Protocol of the Session on August 26, 2011

Ich lasse zunächst über den Antrag auf Ausschussüberweisung abstimmen. Es ist von der SPD-Fraktion beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/ 1712 sowie die Änderungsanträge 17/1743 und 17/1752 als selbstständige Anträge dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. - Die Gegenprobe! Wer ist gegen die Ausschussüberweisung?

(Wolfgang Baasch [SPD]: Das ist keine Ge- meinsamkeit!)

Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gibt es Stimmenthaltungen? - Damit ist die Ausschussüberweisung mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt.

(Minister Dr. Heiner Garg)

Es ist beantragt worden, in der Sache abzustimmen. Ich schlage vor, abweichend von § 75 unserer Geschäftsordnung alle vorliegenden Anträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. - Ich erkenne keinen Widerspruch. Dann werden wir so verfahren.

Ich rufe zunächst den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1712, auf. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE bei Enthaltung der Fraktion des SSW abgelehnt.

Ich lasse über den Antrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW, Drucksache 17/1752, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Zustimmung von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW. Wer ist gegen den Antrag? - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag Drucksache 17/1752 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW abgelehnt.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/1743, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer ist gegen den Antrag? - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/1743, mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und FDP ohne Gegenstimmen bei Enthaltung der Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Parlamentarischen Geschäftsführer haben sich geeinigt, Tagesordnungspunkt 44 in der September-Tagung zu behandeln. Insofern können sich jetzt alle Rednerinnen und Redner zu diesem Tagesordnungspunkt entspannen.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 42 auf:

Mutter-/Vater-Kind-Kuren in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 17/1570

Ich erteile für den Bericht dem Minister für Arbeit, Soziales und Gesundheit, Herrn Dr. Heiner Garg, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen steht für die Landesregierung zuallererst im Zusammenhang der staatlichen Verantwortung für den Schutz der Familie und die Gewährleistung gesunder Lebensverhältnisse von Kindern und ihrer Eltern.

(Unruhe)

Zugleich geht es selbstverständlich auch um einen wirtschaftlich relevanten Faktor im Gesundheitsland Schleswig-Holstein. Mit 28 Einrichtungen und 4.130 Plätzen bietet unser Land ein Angebot mit bundesweiter Reichweite. Die Landesregierung misst dem Gegenstand des vorliegenden Berichts daher ausgesprochen hohe Bedeutung zu, übrigens auch jenseits von irgendwelchen Fragen der Zuständigkeit oder Kompetenz, auch wenn diese - wie Sie dem Bericht hoffentlich entnehmen konnten eine Grenze für den Umfang der möglichen Beantwortung der Fragen der SPD-Fraktion darstellen. Denn Schleswig-Holstein hat für Mutter-/VaterKind-Einrichtungen keine Bedarfsplanungskompetenz und nur bei drei landesunmittelbaren Krankenkassen aufsichtsrechtliche Zuständigkeiten.

Die Landesregierung war daher für den überwiegenden Teil des Berichts auf externe Datenlieferung angewiesen. Dazu gehörten die seitens des GKV-Spitzenverbands dem Bundesgesundheitsministerium zu liefernden Daten zum Antrags- und Bewilligungsgeschehen, wobei es sich nicht um landesspezifische Daten handeln konnte. Trotzdem ist eine Tendenz für die Verhältnisse auf Ebene der Länder daraus ableitbar. Ergänzend hat die Landesregierung durch eine schriftliche Befragung auf freiwilliger Basis - anders wäre es nicht möglich gewesen - bei einer Auswahl von Leistungsträgern und bei allen Einrichtungen Erhebungen durchgeführt.

Nach den uns bekannten und vorliegenden Daten lässt sich Folgendes zusammenfassend sagen: Erstens. Die von Trägern von Mutter-/Vater-Kind-Einrichtungen geschilderten Probleme finden sich vergleichbar auch in anderen Bundesländern.

Zweitens. Die Daten des GKV-Spitzenverbands weisen für 2008 und 2009 etwa gleichbleibende

(Vizepräsidentin Herlich Marie Todsen-Reese)

Ablehnungsquoten auf - bei jedoch großen Unterschieden zwischen einzelnen Kassen.

Drittens. Bundesweit stehen einem geringen Anstieg der Antragszahlen weiter und stärker abnehmende Ausgaben der GKV 2010 für Mutter-/VaterKind-Maßnahmen gegenüber, nachdem 2007 und 2008 die Ausgaben spürbar gestiegen waren.

Viertens. Einrichtungen sprechen daher von einer zunehmend schwer planbaren Belegung und sinkenden Auslastung, sodass bei der geforderten Qualität ein kostendeckender Betrieb nicht mehr möglich sei.

Dazu will ich zweierlei feststellen: Zum einen, dass das Land den Einrichtungen selbstverständlich - das erwartet wohl auch niemand - keine Belegungsgarantie geben kann, ebenso wenig wie Kassen das tun könnten. Zum anderen ist es so, dass Erkenntnisse für ein aufsichtsrechtliches Vorgehen des Gesundheitsministeriums gegen die seiner Aufsicht unterstehenden Krankenkassen nicht vorliegen.

