Das zeigt, wie sehr diese Landesregierung in der Frage der Zukunft der Universität zu Lübeck in die Defensive geraten ist. Sie ist in die Defensive geraten, wie auch schon andere Politiker, die in Abwandlung vielleicht geantwortet hätten: ,,Niemand hat die Absicht, eine Universität zu schließen."
Erstaunlich sind aber auch die Antworten in vielen anderen Bereichen. Wenn es darum geht, Fragen zur regionalen Wirtschaft oder zu Umsatzeffekten durch eine Verzahnung der Universität zu Lübeck mit der regionalen Wirtschaft zu beantworten beispielsweise. Hier gibt es im Regelfall die Antwort, es lägen keine ausreichend fundierten und detaillierten Daten vor. Das zeigt eigentlich nur, dass sich die Landesregierung in der Beantwortung der Großen Anfrage nicht umfassend mit den Diskussionen auseinandergesetzt hat, die während des Kampfes um den Erhalt der Universität zu Lübeck geführt worden sind. So hat die IHK zu Lübeck unter dem Stichwort ,,Wirtschaftliche Auswirkungen einer Schließung des Studienganges Medizin an der Universität zu Lübeck" am 6. Juli 2010 öffentlich festgestellt, dass im Cluster Medizintechnik im IHK-Bezirk Lübeck 1.000 Unternehmen mit 23.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund 4 Milliarden € ganz eng mit dem Medizinstandort Lübeck verbunden sind.
Und die Uni zu Lübeck ist nicht nur ein Partner, sondern Zentrum dieses Clusters Medizintechnik. Diese Feststellung hätte die Landesregierung nur bei der IHK abzuschreiben brauchen, dann hätte man schon einmal detailliertere Antworten gehabt.
Da spricht es auch Bände, dass gestern beim Parlamentarischen Abend der Universität zu Lübeck hier in Kiel kein Vertreter des Ministeriums dabei war. Dort gab es übrigens mehr Informationen über die Zusammenarbeit der Universität zu Lübeck mit der Wirtschaft als in der Antwort auf die Große Anfrage durch die Landesregierung.
Ich mache es kurz, denn der Kollege Tietze hat sehr wohl und wie ich finde richtig beschrieben, mit welchem hohen Know-how und mit welcher hohen Innovationsbereitschaft von dieser Universität aber auch von den Firmen, die gestern Abend da waren,
dargestellt worden ist, in welch enger Partnerschaft und mit welch großem Erfolg dort gearbeitet wird.
Die IHK zu Lübeck hat auch Daten, die belegen, wie viele Unternehmen mit der Universität zu Lübeck direkt oder indirekt verbunden sind, dargestellt. So haben 29,1 % der befragten Unternehmen angegeben, dass sie gemeinsame Projekte mit der Universität zu Lübeck unterhalten. 26,4 % der Unternehmen stellen Personal ein, das an der Universität zu Lübeck ausgebildet wurde. 24,5 % der Unternehmen gaben an, dass sie Diplomarbeiten und Dissertationen begleiten und unterstützen, die an der Uni zu Lübeck entstanden sind. Es lohnt sich also wirklich mehr, IHK-Papiere zu lesen als die Antworten der Landesregierung in dieser Frage.
Sogar 30 % der Unternehmen teilten mit, dass sie Kooperationen in Forschung und Lehre mit der Universität zu Lübeck durchführen. Das macht deutlich, dass die regionalökonomische Bedeutung dieser Hochschule für den Wirtschaftsstandort Lübeck und für Schleswig-Holstein gar nicht hoch genug bewertet werden kann.
Die Unternehmen wurden auch gefragt, welche Auswirkungen eine Schließung des Studiengangs Medizin in Lübeck für sie zur Folge gehabt hätte. Auch hier ist die Antwort in der IHK-Umfrage eindeutig: 92 % der dort befragten Unternehmen teilen die Einschätzung der Opposition, dass die Universität in Lübeck ohne Medizin keine Überlebenschance hätte. Und 86,4 % der Unternehmen sehen das Image der Hansestadt Lübeck durch die Idee der sogenannten Haushaltsstrukturkommission geschädigt, den Studiengang Medizin zu schließen. Fast 20 % der Unternehmen hätten sogar darüber nachgedacht, ihren eigenen Standort aus Lübeck wegzuverlegen, wenn der Studiengang Medizin geschlossen worden wäre.
