Protocol of the Session on September 16, 2011

Die FDP-Fraktion hat bereits in der 16. Wahlperiode deutlich gemacht, dass die großen gesundheitspolitischen Chancen, die sich aus der Partikeltherapie ergeben, beim PTZ mit erheblichen finanzpolitischen Risiken einhergehen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

- Herr Stegner, ich möchte den Ministerpräsidenten fragen, wer damals bei der Entscheidung mit im Kabinett gesessen hat und diese Geschichte ÖPPProjekt mit entschieden hat. Vielleicht kann er uns eine Antwort dazu geben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Frau Abgeordnete Loedige! - Ich bitte um mehr Ruhe! - Frau Abgeordnete Loedige, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Weber zu?

Verehrte Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass die FDP in der Vergangenheit kritisch infrage gestellt hat, ob es eine hinreichende Zahl von Patienten gibt und es deswegen wirtschaftlich sein könnte, während heute hingegen infrage gestellt wird, ob hinreichend Patienten behandelt werden könnten, um es wirtschaftlich zu

(Katharina Loedige)

gestalten, und dass das ein erheblicher Unterschied ist?

- Mir ist bekannt, dass wir diese Frage gestellt haben. Deswegen ist es auch nicht finanzierbar.

(Lachen bei der SPD)

Herr Weber, wir können doch nicht an einem ÖPPProjekt festhalten, das die Firma Siemens nicht weiterbetreiben kann. Das ist doch der Sinn des ÖPP-Projekts.

(Zurufe)

Ich muss hinzufügen, dass die Nachricht vom Mittwoch, dass das PTZ nicht realisierbar ist und Siemens einen Rückzug macht, trotz allem eine Katastrophe für den Gesundheitsstandort Kiel ist.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])

Wir können froh sein, dass das Land aus finanzieller Sicht gut aus der Sache herauskommt. Für die schwerkranken Patienten, die sich von der Partikeltherapie Heilung versprochen haben, war Mittwoch allerdings ein schwarzer Tag.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich der Frau Abgeordneten Antje Jansen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist erfreulich zu sehen, dass es immer noch zu etwas führt, wenn sich Menschen bewegen und sich für ihre Interessen einsetzen. Unter dem Druck der Öffentlichkeit musste die Landesregierung ihren Plan einer Vollprivatisierung des UK S-H vorläufig aufgeben. Die medizinische Versorgung bleibt erst einmal in öffentlicher Hand, und das ist gut so.

(Beifall bei der LINKEN)

Was ist eigentlich passiert, als das Kabinett am Dienstag seine Grundsatzentscheidung für das Modell ÖPP Bau gefällt hat? - Das Kabinett hat einfach zwischen zwei Varianten gewählt und sich dann für das kleinere Übel entschieden, weil das größere Übel Vollprivatisierung nicht durchzusetzen war. So sieht es doch aus, meine Damen und Herren!

Kollege Günther, Ihren Antrag habe ich gelesen, aber ich kenne die CDU eigentlich immer als Privatisierungspartei.

(Werner Kalinka [CDU]: Na, na!)

Deshalb unterstelle ich Ihnen, dass Sie mit Ihrer Entscheidung für dieses kleinere Übel das Thema UK S-H rechtzeitig vor dem Wahlkampf entschärfen wollen und sich damit aus der Affäre ziehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber die Beschäftigten und ihre Gewerkschaft ver.di können Sie nicht täuschen, denn in dem Modell ÖPP Bau stecken große Risiken. Wir haben Erfahrungen mit ÖPP-Bauten im Land und in den Kommunen gemacht. Sie scheitern meist. Letztich sind die Beschäftigten die Leidtragenden. Am Ende kommt dabei meist eine Vollprivatisierung heraus.

Nach Vorstellung der Landesregierung soll jetzt der Masterplan zur baulichen Sanierung des UK S-H umgesetzt werden. Die geplante Investitionssumme von etwa 340 Millionen € wird von privaten Investoren aufgebracht. Die Gebäude werden dann vom UK S-H über einen Zeitraum von 25 Jahren zurückgemietet. Das UK S-H wird das locker können - meinen Sie -, weil es eine Rationalisierungsrendite erzielt. Die soll ausreichen, um die Erwartungen der Investoren zu erfüllen. Wir reden hier von einem Betrag in Höhe von jährlich 35 Millionen €, wohlgemerkt: Das soll das UK S-H erwirtschaften. - Das glauben Sie doch selbst nicht!

