Protocol of the Session on September 16, 2011

tragskonformen Zustand abzuliefern. Der Vertrag, den wir hatten - das ist wichtig, wenn man weiter auf das Thema ÖPP setzen will -, sah vor, dass das Technologierisiko für die Herstellung der Anlage beim Hersteller, nämlich bei Siemens, liegt und dass das wirtschaftliche Betriebsrisiko beim Land liegt. Ein wirtschaftliches Betriebsrisiko ist aber gar nicht eingetreten. Vielmehr ist ein Herstellungsrisiko eingetreten. Insofern galt es, eine Abwägung zu treffen, ob aufgrund eines Technologierisikos beim Hersteller ein größeres wirtschaftliches Risiko für das Land entstanden wäre. Das wäre aus meiner Sicht nicht hinzunehmen gewesen, weil das Geschäftsmodell des NRoCK, dieser Partikeltherapieanlage, ein weiteres wirtschaftliches Risiko nicht vertragen hätte.

Man muss sehen, dass NRoCK von vornherein als eine Anlage konzipiert gewesen ist, die der Krankenversorgung dient. Sie ist von vornherein so konzipiert worden, dass die Erlöse aus der Krankenversorgung die Kosten für die Technologie bestreiten sollten. Weil Siemens aber nicht in der Lage war, einen Standard abzuliefern, der gewährleistet hätte, dass eine ausreichende Zahl von Patienten hätte behandelt werden können, wäre es nicht möglich gewesen, die Kosten tatsächlich aus den Erlösen der Krankenversorgung zu tragen. Das bedeutet, dass nicht nur das mittelbare, sondern auch das sehr große unmittelbare Risiko nicht nur beim UK S-H, sondern auch beim Gewährträger, also dem Land Schleswig-Holstein, gelegen hätte.

(Zurufe von der SPD)

Bei der Abwägung war es uns wichtig - ich glaube nach wie vor, dass dies richtig ist -, Vermögensschaden vom UK S-H und vom Land abzuhalten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich habe es schon gesagt: Wenn wir weitere ÖPPProjekte wollen, müssen wir auch sicherstellen, dass im Misserfolgsfall nicht das eintritt, was Herr Kollege Harms sonst immer befürchtet, dass nämlich das Risiko allein bei der öffentlichen Hand liegt. Wenn wir das sicherstellen wollen, müssen wir auch in der Lage sein, bei Projekten, die ins Trudeln kommen, sicherzustellen, dass die öffentliche Hand keinen Schaden nimmt. Das ist mit dieser Auflösungsvereinbarung tatsächlich erreicht worden.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Gitta Trauer- nicht [SPD])

- Ja, Frau Trauernicht, das kann nicht das Einzige sein.

Nun komme ich zu dem Berichtsantrag und den Fragen, die Sie gestellt haben. Ich muss sagen, dieser Berichtsantrag ist nicht sonderlich kritisch und investigativ. Wahrscheinlich von Ihrem ehemaligen Staatssekretär zusammengestellt, beinhaltet er ja nichts weiter als die vertragliche Konstruktion rund um das NRoCK.

Es ist richtig: Ja, es gab Vereinbarungen mit den Kassen. Ja, es gab Vereinbarungen mit Kliniken, auch im europäischen Raum, zuzuliefern. Aber das ist nicht das, was wir zu bewerten hatten. Wir hatten nicht zu bewerten, ob das Geschäftsmodell NRoCK erfolgreich ist, sondern wir hatten zu bewerten, ob die Technik, die das UK S-H einkaufen wollte, tatsächlich geliefert werden kann oder nicht. Das ist die entscheidende Frage. Wenn Sie, Frau Trauernicht, mit dem Berichtsantrag, der offenbar von Ihnen stammt, insinuieren wollen, dass es richtiger gewesen wäre, ein weiteres Risiko auf das Land zu übertragen, dass es richtiger gewesen wäre, wenn das Land weitere Kosten für etwas übernommen hätte, was wir am Ende nicht zu verantworten haben, nämlich für die Funktionsfähigkeit der Technologie,

(Zurufe von der SPD)

dann haben wir hier einen fundamentalen Unterschied in der Auffassung. Unsere Aufgabe ist es, Vermögensschaden vom Land abzuwenden, und die haben wir erfüllt.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat mit ihrem Redebeitrag die verabredete Zeit um gute zwei Minuten überzogen. Die steht jetzt jeder Fraktion zur Verfügung. - Ich eröffne die Aussprache. Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Schreckgespenst der Vollprivatisierung des UK S-H ist vom Tisch. CDU und FDP haben sich nach langem Ringen dafür ausgesprochen, die Trägerschaft des UK S-H in öffentlicher Hand zu lassen. Das ist gut so. Diese Entscheidung war überfällig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

(Minister Jost de Jager)

Es ist eine gute Nachricht für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, es ist eine gute Nachricht für die Qualität der Krankenversorgung in unserem Land.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Robert Ha- beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und es ist die Grundlage dafür, dass es nun endlich mit der konkreten Umsetzung der Baumaßnahmen vorangeht.

