Protocol of the Session on December 17, 2009

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Mit Steuergeschen- ken geht das nicht, Frau Kollegin! Das ist klar!)

- Das ist richtig. Aber man hat manchmal den Eindruck, Herr Stegner, Sie reden davon, als hätten Sie davon so viel Ahnung wie eine Kuh vom Rückenschwimmen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Es ist nicht redlich, einerseits im Finanzausschuss einen Beschluss zu fassen, der die Sparbemühungen des Landes unterstützen soll, und auf der anderen Seite die Mehrausgaben zu fordern, die weit über die Finanzkraft des Landes und der Kommunen in Schleswig-Holstein hinausgehen.

Frau Kollegin, lassen Sie eine Zwischenfrage der Frau Abgeordneten Erdmann zu?

Nein, die lasse ich nicht zu.

In Ihrem Antrag zur letzten Landtagstagung haben Sie gefordert, die demografische Rendite komplett im Bildungssystem zu belassen. Das sind bummelig 3.000 Planstellen mit einem Gegenwert von rund 150 Millionen € jährlich - alles ungedeckte Schecks, die Sie hier ausstellen. Ein Vorschlag zur Finanzierung ist nicht in Sicht.

(Anke Erdmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das stimmt überhaupt nicht! - Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Auch Sie in der Opposition haben eine Verantwortung für dieses Land. Wir wollen gute Politik für dieses Land machen. Dazu gehört Augenmaß und eine nachhaltige Finanzpolitik, die eine gute Bildungspolitik beinhaltet und keine überzogenen Forderungen aufstellt. Im Übrigen zeigen die Ländervergleiche auch, dass nur mit mehr Geld nicht unbedingt mehr Bildung zu erreichen ist, denn es gibt durchaus Länder, die geringere Bildungsausgaben haben und besser bei den Bildungsvergleichen dastehen als andere Bundesländer.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Welche denn, Frau Kollegin? - Weitere Zurufe)

- Es gibt in Deutschland gar keine Bundesländer, die Gemeinschaftsschulen haben, außer SchleswigHolstein.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Sagen Sie doch mal, welche!)

(Heike Franzen)

Die CDU-Fraktion dankt dem Ministerpräsidenten ausdrücklich für das verhandelte Ergebnis. Wir werden der Empfehlung des Bildungsausschusses zustimmen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die FDP-Fraktion hat Frau Abgeordnete Cornelia Conrad das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Länder haben in den vergangenen Jahren nicht unerhebliche Anstrengungen unternommen. So haben sich die Länderausgaben für Bildung gemessen am Gesamtvolumen der Länderhaushalte von 29 % im Jahre 1995 auf circa 34 % im Jahre 2008 erhöht. Voraussetzung für gute Bildung sind weiterhin Investitionen, und zwar in die Qualität der Bildung. Das war die Grundannahme, auf der beim sogenannten Qualifizierungsgipfel im Herbst 2008 in Dresden Bund und Länder das Ziel vereinbart haben, den Anteil der Ausgaben für Bildung und Forschung bis 2015 auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.

Seitdem wurden weitere Maßnahmen verabredet wie die Fortführung des Hochschulpakts 2020, des Pakts für Forschung und Innovation und die Exzellenz-Initiative. Zur Erreichung des 10%-Ziels müssten die Mittel trotz aller Anstrengungen der Vergangenheit allerdings noch erheblich anwachsen. Wie bei „Focus Online“ nachzulesen ist, müssten hierfür die jährlichen Ausgaben für Bildung und Forschung des Bundes und der Länder auf 282 Milliarden € erhöht werden. Derzeit fließen 241 Milliarden €, weitere 28 Milliarden € sind bereits geplant. Die Deckungslücke betrug also circa 13 Milliarden €. Das waren die Voraussetzungen für die gestrigen Verhandlungen der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin.

