Protocol of the Session on September 14, 2011

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dies wurde zuletzt durch das juristische Gutachten von BUND und Greenpeace bestätigt. Die Länderklausel verhindert die Speicherung von CO2 nicht dauerhaft, auch nicht in Schleswig-Holstein. Sie gilt vorerst nur für den Erprobungszeitraum von sechs Jahren. Aber auch hier gilt, dass Ausschlussgründe für einzelne Gebiete explizit auszuführen sind und juristisch angreifbar sind. Die Länderklausel schafft für Schleswig-Holstein keine Sicherheit.

Auch in anderer Hinsicht haben wir mit dem CCSGesetz in Schleswig-Holstein keine Sicherheit. Die Bundesländer haben, wenn CO2 im Offshore-Bereich verpresst werden soll, keine Möglichkeit, dies zu verhindern. Als Land Schleswig-Holstein haben wir keine rechtliche Handhabe gegen die CO2-Verpressung außerhalb der Zwölf-Meilen-Zone. Dies ist Hoheitsbereich des Bundes.

Aufgrund des hohen Drucks, mit dem das CO2 in den Untergrund verpresst wird, besteht die Gefahr, dass stark salzhaltiges Wasser nach oben gepresst wird. Dies hätte gravierende Folgen für die Meeresumwelt und für das Wattenmeer. Darüber hinaus

(Minister Jost de Jager)

wäre das Trinkwasservorkommen gefährdet. Aufgrund des Ausbreitungsradius wären auch die Inseln und das Festland betroffen. Damit wäre jede Länderklausel ad absurdum geführt.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Dass Gefahren durch die Verpressung nicht auszuschließen sind, wird aus der Stellungnahme der Deutschen Versicherungswirtschaft deutlich. Sie führt unter anderem aus, dass eine versicherungstechnische Absicherung der CCS-Technologie nur für die Phasen der Abscheidung, des Transports und der Injektion von CO2 vorstellbar ist. Darüber hinaus hält die Versicherungswirtschaft den Zeitraum - wir reden hier von Jahrzehnten, wenn nicht von Jahrhunderten - nicht für versicherbar.

Das ist auch der Punkt, an dem andere Bundesländer die Gefahr sehen, in Regress genommen zu werden, da sie das Risiko letztlich allein tragen. Der Betreiber hat zwar die Verantwortung noch 30 Jahre nach Stilllegung der Anlage; danach wird sie aber auf das jeweilige Land übertragen. Mit anderen Worten: Das CCS-Gesetz ermöglicht es den Betreibern, Geld damit zu verdienen, auf lange Sicht sind diese aber aus der Verantwortung herausgenommen, und mögliche Schadenshaftungen übernimmt dann die Allgemeinheit.

Die Bevölkerung in Schleswig-Holstein lehnt die Verpressung von CO2 in den Untergrund ab. Wenn wir sie aber dann doch bekommen und ein Schadensfall eintritt, müssen letztlich die, die es nicht gewollt haben, auch noch dafür bezahlen. An Absurdität ist dies nicht mehr zu übertreffen.

Es ist schon paradox, dass die Landesregierung dem CCS-Gesetz zustimmen will, obwohl wir uns hier im Landtag fraktionsübergreifend gegen die Verpressung von CO2 in Schleswig-Holstein ausgesprochen haben. Ich fordere Sie daher auf: Stoppen Sie das CCS-Gesetz im Bundesrat. Nutzen Sie die Chance, denn das ist es, was die Menschen hier im Land von Ihnen erwarten!

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Dr. Michael von Abercron das Wort.

Hoch geschätzte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben mit diesem Antrag die sehr ungewöhnliche Situation, dass die Landesregierung im Bundesrat etwas ablehnen soll, was hier im Haus von allen eigentlich beschworen worden ist: Wir wollen keine CO2-Speicherung in unserem Land.

Nach langen schwierigen Verhandlungen hat sich diese Landesregierung mit der Einführung einer Länderklausel endlich durchsetzen können. Wir haben ihr dafür oft Lob und Anerkennung ausgesprochen. Als wollte man diese Anerkennung dem Ministerpräsidenten und dem Wirtschaftsminister nicht gönnen, haben die Kritiker immer wieder krampfhaft versucht, irgendwelche Mängel zu suchen. Gefunden haben sie nichts weiter als juristische Selbstverständlichkeiten:

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Es gibt in einem Rechtsstaat natürlich Klagemöglichkeiten; die Außenwirtschaftszone unterliegt formal nicht dem Land; Eignung und Nichteignung von potenziellen Speicherorten sind im Planungsrecht immer zu begründen.

