Protocol of the Session on September 10, 2010

Ich stelle fest, Herr Dr. Stegner, dass das Land über Jahrzehnte hinweg, über zwei Jahrzehnte, von den Sozialdemokraten dieses Landes regiert worden ist. Ich kann Herrn Dr. Schleifer nur zustimmen. Wir tragen den Investitionsstau und dessen Auswirkungen also laut Anwendungsvereinbarung noch bis 2015 weiter, da seitens des Landes keine finanziellen Kapazitäten bestehen, für die notwendige Abhilfe zu sorgen.

Das möchten die Fraktionen von SPD, Grünen und DIE LINKE. Die SPD ging in einem ähnlichen Antrag, den sie zum Mai-Plenum eingebracht hat, sogar noch weiter. Dort sollte die materielle Privatisierung noch generell ausgeschlossen werden.

Der Rettungsversuch, den die Sozialdemokraten vor Kurzem in ihrem sogenannten Konsolidierungskonzept vorgeschlagen haben - die Umwandlung des UK S-H in eine gemeinnützige GmbH löst das Problem nicht. Ein von Ihnen vorgeschlagenes öffentlich-privates Projekt verlagert das Finanzierungsproblem lediglich nach hinten. Die finanziellen Belastungen werden nicht geringer, wenn sie später fällig werden - ganz im Gegenteil. Wer bewusst für ein solches Projekt wirbt, darf den Bürgern zugleich nicht verschweigen, dass dafür zukünftig Mittel in beträchtlichem Maße gebunden werden.

(Beifall bei der FDP)

Damit werden zukünftige Investitionen verhindert. Das eigentliche Ziel, unseren Kindern keine neuen Lasten aufzubürden, würde damit kaum erreichbar. Das, liebe Sozialdemokraten, ist unsozial.

Viel interessanter wird es aber im folgenden Satz des SPD - Konzeptpapiers - es heißt ja „Konzeptpapier“. Hier heißt es nämlich:

„Auch die zeitlich befristete Verwendung von Mitteln des Zweckvermögens Wohnraumförderung für den Krankenhausbau zur Unterstützung des baulichen Masterplans des UK S-H halten wir für denkbar.“

Nun sollten Sie mir vielleicht die folgende Frage beantworten in einem weiteren Beitrag liebe Sozialdemokraten: Wenn der Topf aus dem Zweckvermögen Wohnraumförderung für den Krankenhausbau ungefähr 40 Millionen € groß ist, die Umsetzung des Masterplans aber fast 1 Milliarde € erfordert, wann sollte der Masterplan dann Ihrer Ansicht nach umgesetzt sein und die von Ihnen gesetzte zeitliche Befristung aufgehoben werden?

Es kann natürlich wieder so sein, wie Sie das früher schon gemacht haben, Herr Dr. Stegner, dass Sie sagen: Verschuldet euch in Höhe von 1 Milliarde €, und die Zinsen daraus tragen wir dann aus dem Zweckvermögen Wohnraumförderung. - Das in der Tat war eine Finanzierung, die die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein fast an den Rand des Kollaps gebracht hat.

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist auch hier so, wie wir das schon bei anderen Vorschlägen der Sozialdemokraten kennengelernt haben. Wenn es konkret wird und Sie Ihre Forderungen mit Zahlen untermauern sollen, ziehen Sie sich wieder aus der Verantwortung zurück. Sagen Sie uns doch bitte, wie viel Geld Sie wie lange aus dem Zweckvermögen Wohnraumförderung abzweigen wollen, um den Masterplan umzusetzen! Dass Sie hiermit Investitionen an anderer Stelle streichen wollen, sollten Sie vielleicht auch dazusagen, und dass diese Mittel wiederum der vernünftigen Umsetzung des Masterplans in keiner Weise dienen, sollten Sie hinzufügen. Aber den Eindruck in der Öffentlichkeit zu erwecken, dass Sie eine zusätzliche Geldquelle entdeckt haben, ist sowohl gegenüber den Beschäftigten des UK S-H als auch den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes gegenüber einfach unglaublich. Eine solche Behandlung haben die Menschen dieses Landes nicht verdient.

