Protocol of the Session on May 27, 2011

Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich nun dem Herrn Abgeordneten Dr. Ralf Stegner das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass wir uns in Sachen Glücksspiel mit Urteilen und auch mit Neuregelungen befassen müssen, gefällt zwar nicht jedem, aber das werden wir tun müssen. Nur diese Veränderungen müssen sachgerecht sein, und sie sollen so sein, dass sie das proklamierte Ziel auch erreichen und sie möglichst in einem Schulterschluss bundesweit erfolgen können.

Der Kompromiss der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten ist dafür ein Ansatzpunkt. Der ist verbesserungsfähig. Wir sind gegen die Inter

(Lars Harms)

netsperren, aber die Anhörungen zum Beispiel haben sehr wohl ergeben, dass es auch Möglichkeiten technischer Art geben kann. Die muss man prüfen. Dafür sind Anhörungen da. Über all das kann man reden.

Was für uns sehr viel schwieriger ist, auch für dieses Parlament, ist, dass die beiden Hauptprotagonisten dieser Politik, die hier im Landtag sitzen, die Kollegen Kubicki und Arp, alles dazu beitragen werden, dieses Land Schleswig-Holstein nach Strich und Faden zu blamieren.

(Beifall bei der SPD)

Das beginnt damit, dass sie in der Sache daneben liegen. Das, was hier an Erträgen behauptet wird, sind Phantomzahlen, die über eine massive Ausweitung von Glücksspiel, also das Gegenteil vom Schutz der Suchtkranken, erfolgen könnte. Im Übrigen gibt es dafür keinerlei Belege.

Zweitens. Die Sprache, die Sie anwenden, auch in Ihren Presseerklärungen zu diesem Thema - Frau Heinold hat eine zitiert - zeigt, dass Seriosität in keiner Weise gewahrt ist bei dem, was Sie hier tun.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Es ist in einer Weise unseriös, was Sie hier machen, dass es uns blamiert.

Drittens. Die rechtliche Expertise von Herrn Kubicki haben wir in dieser Woche bei der Flüchtlingsbeauftragten bei dem sehr einfachen Gesetz gemerkt. Immer, wenn man sich auf ihn rechtlich verlässt, dann ist das ein hoffnungsloser Fall. Das sollten wir als Parlament jedenfalls nicht tun.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wenn Sie in Brüssel über Notifizierungen reden, dann wissen auch alle, die sich das genau anschauen: Da geht es gar nicht um Notifizierungen, sondern es geht eigentlich um Anzeige. Das wird da im Detail gar nicht richtig geprüft. Das wissen Sie auch. Aber ich ahne schon, dass gleich ein Widerspruch kommt. Dann sagen Sie, Brüssel habe in Schleswig-Holstein die Gesetzesinitiativen gebilligt.

Dass man das Automatenspiel, wozu Herr von Boetticher großartig geklatscht hat, einschränken soll, scheitert doch regelmäßig an den Interessen der Lobbyisten, die gerade von der FDP bundesweit vertreten werden, die jede Veränderung in diesem Punkt einschränken.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Die Wirtschaftspolitik Schleswig-Holsteins, wie sie Schwarz-Gelb hier offenbar will, geht in die britische Richtung, dass man sagt: Lasst uns keine Wertschöpfung mehr machen, lasst uns zum Zockerparadies werden. Das ist dann die Wachstumsperspektive für Schleswig-Holstein. Das Problem dabei ist, dass der Ministerpräsident, wenn er das dann tut, sich bundesweit zum Gespött macht. Das ist für Schleswig-Holstein in der Tat dann ein Problem.

Ich glaube übrigens, dass, wenn selbst die dpa, die in der Regel nicht besonders aufreißerisch titeln, von einem „Las Vegas an der Förde“ sprechen, wenn es ein Pressegespräch gibt, was die Herren Kubicki und von Boetticher machen, dann zeigt das doch, was dort von Ihnen vorgesehen ist. Das ist nicht in Ordnung.

Schließlich, Herr Kubicki, dass Sie allen Ernstes auf die Frage, was denn der Unterschied ist zwischen einem Sportverbandsvertreter und Ihnen, sagen, Sie würden gar nicht erkennen, dass hier ein Abgeordneter für das Gemeinwohl zuständig ist, zeigt doch nur, dass es Ihnen eigentlich nur um Ihre Freunde geht. Weiß der Kuckuck, was Sie denen versprochen haben. Alle diese Dinge, die Sie auf Sylt oder sonst wo machen, ist doch eine klebrige Form von Lobbyismus. Das hat doch überhaupt nichts mit der Anhörung anderer seriöser Verbände zu tun.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist um. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich komme zum letzten Satz. - Sie verhalten sich, indem Sie dann auch noch anmaßend und aufgeblasen allen möglichen Menschen erklären, was alles Unsinn ist, wie der Geisterfahrer, dem man sagt: Du fährst auf der falschen Seite. Dann sagt der: Nein, alle anderen Fahrer, die mir entgegenkommen, sind Geisterfahrer. Das ist das, was Arp und Kubicki hier machen. Das blamiert diesen Landtag. Wir sollten dafür sorgen, dass Gemeinwohl vor Eigennutz geht und nicht das Gegenteil.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

(Dr. Ralf Stegner)

Meine Damen und Herren! Bevor wir in der Debatte fortfahren, möchte ich Sie bitten, mit mir gemeinsam Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte der Gemeinschaftsschule Viöl/Ohrstedt und Mitglieder des SPD-Ortsverbands Scharbeutz auf der Tribüne zu begrüßen. - Herzlich willkommen hier im Kieler Landeshaus!

