Protocol of the Session on August 24, 2011

(Anhaltende Unruhe)

Auch aus unserer Sicht ist es wenig zielführend, jetzt einfach mit der pauschalen Ankündigung von Strafen zu kommen. Datenschutz ist nicht für den Datenschutz da, sondern für die Menschen. Die aktuelle Debatte um den Gefällt mir-Button von Facebook hat dies noch einmal deutlich gemacht.

Vielen Datenschützern ist Facebook bekanntlich schon lange ein Dorn im Auge. Zu intransparent ist

(Heinz-Werner Jezewski)

der Umgang mit den Daten, als dass der individuelle Nutzer noch die Übersicht darüber hätte, was mit seinen persönlichen Daten eigentlich passiert. Eine einfache Lösung wäre es, Facebook einfach zu meiden. Damit würde man aber Millionen von Facebook-Nutzern im Regen stehen lassen. Das ist also keine realistische Empfehlung. Auch Verbote oder die Androhung von Bußgeldern sind nicht die Lösung. Damit verspielen die Datenschützer höchstens ihre Glaubwürdigkeit.

Wir müssen vielmehr eine Balance finden, eine Balance aus praxistauglichen rechtlichen Rahmenbedingungen einerseits und Aufklärungsarbeit, Sensibilisierung für den Umgang mit privaten und öffentlichen Daten und Medienkompetenz andererseits. Karl Michael Betzl sagte 2006 im Bayrischen Landtag:

„Datenschutz ist Machtkontrolle, Datenschutz ist Schutz des Individuums, Datenschutz ist Schutz der Freiheit, Datenschutz ist Schutz der informationellen Selbstbestimmung.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist weiterhin die Gemengelage, mit der wir es zu tun haben.

(Vereinzelter Beifall bei SSW, SPD, BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wir kommen zur Abstimmung, und zwar erstens über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes, Drucksache 17/1599. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden.

Wir kommen zweitens zum Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Landesdatenschutzgesetzes und des Landesverfassungsschutzgesetzes, Drucksache 17/1698. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtssausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Bevor wir Tagesordnungspunkt 10 aufrufen, möchte ich bekannt geben, dass die Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Anschluss der Vormittagssitzung des Plenums in Raum 139 stattfindet.

Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 10 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Fahrberechtigungszuständigkeitsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/1697

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 17/1697 dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr.

(Unterbrechung:12:55 bis 15:03 Uhr)

Meine Damen und Herren! Wir setzen die Beratungen fort. Für den heutigen Nachmittag hat sich Herr Abgeordneter Thorsten Fürter von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN krankgemeldet. Wir wünschen ihm von dieser Stelle aus gute Besserung.

(Beifall)

Begrüßen Sie mit mir auf der Besuchertribüne Gäste des Kreisverbands von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aus Pinneberg und Mitglieder des U-Boot-Stammtisches Kiel! - Herzlich willkommen im Haus!

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Bildungsförderalismus neu gestalten

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/1602

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Drucksache 17/1739

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Ines Strehlau.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Bildungsföderalismus brennt den Menschen auf den Nägeln. Wenn der „Spiegel“ und die „Süddeutsche Zeitung“ titeln: „Irrsinn Bildungsfö

(Anke Spoorendonk)

deralismus“ oder „Bildung und Föderalismus - Ein deutscher Sadismus“, so zeigt dies, dass es auch ein hochgradig emotionalisiertes Thema ist. In den Umfragen sprechen sich bis zu 90 % der Menschen dafür aus, dass der Bund die Kompetenz für die Bildung bekommen soll. Die Bildungspolitikerinnen und -politiker in den Ländern aber sagen: Bildung ist am besten bei uns aufgehoben. Wir wissen, was für unsere Schülerinnen und Schüler am besten ist.

Wir haben also ein Problem. Um dies zu lösen, müssen wir alle unseren Blickwinkel verändern. Wir müssen die Familien, Schülerinnen und Schüler, Studierenden und die Lehrkräfte in den Mittelpunkt stellen - ohne idologische Scheuklappen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Die Brücke dafür bauen wir mit unserem Antrag. Wir denken Mobilität und Qualität zusammen und bauen die Brücke in ein Bildungssystem, das die Balance zwischen notwendiger bundesweiter Einheitlichkeit und Freiheit vor Ort an den Schulen schafft. Voraussetzung für das Gelingen ist ein neues Verständnis zwischen Bund und Ländern. Wir müssen Bildung wieder als gesamtstaatliche Aufgabe ansehen - nicht Bund und Länder gegeneinander, sondern gemeinsam.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] und Flemming Meyer [SSW])

Dazu gehört auch, dass das Kooperationsverbot fallen muss, das haben wir bereits vor einiger Zeit hier beschlossen.

