Für einen Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Fraktionsvorsitzenden Anke Spoorendonk vom SSW das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich bei den anderen Fraktionen für diese Debatte und bei dem zuständigen Ministerium für den Bericht, den ich als Diskussionsgrundlage sehe, bedanken. Ich habe vorhin angesprochen, dass es in dem Bericht auch Lücken gibt. Dazu stehe ich. Aber als Diskussionsgrundlage ist der Bericht gut und angemessen.
Ich habe mich noch einmal zu Wort gemeldet, weil ich noch einmal daran erinnern möchte, dass wir, wenn es um Gedenkstättenarbeit geht, eine besondere Verpflichtung haben, uns gerade mit den KZGedenkstätten unseres Landes zu befassen. Ich bitte, dies auch zu tun und nicht zu sagen, dass wir uns gleich mit allen Gedenkstätten beschäftigen. Mir ist bewusst, dass es davon viele gibt und dass das auch ein wichtiges Anliegen ist. Wir müssen uns als Parlament und als Kulturausschuss einmal die Zeit nehmen, einen Spatenstich tiefer zu graben, um zu sehen, ob unsere Gedenkstättenarbeit im Land Schleswig-Holstein zeitgemäß ist, ob wir das erreicht haben, was wir erreichen wollen.
Richtig ist natürlich, was der Kollege Habeck vorhin ansprach. Man kann fragen: Warum sind wir in Schleswig-Holstein noch nicht viel weiter gekommen? Wir alle, die wir uns damit beschäftigt haben, wissen, dass es vor Ort ein großes Engagement gibt, dass alle KZ-Gedenkstätten von unten ge
wachsen sind. Die Kirchengemeinde in Ladelund hat es getan. In Husum-Schwesing waren es Menschen vor Ort, die sich zusammensetzten und Diskussionsveranstaltungen mit Schülerinnen und Schülern durchführten. Bei den anderen Gedenkstätten war es ähnlich, eine Bewegung von unten.
Die Frage, die jetzt notwendigerweise erörtert und beantwortet werden sollte, ist: Wie wollen wir als Land Schleswig-Holstein eigentlich mit unseren KZ-Gedenkstätten umgehen? Welches Konzept haben wir?
Ich habe vorhin in meinem Redebeitrag Jan Philipp Reemtsma genannt. Ich hätte auch hinzufügen können, dass es aus seiner Sicht zwei Anliegen gibt, aus denen es wichtig ist, die Gedenkstättenarbeit weiter zu fördern. Er sagt, auf der einen Seite machten sie deutlich, wie fragil unsere Zivilisation ist - das ist ein wichtiger Punkt -, und zum anderen machten sie deutlich, dass wir unabhängig von der Schuldfrage auch mit Scham erfüllt sind, wenn wir sehen, was Menschen in diesen Orten des Grauens gemacht haben. Diese beiden Punkte im Auge zu behalten ist wichtig. Dadurch halten wir auch die Erinnerung an das Grauen wach. Dass wir das den Opfern schuldig sind, gehört dazu. Aber die anderen beiden Aspekte sind aus meiner Sicht für die Zukunft am wichtigsten. Darum hoffe ich, dass wir im Ausschuss die Kraft haben, nicht nur eine Anhörung zu machen, sondern uns mit dieser Thematik tiefgehend auseinanderzusetzen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/1428, dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Mittelstandes (Mittel- standsförderungs- und Vergabegesetz)
b) Zweite Lesung des Entwurfs eines schleswigholsteinischen Gesetzes zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlicher Auftragsvergabe (Vergabe- und Tariftreuegesetz)
Ich erteile dem Berichterstatter des Wirtschaftsausschusses, Herrn Abgeordneten Bernd Schröder, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat den Gesetzentwurf der Landesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Förderung des Mittelstandes sowie den dazu vorgelegten Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN durch Plenarbeschluss am 27. Januar dieses Jahres dem Wirtschaftsausschuss - federführend - sowie dem Finanzausschuss und dem Innenund Rechtsausschuss - mitberatend - zur Beratung überwiesen. Die Ausschüsse haben sich jeweils in mehreren Sitzungen mit den Vorlagen befasst und
Nachdem die mitberatenden Ausschüsse beschlossen haben, von einem eigenen Votum zu den Vorlagen abzusehen, spricht der federführende Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Enthaltung der SPD und der LINKEN die Empfehlung an den Landtag aus, den Änderungsantrag Drucksache 17/1227 abzulehnen und den Gesetzentwurf der Landesregierung dies mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und SSW - unverändert anzunehmen.
