Protocol of the Session on September 10, 2010

- Ich benutze den rechtlichen Begriff, Frau Jansen, nun widersprechen Sie in dem Punkt nicht. Das ist einfach sachlich richtig. Daran gibt es am heutigen Tag auch keinen Grund zu zweifeln.

Ich gehe tatsächlich davon aus, dass die Landesregierung - nach dem, was sie zum Markterkundungsverfahren gesagt hat - eine ergebnisoffene Prüfung durchführen wird. Denn wir reden nicht nur davon, eine materielle Privatisierung durchzuführen, sondern man kann auch über andere Modelle miteinander sprechen. Im Rahmen des UK S-H werden ja auch unterschiedliche Modelle besprochen, beispielsweise eine Trennung von Betrieb und Grundstück, eine Aufteilung in unterschiedliche Gesellschaften. Aber wir alle miteinander wissen, dass das eine enorme Herausforderung für das Unternehmen ist. Da müssen nämlich auch erhebliche Überschüsse erwirtschaftet werden. Wir sind stolz darauf, dass wir eine schwarze Null erreicht haben. Wir haben aber großes Vertrauen in den Vorstand.

Ich halte das deshalb für eine absolut diskussionswürdige Alternative, über die wir uns gemeinsam in den Ausschussberatungen verständigen sollten. Deshalb beantrage ich eine Überweisung an den zuständigen Fachausschuss. Ich denke, dass die Landesregierung dort zu dem Punkt, der von den weiteren Antragstellern noch mit eingefügt worden ist, einen Bericht zum Markterkundungsverfahren abzugeben, etwas sagen kann und der Bericht im zuständigen Fachausschuss erfolgen wird. Ich freue mich dann auf eine spannende Diskussion.

(Beifall bei CDU und FDP)

(Daniel Günther)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Wenn du um 6 Uhr nach Hause willst, musst du dich beeilen!)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die Sanierung des UK S-H eine schwierige Aufgabe ist, wissen wir alle. Sie ist aber nicht nur für den Unternehmensvorstand und für das Wissenschaftsministerium schwierig, sondern in erster Linie für die Mitmenschen, die dort unter schwierigsten Bedingungen arbeiten und die vor allem bei ihrem Einkommen und ihrer Arbeitszeit große Opfer gebracht haben, in der Erwartung, ihren Arbeitsplatz in diesem Unternehmen damit auf Dauer abzusichern. Diese Menschen müssen nun beinahe täglich erfahren, dass die Landesregierung ihre Arbeit immer wieder erschwert und anscheinend nicht gewillt ist, Verträge einzuhalten, sondern dass sie die erst vor wenigen Jahren geschlossenen Vereinbarungen mit den Gewerkschaften auf dem Altar der Haushaltskonsolidierung verbrennen will.

Erst wird der Bestand der Universität Lübeck infrage gestellt, indem die obskure Haushaltsstrukturkommission eben einmal beschließt, dass in Lübeck künftig keine Mediziner mehr ausgebildet werden. Davon ist man nun wieder abgekommen. Niemand hatte die Absicht, eine Universität zu schließen,

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

weil die dadurch erwarteten Einsparungen nun durch einen munteren Verschiebebahnhof zwischen den großen Forschungsverbänden mit stärkerer Bundesbeteiligung erzielt werden sollen. Ob dieses Modell tatsächlich durchgeht, bleibt noch abzuwarten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das wollen wir doch hoffen!)

Ende August meldet die Presse, dass die Landesregierung bereits jetzt ein Interessenbekundungsverfahren für einen Verkauf des UK S-H in die Wege leiten will und damit schon wieder einen Wortbruch begeht.

(Dr. Ralf Stegner [SPD]: So ist es!)

Es geht heute gar nicht um die rechtliche Frage, ob dieses Verfahren bereits einen Bruch des Tarifvertrages darstellt. Das wird die Gewerkschaft ver.di rechtlich prüfen. Es geht darum, dass diese Regie

rung nicht mehr rückholbare wirtschaftliche und politische Fakten schaffen will. Wir können es nicht häufig genug sagen: Dazu hat diese Regierung keine Legitimation mehr.