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es bleibt dabei: Sofern keine neuen vertraglichen Grundlagen geschaffen werden, gelten die alten. Ein Fortschritt in der Sache ist damit aber nicht zu erwarten. Im Ausschuss können wir diese Punkte gern noch einmal näher erläutern. Frau Präsidentin, wir würden auch gern den Finanzausschuss beteiligen, weil wir gern wissen wollen, wie die herausragenden finanziellen

(Wolfgang Kubicki)

Vorstellungen der Sozialdemokraten sich im Einzelnen umsetzen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Andreas Tietze.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war ja eine sehr unterirdische, fast UntersteSohlen-Debatte, die Herr Kubicki uns hier zugemutet hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Aber ich komme im Einzelnen auf Ihre Punkte zurück.

Ich hatte auch erst gedacht, das ist ein langweiliger Punkt, zehn vor sechs, wir haben auch schon einiges dazu gesagt. Aber nachdem ich mich etwas näher damit beschäftigt habe und auch nach Ihrem Beitrag ist es eine wirklich spannende Debatte, und es hat eine gewisse Aktualität, die uns heute noch einmal beschäftigen muss.

Man hört so einiges, Herr Kubicki. Das Thema Interessenbekundung soll zweimal auf der Tagesordnung des Kabinetts gestanden haben, dann wieder abgesetzt worden sein, wieder draufgesetzt worden sein, ein neuer Begriff wurde eingeführt, „Markterkundung“. Man kann einmal fragen: Wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen Markterkundung und Interessenbekundung?

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Fragen Sie mich jetzt?)

Interessenbekundung habe ich verstanden, dazu haben Sie sich auch schon in der Presse geäußert. Da will man das UK S-H verkaufen, und dann guckt man: Gibt es Interessenten? Die haben auch schon geäußert, dass sie Interesse haben. Im Übrigen, Herr Kubicki, ein Interessenbekundungsverfahren ist nicht so neu. Da müssen Sie nur nach Hessen sehen. Marburg/Gießen hat gezeigt, dass es tatsächlich auch Interesse der privaten Krankenhausträger an Universitätsklinika gibt. Bei einem Interessenbekundungsverfahren muss man das Rad nicht neu erfinden. Das hat man hier zumindest schon einmal durchgemacht.

Aber Markterkundung müssen Sie mir einmal erklären. Man möchte jetzt sozusagen eine qualifizierte Untersuchung des Marktes machen.

(Oliver Kumbartzky [FDP]: Die Regierung sitzt da drüben!)

- Die Regierung kann das, aber auch Sie sind Ratgeber und Experte in vielerlei Dingen. Dann werden Sie sicher etwas auch noch zum Thema Marktuntersuchung sagen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich habe einmal nachgesehen: Marktuntersuchung bedeutet, Gespräche mit Kunden zu führen ich würde mich freuen, wenn man einmal mit Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern darüber redet -, Auswertung von Statistiken, Sammeln von Informationen. Aber im Grunde genommen haben wir zwei Verfahren, da geht es um Zielkonflikte, vermute ich einmal. Wir können nachher noch darüber reden. Es geht nämlich um Meinungsverschiedenheiten. Jetzt ist Herr Wiegard nicht da. Ich hätte ihn aber an dieser Stelle gerne gefragt: Ein Interessenbekundungsverfahren bedeutet doch, schnell Kasse zu machen. Er muss einen Schuldenberg abbauen, er möchte frisches Geld haben, also möchte er ein Interessenbekundungsverfahren auf den Weg bringen. Das ist aber auch ein hohes Risiko, Herr de Jager. Bei einem Interessenbekundungsverfahren müssen Sie nämlich ein zweites Lübeck fürchten. Ich erinnere mich noch gut, wie die Vuvuzelas vor dem Landeshaus eben Ihnen Druck gemacht haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Das heißt ganz konkret, Sie stehen zur Haushaltsstrukturkommission, zu den Vorschlägen der Privatisierung und bringen ein Interessenbekundungsverfahren auf den Weg. Es ist vielleicht auch kostengünstiger.

