Protocol of the Session on September 8, 2010

Der vorgelegte Doppelhaushalt und der Finanzplan zeigen uns, dass es möglich ist, unser strukturelles Defizit abzubauen und gleichzeitig die Schwerpunkte dieser Koalition, nämlich Bildung und Wirtschaft, zu fördern und weiterzuentwickeln.

Wir werden ab dem nächsten Jahr den Zuschuss für den Betrieb von Kindertagesstätten um jährlich 17 % auf 70 Millionen € erhöhen. Bis 2013 werden in Schleswig-Holstein circa 17.000 neue Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren entstehen. In den nächsten beiden Jahren stehen allein dafür rund 105 Millionen € bereit. Die Entscheidung, wieder zurück in den Beruf zu gehen, wird vielen Müttern damit leichter gemacht.

(Tobias Koch)

Durch die Erhöhung der Beschäftigtenquote insbesondere auch bei den Frauen - schaffen wir weitere Möglichkeiten, strukturell höhere Einnahmen für das Land zu erzielen. Viele Eltern würden gern mehr arbeiten oder früher in den Beruf zurückkehren. Eine schrumpfende Gesellschaft kann es sich auf lange Sicht nicht leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Vorschulische Sprachentwicklung, Ganztagsangebote und der Vertretungsfonds werden mit insgesamt jährlich 26,8 Millionen € in Schleswig-Holstein gefördert. Wir werden Kompetenzzentren zur Begabtenförderung und den Aufbau differenzierter Förderangebote für leistungsschwächere Schüler finanziell unterstützen. Wir werden den Privatschulen und Ersatzschulen in freier Trägerschaft Mittel für deren Bauinvestitionen bereitstellen.

Wir werden die Musikschulen und die freien Theater in den Jahren 2011 und 2012 mit insgesamt 1,8 Millionen € fördern. Unangetastet bleibt auch der jährliche Zuschuss von rund 4,8 Millionen € an das Schloss Gottorf und das Freilichtmuseum Molfsee,

(Beifall bei der FDP)

deren pädagogischer Mehrwert unbestritten ist. Auch das Investitionsprogramm „Kulturelles Erbe“ zum Erhalt herausragender Baudenkmäler bleibt bestehen.

(Björn Thoroe [DIE LINKE]: Das Marine- Ehrenmal?)

1,7 Millionen € Zuschuss jährlich für das Schleswig-Holstein-Musikfestival kann sich das Land in Zukunft leider nicht mehr leisten. Wir meinen, dass eine Absenkung auf 1,4 Millionen € im nächsten Jahr und auf 1,2 Millionen € ab 2012 bei einem Gesamtetat des Festivals von jährlich rund 9 Millionen € zumutbar sein muss.

In diesem Zusammenhang darf auch die Diskussion um die Höhe des Zuschusses an die Landeskirchen, nämlich 12 Millionen € jährlich, nicht mit einem Tabu belegt werden. Der Landtag hat bereits in der letzten Wahlperiode über eine Modernisierung des Kirchenstaatsvertrages, der 1957 geschlossen wurde, diskutiert und eine Behandlungskommission eingerichtet.

Bei dem genannten Betrag von 12 Millionen € handelt es sich nicht etwa um Zuschüsse an die kirchlichen Kindergärten oder die kirchlichen Alten- und Pflegeheime, also - ich zitiere Bischof Ulrich laut

„Kieler Nachrichten“ - die „vielfältigen Beiträge zum Gemeinwohl“, sondern um - ich zitiere aus dem Staatsvertrag von 1957, Artikel 18 - „eine Dotation für kirchenregimentliche Zwecke“, Zuschüsse für Zwecke der Pfarrbesoldung und - versorgung.

Der Betrag ist in seiner Höhe den Veränderungen der Besoldung der Landesbeamten anzupassen“.