Liest man die Überschriften und Kommentare der heutigen Tageszeitungen, dann wird dort nach den gestrigen Gesprächen der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin viel - wir haben es eben schon gehört - von „Taschenspielertricks“ berichtet. Der Bund und die Länder umgingen die eigenen Vereinbarungen der Föderalismusreform. Es sei die gestrige Vereinbarung eher im Zusammenhang mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu sehen, und von einem Bildungsgipfel möge man schon gar nicht mehr sprechen. Thema verfehlt, möchte man da sagen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich halte zunächst einmal fest, dass der Bund und die Länder gestern ihre Bereitschaft erneuert haben, erheblich in Bildung zu investieren. Das ist eine gute Nachricht. Die Deckungslücke, um die Bildungsausgaben mittelfristig auf 10 % des Bruttoinlandproduktes anzuheben, beträgt derzeit noch 13 Milliarden €. Der Bund hat sich bereit erklärt, von diesen 13 Milliarden € 40 % oder 5,2 Milliarden € zu übernehmen und die Länder entsprechend zu entlasten.

(Beifall bei der FDP)

Das, meine Damen und Herren, ist für uns eine gute Nachricht. Das sind etwa 80 Millionen €, die Schleswig-Holstein an zusätzlichen Bundesmitteln erwarten könnte.

Mir ist es dabei relativ egal, ob diese Bereitschaft des Bundes aufgrund der Diskussionen um das Wachstumsbeschleunigungsgesetz oder aufgrund anderer Erkenntnisse zustande gekommen ist. Sollte Ersteres zutreffen, dann gilt der Dank dieses Hauses auch den Verhandlungsführern SchleswigHolsteins beim Gipfel vom vergangenen Wochenende.

Viel wichtiger ist aber, dass Geld in die Hand genommen werden soll, um die Bildung und Ausbildung unserer Kinder zu verbessern. Es geht um die Zukunft unserer Kinder, und dafür ist gestern ein nicht unwichtiger Schritt gemacht worden. Es geht aber auch um die Zukunft unserer Gesellschaft; denn wie schon John F. Kennedy sagte: Nichts ist teurer als keine Bildung.

Meine Damen und Herren, was aber noch bis voraussichtlich Mai 2010 geklärt werden muss, ist die Frage, ob die Zuschüsse des Bundes projektbezogen erfolgen sollen - wie es der Bund gern möchte oder ob die Länder einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer erhalten sollen. Das wird noch zu verhandeln sein. Aber auch hier bin ich mir sicher, dass die Ministerpräsidenten und auch SchleswigHolstein ein gutes Ergebnis erzielen werden.

Ich glaube aber, dass mit dem gestern Erreichten auch die Vorgabe dieses Parlaments erreicht wurde, die wir im Bildungsausschuss durch unsere Beschlussempfehlung formuliert haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich der Frau Abgeordneten Antje Jansen das Wort.

(Heike Franzen)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg sagen: Mit uns kuschelt noch keiner, und wir hoffen, dass wir auch keine Kuschelpolitik in den Landtag hineintragen. Das wollen wir gar nicht, und das ist auch gut so. Das wäre auch langweilig. Wir sind ja auch gewählt worden, um hier eine andere Politik hineinzutragen.

Lassen Sie mich weiter vorweg sagen: Jegliche Regierung in den letzten Jahren, ob Schwarz-Gelb, Große Koalition oder leider auch Rot-Grün, hat in Fragen der Bildung nicht sehr viel vorangebracht. Ansonsten hätte Schleswig-Holstein zum Beispiel in der Kindergarten- und Krippenbetreuung in Deutschland nicht die rote Laterne. In der Schulpolitik ist noch sehr, sehr viel zu tun. Bis jetzt sind nur kleine Minischritte gemacht worden. Es gibt immer noch die Regionalschulen, es gibt Gemeinschaftsschulen, anstatt ein Schulgesetz auf den Weg zu bringen, damit es eine gemeinsame Schule und ein gemeinsames Lernen gibt. Alle Experten sagen: Gemeinsames Lernen ist für alle Kinder in Schleswig-Holstein notwendig und bietet ein Niveau, durch das alle Kinder gemeinsam Bildung erfahren.

