Protocol of the Session on December 17, 2009

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei den Debatten in diesem Hause gibt es gelegentlich Momente, in denen die Diskussionsbeiträge der Opposition noch einmal zum Nachdenken anregen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kommt gelegentlich vor, und man prüft noch einmal, ob die eigene Argumentation richtig ist. Die heutige Rede des Herrn Stegner gehörte mit Sicherheit nicht dazu.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU] und Gerrit Koch [FDP])

Dass auch der Kollege Habersaat mit der Rede seines Fraktionsvorsitzenden nicht ganz einverstanden war, kann ich von daher gut nachvollziehen.

Glücklicherweise ist der Titel des Oppositionsführers an das formale Kriterium größte Oppositionspartei gebunden und hängt nicht von der Qualität der Redebeiträge ab.

Bei dem versammelten Applaus der Opposition für diese Rede ist Ihnen vielleicht entgangen - zumindest den Finanzpolitikern unter Ihnen -, dass Herr Stegner offensichtlich keine allzu hohe Wertschät

zung gegenüber den Mitgliedern des Finanzausschusses hat.

Unser gemeinsamer Beschluss aus der letzten Woche sei im Geiste des adventlichen Friedens getroffen worden. Er ist nach Meinung des Herrn Stegner also offensichtlich nicht so ganz ernst zu nehmen und auch nicht so ganz richtig. Auch der eine oder andere Oppositionspolitiker interpretiert diesen gemeinsamen Beschluss sehr eigenwillig in seinem eigenen Sinn.

Der Finanzausschuss hat nicht beschlossen, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz ein schlechtes Gesetz ist, das auf Biegen und Brechen abgelehnt werden müsste. Wir haben beschlossen, dass die Regierung zustimmen kann, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Es ist kein schlechtes Gesetz. Der Finanzausschuss hat nicht beschlossen, dass die Bedingung darin besteht, dass wir dafür 130 Millionen € bekommen, sondern wir haben beschlossen, dass wir eine angemessene Kompensation brauchen, die uns die Einhaltung unseres Konsolidierungspfades ermöglicht. Von 130 Millionen € war in dem Beschluss nicht die Rede.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben auch nicht beschlossen, dass wir diesen Ausgleich in Cash brauchen, Frau Kollegen Heinold. Wir haben nach langer Debatte auch mit Ihnen genau formuliert: Es muss sich finanziell auswirken, es muss finanziell wirksam sein, aber eben nicht in Cash.

Davon will die Opposition heute nichts mehr wissen. Deswegen kann ich nur sagen: Was wir heute erleben, ist das übliche Rumgenörgele einer Opposition, die eine erfolgreiche Verhandlung einer Landesregierung nie und nimmer anerkennen wird und immer etwas daran auszusetzen haben wird. Das ist nicht besonders erstaunlich. Da geht es Ihnen aber nicht um das Land, sondern um Ihren eigenen politischen Vorteil als Oppositionspartei. Das mag man so machen. Im Grunde diskreditieren Sie sich damit selbst.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort hat der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Dr. Robert Habeck.

(Heinz-Werner Jezewski)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich noch einmal kurz gemeldet, um Folgendes zu sagen. Ich bin - meine Fraktion hat das auch immer getan - sehr wohl bereit, Erfolge anzuerkennen. Das ist nicht der Punkt. Wenn der Herr Ministerpräsident dazu beigetragen hat - ich wiederhole mich -, dann ist das gut und verdient auch Anerkennung.

Die Frage, die im Raum steht - ich dachte, ich hätte das herausgearbeitet -, ist die der Haushaltsrelevanz. Was jetzt passiert, ist, dass zwar die Bildungsgelder nach Schleswig-Holstein kommen, aber einher mit neuen Ausgaben. Das kann man gut finden. Ich finde das gut. Aber es ist nicht haushaltsrelevant.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir kriegen Geld, und es geht gleich wieder raus. Das ist doch nicht schwer nachzuvollziehen.

Wir haben hier im Haus ein Kriterium, an dem die Haushaltsrelevanz gemessen wird. Das ist die Schuldenbremse. Sie bemisst sich nach dem Defizit - ich bin gleich fertig, dann können Sie fragen; ich brauche noch eine Minute - Einnahme/Ausgabe. Das ist das Kriterium für Haushaltsrelevanz. Da die Gelder für Bildung direkt wieder rausgehen, haben Sie das Problem nicht gelöst.

Sie haben drei Möglichkeiten. Entweder holen Sie Gelder rein, die die Steuerausfälle kompensieren. Oder Sie sagen hier klipp und klar: Die Schuldenbremse wird von uns aufgeweicht. Das wäre eine ehrliche Antwort. Sagen Sie: Mit diesem Gesetz können wir die Schuldenbremse nicht mehr einhalten, wir müssen mit dem Bund darüber verhandeln, dass wir die Gelder bekommen, weil wir die Kriterien für die Schuldenbremse reißen. Das wäre auch eine faire Ansage. Dann wären Sie nach dieser Wischiwaschi-Ankündigung, wie Sie das Land konsolidieren wollen, fein raus. Die dritte Möglichkeit ist, dass Sie morgen mit Nein stimmen. Das sind die drei Möglichkeiten.

