Protocol of the Session on December 16, 2009

CDU und FDP halten sich nämlich mit Zielen und Grundsätzen des Naturschutzes und der Land

(Günther Hildebrand)

schaftspflege gar nicht erst lange auf, sondern kommen gleich in Kapitel 1 zur Sache. In § 1 Abs. 2 des Gesetzentwurfs heißt es:

„Der Schutz der Natur und Landschaft auf privaten Flächen berücksichtigt den besonderen Wert des privaten Eigentums und der sich daraus ergebenden Verantwortung für die Erreichung der in § 1 Bundesnaturschutzgesetz genannten Ziele.“

Wo bleibt aber der „besondere Wert“ der Natur?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei SPD und der LINKEN)

Naturschutz nur mit den Menschen, so heißt es bei der CDU. Das haben wir im Wahlkampf immer wieder gehört und in den vergangenen Jahren leider auch erleben müssen. Als richte sich Naturschutz gegen die Menschen! Das Gegenteil ist der Fall. In § 1 des Bundesnaturschutzgesetzes heißt es hierzu sinngemäß: Natur und Landschaft sind aufgrund ihres eigenen Wertes und als Grundlage für Leben und Gesundheit des Menschen zu schützen. - Das Bundesnaturschutzgesetz ist beileibe kein grünes Gesetz.

Der fortschreitende Naturverbrauch zerstört diese Lebensgrundlage. Deshalb brauchen wir nicht weniger, sondern mehr Naturschutz in unserem Land.

Unser Ziel muss es sein, die Vielfalt der Pflanzenund Tierarten sowie der Ökosysteme in ihrer Gesamtheit zu erhalten und die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts langfristig zu sichern. Deshalb gibt es nur einen tauglichen Maßstab für gute Naturschutzgesetzgebung. Das ist nicht das private Eigentum, sondern die Natur selbst.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ihr Erhalt lässt sich objektiv bemessen: Flächenschutz, Arten- und Biotopvielfalt, nicht zerschnittene Lebensräume und Biotopverbund, sauberes Wasser, klare Luft, naturnahe Küsten und Gewässer.

Hierbei sieht die Bilanz in Schleswig-Holstein düster aus. Bereits heute sind zwei Drittel aller Amphibienarten, jede zweite Vogelart und jede zweite Pflanzenart gefährdet oder schon aus der Landschaft verschwunden. Die biologische Vielfalt ist wie ein Kartenhaus. Mit jeder Art, die verschwindet, mit jeder Karte, die fehlt, wird das System instabiler. Wie Sie diesen bedrohlichen Schwund stoppen wollen, sagen Sie in dem Entwurf nicht.

Die Natur ist auf dem Rückzug. Wir werden in diesem Gesetzgebungsverfahren genau darauf achten, dass dieser Rückzug beendet wird. Es sind einige Beispiele genannt worden. Ich will das nicht wiederholen. Die Kollegin Redmann hat von Verwaltungshandeln und einigen konkreten Vorschriften gesprochen. Ich will noch einmal zwei Beispiele nennen, die insbesondere für Schleswig-Holstein von besonderer Bedeutung sind und die uns an dieser Stelle auch viel zu kurz kommen. Es geht in der Tat um den Erhalt der Knicklandschaft und um den Erhalt des Dauergrünlandes.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir werden uns dafür stark machen, dass diese unser Land prägenden Lebensräume nicht vordergründigen und kurzfristigen landwirtschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzungsinteressen geopfert werden.

Herr Hildebrand, Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass es hier Möglichkeiten gibt, Teile aus dem Bundesnaturschutzgesetz zu übernehmen. Ein wichtiges und nachhaltig wirksames Instrument wäre zum Beispiel ein Vorkaufsrecht des Landes für naturschutzwürdige Flächen, die das Bundesnaturschutzgesetz ausdrücklich vorsieht. Es ist bezeichnend, dass Sie von der CDU und FDP dies ablehnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Herr Kollege von Abercron und Herr Kollege Hildebrand, Sie haben im Ausschuss davon gesprochen, dass es Ihnen darum geht, die bewährten höheren Standards der Landesgesetzgebung von 2007 gegenüber dem Bundesgesetz zu erhalten. Wenn man bedenkt, dass das schwarz-rote Landesnaturschutzgesetz von 2007 an sich schon einen einzigen ökologischen Standardabbau darstellte, klingt dies zunächst einmal harmlos. Es ist in Wirklichkeit aber die Drohung, den weiteren Rückzug der Natur in Schleswig-Holstein gesetzlich zu regeln.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wird klar, was wir als Grüne schon lange befürchten: Die größte Bedrohung für die Natur in Schleswig-Holstein ist die schwarz-gelbe Tigerente.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

