Protocol of the Session on November 18, 2010

Aufgrund der Haushaltslage des Landes können selbstverständlich nicht alle Maßnahmen zeitgleich und zeitnah realisiert werden. Daher ist es richtig und sinnvoll, den Landesverkehrswegeplan regelmäßig zu überprüfen und an aktuelle Rahmenbedingungen anzupassen. Mit dem Landesverkehrswegeplan kann schnell reagiert werden, und es kommt zu einer Planungssicherheit.

Herr de Jager erwähnte auch den Mittelstand. Der Mittelstand wird davon eindeutig profitieren, weil die Straßen geplant und gebaut werden müssen.

Gerade die mittelständische Wirtschaft in Schleswig-Holstein ist auf ein hervorragendes Verkehrsnetz angewiesen. Schleswig-Holstein ist ein Logistik- und auch ein Tourismusstandort. Dabei sind gute Verkehrsverbindungen unerlässlich. Schleswig-Holstein muss die Chance neuer und leistungsfähiger Infrastrukturen zur Wertschöpfung nutzen und an den Achsen und Schnittstellen der einzelnen Verkehrsträger Rahmenbedingungen zur Ansiedlung von Güterverkehrszentren und Unternehmen schaffen.

Es darf auf keinen Fall geschehen, dass Verkehrsprojekte durch ideologisches Denken verhindert oder verzögert werden. In diesem Sinne freue ich mich auf den Beitrag von Herrn Tietze.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind schon froh, dass wir keinen „Landeswackenplan“, sondern einen Landesverkehrswegeplan vorgelegt bekommen haben. Man kennt aber nicht den Einfluss von Herr Arp auf den Minister.

Das Thema Landesverkehrswegeplan ist nach unserer Ansicht aber etwas zu kurz gesprungen; denn es ist in der Tat nur ein Landesstraßenplan. Das ist für uns ein Etikettenschwindel. Das ist wie bei den Druckerpatronen: Es ist wenig Tinte drin und kostet viel Geld.

(Oliver Kumbartzky)

Wer sich den Bundesverkehrswegeplan anschaut, dem fällt sofort auf, dass es neben dem Straßenverkehr auch noch Schienen- und Wasserstraßenverkehr gibt. Natürlich geht es dabei um Bundesmittel. Wer sich aber heute ernsthaft mit einem Landesverkehrswegeplan beschäftigt und ihn dem Landtag vorlegt, der muss das Zusammenspiel der verschiedenen Verkehrsträger und Verkehrsarten beachten. Das haben Sie aber nicht getan.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was in Ihrem Landesverkehrswegeplan völlig fehlt, sind Verkehrsprognosen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Es wird einfach weitergemacht wie bisher.

Die Ausgangslage bei den Landestraßen, die einen erheblichen Anteil des Landeskapitalstocks darstellen, ist bescheiden. Betrachten wir die Gründe dafür. Die Verkehrsmengen sind gestiegen. Der strenge Winter hat erhebliche Schäden an unseren Straßen verursacht. Auch die erhöhte Lkw-Gesamtdichte hat den Straßen bitter zugesetzt.

Es gibt aber Kollegen hier im Hause, die die Gesamtdichte von Lkw sogar noch erhöhen wollen und für die Zulassung von Gigalinern kämpfen. Aus haushaltspolitischen Gründen ist Giga in diesem Fall gaga.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Untersuchungen der Landesstraßen haben gezeigt, dass 80 % der Landesstraßen einen nicht den heutigen Anforderungen genügenden Aufbau besitzen. Nach unserer Auffassung muss im Bereich der Landesstraßen der Schwerpunkt auf die Sanierung der vorhandenen Straßen gelegt werden. Dabei geht es auch um Werterhaltung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben die Aufgabe, unsere Werte, die wir geschaffen haben, zu schützen. Wir wissen genau, wie wir Werte erhalten können. Auch dabei haben wir eine Verantwortung und Verpflichtung. Wir kommen dieser Verantwortung nach.

Die Regierung hatte noch in ihrem Haushaltsentwurf für die Jahre 2011 und 2012 deutlich gemacht, dass beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr erheblich gespart werden soll. Die gekürzten Mittel sollten ausschließlich der Unterhaltung des vorhandenen Straßennetzes dienen.

Nun haben Sie sich trotz Schuldenbremse für einen Neu- und Ausbau von Landesstraßen entschieden.

Hierfür haben Sie zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von jährlich 7 Millionen € eingeplant. Für die Projekte der ersten Priorität sind nach heutigem Preisstand insgesamt 32,3 Millionen € an Landesmitteln notwendig.

In dem Zeitraum von 2011 bis 2014 sollen insgesamt 28 Millionen € für diese Projekte zur Verfügung stehen. Das ist keine seriöse Planung, sondern ein nicht durchdachter Schnellschuss.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dass Minister Jost de Jager schon für den Doppelhaushalt 2013/2014 mitdenkt, ist in meinen Augen etwas tollkühn. Was macht Sie eigentlich so sicher, dass Sie im Jahr 2012 Mitglied der Landesregierung sein werden?