Diese Zahlen machen deutlich, welche wirtschaftlichen Auswirkungen so ein desaströser Schritt gehabt hätte. Vor diesem Hintergrund ist die Beantwortung der Großen Anfrage der Grünen durch die Landesregierung eher sehr dünn ausgefallen. Aber vielleicht liegt das auch am schlechten Gewissen dieser Landesregierung, dass sie wegen ihres undurchdachten und - man muss das auch deutlich sagen - schädlichen Vorschlages, den Medizinstudiengang an der Universität zu Lübeck zu schließen, die gesamte Universität in Lübeck in Gefahr gebracht hätte.
Es ist gut, dass die Universität jetzt Zukunftsperspektiven entwickeln kann. Und es ist gut, dass in absehbarer Zeit hier eine Landesregierung Verantwortung tragen wird, die ohne Wenn und Aber zur Hochschulbildung in Schleswig-Holstein steht und damit auch die Universität und den vielen Partnern in der Wirtschaft, aber auch den über 1.000 Arbeitnehmern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität zu Lübeck, eine verlässliche Zukunft bieten wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN entstand zu einem Zeitpunkt, an dem noch nicht definitiv feststand, ob die Medizinerausbildung am Standort Lübeck erhalten bleiben kann. So sind auch die Fragen und Antworten zu lesen.
Hier und heute - da schließe ich mich an - sollte nicht Ort und Zeitpunkt sein, um eine detaillierte Rückschau zu halten,
was der Vorschlag für alle Beteiligten damals bedeutet hätte. Was ich aber nicht unerwähnt lassen möchte, ist meine Anerkennung der unvergleichlichen Solidarität, die die Bürger der Hansestadt mit ihrer Universität gezeigt haben.
Auch müsste hier nicht mehr näher darauf eingegangen werden, was gewesen wäre, wenn die Medizinerausbildung in Lübeck ausgelaufen wäre. Denn wenn ein Studienzweig an einem Standort ausläuft oder an einen anderen Standort verlagert wird, hinterlässt das immer eine Lücke und hat - das liegt in der Natur der Sache - Auswirkungen auf die Region. Sie genau in Zahlen zu beziffern ist schwer und ich möchte behaupten: unmöglich. Das spiegeln auch die Antworten des Wissenschaftsministeriums wider.
ben in der Vergangenheit bereits diese Erfahrung gemacht. Auch nach solchen Entscheidungen kann wieder etwas Neues entstehen, ohne Zweifel braucht es aber auch seine Zeit.
Ich möchte an dieser Stelle eine kleine Vorausschau machen und noch einmal schildern, welche Konsequenzen sich ergeben. Zum einen hat uns die Rettung der Medizinerausbildung in Lübeck durch das Einspringen des Bundes gezeigt, dass es ein „Weiter so“ in der Bund-Länder-Kooperation nicht geben kann.
Als Konsequenz daraus haben wir gezogen, dass wir in einem interfraktionellen Antrag zu einer Bundesratsinitiative zur Aufhebung des Kooperationsverbots auffordern. Der Schleswig-Holsteinische Landtag ist damit das erste Landesparlament, das diesen Vorstoß wagt. Wir sind hier Vorreiter, wo andere Bundesländer noch Bedenken äußern, weil sie nicht aus Berlin - über den Weg der finanziellen Beteiligung des Bundes - in eine bestimmte Bildungs- und Hochschulpolitik gesteuert werden möchten. So sehen wir Parlamentarier aus Schleswig-Holstein über die Fraktionsgrenzen hinweg, dass ein neuer Weg eingeschlagen werden muss, um mehr Transparenz und gleichwertige Ausbildungschancen in den Ländern zu erhalten. Aber auch hier muss darauf hingewirkt werden, dass Bildungs- und Hochschulprogramme des Bundes für jedes Bundesland gleichermaßen finanziell machbar sind und dort kein weiteres Ungleichgewicht geschaffen wird.
Des Weiteren haben wir nun die Erwartung an die Universität Lübeck, dass durch den haushalterischen Druck des Landes in Lübeck etwas Neues entsteht. Lübeck hat sich dankenswerterweise dementsprechend auch schon auf den Weg gemacht. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich begrüßen und anerkennen, mit welchem Elan sich die Universität Lübeck an ein Konzept setzt und auslotet, wie das mögliche rechtliche Konstrukt in der Zukunft aussehen könnte. Denn durch den Weg zu einer Stiftungsuniversität werden sich wieder weitere neue Möglichkeiten der wissenschaftlichen Kooperation und Drittmitteleinwerbung ergeben. Einer Strukturveränderung in dieser Hinsicht steht die FDP-Fraktion sehr positiv gegenüber, denn gleichgültig, wie das rechtliche Konstrukt später aussehen mag - die Hochschulen Schleswig-Holsteins müssen bundesweit wettbewerbsfähig sein.
