Protocol of the Session on July 9, 2010

(Beifall bei CDU und FDP)

(Dr. Robert Habeck)

Ich fand das wirklich einen fairen Zug von Herrn Dr. Habeck, dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen, diesen Verhandlungserfolg anzuerkennen, der der Landesregierung gelungen ist, zusätzliche Bundesmittel für die Forschung in Schleswig-Holstein einzuwerben. Durch die daraus resultierende Entlastung des Landeshaushalts ist es möglich, die Medizinische Fakultät in Lübeck zu erhalten. Mit reinen Landesmitteln hätten wir das nicht schaffen können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir haben die Dringlichkeit des Antrags bejaht und begrüßen ausdrücklich, dass das Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt worden ist, damit die Regierung uns nachher in ihrem Beitrag detailliert über die Verhandlungsergebnisse informieren kann, und dass wir heute gemeinsam diesen Erfolg miteinander feiern und auch unsere Freude miteinander teilen können. 25 Millionen € sind dauerhaft vom Bund brieflich zugesichert.

Mein Dank gilt an dieser Stelle dem Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen und dem Wissenschaftsminister Jost de Jager für ihren wahrlichen Einsatz, der jetzt endlich auch von einem Erfolg gekrönt wurde.

(Beifall bei der CDU)

Dazu haben viele beigetragen. Ich habe jetzt die Regierung erwähnt. Die Fraktionen waren natürlich mit daran beteiligt, dass dieser Erfolg zustande gekommen ist. Ich habe Minister de Jager eben erwähnt, weil er auch in der Öffentlichkeit unter ordentlichem Druck gestanden hat, aber Beharrlichkeit und Standhaftigkeit bewiesen hat. Ich halte die Note zwei im s:hz heute für deutlich unterbewertet.

(Beifall des Abgeordneten Johannes Callsen [CDU])

Ich begrüße vor dem Hintergrund des Verhandlungserfolgs ausdrücklich die Bereitschaft der Landesregierung, die Umwandlung der Universität Lübeck in eine Stiftungsuniversität auf den Weg zu bringen. Denn das war auch schon in der Vergangenheit der ausdrückliche Wunsch der Universität. Die vielen Ankündigungen, die wir in den letzten Wochen gehört haben, was das Thema Zustiftungen angeht, müssen jetzt natürlich in die Tat umgesetzt werden. Ich will an dieser Stelle auch deutlich sagen: Bei aller verständlichen Freude, die jetzt in der Region herrscht, dürfen wir nun die Hände nicht in den Schoß legen.

(Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir haben jetzt in einer Etappe etwas erreicht. Aber die Diskussionen in den letzten Wochen und auch ehrliche Zugeständnisse, die von der Universität Lübeck gemacht worden sind, was die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen angeht, zeigen, dass dort Doppelstrukturen abgebaut werden müssen. Das ist auch in den Stellungnahmen und im Alternativkonzept der Universität deutlich gemacht worden.

Ich habe großes Vertrauen in die Verantwortlichen innerhalb der Universität, dass das nicht nur Ankündigungen waren, um Entscheidungen abzuwenden, sondern dass dort auch die ehrliche Bereitschaft besteht, einen Beitrag dazu zu leisten, dass wir auch Landesausgaben einsparen können.

Das, was Herr Habeck eben gesagt hat, will ich unterstreichen: Wir haben Bundesmittel erreicht. Die wurden uns an der Stelle zugesagt. Aber das entbindet uns überhaupt nicht von der Verpflichtung, in allen Bereichen, aber auch im Hochschulbereich dafür Sorge zu tragen, dass wir zu Ausgabensenkungen im Landeshaushalt kommen. Ich bleibe dabei, was ich in den Debatten immer wieder gesagt habe: Man kann durch Strukturveränderungen und durch Einsparungen von Landesmitteln trotzdem dafür Sorge tragen, dass die Ausbildungsqualität an den Hochschulen in Schleswig-Holstein auch zukünftig gut bleibt. Deswegen würde ich mir wünschen, dass wir uns auf den von uns gestellten Änderungsantrag einigen könnten. Ein Lob an die Landesregierung - es muss trotzdem weitergehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Jürgen Weber das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist eine im Grundsatz gute Nachricht: Es scheint gesichert, dass mit der Aufnahme des IFMGEOMAR in die Helmholtz-Gemeinschaft der Landesanteil an der Finanzierung der Forschungseinrichtung deutlich gesenkt werden kann. Über Details zu dieser Frage wird man heute nicht reden können, dazu sind die Informationen im Detail noch zu spärlich.

Es ist zum Zweiten im Grundsatz eine gute Nachricht, denn die Landesregierung ist jetzt offenbar endgültig bereit, ihren wochenlangen Blindflug in Sachen Hochschulmedizin aufzugeben

(Daniel Günther)

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

und der Universität Lübeck wieder eine Lebenschance zu geben. Das ist eine gute Nachricht, die wir außerordentlich begrüßen.