Aber das reicht nicht. Die Zeit ist reif für einen Neuanfang im Bildungsföderalismus, und die Chancen stehen gut. Bei der Schulstruktur sind wir bundesweit dabei, auf ein zweigliedriges System mit Gemeinschaftsschule und Gymnasien zuzulaufen. Das ist für uns Grüne ein harter Brocken, aber auch wir akzeptieren, dass die Zeit für eine Schule für alle noch nicht reif ist. Viele Eltern wollen das Gymnasium behalten.

Mit den gleichen Schulformen können wir endlich auch die Lehrerbildung kompatibel gestalten. Es ist doch Irrsinn, dass Lehrkräfte teilweise nicht einmal im benachbarten Bundesland unterrichten dürfen, weil sie die falschen Fächerkombinationen studiert haben.

Auch bei den Bildungsstandards müssen wir nachbessern. Mit ihnen werden richtigerweise Kompetenzen in den Mittelpunkt gestellt - also kei

ne englischen Grammatikarbeiten mehr, sondern Verständnis von Texten und Sprechen der Sprache. Aber diese Bildungsstandards sind noch nicht in allen Ländern implementiert, also umgesetzt. Die Trichtermethode für Lernstoff gibt es zum Teil immer noch. Um bei den Lehrinhalten eine Gleichwertigkeit zu garantieren, brauchen wir bundesweit abgestimmte Qualitätsstandards und Evaluationsverfahren, die die Schulen nutzen, um ihre Stärken zu erkennen und um ihre Defizite zu beheben.

Als Ergänzung brauchen wir bundesweite Leistungsmessungen von Flensburg bis Kempten nicht alle Prüfungen bundesweit an einem Tag, aber gleichwertige Aufgaben, die auf bundesweit einheitlichen Kompetenzstufen basieren.

(Jürgen Weber [SPD]: Hört! Hört!)

Dieser bundesweit gleiche Rahmen entzerrt das Wirrwarr im Bildungssystem und erleichtert den Familien und Lehrkräften einen Umzug in ein anderes Bundesland.

Wir sagen in unserem Antrag aber nicht, dass in Hamburg und München am gleichen Tag das Gleiche gelernt wird. Das Ziel ist vorgegeben, aber den Weg dorthin können - ja, sollen - Schulen individuell auf die Schülerinnen und Schüler abstimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Entwicklung des einheitlichen Rahmens überlassen wir nicht der Kultusministerkonferenz. Einstimmigkeitsprinzip und Eigeninteressen der Länder sprechen dagegen. Für diese Aufgabe brauchen wir eine Kommission, die aus Wissenschaftlerinnen sowie Wissenschaftlern und Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen besteht. Eine ähnliche Kommission gab es bereits vor 40 Jahren: den deutschen Bildungsrat. Er hat innovative Vorschläge gemacht, die immer noch aktuell sind. So etwas brauchen wir wieder!

Auch eine Notbremse haben wir in unseren Antrag eingebaut. Wenn die Länder es nicht schaffen, sich zu einigen, bekommt der Bund spätestens 2017 die Richtlinienkompetenz. Aber wir sind zuversichtlich, die Notbremse nicht ziehen zu müssen, denn auch CDU, SPD und LINKE haben erkannt, dass wir den Bildungsföderalismus überarbeiten müssen. Die Chancen stehen also gut.

Lassen Sie uns von Schleswig-Holstein aus die Diskussion in Gang bringen. Dann können wir auch wieder einmal positive Schlagzeilen produzieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Ines Strehlau)

Da das Thema sehr komplex ist, beantrage ich für die grüne Fraktion, unseren Antrag und den der LINKEN in den Bildungsausschuss zu überweisen. Dort können wir ausführlich beraten und auch den Sachverstand von Expertinnen und Experten hinzuziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)