Uns als LINKE interessiert zuerst die Rolle des UK S-H für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, uns interessieren die Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen der mehr als 10.000 Beschäftigten.

(Beifall bei der LINKEN)

Es sind nicht sanierte Gebäude, sondern Menschen, die die sogenannte Rationalisierungsrendite erwirtschaften, Menschen, die in der ärztlichen und pflegerischen Versorgung der Patienten arbeiten, Menschen, die im logistischen und technischen Betrieb und der Verwaltung des UK S-H arbeiten. Ob diese Rationalisierungsrendite überhaupt dauerhaft erwirtschaftet werden kann, steht in den Sternen. Das haben mehrere Beispiele hier gezeigt. Man weiß nicht, wie es im UK S-H wirtschaftlich weitergehen wird. Deshalb finden wir so einen Beschluss heute fatal.

Denn Rationalisierung bedeutet für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer üblicherweise Arbeitsverdichtung, Verschlechterung, Lohnabbau bis hin

(Katharina Loedige)

zum Personalabbau. Erst vor drei Wochen haben die Krankenhausbeschäftigten mit einer Demonstration vor dem Landtag die Probleme der Krankenhausfinanzierung deutlich gemacht.

Wir sind weit entfernt von einem bundeseinheitlichen Basisfallwert. Bisher haben schwarz-gelbe Reformen im Gesundheitssystem zu immer schärferem Druck auf die Kostensituation der Krankenhäuser geführt, gerade auch in Schleswig-Holstein.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir haben 2009 nicht mitregiert!)

Wir wollen, dass die Umsetzung des baulichen Masterplans schnell angegangen wird. Natürlich wollen wir auch, dass sich das UK S-H verbessert. Wir wollen weiter, dass die Finanzierung aus Landesmitteln genommen wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Kapitalkosten sind bei ÖPP-Projekten um 70 % höher als bei rein staatlichen Finanzierungen. Das rechnet sich nicht für das Land Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der LINKEN)

Effizienzvorteile gibt es überhaupt nicht. Das vermeintliche Know-how der Privaten ist in der öffentlichen Verwaltung ebenfalls vorhanden. Die Betriebskosten von ÖPP-Projekten liegen bei privaten Betreibern sogar deutlich höher als bei staatlichen.

Meine Damen und Herren, wir empfehlen - wie auch meine Vorrednerinnen und Vorredner gesagt haben - ausnahmsweise, die Ausführungen des Landesrechnungshofs zu alternativen Finanzierungen in Ruhe nachzulesen, ehe Sie den Beschluss heute fällen.

(Beifall bei der LINKEN und des Abgeord- neten Lars Harms [SSW])

Wir fordern die sofortige Entschuldung des UK S-H aus den bereits erzielten Steuermehreinnahmen des Landes. Das sind immerhin 600 Millionen €. Finanzminister Wiegard hat angekündigt, diese Mehreinnahmen zum Schuldenabbau zu verwenden. Da das Land ohnehin für die Schulden des UK S-H aufkommen muss, kann auch sofort entschuldet werden mit diesen 600 Millionen €.

(Beifall bei den LINKEN)

Wir wollen den sofortigen Baubeginn nach dem Masterplan von 2009. Die Finanzierung ist - wie ich schon gesagt habe - aus Landesmitteln möglich. Genau das muss geschehen.

Wir Linke sind gegen Privatisierung. Nach unserer Meinung wird mit dem ÖPP-Projekt, das heute beschlossen werden soll, die Vollprivatisierung nur aufgeschoben. Das werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei den LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne Mitglieder von Haus & Grund aus Barsbüttel, Glinde und Oststeinbek. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Die Fraktion die LINKE hat ihre Redezeit aufgeteilt. Ich erteile jetzt für den zweiten Teil Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin Sassen, am 27. Februar 2009 diskutierte der Landtag über das Partikeltherapiezentrum, und Ihre blumige Rede hatte die Überschrift: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.