Den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Schleswig-Holsteinisches Gesetz zur Sicherung von Tariftreue, Sozialstandards und Wettbewerb bei öffentlichen Auftragsvergaben, Drucksache 17/889, und den dazu von der Fraktion DIE LINKE vorgelegten Änderungsantrag, Drucksache 17/919, hat der Landtag dem Wirtschaftsausschuss durch Plenarbeschluss am 8. Oktober 2010 zur Beratung überwiesen. Der Wirtschaftsausschuss hat sich mit den Vorlagen in zwei Sitzungen, zuletzt am 15. Juni 2011, befasst und im Rahmen seiner Beratung ebenfalls eine schriftliche Anhörung durchgeführt.
Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Landtag mit den Stimmen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der LINKEN bei Enthaltung der SPD, den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/ 919, abzulehnen, und mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und SSW bei Enthaltung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN, auch den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD, Drucksache 17/889, abzulehnen.
Im Namen des Wirtschaftsausschusses schlage ich dem Hohen Hause vor, entsprechend den Empfehlungen in den Drucksachen 17/1604 und 17/1607 zu beschließen.
Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Johannes Callsen von der CDU-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der heutigen Verabschiedung des Mittelstandsförderungsgesetzes setzen wir einen weiteren wichtigen Baustein in unserer Offensive für Mittelstand und Handwerk in Schleswig-Holstein. Durch diese Offensive und durch eine auf Freiraum und Verantwortung gerichtete Wirtschaftspolitik ist es seit 2005 gelungen, Schleswig-Holstein nach Jahren rot-grünen Rückschritts wieder voranzubringen. Die Arbeitslosigkeit wurde von 180.000 auf rund 100.000, heute unter 100.000, verringert, und etwa 80.000 neue Arbeitsplätze wurden geschaffen. Dies ist eine großartige Leistung der mittelständischen Betriebe in unserem Land und der neuen Rahmenbedingungen der Landespolitik.
Die Konjunkturerwartungen der Betriebe sind überwiegend positiv. Das sagen die Umfragen der Kammern. Die Wirtschaft zeigt wieder Wachstum. Dies alles sind überzeugende Fakten, die zeigen, dass unsere Wirtschaftspolitik für die Menschen in Schleswig-Holstein richtig ist. Denn was nützt den Bürgerinnen und Bürgern in unserem Land ein statistisch erfasster Wohlfühlindex, wenn sie arbeitslos sind und ihre Einkommen vom Bundestrend abgekoppelt werden, wie dies bei Rot-Grün bis 2005 der Fall war?
Das neue Gesetz enthält ein klares Bekenntnis zum Vorrang der privaten Aufgabenerledigung, die verbesserte Kommunikation mit den Unternehmen über das Internet und die Förderung der internationalen Verflechtung von Unternehmen sowie das Bekenntnis zur überbetrieblichen Lehrlingsunterweisung im Handwerk.
Kern des Gesetzes sind neue Vergabebestimmungen für öffentliche Aufträge, die dem Mittelstand noch bessere Chancen einräumen. So haben öffentliche Auftraggeber künftig die Pflicht, ungewöhnlich niedrige Angebote zu überprüfen, wenn diese um mindestens 10 % vom nächst höheren Angebot abweichen. Damit verhindern wir Wettbewerbsverzerrungen durch Preis- und Lohndumping zulasten der Arbeitnehmer und der tariftreuen Betriebe.