Der Verweis auf die Gelder im Bildungsbereich ist erfreulich, aber keine Antwort auf das Problem, das wir haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Herr Kollege Dr. Habeck, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Koch zu?

Gern. - Nachdem ich die letzte schon nicht gekriegt habe.

(Das Mikrofon funktioniert nicht)

- Ich höre!

Würden Sie mir zugestehen, dass es durchaus haushaltsrelevant ist, ob wir die zusätzlichen Gelder für den Bildungspakt in Höhe von 300 Millionen € allein aus Landesmitteln bestreiten müssen oder ob uns der Bund 100 Millionen € dazugibt? Das ist doch haushaltsrelevant! Ob wir es allein bezahlen oder 100 Millionen € vom Bund bekommen, das ist doch haushaltsrelevant!

Die Frage ist gestellt. Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Habeck.

Herr Koch - Sie können sich gern setzen; ich bin da nicht so -, die Haushaltsrelevanz der Bildungsgelder ist ein Problem, das nicht durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz entstanden ist, sondern durch den Bildungsgipfel. Das ist der logische Unterschied. Natürlich würde ich zustimmen, wenn Sie sagen: Wir haben einen Bildungsgipfel gemacht und kriegen jetzt Kompensation. Hätten wir sie nicht, wäre der Bildungsgipfel für uns eine Belastung. Das wäre logisch. Da würde ich zustimmen. Darüber reden wir aber nicht. Wir reden über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Das führt zu Steuerausfällen. Die werden nicht kompensiert. Es sind zwei Baustellen, die rechnerisch nichts miteinander zu tun haben.

Wir sehen uns nach der nächsten Steuerschätzung im Mai hier wieder. Dann können Sie nachweisen, wie die Haushaltsrelevanz der Bildungsgelder eingeführt wurde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat sich Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk gemeldet. Ich erteile ihr hiermit das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte gern drei Bemerkungen machen.

Weil der Kollege Koch noch einmal die Finanzausschusssitzung in der letzten Woche angesprochen hat, erinnere ich daran, dass wir um Formulierungen gerungen haben. Es ging um die Formulierung „angemessene finanziell wirksame Kompensation“ oder „adäquate finanziell wirksame Kompensation“. Wir, die Oppositionsfraktionen, sind auf die Regierungsfraktionen zugegangen und haben gesagt: Okay, wir akzeptieren „angemessene“. Das ist ein Unterschied zu „adäquate“. Wir haben dann aber gesagt, es müssen auf jeden Fall Kompensationen sein, die finanziell wirksam sind. Finanziell wirksam ist nicht etwas, was mit dem Bildungsgipfel zu tun hat und eventuell letztlich irgendwann mal haushaltswirksam sein könnte.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Irgend- wann mal?)

Wir brauchen eine finanziell wirksame Kompensation, die hier und heute finanziell wirksam sein kann. Unter dem Strich heißt das: ein weiterer Anteil an der Mehrwertsteuer. Das wäre eine finanziell wirksame Kompensation gewesen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eine Bemerkung zum Bildungsgipfel. Wir werden noch darüber diskutieren. Ausgangspunkt waren 60 Milliarden €, die durch Taschenspielertricks auf 13 Milliarden bis 16 Milliarden € heruntergerechnet worden sind.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Hinzu kommt, dass diese Mittel vorn und hinten nicht ausreichen werden, wenn es darum geht, den Bildungsstandard in der Bundesrepublik zu erhöhen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Da brauchen wir den Betrag von 60 Milliarden €.

Diese Diskussion wird uns weiter verfolgen. Die Diskussion zu einem späteren Tagesordnungspunkt dazu wird ein erster Einstieg dazu sein.

Hier ist mehrfach gesagt worden, dass Verhandlungen schwierig sind. Das weiß jeder, der schon einmal an Verhandlungen teilgenommen hat. Das ändert nichts an der Tatsache, dass der Sündenfall in diesem Fall - anders kann ich das nicht formulieren - schon viel früher lag. Er lag nämlich darin, dass die Ministerpräsidenten dem Koalitionsvertrag auf Bundesebene zugestimmt haben beziehungsweise ihn abgenickt haben.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und vereinzelt bei der SPD)

Da fing das Desaster an.

Ich kann dem Kollegen Habeck nur recht geben, wenn er sagt: Einzig und allein CSU und FDP haben das Wachstumsbeschleunigungsgesetz gewollt. Alle anderen wollten es nicht.