Ich sage es noch einmal ganz deutlich: Der Wirtschaftsminister beziehungsweise das Wirtschaftsministerium hat kein Gesamtkonzept zum Verkehr und zur Verkehrsvermeidung in Schleswig-Holstein vorgelegt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die relativ mutigen Einschnitte im Haushalt des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr sammeln Sie wieder ein. Wenn ich mit einem solchen Vorschlag an meine Fraktion herantreten würde, dann würde mich meine finanzpolitische Sprecherin einen Kopf kürzer machen. Wie wollen Sie diese 7 Millionen € kompensieren? Dazu haben Sie in Ihrer Rede nichts gesagt. Mich interessiert das aber natürlich.

(Zurufe)

Das ist Ihre Art der Haushaltspolitik. Sie nehmen Konsolidierungsbemühungen zurück. Sie sind so sehr in Beton verliebt, dass Sie nicht ernsthaft beim Straßenbau sparen wollen. Das haben wir vermutet, und das haben Sie uns mit Ihrem Antrag wieder deutlich gemacht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich nenne das eine Rolle rückwärts. Ein ausgewogenes Sparprogramm sieht anders aus.

Ich habe mich eindeutig zur Verantwortung der Landesstraßen bekannt, Herr Kollege Arp. Ich weiß, dass Sie immer sehr „wackenzentriert“ denken. Das ist Ihr Problem. Wenn Sie sich ernsthaft in diesem Hause für den Erhalt der schleswig-holsteinischen Landesstraßen engagieren würden, dann würden Sie nicht auf einen Neu- und Ausbau setzen, sondern dann würden Sie auf eine Werterhal

(Dr. Andreas Tietze)

tung und auf eine Sanierung setzen. Das haben Sie aber nicht getan.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich dem Herrn Abgeordneten Björn Thoroe das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die regierungstragenden Fraktionen haben einen Bericht zum Landesstraßenbau eingefordert, und der Minister hat hier genau das präsentiert, was er vor einer Woche als Landesverkehrswegeplan präsentiert hat. Für den Minister sowie für CDU und FDP sind Landesverkehrwegeplan und Straßenbau offensichtlich das gleiche.

Wir fordern, die für den Straßenbau zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel vollständig in die Instandhaltung bereits bestehender Straßen zu investieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Allein schon in diesem Tätigkeitsbereich ist in Schleswig-Holstein mehr als genug zu tun. Der Zustand von 17,5 % der Landesstraßen in Schleswig-Holstein ist so miserabel, dass Verkehrsbeschränkungen oder bauliche Maßnahmen umgehend einzuleiten sind. Auch das steht im Landesverkehrswegeplan.

Für DIE LINKE ist Verkehrspolitik zudem mehr als motorisierter Individualverkehr auf der Straße in Pkws, an dem die Landesregierung sowie CDU und FDP fetischhaft festhalten. Schleswig-Holstein braucht eine sozial-ökologische Verkehrswende. DIE LINKE versteht darunter ein Gesamtkonzept für alle Verkehrsträger in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieses Gesamtkonzept muss folgende Eckpunkte beinhalten. Erstens ist ein für alle erschwinglicher und gut ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr erforderlich. Nur so können ältere Menschen mobil bleiben und jüngere Menschen schon frühzeitig mobil sein. Auch ein bewusstes Leben ohne eigenes Auto wäre so viel mehr Menschen möglich. Mobilität für alle - ob jung, alt, arm oder reich -, lässt sich nur mit einem für alle erschwinglichen und gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr realisieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Durch die Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe und den Ausbau ökologisch und ökonomisch sinnvoller Infrastrukturprojekte wie dem Nord-Ostsee-Kanal ließe sich viel Verkehr vermeiden.

(Beifall bei der LINKEN)

Gute Verkehrspolitik zeichnet sich dadurch aus, dass sie Verkehr vermeidet, statt Verkehr nur zu kanalisieren oder gar neuen Verkehr zu generieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens ist uns die Förderung des Schienenverkehrs und der Wasserstraßen sehr wichtig. Um ein modernes Verkehrskonzept zu erreichen, muss die Landesregierung endlich ihre Fokussierung auf die Straße überwinden. Ressourcenschonender Verkehr ist weit besser auf dem Wasser und auf der Schiene möglich. Schleswig-Holstein braucht die Stadtbahnen in Kiel und Lübeck sowie rund um Hamburg ein deutlich besser ausgebautes S-BahnNetz.

(Beifall bei der LINKEN)

So würden täglich Tausende Pendlerinnen und Pendler von sinnvoller Verkehrspolitik profitieren, und gleichzeitig würde das Klima geschützt.