Ich fange noch einmal an. Wir wollen mit den Pflegekassen gemeinsam die Beratungs- und Versorgungsstrukturen weiterentwickeln, und zwar mit dem Ziel, die individuellen Beratungsaufgaben auf regionaler Ebene in den Pflegestützpunkten zu konzentrieren und alle landesweit koordinierenden Strukturen in einer koordinierenden und strukturgebenden Form zu bündeln, was übrigens bereits begonnen wurde, und zwar in dem erst vor Kurzem gegründeten landesweiten Kompetenzzentrum Demenz. Wenn ich mich umgucke, dann sehe ich, dass bei der Gründungsveranstaltung der eine oder andere Kollege oder die eine oder andere Kollegin anwesend war.
Als nächsten Schritt überplanen wir die Übertragung der Freiwilligenleistung des Landes für die offenen ambulanten Hilfen an die Kommunen ab dem Jahr 2012. Man kann darüber streiten, ob man das richtig findet oder nicht. Tatsache ist, dass dies aus Sicht der Landesregierung den einzig konsequenten Weg der Weiterentwicklung darstellt. Wenn ich das anmerken darf: Das ist die seit elf Jahren kontinuierlich entwickelte Linie aus der Zielsetzung des Psychiatrieplans 2000. Sie haben es heute Morgen schon versucht, und es wundert mich nicht, dass die Opposition diese Politik als ahnungslos darstellen will. Ich sage noch einmal: Es ist Ihr gutes Recht, diesen Versuch zu unternehmen. Es wundert mich aber, dass man den Antrag der SPD als Stopp der Kommunalisierung und der orts
nahen Zuständigkeiten lesen kann. Wie anders soll verstanden werden, dass darin mehr Landespsychiatrieplanung statt einer kommunalen Psychiatrieplanung gefordert wird? - Wenn Sie der Auffassung sind, dass dies falsch ist, dann mögen Sie das vielleicht in einen Antrag gießen, aber ich stehe - wie alle Vorgängerregierungen seit dem Jahr 2000 - dafür, Hilfen so zu organisieren, dass man nah am Menschen ist, und nicht vom grünen Schreibentisch aus.
Wir haben hier so viele Zitate aus der schriftlichen Anhörung. Das ist exakt die Position der Kreise und Kommunen. Der Städteverband Schleswig-Holstein hat ausdrücklich betont, dass dem Land lediglich im Bereich der psychiatrischen Krankenhausleistung die Ausstellung und Anpassung des Krankenhausplanes obliegt.
- Nein, Herr Präsident, ich gestatte keine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stegner. Der Landkreistag hat auf den Übergang zentraler Bereiche der psychiatrischen Versorgungsplanung auf die Kreise und kreisfreien Städte hingewiesen. Im Übrigen ist klar, dass die Versorgung durch niedergelassene Psychiater und Psychotherapeuten der Kassenärztlichen Vereinigung obliegt. Hier kommen Planungskompetenzen des Landes mit Sicherheit nicht in Betracht. Dort, wo noch Planungszuständigkeiten beim Land liegen, wie bei der psychiatrischen Krankenversorgung oder dem Maßregelverzug, hat die Landesregierung - anders als Sie behaupten - längst ihre Hausaufgaben gemacht. Vielleicht werfen Sie höflicherweise in der Sommerpause einmal einen Blick in den gerade beschlossenen Landeskrankenhausplan.
Der Maßregelvollzug in Schleswig-Holstein ist ebenfalls auf einem guten Weg. Dies bestätigen im Übrigen auch die unabhängigen Anliegenvertreter und die Besuchskommission Maßregelvollzug, deren jährliche Berichte auch den Sozialausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtags erreichen.
Wenn Sie den Psychiatrieplan 2000 aufschlagen und die damaligen Leitlinien durchlesen, dann werden Sie erkennen, dass genau diese Leitlinien bis heute Gültigkeit haben, weil sie konsequent umgesetzt werden. Land und Kommunen sind auf der bestehenden Planungsgrundlage gut aufgestellt, um die angemessene Hilfe für psychisch kranke Menschen zu gewährleisten. Man sollte es vielleicht
auch vonseiten der Opposition anerkennend zur Kenntnis nehmen, dass die Kommunen die ihnen übertragenen Aufgaben in vorbildlicher Weise erfüllen. Selbstverständlich greifen die Kommunen die laufenden neuen Entwicklungen auf. Ich finde, das haben sie nicht verdient, wenn Sie hier so tun, als ob sie sich noch in der psychotherapeutischen und psychiatrischen Steinzeit befänden, Herr Kollege Heinemann.