(Beifall bei SPD und SSW sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wundert uns auch nicht - deswegen fasse ich es nur kurz an -, dass jetzt die Legende geschmiedet wurde, die 24 Millionen € waren naturgegeben, mussten gebracht werden, die Lübecker Universität oder sonst irgendjemand anderes hätte sie bringen müssen und der Bund hat uns gerettet. - Nein, diese 24 Millionen € waren nicht gottgegeben. Die 24 Millionen € waren eine Finanzvorgabe, die wissenschaftspolitisch durch nichts zu rechtfertigen ist. Ich will hinzufügen: Es wundert mich, dass die Universität Lübeck sich diese Zahl selbst zu eigen gemacht hat und ein Konzept vorgelegt hat, das auf einer solchen Zahl basiert. Dazu komme ich noch. Das habe ich wirklich nicht verstanden, und ich fand es auch erheblich schwierig und durch nichts gerechtfertigt.

Meine Damen und Herren, Glückwunsch in erster Linie an die Studierenden, Wissenschaftler, Regionalpolitiker und Wirtschafts- und Gewerkschaftsvertreter aus Lübeck, aber eben auch über Lübeck hinaus, für ihre sachliche, kreative und durchaus druckvolle Art und Weise, Argumente vorzutragen. Denn Lübeck braucht die Hochschulmedizin. Lübeck ist ein erstklassiger Campus für die Hochschulmedizin. Deswegen ist es gut, dass beides erhalten bleibt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Aber machen wir uns in dem Zusammenhang nichts vor: Nicht die guten Argumente aus Lübeck, sondern das Geld aus Berlin hat die Universität gerettet. Denn es ist noch keine zwei Tage her, als wir aus den Reihen der Landesregierung deutlich vernehmen konnten, dass die Sicherung des Medizinstandortes Lübeck aus sich heraus keinesfalls selbstverständlich ist.

Nein, im Gegenteil: Was wir in dieser Woche erlebt haben - deswegen war es notwendig, diese Debatte dringlich zu fordern -, ist, dass es die Landesregierung endgültig geschafft hatte, die verschiedenen Standorte der Universitäten in Schleswig-Holstein gegeneinander aufzubringen. Das war schon teilweise abenteuerlich, was da zu lesen war. „Sparkampf Uni gegen Uni“ titelten die „KN“, oder „Ein

gespaltenes Land“ kommentierten die „Lübecker Nachrichten“. Nun darf sich eine Politik ohne Vernunft nicht wundern, wenn sich Irrationalität in der Debatte und der Auseinandersetzung ausbreitet. Es waren geradezu Räuberpistolen, die wir über Dolchstoßlegenden und Verschwörungstheorien zwischen Kiel und Lübeck lesen konnten. Da waren Sätze, die normalerweise eher in Krimis zu finden sind als in einer Berichterstattung über Wissenschaftspolitik.

Es mag das eigene Herz wahrscheinlich erleichtern, sich über Geheimpapiere und Geheimtreffen zu empören. Aber ich sage in aller Deutlichkeit: Das Problem sind nicht Kiel oder Lübeck oder Kiel und Lübeck, sondern das Problem sind Herr Carstensen und die Landesregierung. Das muss noch einmal deutlich festgehalten werden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Ich freue mich, dass die Pläne der Landesregierung für die Uni Lübeck vom Tisch sind. Sie waren grober Unfug. Ich will dabei nicht vergessen hinzuzufügen, dass auch das sogenannte Alternativkonzept der Uni Lübeck, von dem im Übrigen bis heute unklar ist, welche Gremien der Uni Lübeck dies überhaupt beschlossen haben, unserer Auffassung nach keinen Deut besser ist - nicht nur, weil es den Einstieg in Studiengebühren bedeutet, sondern auch, weil erhebliche Lasten auf das UK S-H und damit auf die Mitarbeiter des Klinikums transferiert werden und die Realisierung des Masterplans untergraben wird. Das halten wir für nicht akzeptabel.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LIN- KEN)

Es kann nicht sein, dass das Klinikum und die Mitarbeiter das bezahlen sollen, was im Hochschulmedizinbereich für den Bereich der einzelnen Lehrstühle gesichert werden soll.

(Ursula Sassen [CDU]: Wo ist denn Ihr Lö- sungsvorschlag?)