(Marlies Fritzen)

Für die Fraktion DIE LINKE erhält Frau Abgeordnete Prante das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mich jetzt kurz fassen. Ich habe hier einen Gesetzentwurf vorliegen, der - wie uns im Ausschuss mitgeteilt wurde - schnellstmöglich beschlossen werden soll, da sonst ab März 2010 im Bereich des Landesnaturschutzgesetzes das Chaos ausbricht. Das Bundesnaturschutzgesetz hat Lücken in Bezug auf die speziellen Belange von Schleswig-Holstein, so die Aussage der Regierungsvertreter im Ausschuss. Auch wir sehen Handlungsbedarf, aber nicht nur schnellstmöglich, sondern auch effektiv und durchdacht. Wir wollen nicht für einzelne Personen das Landesnaturschutzgesetz brauchbar machen, sondern die Natur schützen.

Die Änderungen sind nach unserem Empfinden etwas schnell erarbeitet worden. Zum Beispiel werden in der Novelle des Landesnaturschutzgesetzes § 7 Abs. 3 - Textpassagen aus dem Bundesnaturschutzgesetz 2009 - der § 12 - wiederholt. In § 35 BNatSchG, Gentechnisch veränderte Organismen, wird aber nur ein seichter Zusatz eingebracht. Ich zitiere:

„Die beabsichtigte Maßnahme darf zwei Monate nach Eingang der Anzeige begonnen werden, wenn die zuständige Naturschutzbehörde sie nicht zuvor entsprechend § 34 Abs. 2 BNatSchG für unzulässig erklärt hat.“

Das heißt, wenn die Behörde mangels Personaleinsparung nicht schneller arbeiten kann, darf nach zwei Monaten einfach begonnen werden, gentechnisch veränderte Organismen in Schleswig-Holstein anzubauen? Das ist für mich etwas fragwürdig.

Diese Verfahrensvereinfachung ist noch nicht einmal in der Gentechnikverfahrensverordnung dokumentiert. Wollen wir eine Verfahrensvereinfachung im Bereich von gentechnisch veränderten Organismen in Schleswig-Holstein? - Wir, die Fraktion DIE LINKE, können darauf mit einem klaren Nein antworten.

(Beifall bei der LINKEN sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Wir freuen uns aber trotz alledem auf eine konstruktive Arbeit im Ausschuss und stimmen der Überweisung an den Ausschuss zu.

(Beifall bei der LINKEN sowie vereinzelt bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion des SSW erhält Herr Abgeordneter Meyer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Inkrafttreten des Bundesnaturschutzgesetzes am 1. März des kommenden Jahres hat unmittelbare Auswirkungen auf das Gesetzgebungsverfahren zum Landesnaturschutzgesetz. Wie wir bereits im Ausschuss gehört haben, geht mit dem genannten Termin auch das Ende des bisherigen Landesnaturschutzgesetzes einher. Damit ist für Schleswig-Holstein ein zeitlicher Druck zur Gesetzesänderung und Anpassung gegeben, der nach unserer Auffassung nicht angemessen ist. Dem Parlament bleibt nicht viel Zeit für ein ausführliches parlamentarisches Verfahren mit einer entsprechenden Anhörung und Beratung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird gezwungenermaßen etwas durchgepeitscht, wofür wir dem Parlament gern mehr Zeit eingeräumt hätten. Wir wissen, dass die Länder seinerzeit über den Bundesrat beim Entwurf zum Bundesnaturschutzgesetz beteiligt waren, aber nicht die Parlamente. Nun stehen wir als Landesparlament unter Zeitdruck. Hier wäre es durchaus interessant zu erfahren, ob dieser Zeitdruck wirklich besteht.

Wir stellen fest, dass das Land aufgrund des neuen Gesetzgebungsverfahrens in mehreren Bereichen kaum noch Spielraum hat, um wirklich Einfluss auf das Naturschutzgesetz zu nehmen. Dies ist bedauerlich, aber es macht umso mehr deutlich, dass wir uns genauestens mit dem noch vorhandenen Spielraum befassen müssen, um so viele landesspezifische Regelungen wie möglich einfließen zu lassen.

Vor dem Hintergrund, dass das bestehende Landesnaturschutzgesetz noch gar nicht so alt ist und die Änderung seinerzeit von vielen Umweltverbänden heftigst kritisiert wurde, wäre es wünschenswert gewesen, eine Evaluierung des geltenden Gesetzes durchführen zu können, bevor es zu einem neuen Gesetz kommt.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Die Praxis hinsichtlich der Verwaltungsvereinfachung im Naturschutz zeigt bereits heute, dass die

Vereinfachung eher zu Unklarheit geführt hat. Auch in Bezug auf den geschredderten Knickerlass wäre eine Evaluierung durchaus notwendig. Denn auch hier zeigt die Praxis, dass es gravierende negative Auswirkungen für die Natur gibt. Daher müssen wir im Zuge der Gesetzesänderung genau sehen, inwieweit weitergehende Regelungen im Hinblick auf den Naturschutz möglich sind. Diese Möglichkeiten sollten wir dann ausschöpfen.