(Beifall bei der SPD - Heike Franzen [CDU]: Das stimmt doch nicht!)

Diese Landesregierung hat nur eine Minderheit der Wählerinnen und Wähler hinter sich, und ihre Sitzmehrheit ist auf verfassungswidrige Weise zustande gekommen.

(Beifall bei der SPD - Peter Harry Carstensen [CDU]: 25-%-Partei!)

Zusätzlich ist das Verhalten von CDU und FDP im Sozialausschuss sehr bezeichnend. Eine öffentliche Debatte über den Erhalt der öffentlichen Trägerschaft des UK S-H wird verzögert, während die Staatsekretärin des Wissenschaftsministeriums im Sozialausschuss erklärt, dass die Interessenbekundung für die Privatisierung des UK S-H zügig auf den Weg gebracht wird. Die Anregung, dass wir im Ausschuss darüber diskutieren können, ist zwar ganz schön, aber dann lassen Sie uns auch im Ausschuss darüber diskutieren. Im letzten Sozialausschuss haben Sie einfach mit Ihrer Mehrheit unseren Antrag weggestimmt, mit der Begründung, man könne ja erst einmal die Haushaltsberatungen abwarten, und wir haben nicht darüber diskutieren können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Entweder ehrlich diskutieren und das auch wirklich machen oder - was mir viel lieber wäre - heute deutlich sagen, dass man von der Privatisierung des UK S-H absieht und den Vertrag bis 2014 einhalten will.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Nicht nur aus Kiel droht durch die schwarz-gelbe Politik dem UK S-H Unheil. Der liberale Bundesgesundheitsminister Rösler will auf Dauer festschreiben, dass die Krankenhäuser in SchleswigHolstein weniger Geld erhalten. Wenn dem UK S-H in Zukunft Millionen vorenthalten werden sollten, konterkariert dies die positive wirtschaftliche Entwicklung am UK S-H. Hier wünschen wir uns eine Landesregierung, die, wie damals die Gesundheitsministerin Trauernicht, entschieden dafür kämpft, dass die schleswig-holsteinischen Krankenhäuser beim Basisfallwert den Anschluss an den Bundesdurchschnitt schaffen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

- Es ist zwar schön, darüber zu lachen, aber das Lachen ist das eine und die Taten sind das andere, Kollege Garg.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie sich entschieden für einen Basisfallwert einsetzen, der schleswigholsteinische Krankenhäuser nicht benachteiligt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Die Landesregierung sollte hier ihre Kraft einbringen und nicht in die Privatisierung des UK S-H stecken.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP] - Peter Harry Carstensen [CDU]: Schröder, oder wie sie alle hießen! Schmidt und Schröder!)

Für uns Sozialdemokraten gelten weiter die Sanierungskonzepte - wie wir sie hier auch in früheren Beschlüssen des Landtages festgelegt haben -: Auf dieser Grundlage soll mit Hochschulbaumitteln des Bundes ebenso wie mit öffentlichen und privaten Partnerschaftsmodellen der bauliche Masterplan umgesetzt werden. Wir beantragen deshalb, dass die Landesregierung heute gegenüber dem Parlament erklärt, ob sie ein Interessenbekundungsverfahren in die Wege geleitet hat oder in die Wege leiten will und was die Eckpunkte dieses Verfahrens sind. Wir beantragen zugleich, dass der Landtag die Landesregierung auffordert, das Privatisierungsmoratorium bis zum Frühjahr 2015 zu respektieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die schwarz-gelbe Landesregierung setzt darüber hinaus erneut die Zukunft der Universität Lübeck aufs Spiel. Es wäre wissenschaftlich und gesundheitspolitisch - aber auch im Hinblick auf die Perspektiven des Wissensstandortes Lübeck - unverantwortlich, das UK S-H zu privatisieren. Schleswig-Holstein darf nicht zum einzigen Bundesland werden, das keinen Träger der Maximalversorgung im Gesundheitswesen in öffentlicher Hand besitzt. - Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, ob das erbärmlich ist, Herr Kollege Baasch, nämlich die Anerkennung der Kampfkraft der neuen Regierung, dass Sie beständig von uns das einfordern, wozu Sie in Ihrer Regierungszeit nicht in der Lage waren.

(Beifall bei der FDP)

Die Vorgängerin von Herrn Dr. Garg, was die Basisfallwerte anging, hieß Frau Trauernicht. Die Bundesgesundheitsministerin hieß Frau Schmidt. Wir fragen uns, was von der kampfstarken SPD in Schleswig-Holstein erreicht worden ist bei der Frage der Basisfallwerte.

(Zurufe von der SPD)

Wir wären - ich komme gleich dazu -, was die Krankenhausfinanzierung angeht, in bestimmten Bereichen gar nicht so schlecht dran, wenn das früher anders geregelt worden wäre. Dazu waren Sie ja nicht in der Lage.

(Zurufe von der SPD)

- Herr Kollege Stegner, die SPD war mal eine große Partei und hat jetzt kleine Führer so wie wir.

Der Antrag der Fraktionen DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN insinuiert, dass die Landesregierung einen Vertragsbruch begehen möchte, weil sie sich über getroffene Vereinbarungen herrschaftlich und willkürlich hinwegzusetzen gedenkt. Dies ist mitnichten der Fall.

Wir werden das UK S-H nicht vor dem 1. April 2015 privatisieren können, wenn sich die vertragliche Situation nicht verändert. So steht es in der Anwendungsvereinbarung, die Sie in Ihrem Antrag zitieren. Das würde natürlich bedeuten, dass der bauliche Masterplan auch in diesen weiteren fünf Jahren keine Umsetzung fände, da das Land Schleswig-Holstein hierfür keine finanziellen Möglichkeiten hat.

Bis 2015 heißt dies also - sofern sich die vertraglichen Grundlagen nicht ändern -, dass die offenkundigen Probleme, die das UK S-H derzeit hat, um fünf Jahre weitergeschoben werden. Namentlich sind das die aufgetürmten Schulden von derzeit 100 Millionen € und der Investitionsstau von fast 1 Milliarde €. Den baulichen Masterplan kann das

(Wolfgang Baasch)

Land nicht mehr stemmen, ohne sich finanziell selbst zu zerstören. Das Land kann schlichtweg kein Geld in die Hand nehmen, das es nicht besitzt. Jeder, der das Gegenteil behauptet, Herr Dr. Stegner, verschließt die Augen vor den tatsächlichen Gegebenheiten. Zu Ihnen komme ich gleich.

Jedes weitere Jahr kostet Geld: Im Interview mit den „Kieler Nachrichten“ sagte Dr. Carl Hermann Schleifer am 1. Juni 2010, dass das UK S-H allein durch die schlechte Baustruktur jährlich 30 Millionen € verliere. Auch dies ist Geld, mit dem man sicherlich mehr tun könnte, als es in das notdürftige Flicken einer maroden Baustruktur zu stecken. Weiter erklärte Herr Dr. Schleifer an dieser Stelle:

„Mir ist unklar, weshalb das Land über Jahrzehnte den Investitionsstau missachtet hat.“

Ich stelle fest, Herr Dr. Stegner, dass das Land über Jahrzehnte hinweg, über zwei Jahrzehnte, von den Sozialdemokraten dieses Landes regiert worden ist. Ich kann Herrn Dr. Schleifer nur zustimmen. Wir tragen den Investitionsstau und dessen Auswirkungen also laut Anwendungsvereinbarung noch bis 2015 weiter, da seitens des Landes keine finanziellen Kapazitäten bestehen, für die notwendige Abhilfe zu sorgen.