Eine Markterkundung: Ich habe den Haushalt für 2011/2012, Einzelplan 06, gelesen. Da sagen Sie in der Haushaltsstelle 06 01 526 99, Kosten für Sachverständige, Gutachten und ähnliches 1 Million €. Da müssen Sie eine europaweite Ausschreibung machen. Da wird wahrscheinlich allein schon für den Ausschreibungstext noch einmal eine fünf- bis sechsstellige Summe zusammenkommen. Ich habe den Eindruck, Sie sind sich nicht einig, Sie machen eine Interessensbekundung, Sie machen einen politischen Rückzug, Sie wollen erst einmal den Markt erkunden. Im Grunde genommen wollen Sie etwas

(Wolfgang Kubicki)

wissen. Ich übersetze das jetzt einmal ganz einfach, Herr Kubicki, damit auch Sie es verstehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Sie wollen etwas wissen, lieber Herr Kubicki, da geben Sie 1 Million € aus für etwas, was Sie schon längst wissen

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nein!)

wie alle hier im Raum auch, nämlich dass es Interessenten gibt, die das Klinikum kaufen wollen. Dafür wollen Sie 1 Million € ausgeben.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wissen Sie schon, zu welchen Bedingungen?)

- Nein. - Ich will nur sagen, lieber Herr Kubicki, Sie verbraten 1 Million €. Ich habe einmal nachgesehen. Herr Kubicki, schauen Sie einmal in den Haushalt 2009: Beratungskosten UK S-H, 10,9 Millionen €. Jährlicher Sockelbetrag für Beratung im Haushalt des UK S-H, 2,4 Millionen €. Jetzt noch 1 Million € drauf. Das heißt nach Adam Riese, wir geben 14,3 Millionen € aus, um zu wissen, wie wir jetzt das UK S-H besser machen? Das ist schon eine Frage von Rechenkunst, aber es ist vor allen Dingen eine Frage von Realitätsverlust, Herr Kubicki, den Sie uns hier demonstrieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Denn das, was der Herr Finanzminister uns mit dem Thema Haushalt und Schuldenbremse einbläst und so wie Sie das aufgeblasen haben: Erklären Sie das einmal den Blinden draußen, erklären Sie das einmal den Kindertagesstätten, erklären Sie das einmal den Gruppierungen, dass Sie 1 Million € zum Fenster hinauswerfen für etwas, was Sie schon längst wissen! Ich verstehe das nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Herr Kubicki, die Konzeptionslosigkeit, die Ihre Koalition hat, wird hier so deutlich wie in keinem anderen Politikfeld. Konzeptionslos und verantwortungslos, das ist das, was Sie mit diesem Politikansatz bezeugen. Das ist erbärmlich für das wichtige Thema UK S-H und Krankenversorgung in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Chaos wird doch noch komplett. Herr Garg, erklären Sie mir das doch einmal, Ihr geschätzter Kollege Rösler auf Bundesebene sagt jetzt, er will

den Vertrag über die Angleichung der Basisfallwerte für 2015 verhindern. Jetzt frage ich Sie: Da stehen doch Planbarkeit und Verlässlichkeit auf dem Spiel. Alle richten sich doch darauf ein. Alle haben sich bei den Finanzierungen ihrer Krankenhäuser darauf eingerichtet. Für das UK S-H bedeutet das 5 Millionen € weniger Einnahmen.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss. Ihre Redezeit ist schon vorbei.

Das ist ein Kniefall vor den Pharmakonzernen, das ist Atomlobby, Pharmalobby, die bei Ihnen durchscheint, das ist eine sozial ungerechte Politik, und das ist wirtschaftliche Schädigung des Standortes Schleswig-Holstein, die Sie hier praktizieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Formulieren Sie bitte Ihren letzten Satz.