Wenn wir hier auf diesem Niveau diskutieren und das möglicherweise als Unterstellung oder Anspielung ins Spiel bringen, dann geht das meines Erachtens völlig am Thema vorbei. So etwas sollten wir hier lassen.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag hat die Frau Abgeordnete Silke Hinrichsen von der Fraktion des SSW das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Stegner, Ihre Argumente haben wir sehr wohl gehört. Sie sind gegen Rechtspopulisten in den Parlamenten. Wie sind auch gegen Rechtsextremisten in den Parlamenten. Sie denken nur, die Lösung liegt im NPD-Verbotsverfahren. Wir sind der Ansicht, wir können uns mit den Gedanken, die hier auch so offen geäußert werden, auseinandersetzen. Aber ein Verbotsverfahren gegen eine Partei hat es noch nie zuwege gebracht, die Diskussion in irgendeiner Form zu beflügeln oder eine Auseinandersetzung mit diesen Argumenten in irgendeiner Weise voranzubringen.
Parteiverbotsverfahren führen eben gerade nicht dazu, dass die Gedanken, die dahinterstehen, in irgendeiner Weise verboten werden. Meine Kollegin hat insoweit auch schon richtig ausgeführt, Deutschland habe auch Strafgesetze, die auch hier angewendet werden. Wir denken, das ist der richtige Weg. Im Übrigen haben wir die Auseinandersetzung hier und überall in der gesamten Gesellschaft zu führen.
Wir sind aber weiter der festen Überzeugung, dass wir die Auseinandersetzung mit den Rechtspopulisten, die wir überall in Europa haben - wir haben auch überall rechtsextreme Parteien, sogar hier in Deutschland -, weiter führen sollten, und zwar überall, und dass wir nicht einfach verbieten, dass sie sich organisieren. Sie haben leider auch in der Vergangenheit bewiesen, dass sie das in vielen anderen Organisationen getan haben und auch künftig tun werden. Sie heißen dann möglicherweise nur anders.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen lagen zunächst nicht vor, aber es folgt jetzt der Herr Innenminister für die Landesregierung. Herr Minister Klaus Schlie, Sie haben das Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat Ende April angekündigt, einen erneuten Antrag zum Verbot der NPD zu stellen. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hat dazu Anfang Mai erklärt, dass sie nichts von einem erneuten Verbotsantrag halte, wenn sich an der bisherigen Haltung der Innenminister in der sogenannten V-Leute-Frage nichts ändere. Herr Oppositionsführer, dazu lohnt es sich wirklich noch einmal, das nachzulesen, was das Bundesverfassungsgericht in seinem ersten Urteil gesagt hat. Das ist nicht ein einziger ausschließlicher Grund - da gebe ich Ihnen recht -, aber das ist ein wichtiger Grund für die Beurteilung insgesamt.
Auch Bundesinnenminister Friedrich steht einem erneuten Verbotsverfahren äußerst skeptisch gegenüber. Ich teile diese Auffassung.
Der Verfassungsschutzbericht 2010 für Schleswig-Holstein beschreibt die mehr oder weniger unverhüllte Verfassungsfeindlichkeit der NPD. Diese Einschätzung wird von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und anderer Länder geteilt. Gleichwohl ist die Debatte um ein Verfahren zum Verbot der NPD immer auch eine Debatte, mit welchen Mitteln die freiheitliche demokratische Grundordnung des Grundgesetzes und der schleswig-holsteinischen Landesverfassung zu verteidigen sind.
Als Innenminister sind mir mit der Verantwortung für die Polizei und für die Verfassungsschutzbehörde gleich zwei der wirksamsten Mittel zur Gewährleistung der verfassungsmäßig geschützten Freiheiten und Rechte anvertraut. Die für die öffentliche Sicherheit zuständigen Behörden schützen durch ihre Arbeit jeden Tag die in Schleswig-Holstein lebenden Menschen auch vor dem Bodensatz des Rechtsextremismus und damit gerade auch vor jenen Gewaltbereiten, die das überholte Gedankengut der NPD als Rechtfertigung nehmen für ihre Aggression gegen Andersdenkende, anders Aussehende oder gegen Menschen, die aus anderen Kulturbereichen zu uns gekommen sind. Das ist rassistisch; das ist extremistisch. Gewalt zur Durchsetzung weltanschaulicher Auffassungen ist niemals zulässig.
So ist dem Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2010 übrigens auch zu entnehmen, welche extremistischen Organisationen insgesamt vorsorglich beobachtet werden. Genau aus diesem Grund gehört die NPD dazu. Ich habe auch nicht die Absicht, aus anderen Gründen daran mitzuwirken, dass wir diese Beobachtung einstellen.
Die Verfassungsschutzbehörden schützen die Demokratie, den Rechts- und Sozialstaat mit den Instrumenten, die ihnen das Parlament und die Regierung durch beschlossene Gesetze und Verwaltungsanordnungen zur Verfügung stellen. Dazu gehören verschiedene nachrichtendienstliche Mittel wie auch der Einsatz von Verbindungspersonen, um so früh wie möglich wichtige Informationen zur Gefahrenabwehr zu erlangen.
Es darf nicht vergessen werden, dass es dabei immer um den Schutz von Menschen und um die Abwehr von Gefahren für die Sicherheit des Bundes und der Länder geht. Für mich ist dabei aber eines klar: Für einen erfolgversprechenden Anlauf für ein Verbot der NPD braucht man neue und - ich betone das noch einmal - in jeder Hinsicht überzeugende und zweifelsfreie Argumente; denn die Voraussetzungen, die das Bundesverfassungsgericht für das Verbot einer Partei aufgestellt hat, sind sehr hoch.
