Über 90 % der Verpflichteten besuchen den Integrationskurs. Die Quote der Nichtteilnehmer wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit 8 bis 10 % angegeben.
Größere Sorgen als das Thema Sanktionen macht mir die finanzielle Ausstattung der Integrationskurse.
Der Bund musste Maßnahmen zur Ausgabensteuerung ergreifen, die sich leider in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein besonders negativ auswirken. Migranten haben hier - anders als in Ballungsräumen - längere Anfahrtswege, verbunden mit zusätzlichen Kosten für Kinderbetreuung und Fahrtkosten.
Die Vorsitzende des Deutschen Volkshochschulverbandes, Professor Dr. Rita Süssmuth, hat zu Recht davor gewarnt, die Erfolgsgeschichte der Integration zu stoppen und gerade die nachholende Integration einzuschränken.
Diese Studien und Zahlen zeigen, wir sind auf einem guten Weg, aber wir sind noch lange nicht am Ziel. Noch kann von Chancengleichheit und einer gleichberechtigten Teilhabe der Migranten keine Rede sein. Sprache, Bildung, Ausbildung und der Arbeitsmarkt bleiben die Großbaustellen der Integration und damit die Herausforderung für die nächsten Jahre.
(Beifall der Abgeordneten Ingrid Brand- Hückstädt [FDP] und Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat sich daher vorgenommen, das bisherige Integrationskonzept bis Herbst 2011 in Form eines Aktionsplans fortzuschreiben. Der Aktionsplan Inte
gration wird sich auf folgende Handlungsfelder konzentrieren: frühkindliche und schulische Bildung, berufliche Ausbildung, Hochschule und Weiterbildung, Arbeit, Gesundheit und Pflege sowie eine neue Willkommenskultur. Neu ist, dass wir den geplanten Aktionsplan mit klar definierten und überprüfbaren Zielen versehen haben. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Professor Dr. Böhmer, hat Schleswig-Holstein für dieses Vorgehen ausdrücklich gelobt.
Schleswig-Holstein setzt sich mit diesem Prozess an die Spitze der Bewegung. Für diesen Prozess brauchen wir die Unterstützung aller,
Ich möchte an dieser Stelle dem Integrationsbeauftragten, dem Abgeordneten Peter Lehnert, ganz herzlich für seinen engagierten Einsatz und seine Arbeit hier im Land danken.
Wir brauchen eine offene, aber sachliche Diskussion, wie wir eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen gemeinsam schultern wollen. Denn gefordert sind wir alle in diesem Prozess. Integration fordert uns als Aufnahmegesellschaft und ebenso die Zugewanderten.
Zu einem Dreiminutenbeitrag hat sich der Fraktionsvorsitzende der FDP, Herr Abgeordneter Wolfgang Kubicki, gemeldet. - Oder?
- Herr Kubicki, ich habe eben Ihre Meldung wahrgenommen. Aber selbstverständlich rufe ich auch den Fraktionsvorsitzenden der CDU, Herrn Abgeordneten Dr. von Boetticher, auf.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Stegner, ich glaube nicht, dass ich von Ihnen Nachhilfe in Sachen Integrations- und Einwanderungspolitik brau
che. 1999 bin ich in das Europäische Parlament gekommen, das damals eine neue Säule innerhalb der Europäischen Union war. Dort habe ich fünf Jahre lang im Bereich europäisches Asyl- und Einwanderungsrecht gearbeitet. Ich war einer derjenigen, die im Hinblick darauf, dass unsere Nachbarn in der Frage der Integrationsangebote, des modernen Integrationsrechts damals ein ganzes Stück weiter waren, eine ganze Menge davon in die CDU Deutschland mit eingebracht haben. Wir haben damals mit der großen Arbeitsgruppe von Peter Müller häufig diskutiert. Ich habe überhaupt keinen Nachholbedarf.
