Die üblichen Verdächtigen bei diesem Thema sollten endlich aufhören, hier Populismus zu betreiben. Damit sind sie in Hessen bereits einmal böse auf die Nase gefallen. Ich komme noch einmal darauf zurück.
Auch wird noch einmal darauf hingewiesen, dass es in Schleswig-Holstein keinen einheitlichen Kriterienkatalog für jugendliche Intensivtäter gibt. Auch das hat Innenminister Schlie schon gesagt, und dies hat bereits mein Kollege Dr. Dolgner bei der Ausschussberatung des ersten Teils des Berichtes verdeutlicht. Daher ist es notwendig, jetzt eine klare und einheitliche Definition für SchleswigHolstein zu erarbeiten.
Ein weiterer sehr interessanter Aspekt im Bericht, der auch mehrmals erwähnt wird, ist die Stellungnahme zur geschlossenen Heimunterbringung:
„Es besteht Konsens … darin, dass eine Rückkehr zu den herkömmlichen Modellen der geschlossenen Unterbringung abgelehnt wird.
Intensive pädagogische Betreuungsmaßnahmen, die gerade für die Mehrfach- und Intensivtäter zu entwickeln sind, haben in jedem Fall Vorrang.“
Ich habe mir fast jede Seite markiert, in der das im Bericht aufgeführt wurde. Das kommt mehrmals im Text vor.
CDU/FDP - vorgestellt wurde, wonach eine Unterbringung - ich bitte Sie, jetzt einmal kurz auf die Zahlen zu achten - von Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 14 Jahren - 10- bis 14-jährige Kinder! - in geschlossenen Heimen erfolgt - das wurde uns im Innen- und Rechtsausschuss vorgestellt -, lehnt meine Fraktion kategorisch ab.
Auch Sie, verehrte CDU-Kollegen, sollten sich endlich von diesem Vorhaben ein für allemal verabschieden.
Denn es zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Bericht, wie wichtig die präventiven und erzieherischen Maßnahmen sind. Und die gibt es bereits. Was glauben Sie denn, wofür die Jugendämter da sind? Sie blenden völlig aus, dass man schon etwas tun kann und auch muss, bevor ein Kind so weit abgerutscht ist, dass man nur noch auf dessen Strafmündigkeit warten kann.
Aber wer im Bereich der Jugendarbeit, der Jugendhilfe kürzt, bekommt natürlich die Probleme, die dann durch Einsperren gelöst werden sollen.
- Erst einmal zuhören! Wir setzen dagegen auf ein vielfältiges und bedarfsgerechtes Angebot an Präventiv- und Interventionsmaßnahmen, um der Jugendkriminalität entgegenzutreten.
1993 hat sich Schleswig-Holstein daher aus gutem Grund entschieden, die Landeseinrichtungen zu schließen. 2011 will die CDU diese wieder einrichten, obwohl bisher niemand ein tragfähiges sozialtherapeutisches Betreuungskonzept - wie Sie das nennen - entwickeln konnte, welches offenbar selbst Sie zur Bedingung hierfür machen wollen. Und das nennen Sie dann Fortschritt!
Tatsächlich empfiehlt der Bericht auf Seite 28 doch gerade das Gegenteil: Es bedarf für diese Altersgruppe gar keiner neuen spezialisierten Angebote oder Einrichtungen, vielmehr ist es notwendig,
„den Jugendämtern das im Einzelfall passende Angebot auf der Grundlage zentraler Kenntnisse über die Angebotsstruktur und
Aber auch im Bereich der Jugendlichen und Heranwachsenden gibt der Bericht wertvolle Hinweise. So wird Folgendes berichtet, nämlich dass die Jugendgerichtshilfe „in einem nicht unerheblichen Prozentsatz“ nicht mehr an den Hauptverhandlungen in Jugendstrafsachen teilnimmt. Weiter wird die zunehmende Abnahme der Fachlichkeit in den Bereichen der Jugendgerichtshilfe und der Jugendstrafjustiz beklagt. So erfüllen laut einer bundesweiten Befragung im Jahr 2003 - es gab leider keine aktuelleren Zahlen und auch keine über Schleswig-Holstein in dem Bericht - 38,8 % der Jugendrichter und 25 % der Jugendstaatsanwälte nicht die Voraussetzungen des § 37 JGG, der eine erzieherische Befähigung und Erfahrung in der Jugenderziehung verlangt.
Ein Ansatz wäre hier, die Qualität der Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen der beteiligten Professionen zu verbessern und die Jugendgerichtshilfe wieder in die Lage zu versetzen, ihrer wichtigen Aufgabe nachzukommen, die übrigens in § 38 JGG gesetzlich vorgeschrieben ist.
Ein Punkt in dem Antrag von CDU und FDP, der diesen Bericht eingefordert hat, war ja, ob denn die Präventionsmöglichkeiten ausreichen oder hier weitergehende Maßnahmen als erforderlich angesehen werden. Da haben Sie die Antworten.