Meine Damen und Herren, gerade Schleswig-Holstein als Gesundheitsland hat aber ein Interesse daran, dass unsere großen Kapazitäten in Anspruch genommen werden. Die Einrichtungen stellen einen ganz erheblichen Wirtschaftsfaktor in den jeweiligen Regionen dar, wobei man sehen muss - auch das ist für niemanden von Ihnen ein Geheimnis -, dass die demografische Entwicklung für die Nachfrage nach Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen natürlich dauerhaft nicht ohne Folgen bleiben wird. Das ist aber nur ein Faktor.

Die Entwicklung der Antragstellung und des Bewilligungsverhaltens der Kassen verdienen sehr wohl eine kritische Beobachtung, insbesondere mit Blick auf den vor der Sommerpause - aber nach der Beantwortung der Fragen der SPD-Fraktion - fertiggestellten Bericht des Bundesrechnungshofs zur Prüfung von Mutter-/Vater-Kind-Maßnahmen.

Nach einem Gespräch mit den beteiligten Akteuren im Mai hat das Bundesgesundheitsministerium unter anderem den GKV-Spitzenverband und den MDS zur Verbesserung des Leistungsgeschehens aufgefordert. Das betrifft insbesondere die „Begutachtungsrichtlinie Vorsorge und Rehabilitation“. Dies soll unter Beteiligung von Fachverbänden bis Ende 2011 geschehen. Nicht zuletzt ist gefordert, dass Bewilligungsentscheidungen transparent mit aussagekräftigen und nachvollziehbaren Begründungen zu treffen sind.

Diese Initiative aufgreifend hat sich mein Haus als Rechtsaufsicht vor der Sommerpause brieflich an

die unter Landesaufsicht stehenden Kassen und die weiteren großen Leistungsträger gewandt, um den Forderungen des Bundesgesundheitsministeriums noch einmal Nachdruck zu verleihen. Ich selbst habe dem Müttergenesungswerk bereits seit Längerem zugesagt, dass wir uns auf der Grundlage neuerer Informationen über die Situation im Land mit allen Beteiligten zusammensetzen werden, um zu erörtern, wie die Einrichtungen in Zukunft sinnvoll weiterentwickelt werden können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Vielen Dank für den Bericht, Herr Minister. - Ich eröffne die Aussprache. Für die antragstellende SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Bernd Heinemann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst von der SPD-Fraktion einen herzlichen Dank an Ihr Team für den Bericht, Herr Minister. Offensichtlich konnte es leider nicht gelingen, die Situation bei Eltern-Kind-Kuren in gewünschtem Umfang konkret abzubilden, aber Sie haben sicherlich Ihr Bestes dafür getan. Gleichwohl wird schon an den Eckdaten deutlich, dass es für die betroffenen Eltern und die 28 Einrichtungen im Land Handlungsbedarf gibt.

Wir haben in den vergangenen Monaten eine Reihe von Einrichtungen besucht und wissen daher, dass zumindest zwei Einrichtungen ihren Betrieb teilweise eingestellt haben, „teilweise“ heißt, sie können nicht mehr immer belegen. Das passt zu den für Eltern-Kind-Kuren sinkenden Ausgaben bei den Krankenkassen um knapp 10 %.

Auf die Belastungen der Eltern, Kinder und Einrichtungen sind Sie in Ihrem Bericht eingegangen. Besonders dankbar sind wir, dass Sie ausführlich auf die umfassenden Aktivitäten von Gesundheitsministerin Trauernicht hingewiesen haben, Herr Minister. Sie haben in Ihrem Bericht ein Fachgespräch beim Bundesgesundheitsminister von Anfang Mai erwähnt. Uns würde interessieren, ob Ihnen zwischenzeitlich die Ergebnisse vorliegen.

Der Bericht des Bundesrechnungshofs liegt vor. Hier würde uns interessieren, welche Handlungshinweise die Landesregierung für die Betroffenen daraus ableitet, auch wenn Sie ohne Zweifel hier keine Planungskompetenz haben. Das haben Sie richtig zum Ausdruck gebracht.

(Minister Dr. Heiner Garg)

Schließlich erkennt der Kostenwächter des Bundes in seiner Bewertung wenig Gleichbehandlung der Versicherten, die Nichtbeachtung rechtlicher Vorgaben des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes, zum Beispiel die gesetzlich vorgegebene Aufhebung des Vorranges für ambulante Leistungen. Ambulante Leistungen sind hier nicht vorrangig zu betrachten, das ist gesetzlich festgelegt, aber das sind ständig die Ablehnungsgründe, die von den Kassen immer wieder genannt werden. Das ist eine Situation, die mit den Kassen zu klären ist. Außerdem fehlen häufig die Rechtsbehelfsbelehrungen, es gibt eine Ungleichbehandlung bei den Anträgen, und es gibt eine Intransparenz, teilweise wird im Bericht des Bundesrechnungshofs sogar von Willkür gesprochen.

