Protocol of the Session on December 16, 2009

Die Novellierung des Denkmalschutzgesetzes war ein kulturpolitisches Flaggschiff der Staatskanzlei. Dass es gewissen Kreisen innerhalb und außerhalb der CDU-Fraktion gelang, dieses Flaggschiff zu versenken, ist und bleibt ein Skandal.

(Beifall bei der SPD)

Dabei schien man völlig vergessen zu haben, dass es nicht zuletzt wegen der Berücksichtigung internationaler Vorgaben zum Denkmal-, Kulturgüterund Welterbeschutz dringend erforderlich ist, das geltende Denkmalschutzgesetz zu erneuern. Oder anders formuliert: Schleswig-Holstein hatte auf der Basis des damaligen Regierungsentwurfs die Chance, eines der besten Denkmalsschutzgesetze in Deutschland zu erhalten, das wegen der Übernahme internationaler und europäischer Übereinkommen wie der UNESCO-Welterbekonvention von 1972 eine Vorbildfunktion für andere Bundesländer gehabt hätte. Daraus wurde nun leider nichts. Darum ist es gut, dass die SPD mit dem vorliegenden Gesetzentwurf die Debatte wieder eröffnet hat.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Dass dem SSW dabei der archäologische Denkmalschutz besonders am Herzen liegt, dürfte bekannt sein. Denn genau dies war der Grund dafür, dass wir in der letzten Landtagstagung einen Berichtsantrag eingebracht haben, der ursprünglich vorsah, dass die Landesregierung in der DezemberTagung des Landtages einen schriftlichen Bericht zur notwendigen Novellierung des schleswig-holsteinischen Denkmalschutzgesetzes vorlegen sollte. Auf Wunsch des neuen Kulturministeriums ist der Bericht nunmehr auf Januar verschoben worden. Wir müssen sehen, wie wir dann mit diesem Bericht umgehen werden.

Aus Sicht des SSW geht es dabei nicht zuletzt um zwei Punkte: Erstens die Einführung des Verursacherprinzips zur Anpassung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Konkret wissen wir, dass das Bundesverkehrsministerium angekündigt hat, ab 2010 nur noch Kosten für archäologische Rettungsgrabungen übernehmen zu wollen, in denen das Verursacherprinzip gesetzlich

verankert ist. Zweitens geht es um die Festlegung von Welterbestätten und die Regelung von Straftaten, um der Beschädigung oder Vernichtung eines Kulturdenkmals wirksam entgegenwirken zu können.

Die Regelung dieser Punkte ist nicht nur aus ordnungspolitischen Gründen dringend geboten, sie bringt auch richtig Geld in die klamme Haushaltskasse des Landes. Ob es vor diesem Hintergrund ausreicht, die Denkmalbereichsverordnung und Grabungsschutzgebietsverordnung zu entfristen, wage ich zu bezweifeln. Das muss unbedingt im Ausschuss geklärt werden, ehe wir einfach sagen: Okay, wir stimmen der Entfristung zu. Aber vielleicht ist es notwendig, diesen Weg zu gehen. Das will auch ich nicht verhehlen.

Wir vom SSW fordern grundsätzlich, dass wir nicht alles beim Alten belassen. Wir brauchen ein neues Denkmalschutzgesetz. Darum noch eine letzte Bemerkung zur Einführung einer Denkmalliste, weil das in der Vergangenheit immer wieder als die große bürokratische Maßnahme herhalten musste, die letztlich dazu führte, dass der Gesetzentwurf der Landesregierung ausgehebelt wurde.

Spätestens seit der Anhörung in der letzten Legislaturperiode sollten eigentlich alle Bedenken aus dem Weg geräumt sein. Denn Fakt ist, dass SchleswigHolstein und Brandenburg die einzigen Bundesländer sind, die noch am konstitutiven Verfahren festhalten. Alle anderen 14 Bundesländer führen in Teilen schon seit 30 Jahren problemlos eine Denkmalliste. Aus der Anhörung zum Ursprungsentwurf der Landesregierung in der letzten Legislaturperiode ging deutlich hervor, dass die Zahl der Verwaltungsstreitverfahren durch die Einführung des deklaratorischen Prinzips merklich reduziert wurde und damit zu einer Entlastung der Gerichte geführt hat. Außerdem lässt sich mit der Denkmalliste eine schnelle und zeitnahe Denkmaleintragung mit der Rechtssicherheit für die Eigentümer verbinden, und genau dies ist ein ganz zentraler Punkt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns weiterhin mit einer Modernisierung unseres Denkmalschutzgesetzes auseinandersetzen. Ich teile ausdrücklich die Auffassung des Kollegen Habeck, dass wir uns nicht in Streitereien verlieren dürfen. Wir brauchen etwas, was umsetzbar ist und was transportiert werden kann. Der Denkmalschutz ist keine Behörde, sondern eine Dienstleistung. Der Denkmalschutz ist nicht nur etwas, was mit Freilichtmuseen oder Strohdachhäusern zu tun hat.