Ich habe zu Beginn meiner Rede darauf aufmerksam gemacht, dass dieser Bericht insbesondere zwei Kollegen die Augen öffnen sollte. Gemeint sind die Kollegen Herr von Boetticher und Herr Kalinka,
die im Juni 2011 mit großem Mediengetöse ihr Papier ,,Zehn Maßnahmen zu Prävention und Sanktionen bei jugendlichen Intensivtätern“ vorgestellt haben. Statt über Führerscheinentzug, Warnschussarrest und geschlossene Heime zu diskutieren, sollten Sie den vorliegenden Bericht Ihres Innenministers erst einmal gründlich durcharbeiten und dann bitte endlich Konsequenzen daraus ziehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut Ding will Weile haben. Dieser oft eher als Vertröstung gemeinte Spruch hat sich heute im positiven Sinne inhaltlich voll bewahrheitet, denn vor uns liegen seit Juni mit dem zweiten Teil über das Programm Jugend-Taskforce insgesamt 267 Seiten angefüllt mit umfangreichen Untersuchungsergebnissen und Schlussfolgerungen, die eine fundierte Grundlage für unsere Weiterarbeit darstellen. Ich danke sowohl der Arbeitsgruppe, die sich engagiert an diese Ausarbeitung gemacht hat, als auch dem federführenden Innenministerium.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine grundlegende Feststellung ist: Das Land Schleswig-Holstein ist kein weißer Fleck, wenn es um die erfolgreiche Zusammenarbeit von Justiz, Polizei, Schule und Kommunen geht. Die Jugend- und Familien- wie auch die Bildungspolitik im Land sind sowohl integrativ als auch präventiv ausgerichtet. Die vorhandenen Maßnahmen und Angebote erscheinen ebenso wie die vorhandenen Gesetze ausreichend. - So der Bericht.
Zu Recht verweist die Landesregierung auf gut laufende Projekte vor Ort, wenn sie unter anderem Projekte wie „Prävention im Team“, Arbeitsgemeinschaft gegen Gewalt an Schulen und „Vogelfrei - oder doch dabei“ aufzählt. Das sind alles Projekte, die nur deshalb zustande kommen und funktionieren, weil sich alle Beteiligten mit weitaus mehr Engagement und Zeit einbringen, als es der normale Dienstplan hergibt. Mein Dank deshalb an alle, die daran mit Erfolg mitwirken.
Dennoch kann man einiges besser und effektiver gestalten. Zu diesem Schluss kommen sowohl die Arbeitsgruppe als auch die Landesregierung. CDU und FDP werden damit in ihrem Anliegen bestätigt.
Meine Damen und Herren, ein Defizit lag bislang beispielsweise in der uneinheitlichen Definition von Mehrfach- und Intensivtätern. Es ist gut, dass nun alle Fachministerien die Tätergruppen gleichermaßen identifizieren. So ist sichergestellt, dass künftige alle - egal, aus welchem Bereich sie stammen - über dieselben Jugendlichen sprechen. Um sich auch um den ungewollten kriminellen
Nachwuchs, die sogenannten Schwellentäter kümmern zu können, ist auch hier eine einheitliche Definition gefunden worden.
Gut ist auch, dass für die inhaftierten oder aus der Haft entlassenen jugendlichen Straftäter bei uns im Land die notwendigen Betreuungs- und Übergangsmaßnahmen im Sinne der Eröffnung einer neuen Lebensperspektive vorgehalten werden. So berücksichtigt zum Beispiel der Regierungsentwurf zum Untersuchungshaftvollzugsgesetz, zu dem wir im Innen- und Rechtsausschuss eine sehr ergiebige Expertenanhörung durchgeführt haben, die ganz besonderen Betreuungsbedürfnisse der Jugendlichen in Haft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wichtig ist und findet deshalb unsere uneingeschränkte Unterstützung, dass sich die Arbeit aller Beteiligten auf Prävention und Resozialisierung und eben nicht auf Repression fokussiert, ohne den Opferschutz aus den Augen zu verlieren.
Die Opfer von Straftaten rücken leider immer wieder zu schnell aus dem öffentlichen Blick. Der beste Opferschutz ist aber, Straftaten zu verhindern.
Da setzt die Jugend-Taskforce künftig noch intensiver an. Denn im Gegensatz zu den bisherigen Aktivitäten soll es jetzt zu einer gewissen Vereinheitlichung der Strukturen kommen. Noch gibt es nicht in allen Kreisen und kreisfreien Städten gleichermaßen gut funktionierende Kooperationen. Das wird künftig anders sein, ohne die bewährten Strukturen aufheben zu wollen. Zugleich wird die Reaktionsfähigkeit auf kommunaler Ebene gestärkt, also vor Ort, wo die jugendlichen Intensivtäter ihr Unheil verbreiten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn auch die aktuellen kriminalpolizeilichen Statistiken in den letzten Jahren keine signifikante Zunahme von jugendlichen Straftaten im Allgemeinen aufweisen, darf uns dies nicht in vermeintlicher Sicherheit wiegen.
Nach wie vor ist die Zahl der Straftaten hoch und die Zahl der Raub- und Gewaltstraftaten, begangen durch einige wenige Intensivtäter, leider ansteigend. Wenn junge Menschen strafrechtlich auffällig werden, geschieht dies zwar überwiegend durch entwicklungsbedingte kleine Straftaten wie Ladendiebstähle und Sachbeschädigung, ein Teil dieser
jungen Straftäter legt aber schon in jungen Jahren den Grundstein für eine steile kriminelle Karriere.