Mir ist auch aufgefallen - das kommt nicht von ungefähr -, dass bei den Argumenten der Finanzierungsströme das Lübecker Konzept ausdrücklich auf Gießen-Marburg Bezug nimmt. Das ist doch nichts weiter als der Hinweis darauf, dass man auch in Lübeck der Auffassung ist, dass man sich gegebenenfalls auch über eine Privatisierung des UK S-H zu retten wünscht. Ich sage einmal: Die Studierenden, die Mitarbeiter des Klinikums, die Pfleger und Krankenschwestern haben hier gestan

(Jürgen Weber)

den und für den Erhalt der Lübecker Universität gekämpft und sich eingesetzt. Es ist schäbig, wenn sich Wissenschaftler hinstellen und offen sagen, dass sie die Sanierung und Sicherung ihres Klinikums nicht als Grundlage nehmen, sondern die Sicherung der Hochschulmedizin auf Kosten der Mitarbeiter des Klinikums wollen. Das ist nicht in Ordnung, deswegen werden wir das auch nicht mittragen.

(Beifall bei SPD und der LINKEN sowie vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Lassen Sie mich zum Schluss kommen und darauf hinweisen, dass es erheblichen Beratungsbedarf gibt. Es ist in der Sache vom Grundsatz her nichts dagegen einzuwenden, dass das IFM-GEOMAR in die Helmholtz-Familie einrückt. Wir wissen, dass Helmholtz ein festes Budget hat. Und die Mittel, die jetzt bundesweit für die Aufnahme des IFMGEOMAR in die Helmholtz-Gemeinschaft verausgabt werden müssen, müssen irgendwo herkommen. Wir haben viele andere Wünsche, was die Finanzierung von Forschungsvorhaben in Schleswig-Holstein angeht. Wir werden uns sehr genau angucken, ob es tatsächlich ein „Obendrauf“ oder „Woanders her“ ist. Ich glaube, dass wird die Fachdiskussion, die wir führen müssen.

Wir wollen kein Wasser in den Wein gießen und deutlich sagen, dass wir uns freuen, dass eine Lösung für Lübeck gefunden worden ist. Aber wir wollen auch deutlich sagen, dass es viele Fragen gibt und dass wir die Regierung nicht aus der Verantwortung entlassen, eine Politik im Wissenschaftsbereich zu machen, die nicht Abbau, sondern Sicherung und Ausbau heißt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich mich bei dem Kollegen Habeck dafür bedanken, dass er das, was wir als Erfolg für Schleswig-Holstein bezeichnen, auch als solchen klassifiziert. Das ist für einen Oppositionspolitiker, der eigentlich anders drauf war, als er den Antrag stellte, eine beachtliche Leistung und nicht gerade gewöhnlich. - Dafür herzlichen Dank.

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich möchte auch ausdrücklich sagen, dass ich die Auffassung teile, die Sie zur Frage der Finanzierung von Wissenschaft und Forschung geäußert haben, dass die konsequente Trennung im Rahmen der Föderalismuskommission ein Fehler war, der dringend korrigiert werden muss, weil sich kein Land mehr - künftig auch unsere süddeutschen Freunde nicht, weder Baden-Württemberg noch Bayern - Universitäten oder Forschungscluster leisten kann, die es aus eigenen Mitteln finanzieren muss, wenn sie weltweite Bedeutung haben sollen. Da brauchen wir den Bund. Da müssen wir aufpassen, dass wir nicht dauernd nach Umweg-Finanzierungen suchen müssen, die hart an der Grenze der Verfassungsmäßigkeit entlangschrammen. Da müssen wir die Verfassung insoweit ändern.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei der CDU)

Es gibt auch hier ordentliche Vorbilder. Man muss nur in die Schweiz schauen: Es gibt sehr eigenständige Kantone, und trotzdem gibt es dort regelmäßig Vereinbarungen über die Finanzierung exzellenter Wissenschaft in den Kantonen - bei strikter Trennung der Kompetenzen. Warum soll das, was in der Schweiz möglich ist, nicht auch bei uns möglich sein?

(Zuruf von der SPD)

- Wir können aus Österreich gern das Steuerrecht übernehmen, wenn Sie das wollen. Die haben keine Erbschaftsteuer mehr. Darauf will ich nur hinweisen.

Ich will mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Studierenden der Lübecker Universität bedanken und beim AStA - und das hat mit Zynismus gar nichts zu tun, ich glaube, das werden Sie schwer verstehen -, weil die zwar wütend, aber nicht bösartig waren und weil die Demonstrationen bei Verhandlungen in Berlin geholfen haben, Argumenten, die wir vorgebracht haben, Gewicht zu verleihen. Der Kollege Stegner hat leider den Saal verlassen. Er weiß es möglicherweise auch noch, früher hat er erfolglos verhandelt. Wir haben erfolgreich verhandelt. Jeder weiß doch, wie schwierig es ist, den Bund im Konzert mit den anderen Bundesländern dazu zu bewegen, Mittel freizugeben, die er ursprünglich gar nicht geben will. Ich sage hier ausdrücklich: Wir haben die Zusage einer dauerhaften strukturellen Entlastung in Höhe von 25 Millionen €. Das IFM-GEOMAR ist nur ein Schritt dabei, der sehr plakativ dokumentiert werden konnte. Aber es wird jetzt eine Arbeitsgruppe zwischen

(Jürgen Weber)