Es geht hier also zum größten Teil um die Gehälter der Pastoren und deren Pensionen. Die Erhöhung um eine halbe Million Euro jährlich - also von 2010 auf 2011 - beruht also ausschließlich auf der Veränderung der Besoldung der Landesbeamten. Ich würde mir wünschen, dass als Ergebnis der Verhandlungen seitens der Kirchen ein Solidarbeitrag in Höhe von etwa 15 % des heutigen Zuschusses angeboten würde. Diese dann frei werdenden Mittel könnten für Zwecke der kulturellen Bildung, beispielsweise für unsere Bildungsstätten, eingesetzt werden.

Ausgabenkürzungen führen aber nicht allein zur Haushaltskonsolidierung. Mehreinnahmen durch Wachstum in Schleswig-Holstein sind das Ziel dieser Koalition. Deshalb werden wir in unsere Verkehrsinfrastruktur investieren. Schleswig-Holstein soll der Logistikstandort in Nordeuropa werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten aufgrund der Nähe zur Metropole Hamburg sowie der Bedeutung Schleswig-Holsteins als Brückenkopf nach Skandinavien und als Schnittstelle zwischen West- und Osteuropa müssen genutzt und ausgebaut werden.

Die feste Fehmarnbelt-Querung mit einem vierstreifigen Ausbau der B 207 und einem zweigleisigen Ausbau der Schienenstrecke Lübeck-Puttgarden birgt erhebliche Entwicklungspotenziale für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein. Die Bedenken der Gemeinden, die an der jetzigen Trasse liegen, müssen ernst genommen werden, und alternative Trassenführungen müssen im Gespräch mit der Bahn und gemeinsam mit den Betroffenen vor Ort geprüft werden.

Sollte die Bewerbung der Hansestadt Lübeck auf Einrichtung eines Bauhafens erfolgreich sein, so würde dies für Lübeck Aussicht auf neue Jobs und Wertschöpfung vor Ort bedeuten, und Lübeck wür

(Katharina Loedige)

de für einige Jahre im Fokus der internationalen Bauwirtschaft stehen.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur unseres Landes schaffen dauerhaft neue Arbeitsplätze und tragen damit zu Wachstum und Wohlstand in unserem Land bei. Das ist unser Beitrag zum konjunkturellen Aufschwung in Deutschland. Der führt eben in Schleswig-Holstein auch zu Steuermehreinnahmen.

Der Ausbau der wirtschaftlichen Infrastruktur hat Vorrang vor einzelbetrieblicher Förderung. Die Koalition wird die einzelbetriebliche Investitionsförderung, die teilweise zu Wettbewerbsverzerrungen führt, weitgehend einstellen. Dies findet auch Zuspruch bei der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein. Die frei werdenden, sogenannten EFRE-Mittel werden sich vorrangig auf Infrastrukturmaßnahmen auf das sogenannte C-Fördergebiet, also unseren nördlichen Landesteil und die Westküste, konzentrieren müssen.

Neben vielen Innovationsprojekten - zum Beispiel dem Neubau des Fraunhofer-Instituts in Lübeck oder dem Erweiterungsbau ISIT - sind für uns infrastrukturelle Maßnahmen wie beispielsweise die Häfen Brunsbüttel und Helgoland Förderschwerpunkte.

Die in der letzten Woche vorgestellte Studie zum geplanten Ausbau von Offshore-Windparks in der Nordsee bietet Brunsbüttel und der gesamten Westküste herausragende wirtschaftliche Potenziale, die nicht verschlafen werden dürfen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Voraussetzungen für einen Offshore-Servicehafen sind in Brunsbüttel hervorragend. Die prognostizierten 1.000 Arbeitsplätze bedeuten Prosperität für die gesamte Region. Es gilt nun, schnellstmöglich die Voraussetzungen für diese Investitionen zu schaffen, damit unsere Wirtschaft in SchleswigHolstein auch damit weiter gestärkt wird.

Eine große Herausforderung - nicht nur für uns, auch für alle anderen Bundesländer - besteht in der Deckung des Bedarfs an Pflegekräften. Um die Zahl der Ausbildungsplätze an den Länderdurchschnitt anzupassen, wird Schleswig-Holstein das Angebot an Ausbildungsplätzen um 30 auf 1.200 aufstocken. Ich bin mir aber sicher, dass dies hier noch nicht das Ende der Fahnenstange sein kann und sein wird.