Vor diesem Hintergrund mögen Sie einfach noch einmal einen Blick auf das werfen, was tatsächlich passiert. Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, dass man enttäuscht ist, wenn man mit einem ambitionierten Anliegen startet und damit keinen Erfolg hat, aber das ist ab und zu der Lauf der demokratischen Dinge. Was meinen Sie, wie oft mir das in der letzten Legislaturperiode passiert ist!
Es ist zunächst beantragt worden, den Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache 17/994, an den Sozialausschuss zurückzuüberweisen. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des SSW. Gegenstimmen! - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag auf Rücküberweisung abgelehnt.
Der Ausschuss empfiehlt, den Antrag Drucksache 17/994 abzulehnen. Wer der Ausschussempfehlung folgen und so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Gegenstimmen! - Das sind die Fraktionen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW. Damit stelle ich fest, dass der Antrag Drucksache 17/994 abgelehnt worden ist.
a) Auswirkungen der Aussetzung des Wehrdienstes und Zukunft der Freiwilligendienste und des Katastrophenschutzes in Schleswig-Holstein
Für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Tat ist es so, dass diese drei Berichte, die Sie eben genannt wurden, zwar eine gemeinsame Klammer haben, aber doch sehr unterschiedliche Themen berühren; denn zwei von den drei Themen fallen in den Bereich des Wissenschaftsministeriums. Deshalb werde ich dazu vortragen. Ich bitte um Nachsicht, wenn vielleicht einige Äußerungen zu dem ersten Thema aus meinem Munde ein bisschen fremd klingen mögen.
Schleswig-Holstein ist das Land zwischen den Meeren, überproportional stark durch Bedrohung von Naturkatastrophen, Sturmfluten und Orkanen ausgesetzt. Deshalb setzt sich die Landesregierung dafür ein, die Auswirkungen der Bundeswehrreform so verträglich wie möglich zu gestalten. Das bedeutet konkret: Die besondere Gefahrenlage Schleswig-Holsteins muss durch überproportionale Bundeswehrpräsenz im Land berücksichtigt werden. Die Bundeswehr muss auch nach der Reform in der Lage sein, bei schweren Naturkatastrophen ebenso Hilfe zu leisten wie zum Beispiel bei einem Großbrand.
durch die Bundeswehrreform Fähigkeiten und Möglichkeiten der Bundeswehr wegbrechen und dieses ausgeglichen werden muss.
Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht wird auch die Pflicht entfallen, Dienst im Zivil- und Katastrophenschutz zu leisten. In Schleswig-Holstein leisten gegenwärtig etwa 2.000 Helfer diesen Ersatzdienst. Wir gehen davon aus, dass der neue Bundesfreiwilligendienst diese Lücke nicht wird schließen können.
Insbesondere für den Katastrophenschutz fordert die Landesregierung deshalb vom Bund weitere kompensatorische Konzepte und Maßnahmen des Bundes, um erstens der abnehmenden Anzahl der Helfer im Katastrophenschutz entgegenzuwirken und zweitens das Bundesfreiwilligendienstgesetz und seine Auswirkungen auch auf die Gewinnung von Helfern im Zivil- und Katastrophenschutz zeitnah zu evaluieren.
Die dritte wesentliche Auswirkung der Strukturreform der Bundeswehr betrifft die Hochschulen, und hier kommt jetzt das MWV ins Spiel. Die Aussetzung der Wehrpflicht sowie der Zivildienstpflicht wird kurzfristig zu einem weiteren signifikanten Anstieg der Studienanfängerzahlen führen. Im Rahmen des Hochschulpaktes II von Bund und Ländern müssen unsere Hochschulen in den Jahren 2011 und 2015 bereits ohnehin knapp 10.000 zusätzliche Studienanfänger aufnehmen.
Durch die Wehrpflichtaussetzung kommen ab dem Jahr 2011 zwischen 1.263 und 1.665 weitere hinzu, je nach dem, wie gut die neuen Freiwilligendienste tatsächlich angenommen werden. Der Schwerpunkt liegt in den Jahren 2011 und 2012.