(Anke Spoorendonk)

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich dem Herrn Minister für Bildung und Kultur, Herrn Dr. Ekkehard Klug, das Wort.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Nein, das ist schon ein Dreiminutenbeitrag.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer etwas über Schleswig-Holstein erfahren will, der kann aus unseren Baudenkmälern eine Menge lernen. Ein Haubarg erzählt etwas über das landwirtschaftliche Leben auf Eiderstedt. Ein Lübecker Bürgerhaus erzählt etwas über die kaufmännische Tradition dieser Stadt. Gutshöfe sind wiederum Zeugen früherer Herrschaftsverhältnisse. Baudenkmäler und andere Denkmäler sind also untrennbar mit der schleswig-holsteinischen Identität verbunden. Denkmalschutz und Denkmalpflege ermöglichen direkte Zugänge zu Kultur und Geschichte. Sie bewahren Lebensqualität. Das ist eine gemeinsame Aufgabe von Staat und Gesellschaft. Auch der Tourismus profitiert vom Denkmalschutz in Schleswig-Holstein. Von einem prinzipiellen Gegensatz zwischen Denkmalschutz auf der einen Seite und wirtschaftlichen Interessen auf der anderen Seite kann also keine Rede sein. Konflikte treten gegebenenfalls nur im konkreten Einzelfall auf. Dafür muss es vernünftige Lösungen geben. Ich sage aber auch: Ohne Haubarge, ohne die Lübecker Altstadt, ohne die Gutshöfe und ohne viele andere Denkmäler in Schleswig-Holstein wäre Schleswig-Holstein als Urlaubsort erheblich weniger attraktiv.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um positive Wirkung entfalten zu können, braucht der Denkmalschutz zweierlei: Eine sichere gesetzliche Grundlage und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen staatlichen Stellen und privaten Eigentümern. Auch aus diesem Grund sehe ich die Notwendigkeit, das Denkmalschutzgesetz, das noch auf das Jahr 1958 zurückgeht, zu novellieren. Wir wollen es bürgerfreundlicher, professioneller und auch wirtschaftlicher gestalten.

(Beifall des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Investoren, private Bauherren und Träger öffentlicher Vorhaben benötigen von Anfang an mehr Planungssicherheit. Deshalb wird die Landesregierung hierzu im kommenden Jahr einen Änderungsentwurf vorlegen. Das ist schon gesagt worden.

Der heute zu diskutierende Gesetzentwurf der beiden Koalitionsfraktionen ist gewissermaßen als eine Art Vorschaltgesetz zu verstehen. Dieser Gesetzentwurf zielt auf die unbefristete Geltung der Denkmalbereichs- und Grabungsschutzverordnung ab. Diese Verordnungen würden ohne ein noch in dieser Tagung zu verabschiedendes Gesetz zum Jahresende außer Kraft treten. Das liegt daran, dass die beiden Absätze, die im Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen enthalten sind, in der großen Denkmalschutznovelle der alten Landesregierung vorgesehen waren, die der Diskontinuität anheim gefallen ist. Wenn man beispielsweise will, dass die Grabungsschutzverordnung für die Watten und Sände des nordfriesischen Wattenmeeres erhalten bleibt, damit auch der Schutz beispielsweise gegen Raubgrabungen entsprechend hoch angesetzt ist, dann muss man die Fortgeltung dieser Grabungsschutzverordnungen gerade im Interesse des archäologischen Denkmalschutzes wünschen, liebe Frau Kollegin Anke Spoorendonk. Deshalb ist es so glaube ich - ein wichtiger Beitrag, dass die Regierungsfraktionen dazu mit ihrem Gesetzentwurf die Voraussetzungen geschaffen haben.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wie gesagt, wir kommen im Jahr 2010 zu einer umfangreicheren Denkmalschutznovelle. Diese wird sich natürlich deutlich von dem unterscheiden, was die SPD jetzt als Gesetzentwurf vorgelegt hat. Die SPD hat sozusagen ein Relikt aus der vorherigen Wahlperiode wieder zu beleben versucht. Wir sagen: Es geht vor allem um die Frage, ob Eigentümer bei Entscheidungen des Denkmalschutzes von Anfang an beteiligt werden, oder ob sie nur noch eine Mitteilung erhalten, nachdem ihre Immobilie unter Denkmalschutz gestellt worden ist. Letzteres ist das, was die Sozialdemokraten vorschlagen. Das ist genau das, was wir nicht wollen. Denkmalschutz ist nämlich zwingend auf das Engagement der Eigentümer angewiesen.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Die weit überwiegende Zahl der Baudenkmäler befindet sich in privater Hand. Deshalb sollten wir die