Herr Kollege Günther, es war Ihnen in Ihrer Pressemitteilung ja besonders wichtig, uns, Rot-Grün, die Schuld für den aufgelaufenen Sanierungsstau zu geben. Wenn es Ihnen weiterhilft, sage ich: Ja, auch unter Rot-Grün war das Geld verdammt knapp, auch wir haben schmerzliche Sparmaßnahmen beschlossen, notwendige -

(Zuruf)

- Weihnachts- und Urlaubsgeld, war das schmerzlich oder nicht? Haben Sie dafür oder dagegen gestimmt? Bitte nicht so viel Verdrängung an dieser Stelle.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Bei jedem Katasteramt, bei jedem Amtsgericht haben Sie Protest gemacht. Sie sind in Bad Bramstedt mit dem Sarg durch die Stadt gezogen, als ein einziges Amtsgericht geschlossen werden sollte. Wenn ich also von schmerzlichen Sparmaßnahmen rede, dann weiß ich, wovon ich spreche.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Zuruf des Abgeordneten Dr. Chri- stian von Boetticher [CDU])

Minister de Jager hat eben deutlich gemacht, dass es nicht zum Stillstand der Baumaßnahmen gekommen ist. Was aber gefehlt hat, war die grundsätzliche bauliche Sanierung, um auch Effizienzpotenzial zu heben und um die Patientenversorgung zu verbessern.

Meine Fraktion begrüßt es, dass mit der Entscheidung von CDU und FDP jetzt ein breiter politischer Konsens erreicht ist. Jetzt kann ein belastbares Konzept erarbeitet werden.

(Beifall des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

- Er ist breit, auch wenn Sie nicht dabei sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Zuruf des Abge- ordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

- Dazu komme ich gleich.

Jetzt kann ein belastbares Konzept erarbeitet werden, das länger hält als die immer kürzer werdenden Legislaturperioden in Schleswig-Holstein. Angesichts der leeren Kassen sieht meine Fraktion keine andere Möglichkeit, als Finanzierung und Umsetzung des baulichen Masterplans in private Hände zu geben.

(Zuruf)

- Dazu komme ich. - Dabei wissen wir: Eine Privatisierung der Baumaßnahmen ist die zweitbeste Lösung. Im Rahmen der Wahrheit und der Klarheit des Landeshaushalts - der Rechnungshof hat darauf hingewiesen - wäre es sinnvoll, es aus der öffentlichen Kasse zu bezahlen,

(Beifall der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

aber auch unter der Prämisse, dass die Fallpauschalen für die Krankenversorgung und nicht für den Krankenhausbau bemessen sind, wäre eine Finanzierung der öffentlichen Hand eigentlich richtig. Der Landesrechnungshof weist zu Recht darauf hin, dass Baumaßnahmen als PPP-Projekte nur dann durchgeführt werden sollten, wenn zum einen die Leistung der Privaten günstiger ist - das wissen wir an dieser Stelle nicht

(Zuruf des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

- zuhören, Schlussfolgerungen ziehen, mitdenken, Herr Schippels!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU und vereinzelt bei der SPD)

und wenn zum anderen die öffentliche Hand Maßnahmen auch ohne die Beteiligung Privater hätte finanzieren können. Auch dieses Kriterium ist nicht erfüllt. Dennoch ist das PPP-Modell die einzige Möglichkeit, die Baumaßnahmen umzusetzen, denn die Landeskasse ist leer - außer bei der LINKEN; die hat das Geld noch irgendwo im Keller -,

(Zuruf der Abgeordneten Antje Jansen [DIE LINKE])

und - das ist das Entscheidende - eine weitere Verschiebung der Baumaßnahmen wäre unverantwortlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die andere Möglichkeit einer Vollprivatisierung kommt für uns Grüne auch nicht infrage, weil wir uns der Aufgabe, eine gute Maximalversorgung in öffentlicher Hand zu gewährleisten, verpflichtet fühlen.

(Monika Heinold)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das PPP-Projekt ist kein Wohlfühlprojekt. Dem UK S-H wird damit ein harter Konsolidierungskurs auferlegt. Das UK S-H muss zukünftig so wirtschaftlich arbeiten, dass es aus den roten Zahlen kommt und zusätzlich die Leasingraten aufbringt. Das alles bei Fallpauschalen, die deutlich niedriger sind als in anderen Bundesländern.

Das von Professor Scholz vorgestellte Asset-Modell ist auf Kante genäht. Mit unserem Antrag fordern wir deshalb, bei einem zukünftigen Projekt die Investitionsbank mit in die Finanzierung einzubinden, auf ihre Kompetenz zu setzen, darauf zu setzen, dass es darüber auch gelingt, Gelder aus dem europäischen Investitionsfonds für Gesundheitsinvestitionen mit einzubinden.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, mir ist es unbegreiflich, warum Sie diese Passage unseres Antrags nicht übernommen haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)