Diese Studienanfänger werden analog im Hochschulpakt II finanziert. Das heißt, 50 % zahlt der Bund, und 50 % der Kosten übernimmt das Land. Da allerdings noch nicht feststeht, wie viele Studienanfänger tatsächlich kommen werden, hat sich die gemeinsame Wissenschaftskonferenz darauf verständigt, diese Zahlung erst nachlaufend zu übernehmen. Das heißt, die Zahlen für 2011 werden erst ab 2013 tatsächlich rückwärtig finanziert.
Die Kosten für Schleswig-Holstein werden dabei zwischen 12,6 Millionen und 16,6 Millionen € liegen. Das Land wird die Mittel entsprechend in den nächsten Haushalten zusätzlich veranschlagen.
In diesem Kontext aktuell hoher Auslastung der schleswig-holsteinischen Hochschulen ist auch der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur nachhaltigen Sicherung des Wissenschafts- und Studien
angebots zu sehen. Die Umstellung des Studiensystems auf die Abschlüsse Bachelor und Master ist eine der umfassendsten Veränderungen des deutschen Hochschulsystems in den letzten Jahrzehnten, und sie verfolgt neben der Anpassung des deutschen Studiensystems an internationale Standards auch - und das ist in diesem Kontext nicht unerheblich - das Ziel der Studienzeitverkürzung.
Die schleswig-holsteinischen Hochschulen haben bis zum Wintersemester 2010/2011 etwa 95 % aller Studiengänge bereits auf diese neue Struktur umgestellt. Der verbleibende Rest der Studienplätze sind überwiegend Staatsexamenstudiengänge wie Medizin, Jura und Pharmazie. Wir sind damit besser als der Bundesschnitt, der bei 80 % liegt.
Die ersten Bachelor-Absolventen haben zum Wintersemester 2004 Master-Studiengänge besuchen können, der allergrößte Rest erst am 2008.
Zu der Frage, ob wir ausreichend Master-Studienplätze im Rahmen des Hochschulpakts zur Verfügung stellen, möchte ich folgende Hinweise geben:
Erstens. Das Verhältnis von Master-Studienplätzen zu Bachelor-Studienplätzen liegt in SchleswigHolstein im Wintersemester 2009/2010 und im Sommersemester 2010 bei etwa eins zu zwei.
Zweitens. Der Hochschulpakt in der Phase II finanziert zusätzliche Studienanfängerplätze für einen Zeitraum von vier Jahren.
Das führt drittens zu folgender Rechnung: Das Bachelor-Studium dauert in der Regel drei, in Einzelfällen auch dreieinhalb Jahre. Damit ist im Rahmen des Hochschulpaktes bei einem dreijährigen Bachelor wie bei jedem zweiten Absolventen das in der Regel zweijährige Master-Studium ausfinanziert.
Eine verlässliche Prognose darüber - das ist das, was hinter dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steckt, ob dieses ausreichend ist - ist zu diesem gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich; denn die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass das vorhandene Angebot an Master-Studiengängen nicht vollständig genutzt wird. Vielmehr sind die Master-Studiengänge bis auf einzelne Ausnahmen überwiegend nicht ausgelastet, teilweise liegt die Nachfrage nach entsprechenden Plätzen unter 50 %. Die Gründe für diese geringe Nachfrage können derzeit nur vermutet werden. Zum einen sind diese Erfahrungswerte aufgrund der geringen Zahl von Jahren, in denen es diese Struktur gibt, noch nicht repräsentativ genug, zum anderen beobachten wir allerdings, dass anders, als viele Prognosen es besagen und auch die Berichterstattung in der Presse,
viele Bachelor-Absolventen bereits vom Arbeitsmarkt sehr gut angenommen werden. Insofern ist es aus meiner Sicht aus finanziellen Gründen nicht möglich und wahrscheinlich auch gar nicht notwendig, im Zusammenhang mit dem Hochschulpakt II zusätzliche Master-Studienplätze zur Verfügung zu stellen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die CDUFraktion erteile ich Herrn Kollegen Markus Matthießen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen besseren Zeitpunkt als den heutigen Tag kann es für diese Diskussion wohl nicht geben. Seit heute greift die Aussetzung des Wehrdienstes.