Und überhaupt: Sie reden permanent von „Steuergeschenken“. Was sind eigentlich in Ihren Augen Steuergeschenke?
Sie haben ein sehr merkwürdiges Staatsverständnis, wenn Sie hier über Steuergeschenke reden. In Ihren Augen gehört offensichtlich jedes Einkommen erst einmal komplett dem Staat, dann wird entschieden, was der Arbeitnehmer selbst behalten darf, und der Rest wird schön gleichmäßig verteilt.
Eine Steuer- und Abgabenpolitik, die Konsumenten und Investoren mehr Freiräume verschafft und den Aufbau von Beschäftigung weiter stabilisiert, steht nicht im Widerspruch zur Haushaltskonsolidierung, sondern unterstützt diese gerade. Nicht mit Steuererhöhungen schafft man mehr Einnahmen, sondern mit einer starken Wirtschaftskraft und einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft hier in Schleswig-Holstein.
Bund und Länder sind aufgefordert - jetzt komme ich wieder zu unserem Antrag -, ein Konzept zur Steuervereinfachung zu entwickeln, welches die Haushaltskonsolidierung der Länder - insbesondere unseres Bundeslandes Schleswig-Holstein - nicht konterkariert. Und das ist möglich.
Keine Steuergeschenke zulasten der Länder zu machen, ist das Einzige, was den Grünen zur derzeitigen Finanzsituation in Bund und Ländern einfällt. Das ist ein bisschen dünn, Frau Heinold. Ein ernstzunehmendes Konzept, wie die Haushaltskonsolidierung in Schleswig-Holstein bis 2020 zu schaffen ist, haben Sie immer noch nicht vorgelegt.
- Das stimmt nicht ganz. Es ist richtig: Die SPD und auch Sie gucken natürlich immer nur nach Berlin und fordern Steuererhöhungen. Das ist für Sie das Allheilmittel, wie wir hier in Schleswig-Holstein unseren Haushalt noch retten können. Aber dass die Einnahmen aus einer höheren Erbschaftsteuer, so wie Sie sie fordern, oder einer Vermögenssteuer nicht einmal ansatzweise dazu ausreichen, die Schuldentilgung zu bedienen, verschweigen Sie gänzlich.
(Dr. Ralf Stegner [SPD]: Aber Steuersenkun- gen helfen dabei! - Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie wollen Sie denn die Schulden tilgen?)
Aber wenigstens hat die SPD eine Vorstellung davon - das finde ich gut -, wie Ausgaben begrenzt werden können. Im „Hamburger Abendblatt“ ist am 16. August 2011 nachzulesen gewesen, dass sich Herr Albig während eines Besuchs der Landesgartenschau zwar gegen den Nordstaat und für die Eigenständigkeit Schleswig-Holsteins ausgesprochen hat, sich aber fragt, ob denn fünf norddeutsche Bundesländer eigentlich fünf Staatskanzleien brauchen. Meine Fraktion und ich würden uns freuen, wenn uns die SPD-Fraktion einmal erklären könnte, was ihr Spitzenkandidat da gemeint hat - das wäre ganz nett - und wie die trotzdem eigenständigen Länder ohne Staatskanzleien dann regiert werden sollen.
Das würde ich gern von dem Spitzenkandidaten beziehungsweise vielleicht von dem angewiesenen Redner hören.
Oder haben wir es bei Herrn Albig mit einem vielversprechenden oder mit einem sich viel versprechenden Politiker zu tun? Er ist ja derjenige, mit dem wir uns demnächst auseinanderzusetzen haben.
(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU - Rasmus Andresen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Ein Armutszeugnis ist das! - Zuruf der Abgeordneten Anke Erdmann [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] - Weitere Zurufe)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Zuschauertribüne begrüße ich weitere Gäste, die an unserer Sitzung heute teilnehmen. Ich begrüße die Mitglieder des CDU-Ortsverbandes Kiebitzreihe. - Seien Sie uns herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Loedige, ich spreche mit Herrn Albig, wenn wir gemeinsam in diesem Parlament sitzen. Ich denke, ich habe auch einige Fragen an ihn zu richten. Aber ich hoffe zumindest, dass ich mir mit Herrn Albig einig bin in der Feststellung, dass wir selbstverständlich ein Einnahmeproblem in diesem Land und diesem Landeshaushalt haben. Sprechen Sie einmal mit Herrn Wiegard und fragen sie ihn, der wird Ihnen das wahrscheinlich auch bestätigen.
Meine Damen und Herren, eigentlich wollten wir schon im Juni aufgrund des Dringlichkeitsantrages der Grünen über diesen Sachverhalt sprechen. Es ging damals darum, die unteren und mittleren Einkommen zu entlasten. Nicht nur wir waren dafür im Rahmen der Dringlichkeit habe ich dazu gesprochen -, sondern auch der damalige Fraktionsvorsitzende der CDU. Gern hätte ich gemeinsam dieses Thema diskutiert. Es sollte nicht sein, weil Sie die Dringlichkeit damals nicht bejaht haben. Jetzt muss ich eben mit Ihnen vorlieb nehmen. Es ist so, wie es ist.