So war auch die konkrete Aussage des Kabinetts, dass an dem Hochschulpakt II trotz der finanziellen Lage des Landes festgehalten wird, wichtig, um gegenüber anderen Hochschulen, dem Wissen
schaftsrat und dem Bund ganz klar zu signalisieren, dass wir in Schleswig-Holstein als Land nicht nur die exzellente Forschung und Lehre fördern, sondern auch in die Zukunft der Kinder unseres Landes investieren.
Wir waren zwar das erste Bundesland, das die Frage aufwarf, ob der Hochschulpakt II zu finanzieren sei, aber wir werden im Laufe der Zeit auch nicht das einzige bleiben. Denn es kommen beispielsweise nächstes Jahr auf die Länder Bayern, Niedersachsen und Hamburg die doppelten Abiturjahrgänge und die zusätzlichen Studienanfänger durch die Aussetzung der Wehrpflicht hinzu. Unsere Position in Schleswig-Holstein ist jedoch klar und deutlich. Die Politik in Schleswig-Holstein - also jede weitere Regierung - kommt in der Zukunft auch nicht umhin, auch für die künftigen Gegebenheiten im Land die entsprechenden Fragen immer wieder neu zu beantworten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich glaube, ich als Lübeckerin kann Ihnen in zwei Sätzen sagen: In der Wirtschaftsregion Lübeck sind mehr als 1.000 Unternehmen in der Gesundheitswirtschaft tätig. Diese Unternehmen beschäftigen in den Bereichen Medizin, Medizintechnik und Gesundheitswesen mehr als 23.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie erwirtschaften jährlich einen Umsatz von etwa 4 Milliarden €.
Das hätten Sie wissen müssen, bevor Sie die Entscheidung getroffen haben, die Universität in Lübeck zu schließen.
- Ja, natürlich. Jetzt liegt die Antwort auf die Große Anfrage der Grünen vor. Ich finde auch gut, dass die Grünen diese Anfrage gestellt haben, denn daraus ist ersichtlich, aus welchen Gründen sie über
haupt diesen Vorschlag zur Haushaltskonsolidierung gemacht haben. Die Fragen von den Grünen sind präzise gestellt, aber die Antworten bleiben im Ungefähren: Allgemeinplätze, Lücken und Vermutungen. Die Landesregierung kann nicht antworten, weil sie keine Wirtschaftsdaten erhoben hat. Immerhin kann sie auch nicht ausschließen, dass es eine solche regionalökonomische Bedeutung gibt. Das Erschreckende daran ist, dass wir hier die Daten und Kenntnisgrundlagen haben, auf der die Entscheidungen zur Haushaltskonsolidierung gefallen sind. Ich meine, dass hier eine völlig falsche Entscheidung gefallen ist.
Die Entscheidung zur Streichung des Medizinstudiengangs an der Universität Lübeck wurde getroffen, ohne die Wirkung auf die Region in die Entscheidung einzubeziehen. Da ging es nur um eine Haushaltsgröße - mehr nicht. Das ist fatal!
Was die Universität Lübeck angeht, hat Herr von Boetticher hier gestern noch einmal zugegeben das haben auch die Rednerinnen und Redner von CDU und FDP gesagt -, dass hier eine Fehlentscheidung getroffen wurde. Klar ist aber: Diese Entscheidung der schwarz-gelben Regierungskoalition wäre nicht zurückgenommen worden, wenn die Region Lübeck nicht erbitterten Widerstand gegen die Zerschlagung des Hochschulstandortes geleistet hätte.
(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Beifall des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])
Die Menschen dort haben offensichtlich begriffen, dass der Bestand der Universität Lübeck für die Stadt und die gesamte Region von wirtschaftlicher Bedeutung ist. Die Menschen in der Region haben um den Universitätsstandort gekämpft. Das ging weit über die Studierenden und Beschäftigten der Universität und des UK S-H hinaus. Viele Bewohnerinnen und Bewohner der Hansestadt Lübeck, die in diesen Wochen und Monaten durch Lübeck gegangen sind, haben gesehen, dass die Farbe Gelb nicht die der FDP - von „Rettet die Universität Lübeck“ mehrheitlich zu sehen ist.
Ich gehe jetzt noch einmal darauf ein, was meine Vorrednerin angesprochen hat. Die Lübecker IHK hat eine Umfrage gestartet - richtig -, auf die 110 Unternehmen der Gesundheitswirtschaft mit 15.000