Das ist hier schon mehrmals gesagt worden, aber ich will es noch einmal unterstreichen: Ein erneutes Scheitern vor Gericht wäre fatal. Da stimme ich mit allen meinen Vorrednern, die das auch betont haben, überein.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb und nur deshalb wäre ein erneuter Antrag falsch, weil die Bedingungen, Herr Oppositionsführer, die Sie genannt haben und die ich unterstreiche, was
ein solches Verfahren angeht, derzeit nicht vorhanden sind und - ich habe das wohl wahrgenommen wir uns durchaus auch mit der Frage, wann denn möglicherweise die Bedingungen erfüllt sind, auseinandersetzen sollten. Wir sollten dann aber - das will ich sehr deutlich sagen - diese Bedingungen so miteinander diskutieren - das ist auch die einhellige Auffassung der Innenminister der Länder und des Bundes -, dass wir wirklich zu einer einheitlichen und gemeinsamen Auffassung kommen.
Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Dr. Stegner, zu?
Herr Minister Schlie, habe ich Sie so verstanden, dass Sie dann, wenn Sie sagen, Sie halten die Beobachtung der NPD weiter für erforderlich, damit auch meinen, dass das für die Führungsetagen der NPD gilt?
- Sehr geehrter Herr Abgeordneter Herr Dr. Stegner, als ehemaliger Innenminister des Landes Schleswig-Holstein wissen Sie, dass ein Innenminister sich nie darauf einlassen wird, die Details zur Beobachtung weiter kundzutun. Deshalb tut es mir leid, dass ich Ihre Frage nicht beantworten kann.
- Es geht nicht darum, ob das eine Debatte ist, sondern es geht darum, ob die Extremisten in diesem Land, die beobachtet werden müssen, von mir erfahren, in welcher Form sie beobachtet werden müssen. Das werde ich Ihnen von diesem Pult aus nicht mitteilen.
Der von der Fraktion DIE LINKE vorgelegte Antrag berücksichtigt mit keinem Wort die Notwendigkeit des Einsatzes nachrichtendienstlicher Mittel zur Verteidigung der Demokratie. Der Änderungsantrag der SPD stellt dies ebenfalls infrage. Deshalb empfehle ich, die Anträge abzulehnen.
Im Übrigen bitte ich Folgendes zu bedenken: Je häufiger man über ein Verbot der NPD diskutiert, ohne - nur das meine ich - dass es am Ende praktische Folgen hat, desto interessanter macht man die NPD. Von einer kontroversen und - ich betone - ergebnislosen Dauerdiskussion unter Demokraten profitiert lediglich die NPD. Wichtig ist nach wie
vor die eindeutige und gemeinsame Front aller Demokraten gegen die faschistische NPD. Ich denke, das ist heute auch wieder einmal deutlich geworden. Es ist auch notwendig, dass dies immer wieder deutlich wird. Insofern bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und meine ebenfalls, dass diese Anträge nicht mit Ja beantwortet werden können.
Der Minister hat die verabredete Redezeit um knapp eine Minute überschritten; diese stünde den Fraktionen zur Verfügung, muss aber nicht zwingend genutzt werden. - Ich sehe, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich schließe die Beratung.
Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Die Fraktion DIE LINKE hat beantragt, die beiden Anträge zu selbstständigen Anträgen zu erklären. Gibt es dagegen Widerspruch? Das ist nicht der Fall.
Ich lasse dann zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 17/1550, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der SPD und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Gibt es Enthaltungen? - Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1550 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der Fraktionen von SPD und DIE LINKE abgelehnt worden.
Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/1487, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW. Wer enthält sich? - Das sind die Stimmen der SPD-Fraktion. Damit ist der Antrag Drucksache 17/1487 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen der Fraktion DÌE LINKE und bei Enthaltung der Stimmen der Fraktion der SPD abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.
Ich weise darauf hin, dass wir noch nicht ganz am Ende der heutigen Beratungen angekommen sind. Wir haben gleich noch eine Abstimmung vorzunehmen. Die Parlamentarischen Geschäftsführer haben
sich darauf verständigt, den Tagesordnungspunkt 14 heute nicht mehr, sondern morgen nach dem Tagesordnungspunkt 26 aufzurufen.
Sie haben sich aber auch darauf verständigt, dass ich jetzt noch die folgenden zwei Tagesordnungspunkte zur gemeinsamen Beratung aufrufe.
Zu diesem Tagesordnungspunkt haben sich die Fraktionen in der Zwischenzeit auf einen interfraktionellen Antrag verständigt. Er lautet „WindEnergy muss in Husum bleiben“, Antrag der Fraktionen von SSW, CDU, SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, Drucksache 17/1574 (neu - 2. Fassung). Ich frage: Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.
Durch die Vorlage des interfraktionellen Antrags haben die Anträge Drucksachen 17/1574 (neu) und 17/1597 ihre Erledigung gefunden, sodass jetzt lediglich eine Abstimmung über den Antrag Drucksache 17/1574 (neu - 2. Fassung) erfolgt. - Widerspruch sehe ich nicht, dann werden wir so verfahren.
Wer also dem Antrag Drucksache 17/1574 (neu - 2. Fassung) zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden.
Wir sind am Ende unserer heutigen Sitzung angekommen. Ich schließe die Sitzung und unterbreche die Tagung bis morgen, 10 Uhr. Ich wünsche allen einen fröhlichen Abend.
Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst