Protocol of the Session on November 19, 2009

(Peter Sönnichsen)

in Mecklenburg-Vorpommern höher sein soll als in Schleswig-Holstein.

Ich möchte damit jetzt keine Front zu Mecklenburg-Vorpommern aufbauen, denn die Frontlinie verläuft tatsächlich im Nord-Süd-Bereich. Denn die Schließungspläne sollen nicht nur in Bayern, sondern auch in Baden-Württemberg jetzt eingeschränkt werden - das aber nicht aufgrund der starken Umsatzzahlen dort, sondern das liegt anscheinend eher darin begründet, dass gewisse Vorstandsmitglieder dort quasi ihre Heimat haben und sich mit ihren örtlichen Honoratioren nicht anlegen mögen. Daher ist das Handeln der Bundesbank unter diesem regionalen Blickwinkel völlig unschlüssig. Ich denke, wesentlich ist auch der wirtschaftsbezogene Blickwinkel, der ebenso wenig schlüssig ist.

Selbst die Wirtschafts- und Bankenverbände - und die sind der Förderung des Staatsinterventionismus eigentlich gänzlich unverdächtig - haben dagegen protestiert, dass die Wege immer weiter werden sollen, und sind große Befürworter staatlicher Aufgabenwahrnehmung der Bargeldbearbeitung in diesem Bereich - es geht hier nämlich auch um ein Stück Privatisierung -, insbesondere nach dem Heros-Geldtransport-Skandal, bei dem Gelder veruntreut wurden. Dazu kommt, dass beispielsweise eine Bundesbankfiliale wie die Lübecker erst vor wenigen Jahren für rund 27 Millionen € erweitert und modernisiert wurde. Es wurde nicht nur ins Gebäude investiert, sondern auch in Maschinen zur Bargeldprüfung. Die sind verdammt teuer. Das kann bis jetzt nach den AfA-Tabellen noch nicht abgeschrieben sein. Die Bundesbank benimmt sich hier nicht nur wie ein bedenkenloser Sanierer, sondern auch wie ein gedankenloser Sanierer.

Aber es ist natürlich richtig, wenn die Bundesbank über Konsequenzen daraus nachdenkt, dass immer mehr Zahlungsvorgänge bargeldlos erfolgen oder dass Formulare für Außenhandelsgeschäfte durch einen schlichten Download zu haben sind und nicht mehr abgeholt werden müssen - wie es früher einmal der Fall gewesen ist - beziehungsweise durch die EU-Erweiterung schlicht überflüssig geworden sind. Lieber Kollege Harms, dies hat erst einmal nichts mit der Bankenaufsicht zu tun. Dort hat sich ganz einfach das Kundenverhalten geändert.

Aber der wesentliche Punkt bei den Aufgaben der Bundesbankfilialen ist tatsächlich die Bargeldversorgung. Das ist der Kern der Sache. Die Versorgung mit Geld, die Prüfung der Banknoten gehört dazu, auch die Vernichtung von nicht mehr brauchbarem Geld - das mag manche hier tief treffen, das mögen sich manche vielleicht gar nicht vorstellen

ist und bleibt eine hoheitliche und damit staatliche Aufgabe. Das ist die Kernaufgabe der Bundesbankfilialen.

Es ist gut, dass sich Herr Minister de Jager über das Vorgehen der Bundesbank empört hat, denn diese Entscheidung sollte ohne jede Rücksprache mit der Landesregierung auf den Weg gebracht werden. Aber es ist natürlich nicht nur das, dass man nicht informiert worden ist, sondern diese Maßnahmen wenn sie denn kommen sollten - laufen den Interessen unseres Landes entgegen.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt beim SSW und Beifall des Abgeordneten Peter Lehnert [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist nur noch wenig Zeit bis zur abschließenden Entscheidung der Bank. Die ist für Anfang Dezember angekündigt worden. Eigentlich hätten wir über den Berichtsantrag des SSW hinaus einen Antrag beschließen sollen, in dem wir die Bundesbank auffordern, von den Filialschließungen, von den Schließungsplänen, Abstand zu nehmen. Es wäre vielleicht besser gewesen, so etwas zu beschließen. Aber - so wie Herr de Jager das auch dargestellt hat - es ist gut, dass er mit Nachdruck gegen diese Schließungspläne aktiv wird. Das ist gut, und unsere Unterstützung dabei hat er.

(Beifall bei SPD und FDP sowie vereinzelt bei CDU und FDP)

Herr Abgeordneter Kumbartzky von der FDP-Fraktion hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie sie wissen, will die Bundesbank zur Kostensenkung bis Ende 2012 rund ein Drittel ihrer Filialen in Deutschland schließen. Nach den Plänen des Vorstands sollen 13 von 47 Filialen geschlossen beziehungsweise zusammengelegt werden. Für Schleswig-Holstein würden die Pläne konkret die Schließung aller drei Filialen in Kiel, Lübeck und Flensburg bedeuten.

Sollten die Schließungen wie ursprünglich geplant beziehungsweise berichtet ablaufen, wäre Schleswig-Holstein neben Brandenburg ab 2015 das einzige Flächenbundesland, das ohne eine Filiale der Bundesbank auskommen müsste. Dies kann mit Sicherheit weder im Interesse der Landesregierung noch im Interesse des Landtags sein.

(Thomas Rother)

(Beifall bei FDP und CDU)

Und es kann schon gar nicht im Interesse der Geldwirtschaft unseres Landes sein. Insofern begrüße ich es natürlich ausdrücklich, dass die Landesregierung umgehend aktiv wurde. Dass die Südländer Bayern und Baden-Württemberg weitgehend von Schließungen verschont bleiben, möchte ich an dieser Stelle nicht weiter kommentieren. Nichtsdestotrotz sollte man sich aber an anderer Stelle einmal ernsthaft über das Nord-Süd-Gefälle unterhalten.

Aber zurück zur Bundesbank: Der Bericht hat gezeigt, dass die Landesregierung bereits unabhängig von dem hier vorliegenden Antrag in konstruktive Gespräche mit der Bundesbank gegangen ist und sie alles daran setzen wird, dass zumindest nicht alle Filialen in Schleswig-Holstein geschlossen werden. Das hat einen guten Grund, denn die Schließung der Filialen hat eine Reihe von Nachteilen, angefangen bei den Nachteilen für die Mitarbeiter, über die Nachteile für Verbraucher und Wirtschaft bis hin zu möglichen Engpässen bei der Bargeldversorgung.

Bereits die Schließungswellen der vergangenen Jahre - von 200 auf 47 Filialen - haben - so kritisiert beispielsweise der Zentrale Kreditausschuss ZKA zu einer deutlich schlechteren Verfügbarkeit des Dienstleistungsangebots und punktuell sogar zu unzumutbaren Zuständen in der Abwicklung geführt, die immer noch nicht behoben sind. Eine weitere Ausdünnung des Filialnetzes würde diese Zustände weiter verschlechtern. Qualitätseinbußen bei Bargeldversorgung und -entsorgung sowie bei einer effizienten Bargeldlogistik wären zwangsläufig. All dies führt in der Konsequenz nicht nur zu höheren Kosten für die Bargeldakteure außerhalb der Bundesbank, sondern auch zur weiteren Verschlechterung der Versorgungsqualität.

Ein weiterer, sehr triftiger Grund aber, sich dafür einzusetzen, die Schließung aller Filialen in Schleswig-Holstein zu verhindern, ist folgender: Die Bundesregierung hat - auf Vorschlag der FDP - beschlossen, das Aufgabenspektrum der Bundesbank zu erweitern. Künftig soll auch die Bankenaufsicht von der Bundesbank übernommen werden. Schon allein vor diesem Hintergrund wäre eine Schließung sämtlicher Filialen in Schleswig-Holstein mehr als kontraproduktiv.

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bericht des Wirtschaftsministers hat gezeigt, dass alles unternommen wird, um die Schließung zu vermeiden. Wir sollten das Thema nichtsdestotrotz gern zur ge

gebener Zeit im zuständigen Fachausschuss auf die Tagesordnung setzen, um uns weiter mit dieser Thematik zu beschäftigen. Wir sollten dem Ministerium auf diesem Weg die Möglichkeit einräumen, uns weiterhin über die bislang geführten Gespräche zu informieren. Denn was die Landesregierung von der Bundesbank zu Recht fordert, nämlich laufend über den Prozess informiert zu sein, muss auch für den Landtag gelten.

(Beifall bei FDP und CDU sowie der Abge- ordneten Dr. Ralf Stegner [SPD], Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Silke Hinrichsen [SSW])

Frau Strehlau von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat über ihr Umgehen mit der Schließung der Bundesbankfilialen berichtet und erklärt, dass sie sich für den Erhalt wenigstens eines Standortes einsetzen wird. Wir betrachten diesen Bericht als ehrlich und ausgewogen und bedanken uns dafür.

(Beifall)

Meine Vorredner haben zur Schließung der Bundesbankfilialen schon vieles gesagt und die Fakten dargestellt. Ich muss sie nicht alle wiederholen und will es auch nicht tun. Wir haben die gleichen Dinge recherchiert wie Sie, meine Kolleginnen und Kollegen, haben die gleichen Internetseiten besucht und das Gleiche herausgefunden. Was uns aber unterscheidet, sind die Schlüsse, die wir aus den Fakten ziehen.

Für die grüne Fraktion möchte ich dazu Folgendes anmerken: Die Aufgaben der Bundesbank - wir haben es gehört - haben sich in den letzten Jahren in wichtigen Bereichen verändert, maßgeblich durch die Einführung des Euro. Die Bundesbank hat Aufgaben an die Europäische Zentralbank abgegeben, und es sind Aufgaben durch die einheitliche Währung weggefallen. Auch die Weiterentwicklung der maschinellen Bearbeitung von Bargeld führt zu einem geringeren Bedarf an Arbeitskräften.

Dies sind strukturelle Veränderungen, vor denen wir als Politik nicht die Augen verschließen können. Deshalb sprechen wir uns nicht pauschal gegen die Schließung von Filialen aus, wohl aber dagegen - wie es auch von den anderen Fraktionen

(Oliver Kumbartzky)

schon gesagt wurde -, dass durch die Reduzierung der Filialstandorte ganz Schleswig-Holstein zu einem weißen Fleck werden soll.

(Beifall)

Das ist für uns völlig inakzeptabel. Schleswig-Holstein wäre neben Brandenburg das einzige Flächenland ohne Bundesbankfiliale, während BadenWürttemberg zum Beispiel fünf Filialen plus eine Hauptverwaltung behält. Das Nord-Süd-Gefälle, von dem wir ja schon gehört haben, lässt grüßen.

Auch der Einzelhandel beklagt sich - so sehen wir es - zu Recht über die Schließung aller Filialen in Schleswig-Holstein. Doch nicht nur die Wirtschaft würde unter der Schließung aller Filialen leiden, ebenso die Privatkunden, auch wenn sie nicht den Hauptgeschäftsanteil ausmachen, und vor allen Dingen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Es soll zwar keine betriebsbedingten Kündigungen geben, aber für eine Mitarbeiterin aus Flensburg wäre es eine weitaus größere Härte, einen Arbeitsplatz in Hamburg annehmen zu müssen, als beispielsweise in Kiel.

Wir Grüne sehen den Bedarf, Strukturen effizienter zu gestalten. Was wir aber ablehnen, ist der Weg der Verlagerung von Bundesbankaufgaben in die private Wirtschaft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD] und Silke Hinrichsen [SSW])