Unsere Position zu der ganzen Frage ist eindeutig: Selbstverständlich müssen wir untere und mittlere Einkommen entlasten. Das ist völlig klar. Aufgrund der kalten Progression gibt es eine Steuerungerechtigkeit, die ausgeglichen werden muss. Unsere Position ist aber eindeutig: Herr Koch, eine solche Steuerentlastung darf nicht zulasten der Einnahmen des Staates gehen
- zu Ihrem Antrag komme ich noch -, das heißt selbstverständlich auch nicht zulasten von Land und Kommunen. Warum nicht? - Es gibt bei uns viele Menschen, viel zu viele Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, Menschen, die nicht arbeiten können, alleinerziehende Frauen, die ihre Kinder betreuen müssen, Menschen, die schon vor Jahren aus dem Arbeitsprozess rausgeschmis
sen worden sind, weil sie niemand mehr braucht oder meinte zu brauchen, Ältere, die nach einem langen Arbeitsleben und Kindererziehung nicht genug Rente bekommen, um ihre Existenz zu sichern.
Meine Damen und Herren, gestern ging durch die Medien: Eine Rentnerin in Schleswig-Holstein erhält im Durchschnitt 483 € Rente - 483 €! Das ist schon ein Skandal. All die genannten Personengruppen sind darauf angewiesen, dass der Staat und die Gesellschaft ihnen helfen.
Dazu braucht es einen gut durchfinanzierten Staat. Deshalb geht eine Steuersenkung bei unteren und mittleren Einkommen nur, wenn wir weiter oben stärker belasten. Dazu gleich mehr. Einer weiteren Unterfinanzierung des Staates werden wir uns in jedem Fall vehement entgegenstellen.
Zum Antrag der Grünen: Selbstverständlich tragen wir Ihren Antrag mit. Ich hätte mich aber gefreut, wenn Sie so einen Antrag im Jahr 2000 oder in den folgenden Jahren gestellt hätten. Da kamen die rotgrünen Reformen der Regierung Schröder/Fischer, da begann der Ausverkauf des Sozialstaates durch die Senkung des Spitzensteuersatzes und durch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes. Wenn ich weiter aufzählen würde, was alles gesenkt worden ist, würde ich wahrscheinlich noch zehn Minuten hier reden.
Herr Schulze, selbstverständlich hat die SPD Steuern gesenkt, aber leider eben nicht bei den unteren Einkommensschichten, sondern bei den Reichen und bei den Unternehmen. Das war der Fehler.
Wir haben zwischen 2000 und 2010 bei Bund, Ländern und Kommunen insgesamt 51 Milliarden € Steuerverluste, Frau Loedige, durch Steuersenkungen hinnehmen müssen. Allein 2008 und 2009 - da war es dann die Große Koalition - haben in Schleswig-Holstein die Steuerrechtsänderungen auf Bundesebene zu strukturell wirkenden Mindereinnahmen in Höhe von 400 Millionen € pro Jahr geführt. Um das in aller Deutlichkeit hier zu sagen: Die hart arbeitenden Eltern hier in Schleswig-Holstein müssen nun die Schülerbeförderung in den Kreisen auch deshalb selbst schultern, weil Sie, meine Damen und Herren auch von SPD und Grü
DIE LINKE will die Entlastung unten und die Belastung oben. Der Steuerbauch bei kleinen und mittleren Einkommen muss weg. Das ist eine Frage der Steuergerechtigkeit.
Um dies zu realisieren, wollen wir den Grundfreibetrag von 8.004 € auf 9.300 € anheben. Wir wollen den Tarifverlauf begradigen und den Spitzensteuersatz ab 65.000 € wieder auf 53 % anheben, Zinsen und Kursgewinne sollen in den persönlichen Steuersatz mit einbezogen werden, die Abgeltungssteuer wird abgeschafft.
Das ist soziale Gerechtigkeit, das ist sozial gerechte Steuerpolitik. Herr Minister Wiegard, Sie werden sagen, das sei unbezahlbar. Das liegt an Ihren ideologischen Scheuklappen. Denn wir können natürlich an der Steuerschraube noch heftig drehen. Wir brauchen eine Millionärssteuer. Wir brauchen eine sozial gerechte Reform der Erbschaftsteuer, die Rücknahme der Steuergeschenke für Unternehmen und die Anhebung des Körperschaftsteuersatzes.
Die Bundesregierung aber zündet Nebelkerzen, und die CDU und FDP - jetzt komme ich zu Ihrem Antrag - beteiligen sich daran. Die ewige Litanei eines einfachen, transparenten und gerechten Steuerrechts - wie hieß der Mann mit dem Bierdeckel noch, ich komme nicht mehr auf seinen Namen - darf Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP, sowieso niemand glauben. Es ist Ihre Klientel, die immer wieder nach Sonderregeln schreit und Ausnahmetatbestände im Steuerrecht fordert. Ich erinnere nur an den geringeren Mehrwertsteuersatz für Hoteliers.
Meine Damen und Herren, das ist mein letzter Satz: Steuern sind zum steuern da. Wenn Sie diese nicht erheben, gibt es auch nichts zu steuern. Dann können wir den Laden dichtmachen. Das wäre das En