Nun zur Ausgangslage! Der Bund muss ein CCSGesetz vorlegen, um EU-Recht einzuhalten. Das neue CCS-Gesetz dient nur zwei Demonstrationsanlagen in den Bundesländern. Es regelt nicht abschließend, sondern nur für den Zeitraum bis 2017. Der Bund hat über das Bergrecht bisher die wesentliche Planungshoheit unter Tage. SchleswigHolstein hat keine Regelbefugnis für die Außenwirtschaftszone.

Völlig losgelöst von den Regierungskoalitionen in den Ländern bestehen hinsichtlich des CCS-Gesetzes sehr unterschiedliche Interessenlagen. Das hat mit der Kohleförderung und der Industriepolitik in den einzelnen Ländern zu tun. Deshalb war es sehr schwer, einen Kompromiss zu finden. Es war ein großer Erfolg, dass gemeinsam mit dieser Landesregierung auch juristisch ein Weg gefunden wurde, um solche Flächen potenziell auszuschließen zu können. Wir haben die Möglichkeit, dies zu tun. Dafür gibt es ohne jegliche juristische Klimmzüge gute Gründe: Es gibt Fremdenverkehr hier im Land, wir haben eine intensive Landbewirtschaftung, es besteht eine kleinräumige Nähe zu Schutzgebieten und eine Interessenkollision mit einer möglichen Druckluftspeicherung für Windkraftanlagen. Das sind, wie ich meine, sehr gute Gründe.

(Flemming Meyer)

Deshalb haben wir die Landesregierung in der letzten Plenarsitzung mit unserem Antrag in der Drucksache 17/1547 aufgefordert, schnell mit der Bewertung und einem Ausschluss dieser Lagerstätten zu beginnen. Das ist auch ein ganz klares Signal nach Berlin und an potenzielle Investoren.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Ihre Signale nach Berlin kennen wir ja!)

Sie sagen, der Gesetzentwurf könne CCS nicht verhindern, weil mögliche Betreiber gegen einen Gebietsausschluss klagen können. Das ist in einem Rechtstaat eine Selbstverständlichkeit.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Eine Klage eines Betreibers ist aber extrem unwahrscheinlich. Warum? - Es würde Jahre dauern, so etwas durchzusetzen. Allein für ein Demonstrationsvorhaben diesen Weg einzuschlagen, würde viel zu unsicher sein. Bis dahin sind die EU-Fördertöpfe längst erschöpft.

Ein weiterer wichtiger Kritikpunkt bezieht sich auf die Außenwirtschaftszone in der Nordsee. Dass das Land hier keine Zuständigkeit hat, versteht sich von selbst. Aber wir haben das angrenzende Wattenmeer; und damit ist klar, das Schutzregime, das dort besteht, verhindert mehr oder weniger jede Beeinträchtigung und jede Störung für alle möglichen CCS-Abspeicherungsmöglichkeiten. Das ist eine erhebliche Hürde, die an der Stelle zu überwinden ist. Ich bin mir sicher, das wird sehr schwierig.

Der dritte Punkt dazu, der eigentlich noch viel schwieriger ist, ist: Wie soll das CO2 dort eigentlich hinkommen? Der Weg dorthin ist extrem lang und außerdem umweltrechtlich schwierig durchzusetzen, weil extra Leitungen gelegt werden müssen. Die Legung von 1 km Leitung durch das Wattenmeer kostet ungefähr 1 Million €. Das ist für eine Demonstrationsanlage völlig absurd, das ist gar nicht machbar. Deshalb hat auch der einzig verbleibende Betreiber gesagt: Wenn wir so etwas machen, dann machen wir das nur onshore, sonst gar nicht.

Wir haben in der Vergangenheit alle wesentlichen Nachteile dieser Technologie besprochen. Wir haben aber auch gesagt, dass wir andere Länder nicht bevormunden möchten. Deshalb sollte Brandenburg an der Stelle - wenn es tatsächlich CCS will, und das wollen die eigentlich bisher - auch zustimmen. Aber auch die anderen Bundesländer haben Grund, dem Gesetz zuzustimmen: Es ist europarechtlich geboten, es regelt auch die Technik beim wichtigen CO2-Recycling, es regelt den Transport, es gibt

Schleswig-Holstein ein wesentliches Mitspracherecht bis hin zum Ausschluss der gesamten Landesfläche.