(Anke Spoorendonk)

Gewichte an dieser Stellen nicht zulasten der Eigentümer verschieben. Wir brauchen ein Verfahren, das staatliche und private Interessen nach fairen Regeln miteinander in Einklang bringt. Eine einseitige Deklaration des Staates steht diesem Ziel im Weg und - davon bin ich fest überzeugt - würde an anderer Stelle einen Mehraufwand schaffen, zum Beispiel durch die Erhöhung der Zahl von Feststellungsklagen.

Ich will noch ein Beispiel nennen: Würde der deklaratorische Denkmalschutz eingeführt, wie es die SPD möchte, dann erhöhte sich - und das sind Schätzungen aus der vergangenen Wahlperiode schlagartig die Zahl der in die Liste eingetragenen Baudenkmäler von jetzt 7.500 auf etwa 25.000. Bei jeder einzelnen Veränderungsmaßnahme - bei Renovierungen, Energieeinsparmaßnahmen oder Wärmedämmung - ist ein Genehmigungsverfahren bei der unteren Denkmalschutzbehörde notwendig. Das schafft ein Mehr an Bürokratie und an Verwaltungsaufwand, meine Damen und Herren von den Sozialdemokraten. Das können wir uns doch nicht wünschen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Herr Abgeordneter Habeck hat vorhin gesagt, er wünsche sich, dass die unteren Denkmalschutzbehörden gar nicht mehr erforderlich wären. Das betrifft genau die Genehmigungsbehörden, die bei dieser Verdrei- oder Vervierfachung der Zahl der genehmigungspflichtigen Maßnahme tätig werden müssten. Das geht schon gar nicht. Dies ist auch nicht mit dem in Einklang zu bringen, was Sie sich vorstellen.

Meine Damen und Herren, wir haben diese Diskussion schon in der vorigen Wahlperiode, im Oktober 2008, bei der Ersten Lesung des Gesetzentwurfs der früheren Landesregierung, geführt. Inzwischen liegt die Zuständigkeit für den Denkmalschutz im neuen Ministerium für Bildung und Kultur. Das hat die SPD-Landtagsfraktion im Übrigen in ihrem Gesetzentwurf noch nicht nur zur Kenntnis genommen. Das ist aber das kleinste Problem, das ich mit dem Gesetzentwurf der Sozialdemokraten verbinde. Ich denke, wir werden in der neuen Wahlperiode Gelegenheit haben, über vernünftigere Wege und über einen funktionierenden Denkmalschutz, der im Einklang mit den Bürgern steht und damit auch bürgerfreundlich funktioniert, zu reden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für einen Dreiminutenbeitrag liegt mir die Wortmeldung von Herrn Abgeordneten Dr. Höppner vor.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, dass wir hier einmal darüber nachdenken sollten, über was wir eigentlich sprechen. Jeder hat irgendwie schlechte Erfahrungen mit dem Denkmalschutz, über die er berichtet. Diese schlechten Erfahrungen haben Sie aufgrund eines bestehenden Gesetzes und aufgrund bestehender Regelungen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich glaube, wir sind uns im Klaren darüber, dass die Defizite dieses 50 Jahre alten Gesetzes endlich beseitigt werden müssen. Dazu gehört auch Bürgerfreundlichkeit. Wir haben heute eine Situation, bei der in den Denkmalschutzbehörden mehrere Kategorien von Kulturdenkmalen geführt werden: Zum Beispiel erhaltenswerte Gebäude erfasst im Sinne der Bauleitplanung. Dann werden Denkmalschutzbehörden auch als Träger öffentlicher Belange beteiligt. Sie reden also schon bei diesen Dingen mit.