Mutter- beziehungsweise Vater-Kind-Kuren sind gesetzliche Pflichtleistungen der Krankenversicherung, doch die Praxis sieht oft anders aus. Die von uns besuchten Einrichtungen berichten übereinstimmend von einer oft restriktiven bis ablehnenden Haltung der gesetzlichen Krankenkassen, wenn es um die Bewilligung dieser unverzichtbaren Aufgabe geht. Oft sind die Begründungen für die Ablehnung schwer nachvollziehbar, und viele Frauen scheuen den Widerspruch, weil das ein aufwendiges und nervenaufreibendes Verfahren ist. Ambulante Leistungen, wie sie der MDK in unzulässiger Weise anmahnt, werden den Krankheitsbildern von Müttern und Kindern oft weder gerecht, noch lassen sie eine Genesung in der Alltagswirklichkeit erwarten. Dies war im Übrigen auch der Grund, dass Mutter-Kind-Kuren zu einer gesetzlichen Pflichtleistung wurden.

Die Einrichtungen berichten, dass der schleppende und sehr oft sogar ablehnende Umgang der Krankenkassen mit Kuranträgen nicht nur den betroffenen Eltern, sondern zunehmend auch den Kureinrichtungen, die nicht mehr ausreichend belegt sind, und damit wichtigen Arbeitgebern in der Region massiv schadet.

Mutter-Kind-Kureinrichtungen sind ein unverzichtbarer Bestandteil des präventiven und therapeutischen Angebots im Gesundheitsland SchleswigHolstein. Gerade deshalb ist die Landesregierung gefordert, sich bei den Krankenassen weiterhin für die Kuren einzusetzen.

Zumindest bei einer Krankenkasse konnte ich mich im Verwaltungsrat für eine stärkere Unterstützung dieser wichtigen Präventionsmaßnahme einsetzen. Die Belastungen junger Familien, insbesondere alleinerziehender Elternteile, haben sich in der mobilen Kommunikationsgesellschaft teilweise erheb

lich verschärft. Für die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Familie - sie bildet eine wichtige Grundlage für gute Chancen im späteren Leben - und der Gesundheit ihrer Mitglieder ist es wichtig, wenn man sich auch einmal eine Mutter- oder VaterKind-Kur erlauben kann.

(Beifall bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Katja Rathje-Hoffmann das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle möchte ich mich im Namen meiner Fraktion beim federführenden Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit für den vorliegenden Bericht bedanken. Es verdichtet sich die Vermutung, dass die für die Bewilligung der Mutter-Vater-Kind-Kuren zuständigen Krankenkassen Anträge für diese gesundheitlichen Maßnahmen vermehrt ablehnen. Hierzu ist aus unserer Sicht zunächst zu bemerken, dass das Land Schleswig-Holstein rein rechtlich gesehen weder für die Bedarfsplanung noch für das Leistungsgeschehen zuständig ist.

Erschwerend für die Überprüfung der Ursachen der vermehrten Ablehnungen kommt hinzu, dass es für Schleswig-Holstein keine eigenen landesspezifischen Erhebungen oder sonstige Statistiken über diese Art von Kuren gibt. Deswegen hat das Ministerium hierzu eine ergänzende Befragung der Krankenkassen als Leitungsträger durchgeführt. Mit Stand April 2011 gab es bei uns im Land 28 Einrichtungen, die insgesamt 4.130 Plätze für Erwachsene und Kinder vorhalten. Hiervon sind 3.471 Plätze für den Bereich Vorsorge und 659 Plätze für den Bereich Rehabilitation vorgesehen. Die Auslastung der Einrichtungen ist seit zehn Jahren stark schwankend mit zuletzt abnehmender Tendenz.

Aus Gründen mangelnder Datenerhebung ist es bedauerlicherweise nicht möglich, für die vergangenen Jahre einen landesspezifischen Überblick über die Bewilligungszahlen zu erhalten. Aus dem vorhandenen Zahlenmaterial lässt sich lediglich eine Tendenz ableiten, zumal sich nur sieben von elf angeschriebenen Krankenkassen an der Befragung durch das Ministerium beteiligt haben. Das Ergebnis gibt dementsprechend leider nur einen lückenhaften Abriss über die besondere Situation hinsicht

(Bernd Heinemann)

lich der Bewilligung der Kuren in Schleswig-Holstein.

Auf Bundesebene vermeldete das Müttergenesungswerk der Elly-Heuss-Knapp-Stiftung in einer Erklärung vom 31. März dieses Jahres, dass die Zahl der abgelehnten Kuranträge von Müttern erneut um 3 % gestiegen sei und die Ablehnungsquote aktuell bei 34 % liege. 64 % davon gingen in das Widerspruchsverfahren. Eine erneute Überprüfung durch die Krankenkassen führte schlussendlich zu einer Bewilligung von 54 % der Widersprüche und somit zu einer stationären Vorsorge- oder Rehamaßnahme für Mütter und ihre Kinder.

Bei uns besteht, wie eingangs erwähnt, mit 28 Einrichtungen und insgesamt 4.130 Plätzen ein großes Angebot, das auf die Belegung durch andere Bundesländer angewiesen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch die Mehrheit der Anspruchsberechtigten aus Schleswig-Holstein die jeweilige Maßnahme in einem anderen Bundesland durchführen möchte.