Private Werttransportunternehmen erfüllen nicht die sicherheitstechnischen, finanziellen und aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen, um diese Aufgabe zu übernehmen. Der Skandal um die Geldtransportfirma Heros hat dies eindringlich gezeigt. Es scheint bei vielen zu einem Reflex geworden zu sein, Aufgaben an die Privatwirtschaft abzugeben, anstatt im eigenen Haus oder mit anderen gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie man Effizienzsteigerungen ohne Privatisierung erreicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Diese Konzeptentwicklung erwarten wir von der Bundesbank, die hoheitliche Aufgaben erfüllt und ein wichtiger Stützpfeiler unseres Finanzsystems ist. Somit hat die Bundesbank eine gesamtwirtschaftliche Verantwortung und darf nicht nur nach betriebswirtschaftlichen Überlegungen entscheiden. Wir hoffen, dass die Landesregierung die Bundesbank in diese Richtung beraten wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Herr Abgeordneter Schippels hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zwei Bemerkungen vorweg! Erstens bin ich erstaunt, dass hier gesagt wird, der liebe Norden werde gegenüber dem Süden benachteiligt. Wir sind gegen die Schließung der Bundesbankfilialen - ob in Schleswig-Holstein oder anderswo. Denn die Probleme, die wir in Schleswig-Holstein haben, gibt es auch woanders.

Zweitens wird gesagt - wir haben uns ja alle lieb -: Weiter so, Herr de Jager solle weiter für den Erhalt in Schleswig-Holstein kämpfen. Die erste Botschaft von der Schließung stammt nicht vom 10. September 2009, sondern kam am 9. September 2009 in der „Tagesschau“. Offensichtlich waren Sie da im Wahlkampf unterwegs und haben das nicht mitgekriegt. Dieser Zustand hat dann offensichtlich noch ein bisschen länger angehalten, denn während andere Bundesländer und Vertreter der Regierung auch öffentlich protestiert haben, sind Sie erst ziemlich spät tätig geworden. Zum Glück haben wir ja jetzt einen Aufschub an der einen oder anderen Stelle. Was allerdings überhaupt nicht akzeptabel ist, ist, dass der Standort Flensburg schon 2012 dichtgemacht werden soll. Es ist nicht akzeptabel, dass der überhaupt dichtgemacht werden soll.

(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Silke Hinrichsen [SSW])

Es ist aber schön, dass Sie jetzt aktiv werden wollen.

Der zentrale Kreditausschuss - der Kollege von der FDP hat das gesagt -, die Spitzenverbände der deutschen Kreditwirtschaft, haben kritisiert, dass es bei der bisherigen Streichung von Filialen - ihre Zahl wurde inzwischen ja schon von 200 auf 47 heruntergestrichen - punktuell zu unzumutbaren Zuständen gekommen ist und der gesetzliche Auftrag nicht immer erfüllt werden konnte. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels - das wurde vom SSW bemerkt - befürchtet lange Wartezeiten und erhöhte Kosten für die Randregionen, zu denen auch Schleswig-Holstein gehört - höhere Kosten, weil Private die Bargeldversorgung teilweise übernehmen sollen, letztlich bis hin zu den Inseln.

(Ines Strehlau)

Nun sollen alle drei Bundesbankfilialen in Schleswig-Holstein geschlossen werden - das hat auch Herr de Jager gesagt -, und wir wären dann neben Brandenburg und Bremen das Bundesland ohne eine solche Filiale. Das wird von der Bundesbank auch damit erklärt, dass es eine stärkere Effizienz geben soll. Der Sprecher der Bundesbank, Andreas Funke, hat gesagt, künftig würde sich der Aktionsradius der weiter bestehenden Bundesbankfilialen auf etwa 75 km erweitern. Die Bundesbankverantwortlichen sollten einmal auf die Landkarte von Schleswig-Holstein schauen: 75 km von Hamburg nach Sylt, Flensburg oder Fehmarn? Auch wir wissen, dass Schleswig-Holstein nicht das größte Bundesland ist, aber ganz so klein sind wir nun auch nicht. Herr de Jager, wenn Sie noch einmal mit der Bundesbank sprechen, geben Sie ihnen doch einmal eine Landkarte von Schleswig-Holstein mit, und weisen Sie darauf hin, dass wir von der Ausdehnung her doch ein ziemlich großes Bundesland sind!

Ich hoffe, dass wir dazu kommen werden, dass wir in Schleswig-Holstein weiter drei Standorte haben werden.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Hans-Jörn Arp [CDU]: Die Inseln müssen auch eine ha- ben!)