Einschnitte beim Landesblindengeld sind leider unerlässlich. Auch die Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen können von Einsparvorgaben leider nicht verschont bleiben. Der Minister für Justiz, Frauen und Integration hat in der vergangenen Woche ein ausgewogenes Konzept vorgestellt, durch welches trotz Kürzung der Mittel die fachlichen Standards bei den Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen erhalten bleiben können. Darin sind auch die jüngsten Vorschläge des Landesrechnungshofs eingeflossen.

Schleswig-Holstein finanziert 335 Plätze in insgesamt 16 Frauenhäusern. Hochgerechnet auf die Einwohnerzahl im Land liegt dieses Angebot über dem Durchschnitt der anderen Bundesländer. Circa 30 % der bereitgestellten Plätze werden von Frauen aus anderen Bundesländern belegt. Hier liegt die Frage der Kostenübernahme des jeweiligen anderen Bundeslandes nahe. Ein als bundesweit vorbildlich bewertetes Finanzierungssystem kann nicht dazu führen, dass wir anderen Ländern die Kosten von der Hand halten.

Das Ministerium für Umwelt und Agrar hat bereits in den vergangenen Jahren durch Umstrukturierungen und Prozessvereinfachungen Personalabbau betrieben. Das ist anzuerkennen. Aber die Zuwendungen und Zuschüsse des Landes in diesem Einzelplan sind - auch wegen Drittmitteln durch die EU recht hoch und müssen weiterhin auf den Prüfstand. Wir können die dauerhafte Beibehaltungsförderung des ökologischen Landbaus nicht mehr finanzieren. Die Wettbewerbssituation des ÖkoLandbaus hat sich deutlich verbessert, die Gewinnentwicklung der Öko-Bauern hat sich im Bundesdurchschnitt an die der konventionell wirtschaftenden Betriebe angeglichen. Die Nachfrage beim Verbraucher ist groß. Die Umstellungsförderung kann künftig nur noch in grundwassergefährdeten Regionen gewährt werden.

Die Konsolidierung der Finanzen unseres Landes ist nicht einfach. Sie bereitet weder Freude noch Spaß. Trotzdem steht die Notwendigkeit zu Einsparungen außer Frage. Ich fordere keine Unterstützung der Opposition, dafür bin ich nun schon zu lange politisch tätig, aber ich fordere Sie auf, zu Ihrer Entscheidung vom 19. Mai, nämlich eine Schuldenbremse in der Landesverfassung zu verankern, weiter zu stehen. Es gibt kein Zurück in den Schuldenstaat.

(Beifall bei der FDP sowie der Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU] und Su- sanne Herold [CDU])

(Katharina Loedige)

Der eingeschlagene Pfad darf nicht verlassen werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Es geht hier nicht um Schwarz-Gelb, es geht um dieses Land, es geht um Blau-Weiß-Rot.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Koch, ich glaube, Ihr Beitrag hat deutlich gemacht, wie transparent die mittelfristige Finanzplanung ist!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nur weil Sie ihn nicht verstanden haben?)

Ich möchte auf ein paar Zahlen eingehen. Seit mehreren Monaten sagen wir, dass es ohne Steuererhöhungen nicht gehen wird. Jetzt, nachdem wir mehrfach Rechnungen aufgemacht und gemahnt haben, haben Sie dieses endlich und zum ersten Mal zugegeben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Ihrer mittelfristigen Finanzplanung stecken Steuererhöhungen von mindestens 400 Millionen € jährlich - mindestens!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nicht mal das stimmt! - Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Nicht mal das stimmt!)

Das hat doch der Sprecher des Finanzministeriums zugeben.

(Thorsten Fürter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das hat er doch gesagt!)

Was ist denn die Bereinigung von Ausnahmetatbeständen, die 400 Millionen € in die Landeskasse spült? Was ist das denn, wenn nicht eine Steuererhöhung? Was soll das denn sein? Das Geld fällt doch nicht vom Himmel.