Der Minister wird in seinem Bericht, den wir angefordert haben, noch einmal ganz deutlich machen, dass wir in Schleswig-Holstein moderne und gute Angebote haben und dass das gilt, was uns der Bundespräsident gerade gesagt hat, nämlich dass uns der Islam willkommen ist - der Islam, nicht der Islamismus.
Das ist ein Unterschied. Darüber muss man hier auch reden dürfen. Der Islamismus ist in großen Zügen latent antisemitisch. Wir sind gegen Antisemitismus, aber egal, woher er kommt, Frau Amtsberg.
Es gibt nicht nur einen rechten Antisemitismus, auch bei den Islamisten gibt es einen latenten Antisemitismus. Das muss man in diesem Land auch erwähnen.
Herr von Boetticher, würden Sie mir bitte erklären, in welchem Teil ihrer Rede Frau Amtsberg den Islamismus in Deutschland als willkommen bezeichnet hat?
Das habe ich nicht gesagt. Ich habe gesagt, Sie hat den Antisemitismus von rechts erwähnt und ich fü
ge hinzu, dass es eben nicht nur rechts einen Antisemitismus gibt, sondern auch bei Islamisten in Deutschland. Das habe ich gesagt. Nicht mehr und nicht weniger.
So sehr sich die CDU in den letzten zehn Jahren in der Frage Einwanderungsland und Einwanderungsrecht bewegen musste und bewegt hat, so sehr erwarte ich von Ihnen auch, dass Sie endlich erkennen, dass das reine Multikulti mit Parallelgesellschaften ein Irrweg gewesen ist. Es war ein Irrweg, und wir erkennen das heute mehr denn je.
Denn es darf eben nicht nur so sein, dass man sagt: Wir fordern auch, sondern dann muss man auch einmal sagen, was dieses Fordern heißt. Man muss es einfordern.
Dass wir das nicht genügend getan haben, zeigen viele Beispiele, die wir jetzt herangetragen bekommen, die wir öffentlich wahrnehmen, wo es in dieser Parallelgesellschaft eben ganz bewusste Abgrenzung von unserer Wertegemeinschaft gegeben hat, wo es Radikalismus gab, wo heute Integration auch ganz bewusst verweigert wird.
Darüber müssen wir in dieser Gesellschaft mit den Menschen reden. Am Ende müssen wir konsequent sein. Am Ende muss man konsequent sein und fragen: Was machen wir mit denjenigen, die dies trotz aller Angebote, die trotz aller Möglichkeiten, die wir ihnen bieten und über die wir streiten werden, wie viel es sein müssen, wie weit die offene Hand und die ausgestreckte Hand gehen muss, nicht wollen? - Darüber werden wir uns in diesem Parlament unterhalten. Am Ende müssen wir aber die Konsequenz haben, die Frage zu beantworten, was wir mit denjenigen machen wollen, die nicht wollen.
Herr Gabriel hat gesagt: Die müssen wir konsequent abschieben. Ich bin gespannt, ob das auch wieder eine seiner typischen Gabriel-Umdrehungen gewesen ist oder ob er das ernst gemeint hat. Wir stellen fest, dass wir außerhalb der Asylanträge, die am Ende abgelehnt werden, Abschiebung wegen Straftaten in Deutschland kaum vollziehen, und zwar in keinem Bundesland. Ich sage ganz bewusst, dass es Bayern genauso wenig macht wie SPD-ge
führte Bundesländer. Am Ende haben wir uns immer vor der Konsequenz gedrückt, dass diejenigen, die Straftaten begehen, am Ende konsequent abgeschoben werden. Darüber müssen wir in diesem Land vernünftig miteinander reden.
Wir müssen ehrlich diskutieren. In Polizeistationen wird mir eigentlich nur unter der Hand berichtet, wie hoch der Anteil der Jugendgewaltstraftaten bei den Migranten ist. Offiziell heißt es immer noch, dass man darüber nicht reden darf. Wir breiten einen Mantel des Schweigens über die Problematik.