsfrage werden. Inklusion bedeutet für uns Liberale die Wertschätzung und selbstverständliche Einbeziehung des Menschen in allen Bereichen. Inklusion und Barrierefreiheit sind dabei stetige Prozesse, die auf allen politischen Ebenen vorangetrieben werden müssen.
Aus liberaler Sicht ist mit der Änderung des Schulgesetzes ein wichtiger Punkt zur Umsetzung inklusiver Bildungspolitik gemacht worden, indem der § 4 Abs. 11 eingefügt wurde, der besagt, „Schüle
rinnen und Schüler mit Behinderung besonders zu unterstützen. Das Ziel einer inklusiven Beschulung steht dabei im Vordergrund“.
Herr Dr. Hase, dass wir Ihrer Anregung, § 5 Abs. 2 des Schulgesetzes bedingungslos wegfallen zu lassen, nicht gefolgt sind, möchte ich an dieser Stelle gern erläutern. In diesem Zusammenhang frage ich den Herrn Kollegen Baasch, ob er tatsächlich meint, dass Inklusion zum Billigtarif angemessen ist. Für uns Eltern und Parlamentarier und damit für mich - ich bin auch Mutter - steht der Elternwille im Vordergrund. Es muss bei der Zweigleisigkeit bleiben. Eltern müssen Wahlfreiheit haben.
- Moment! Ich komme noch dazu. - Die die Förderzentren müssen erhalten werden, jedenfalls so lange, bis wir in den Kreisen Schwerpunktschulen haben; denn aus den Förderzentren rekrutiert sich, wie ich es verstanden habe, das Personal.