Um die Wettbewerbssituation kleinerer und mittlerer Unternehmen weiter zu stärken, sind öffentliche Aufträge grundsätzlich auch unterhalb der Schwellenwerte in Teillose und Fachlose aufzuteilen. Und wir schaffen eine Tariftreueregelung, die EU-konform, rechtssicher ist und sich an den allgemein verbindlichen Mindestlöhnen der Tarifpartner und dem Arbeitnehmerentsendegesetz orientiert.
Dies alles sind die Gründe dafür, dass die Verbände von Mittelstand und Handwerk, aber auch die Industriegewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt unseren Gesetzentwurf in der Anhörung ausdrücklich begrüßt haben.
Die Anhörung zum Gesetzentwurf und zu den Änderungsanträgen der Opposition hat aber zugleich den elementaren Unterschied in der Wirtschaftspolitik der Regierungskoalition und der Oppositionsparteien deutlich gemacht. Grüne und die LINKE etwa wollen über das Mittelstandsförderungsgesetz einen gesetzlichen Mindestlohn einführen. Wir haben uns dagegen ausgesprochen, weil es nicht Aufgabe des Staates ist, Löhne am grünen Tisch festzulegen.
Darin sind wir uns übrigens einig mit dem Handwerk Schleswig-Holstein, das in der Anhörung erklärte - ich zitiere -: „Es hat sich in der Vergangenheit bewährt, dass Mindestlöhne im Rahmen der Tarifautonomie mit dem Sozialpartner ausgehandelt und vereinbart wurden.“
Meine Damen und Herren, die Sozialdemokraten wollen mir ihren Anträgen einen gesetzlichen Mindestlohn durch die Hintertür einführen. Die CDU setzt auf die Verantwortung der Tarifpartner, wie dies in vielen Bereichen, von der Bauwirtschaft und der Abfallwirtschaft über den Pflegebereich und Gebäudereiniger bis zum Bäckerhandwerk, unter Beweis gestellt wurde. Mich wundert ein wenig, dass die Kollegen der SPD ihren gesetzlichen Mindestlohn, wenn sie denn davon schon überzeugt sind, nicht direkt in ihr eigenes Vergabegesetz geschrieben haben, wie es wenigstens die Grünen gemacht haben. Dies ist zwar ordnungspolitisch falsch, aber immerhin, lieber Herr Kollege Dr. Tietze, konsequent falsch. Wir werden daher die Anträge der SPD und der Linken ablehnen.
Meine Damen und Herren, unsere Wirtschaftspolitik baut ganz entscheidend darauf auf, dass wir den Unternehmen Entwicklungsmöglichkeiten einräumen. Das haben wir beim Landesentwicklungsplan bewiesen und ermöglicht, und das setzen wir fort.
SPD, Grüne und Linke haben mit ihren Gesetzentwürfen deutlich gemacht, dass es ihnen im Kern um eine andere Wirtschaftspolitik geht, nämlich um eine Politik, die den Betrieben von oben verordnet, was gut und richtig ist. So soll der Mittelstand per Gesetz zur Einhaltung weiterer sozialer und ökologischer Standards verpflichtet werden. Die Handwerkskammer hat sich in der Anhörung klar dagegen positioniert. Ich zitiere: „Derartige Anforderun
gen gehen an der betrieblichen Realität unserer Mitgliedsbetriebe schlichtweg vorbei. Im Ergebnis wird hier nur eine neue leer laufende Bürokratie erzeugt, deren Anforderungen von den kleinen Betrieben gar nicht erfüllt werden können.“
Der Omnibusverband Nord bezeichnet die Auflagen im SPD-Gesetzentwurf als „denkbar ungeeignet und nicht zielführend“. Noch vernichtender ist das Urteil des Einzelhandelsverbandes, der sagt ich zitiere -: „Der Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion lässt den Aspekt der Mittelstandsförderung vermissen.“ Diesem Fazit ist nichts hinzuzufügen.