Wo uns jeglicher Spielraum genommen wurde, zeigt die Änderung der Eingriffsregelung. Danach werden künftig Ausgleich und Ersatz gleichgestellt. Die bisherige Abstufung - Vermeidung, Ausgleich, Ersatz, Ersatzzahlung - ist eine zentrale Regelung im Naturschutzrecht. Mit der Gleichstellung von Ausgleich und Ersatz wird die Kompensation von Eingriffen gemindert, und das geht zulasten der Natur.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Damit können wir einverstanden sein oder auch nicht. Hieran ist nicht mehr zu rütteln.

(Günther Hildebrand [FDP]: Stimmt nicht!)

Das ist mehr als bedauerlich. Da auch noch auf agrarstrukturelle Belange ausdrücklich Rücksicht zu nehmen ist, fragt man sich, welche Ziele mit dem Naturschutzgesetz verfolgt werden sollen. Anders ausgedrückt: Wir haben es mit einem Naturschutzgesetz zu tun, das die Landwirtschaft in besonderer Weise berücksichtigt.

Genutzt wurde der Spielraum im Bereich des Küstenschutzes, was natürlich auch sinnvoll ist, da sich Schleswig-Holstein in diesem Punkt von den meisten anderen Bundesländern unterscheidet. In diesem Zusammenhang möchte ich auf § 21 des Entwurfs aufmerksam machen. Mit Recht werden die notwendigen Vorlandarbeiten und die Beweidung von Deichvorländereien nicht als Beeinträchtigung von geschützten Biotopen angesehen und damit auch nicht verboten. Allerdings bezieht sich diese Regelung ausdrücklich nur auf Gebiete, die außerhalb des Nationalparks liegen. Damit sind die Dithmarscher Vorlandarbeiten und die Beweidung des Vorlandes keine Beeinträchtigung und damit zugelassen. In Nordfriesland sind die gleichen Maßnahmen verboten, weil diese Flächen innerhalb des Nationalparks liegen. Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Unsere Forderung ist hier, dass die notwendigen Vorlandarbeiten und Beweidungen von Deichvorländereien auch in Nordfriesland wieder uneingeschränkt möglich gemacht werden.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Angesichts der Problematik sollten wir uns trotz des Termindrucks die Zeit im Ausschuss nehmen, die angesprochenen Punkte ausführlich zu erörtern.

(Beifall bei SSW und der LINKEN)

Für die Landesregierung erhält die Ministerin für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Frau Dr. Rumpf, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schleswig-Holstein hat für die Naturschutzgesetzgebung schon immer eine besondere Verantwortung übernommen. 1973 war Schleswig-Holstein das erste Bundesland, das das Reichsnaturschutzgesetz von 1936 durch ein modernes Landesgesetz - das Landschaftspflegegesetz - ersetzte. Dieses Gesetz schuf mit der Landschaftsplanung eine planerische Grundlage für den Ausgleich von Naturschutz und Naturnutzung. Es erkannte mit der Eingriffsregelung den Naturschutzwert jeder Fläche an. Ein absolutes Eingriffsverbot in Moore, Sümpfe und Brüche war ein wichtiger Schritt in Richtung Biotopschutz. Angesichts des steigenden Erholungsdrucks auf die Landschaft wurde erstmals der Belang Erholung aufgegriffen und ein Betretensrecht auch für private Wege festgeschrieben.

Diese Instrumente des ersten schleswig-holsteinischen Naturschutzrechts haben Grundpfeiler geschaffen, die sich über Jahrzehnte hinweg behauptet und bewährt haben. Sie haben schon das erste Bundesnaturschutzgesetz von 1976 maßgeblich geprägt. Das neue Bundesnaturschutzgesetz hat sie zu abweichungsfesten allgemeinen Grundsätzen des Naturschutzes und der Landschaftspflege erklärt.

Um so wichtiger ist es, dass die Bestimmungen des neuen Bundesnaturschutzgesetzes rechtzeitig, das heißt bis zum 1. März 2010, in Landesrecht umgesetzt werden. Genauso wichtig ist es für mich, dass unsere Standards fortgelten, die wir in unserem 2007 novellierten Landesgesetz verankert haben und die übrigens auf eine breite Mehrheit dieses Hauses gestoßen sind. Eine Rolle rückwärts wollen wir dabei aber nicht.