(Beifall)

Ebenso begrüßen wir den ehemaligen Landtagsabgeordneten Thomas Stritzl.

(Beifall)

Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich nunmehr Herrn Abgeordneten Heinemann von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich eine Zwischenfrage stellen. Aber das war nachher so komplex, dass ich gedacht habe, ich muss deutlicher machen, worum es mir geht.

Bei den Beiträgen der Regierungsfraktionen hatte ich den Eindruck, Ihnen geht es wirklich um Pokern und Zocken live. Vertreter der Liberalen machen sich über Suchtrisiken von Lotto lustig - wohl wissend, dass Spielhallen die Quellen der Sucht sind und nicht Lotto. Sie sprechen davon, dass Monopole das Suchtrisiko nicht verhindert haben - wohl wissend, dass der Daddelmarkt überhaupt keine Monopole hat. Meine Damen und Herren, das ist sehr schwierig nachzuvollziehen.

Ein Vertreter der Christdemokraten spricht vom guten Recht der Glücksspielindustrie, sich am Meinungsmarkt zum Beispiel auf Malta und Sylt zu beteiligen - sehr wohl. Er sagt: Die Lottoanbieter tun dies ja auch - wohl wissend, dass CDU und FDP zwar Boris Becker als Staatszocker, nicht aber Nordwestlotto an ihren Tisch eingeladen haben. Das hätten Sie tun können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, glauben Sie kein Wort: Hier macht Politik den Vorurteilen dort draußen alle Ehre. Die Bürger werden nichts davon haben. Viele werden weniger haben bei diesem Brot- und Spiele-Akt. Und die Schwächstens werden den Internetlöwen zum Fraß vorgeworfen - schade, denn die Erlöse dieser Eintrittskarten werden noch nicht

einmal in Schleswig-Holstein, sondern auf Malta bleiben.

(Christopher Vogt [FDP]: Nur Polemik!)

Ein trauriges Spiel, meine Damen und Herren, das hier aufgeführt wird!

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Das Wort hat der Abgeordnete Christian von Boetticher.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal müssen wir feststellen, dass es heute immer mehr Menschen, im Übrigen auch Angehörige der jüngeren Generation, gibt, die im Internet spielen. So. Das ist zunächst einmal festzustellen. Das kann man gut finden oder auch nicht. Nicht alle davon sind im Übrigen süchtig.

In dem Moment, in dem um Geld gespielt wird, ist das allerdings in Deutschland illegal. Das versteht im Übrigen nicht jeder. Manch einer macht das mit dem normalen Internetzugang, kommt auf eine entsprechende Seite, fängt dort an zu spielen und weiß gar nicht, dass das illegal ist. Dieser Bereich, in dem auch Süchte entstehen, wird komplett ausgeblendet. Die haben wir uns nicht einmal angeguckt. Die Entwicklungszahlen steigen rasant, und wir gucken alle weg. Ich weiß nicht, was daran sozial sein soll. Ich weiß auch nicht, was daran vernünftig sein soll. Darum müssen wir uns doch zumindestens kümmern.

Nun einmal zu den sozialen Rahmenbedingungen: Dass wir da sagen, wir müssen den Markt stärker kontrollieren, wir müssen stärker darauf achten, dass nur solche Anbieter da sind, die sich auch an Rahmenbedingungen, an Suchtschutz, an Jugendschutz, an bestimmte Dinge halten, das ist doch hochgradig vernünftig.

(Beifall bei CDU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das alte Glücksspielmonopol war europarechtswidrig, Herr Stegner. Jetzt einmal ganz ehrlich: Wir saßen am Kabinettstisch und ich habe Ihnen gesagt ich habe es sogar zu Protokoll gegeben als einer der ganz wenigen in Deutschland -, dass ich diese Regelung, die Sie uns damals vorgestellt haben, für europarechtswidrig halte.

(Zuruf von Dr. Ralf Stegner [SPD])

Und sie war am Ende europarechtswidrig. Wenn ich so eine Biografie habe, Herr Stegner, und in der Analyse des Ganzen so daneben gelegen habe, dann würde ich mich jetzt hier nicht hinstellen und wieder so große Reden schwingen. Dann würde ich einfach einmal ein bisschen bescheidener sein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich sage ganz deutlich: Wir waren immer an einer bundeseinheitlichen Lösung interessiert, und wir sind es auch heute noch, zumal wir heute schon klare Signale aus Brüssel bekommen, dass dieser Vorschlag, der ganz stark auf Betreiben der SPD Jugendliche und andere Menschen in die Illegalität beim Internetspiel getrieben hätte, keinen Erfolg hat, weil auch dieser Entwurf wieder nicht mit europäischen Recht in Übereinklang zu bringen ist. Und wenn das so ist, dann weiß ich doch, was ab 8. Juli passiert. Dann stehen alle vor der Tür und müssen ganz schnell eine Lösung finden. So richtig schnell muss es deswegen gehen, weil wir sonst am 1. Januar 2012 fast gar keine gesetzlichen Regelungen haben. Dann wird es richtig schwer. Dann wird es auch richtig problematisch, überhaupt noch Suchtbekämpfung zu leisten. Darum reichen wir natürlich auch über diesen 8. Juli hinaus die Hand zu einer gemeinsamen Lösung,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - und vereinzelt bei der CDU)

allerdings sind wir dann sehr sicher, dass sie sich sehr stark auf unsere Linie hinbewegen wird, weil das die vernünftige Grundlage dafür ist. Wenn wir dafür eine breitere Unterstützung in diesem Haus haben, freuen wir uns darüber auch.

(Beifall bei CDU und FDP)