Deshalb müssen wir den SSW-Antrag beziehungsweise den gemeinsamen Antrag der Oppositionsfraktionen ablehnen. Wenn dieses Gesetz im Bundesrat scheitert, besteht die erhebliche Gefahr, dass sich am Ende der Bund und die Länder, die eine Länderklausel grundsätzlich ablehnen, im Vermittlungsausschuss durchsetzen: Dann haben wir dauerhaft unseren Einfluss „unterirdisch abgespeichert“. Meine Damen und Herren, das kann hier wirklich keiner wollen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Marion Sellier das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich sage: Bei der Länderklausel gegen die CO2-Einspeicherung sind CDU und FDP als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Oder ich kann das auch neutraler formulieren: Nur ein Stopp im Bundesrat zum CCS-Gesetz ist im Interesse SchleswigHolsteins.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Es geht in die entscheidende Runde zum jahrelang diskutierten CCS-Gesetz. Der Bundesrat wird sich am 23. September 2011 abschließend damit befassen. Nur zur Erinnerung: Lange Zeit klebten CDU und FDP hier im Land an der CCS-Technik als Heilbringer für den Klimaschutz und Sanierungschance für den Landeshaushalt. Herr Austermann sprach 2008 von positiven fiskalischen Nebeneffekten für das Land. Wahl 2009: Ministerpräsident Carstensen, durch Demonstrationen gegen die vor Ort geplante CO2-Einlagerung in Nordfriesland aufgeschreckt, änderte seine Meinung. „Nicht gegen den Willen der Bevölkerung“, war von nun an das Motto. Er legte sein ganzes Gewicht in die Waagschale, um in Berlin ein Vetorecht der Länder gegen die CO2-Einspeicherungspläne von Frau Merkel zu erhalten. Sein getreuer Gefährte de Jager begleitete ihn fast wöchentlich auf dem Weg zu Frau Merkel, dennoch erreichten uns Entwürfe zum CCS-Gesetz, die keinerlei Vetorecht für die Länder enthielten. Im Frühjahr dieses Jahres kam der nun

(Dr. Michael von Abercron)

von den Regierungsfraktionen bejubelte Durchbruch: die Länderklausel.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Sonst wäre es wahrscheinlich nicht so gekommen, Herr Kubicki.

Wie schon immer von uns dargelegt: Die Länderklausel ist so löchrig wie ein Schweizer Käse und bietet im Kern nur ein Beschäftigungsprogramm für die Juristen in der Landesregierung.

Meine Damen und Herren aus der Regierung, Sie klammern sich weiterhin an die Länderklausel wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm. Leider ist der Blick auf das Ganze, das mit vielen Mängeln formulierte Gesetz, verloren gegangen. Es sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, CO2 außerhalb der 12-Meilen-Grenze unter die Nordsee zu verpressen. Nach 30 Jahren gehen die Kosten der weiteren Speicherung auf den Staat über; entscheidende Sicherheitsaspekte, etwa Standards zur LagerstättenÜberwachung oder Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Unfällen, sollen später in Verordnungen nachgereicht werden. Der Bau der Pipeline dient der großindustriellen Verpressung. Diese Liste lässt sich fortführen. Was haben Sie also im Kern erreicht? - Gar nichts.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kleinmütig werden auch diese Webfehler im Gesetz öffentlich von der Regierung zwar eingesehen, gleichzeitig wird in der Pressemeldung von CDU und FDP Angst und Schrecken verbreitet.

„Wer das Gesetz jetzt ablehnt, der muss wissen, dass dann ein Gesetz kommen könnte, das den Ländern keinerlei Entscheidungsmöglichkeit einräumt.“

Ich verweise auf Art. 4 Abs. 1 der CCS-Richtlinie. Österreich hat ihn angewandt.

(Hartmut Hamerich [CDU]: Ist das auch ein Bundesland?)

Falsche Aussagen werden gestreut: Eine Ablehnung würde Deutschland der Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahrens der EU aussetzen. Wo haben Sie das her? Das ist nicht seriös, meine Damen und Herren. Und das sind falsche Informationen gegenüber der Bevölkerung.

Die Mehrheit für das CCS-Gesetz in der Länderkammer schwindet. Schleswig-Holstein kann das Zünglein an der Waage sein. Stimmen Sie im Inter

esse der Umwelt und der Menschen in SchleswigHolstein gegen das CCS-Gesetz, und beweisen Sie einfach einmal Rückgrat!

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine geschätzten Herren Carstensen und de Jager, lassen Sie Sie sich von mir als Frau und Mutter sagen: Ein bisschen schwanger geht nicht - entweder oder.