(Beifall bei der LINKEN)

Vor 14 Monaten gab es diesen Bildungsgipfel in Dresden mit dem Ergebnis, dass bis zum Jahr 2015 10 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung und für Forschung ausgegeben werden sollten. Große Versprechen, große Hoffnungen, aber heute ist klar, mehr als leere Versprechungen sind hier von der herrschenden Politik nicht zu erwarten. Statt dringend notwendige Mehrausgaben zu tätigen, wird jetzt - das ist heute schon mehrere Male gesagt worden - mit Taschenspielertricks gearbeitet. 10 Milliarden € werden zum Beispiel als Unterbringungskosten für Kitas, Schulen und Hochschulen veranschlagt und als Bildungsausgaben gewertet, meine Damen und Herren. Diese Gebäude sind aber meist eh schon in der öffentlichen Hand und sind schon längst abgeschrieben. Auch 4,8 Milliarden € an Beamtenpensionen werden plötzlich als Bildungsausgaben gewertet. So verspielt der Staat das Vertrauen von Millionen junger Menschen in die Politik, und das Versprechen wird wertlos.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch in Schleswig-Holstein wird trotz des hehren Ziels, nicht den Kurs Bildung kaputt zu sparen, davon abgewichen. Bis heute war die Landesregierung noch nicht einmal bereit zuzusichern, dass der Bildungsetat nicht gekürzt wird.

DIE LINKE wird sich im Landtag und darüber hinaus dafür einsetzen, dass der Bildungsetat nicht gekürzt wird, sondern dass er steigt. Das ist notwendig, um die Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE will, dass mehr Lehrerinnen und Lehrer eingestellt werden - davon gibt es nämlich hier im Land nicht genug -, damit nicht noch mehr als 20 Lernende in einer Klasse sitzen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir möchten gern, dass die Klassen verkleinert werden, damit alle Kinder letztlich die gleichen Lernchancen erhalten.

DIE LINKE wird sich dafür einsetzen, dass die sozialpädagogische Betreuung an den Schulen ausgebaut wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen mehr sozialpädagogische Kräfte in den Schulen, damit die Lehrerinnen und Lehrer und die Schülerinnen und Schüler sozialpädagogisch betreut werden. Das ist dringend nötig. Jede Schule braucht eine sozialpädagogische Betreuung.

DIE LINKE wird sich dafür einsetzen, dass die Kitas und Schul- und Hochschulgebäude saniert werden, damit Schülerinnen und Schüler ein angenehmes Lernumfeld bekommen. Gucken Sie sich in den Kommunen die maroden Schulbauten an, dann werden Sie sehen, wo das Geld investiert werden muss.

Dies alles kostet Geld, und die Kommunen können nicht auf diesen Kosten hocken bleiben, meine Damen und Herren. Dem Bildungssystem dieses Geld vorzuenthalten, wird allerdings um einiges teurer werden, als hier veranschlagt worden ist.

Der vorliegende Antrag genügt unseren Ansprüchen nicht. Wer Bildungsinvestitionen unter Berücksichtigung der schwierigen Situation der öffentlichen Haushalte tätigen will, kommt nicht umhin zu sagen, wie Geld in die öffentlichen Kassen kommen soll.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade werden die öffentlichen Kassen wieder einmal geplündert, und hinterher wird gejammert, es sei kein Geld da. Es ist grotesk, wenn die gleichen Politikerinnen und Politiker, die für eine Schuldenbremse oder für das sogenannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz stimmen, hinterher behaupten, für Bildung sei leider kein Geld vorhanden.

Wir werden dem vorliegenden Antrag nicht zustimmen, sondern wir werden uns enthalten.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort hat die Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk vom SSW.