Wir haben sogenannte einfache Kulturdenkmale im Sinne der §§ 1 und 2 des bestehenden Gesetzes. Auch diese sind listenmäßig erfasst. Darin sind auch diejenigen Objekte enthalten, die zukünftig unter Schutz gestellt werden sollen. Das heißt: Geht für diese Objekte im Kreisbauamt ein Bauantrag ein, dann würde die untere Denkmalschutzbehörde auch beteiligt und gäbe eine Entscheidung darüber ab, ob das Gebäude unter Schutz gestellt werden soll oder nicht.

Hier entstehen die Konflikte. Die Konflikte entstehen immer dann, wenn ein Eigentümer einen Antrag auf Veränderung eines Kulturdenkmales stellt und nicht weiß, in welchem Status sein Objekt steht; ob es ein einfaches Kulturdenkmal ist, oder ob es unter Schutz gestellt werden soll. Dann greifen die ganzen Instrumente, die es für den Eigentümer so unangenehm machen. Dazu gehören, vor den Denkmalrat zu gehen, zu klagen oder ähnliche Dinge.

Von daher ist es sinnvoll, das zu machen, was alle anderen 14 Bundesländer machen. Die Staatskanzlei hat uns im Rahmen einer Anhörung dieser Bundesländer sehr klar gemacht, welche Erfahrung diese Bundesländer haben. Ich frage mich, ob es für schleswig-holsteinische Denkmaleigentümer unbil

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

lig ist, etwas ertragen oder mitmachen zu müssen, was in allen anderen Bundesländern gilt. Das sollten wir in der Tat bedenken.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Frau Musculus-Stahnke, ich weiß nicht, ob Sie Fachanwältin für Denkmalrecht sind.

(Zuruf von der FDP: Das gibt es noch nicht!)

Was wirtschaftliche Belange angeht, so könnten Sie keine Liste aufstellen. Denn die Punkte sind natürlich für einen Kiesabbauunternehmer, der abkiesen möchte, der archäologische Kultutdenkmale beseitigen möchte, völlig anders als für jemanden, der andere Fenster haben möchte, damit Energie gespart wird. Von daher ist diese einfache Begründung richtig.

Es gibt noch einen ganz wichtigen Aspekt, den Sie verinnerlichen sollten: Denkmalschutz bezieht sich nicht auf ausgewählte Beispiele, sondern auf die Gesamtheit einer Kulturlandschaft.

(Beifall bei SPD und SSW)

Er bezieht sich auch auf die Gesamtheit eines historischen Dorfes oder auf die Gesamtheit einer historischen Stadt wie Lübeck oder auch auf deren Teile wie in Flensburg. Ich denke, auch das ist zu berücksichtigen.

Ein letzter Hinweis. Im Augenblick diskutieren wir gerade über Steuererleichterungen. Insofern sind der Denkmalschutz und die Denkmalpflege eigentlich das dazu am besten Geeignete, was es gibt. Nehmen Sie einmal die Regelungen nach den §§ 7, 10 f, 11 a und 11 b des Einkommensteuergesetzes. Da können Leute, die in Absprache mit den Denkmalschutzbehörden Sanierungen an einem Denkmal durchführen, diese ganz abschreiben, sieben Jahre lang, jedes Jahr 9 % und vier weitere Jahre 7 %, beziehungsweise nach den Regelungen der § 10 f und 11 a ist der gesamte Aufwand innerhalb von zehn Jahren abschreibungsfähig. Das ist gerade für Leute, die viele Steuern zahlen, interessant. Das ist genau die Klientel, von der Sie glauben, dass sie das unterstützen möge. Das ist natürlich auch für das örtliche Handwerk interessant; denn solche Dinge schreibt man nicht in größerem Rahmen aus, sondern der kleine Handwerker vor Ort, die kleinen Betriebe sind es, die davon profitieren.

Kommen Sie bitte zum Schluss.