(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP] - Werner Kalinka [CDU]: Dem Landtag, Frau Kollegin!)
Ich erwarte jetzt dafür gar kein Lob, aber Anerkennung für diesen Schritt hätte ich schon gern. Ich habe am Anfang ausgeführt, warum wir diese Maßnahme auch hätten ablehnen können. Das könnten wir ohne Weiteres. Wir haben uns aber bewusst dagegen entschieden, um Ihnen und der Öffentlichkeit die Transparenz unseres Handelns offenzulegen.
Ich möchte gern meine Aussage gegenüber den Besucherinnen und Besuchern auf der Tribüne richtigstellen - das macht man von vorn dann auch -: Wenn Sie ohne Blitzlicht fotografieren, ist das zulässig. So können Sie dann eine Erinnerung mitnehmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich erspare mir und uns einen Kommentar zu dem bemerkenswerten juristischen Exkurs von Frau Loedige. Ich möchte doch wieder zur Politik zurückkehren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen von CDU und FDP, ich kann schon sehr gut verstehen, warum Sie sich zieren, die 1.500 oder 2.500 Seiten zu veröffentlichen. Das ist doch auch der Inhalt des Antrages, den Sie hier vorgelegt haben.
Wer entscheidet denn darüber, was maßgeblich ist, Frau Loedige? Wer zensiert denn das, was uns zur Einsicht gegeben wird? Sie wollten uns nicht informieren - und ich fürchte, aus gutem Grund. Denn Ihr Sparpaket besteht erstens aus Luftnummern, zweitens aus Kostenverschiebungen - zum Beispiel zur Europäischen Union -, drittens aus einer Verlagerung von Kosten hin zu den Kommunen, vornehmlich geht Ihr Sparpaket aber zulasten der einkommensschwächeren Teile unserer Bevölkerung. Dazu sagen wir schlicht und einfach Nein.
Sie halten die 1.500 oder 2.500 Seiten zurück, weil Sie sonst offenlegen müssten, dass Sie die Sparziele gar nicht erreichen können, weil aus den Minderausgaben immer auch Mindereinnahmen folgen. Das eine oder andere Detail ist schon bekannt.
Was passiert denn, wenn beispielsweise der Hafen in Friedrichskoog dichtgemacht wird? - Die Europäische Union wird es schon richten. Was passiert denn, wenn die Zuschüsse für das Schleswig-Holstein Musik Festival gekürzt werden? Was passiert denn, wenn die TASH, die Tourismusagentur Schleswig-Holstein, weniger Zuschüsse bekommt? Was passiert denn, wenn die Medizinische Fakultät in Lübeck dichtgemacht wird? Und was passiert, wenn der wirtschaftswissenschaftliche Zweig an der Universität Flensburg abgewickelt wird? - Sie legen die Fakten hier und heute nicht auf den Tisch. Sie berichten nicht über die Risiken und die Nebenwirkungen Ihrer Kahlschlagpolitik, Sie ducken sich einfach weg, Augen zu und durch.
Damit, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, kommen Sie auf Dauer nicht weiter, denn es wird von Tag zu Tag klarer, dass Sie an einer Politik festhalten wollen, die schon längst gescheitert ist: Sparen bei den Armen, kürzen bei den Kurzen, Steuergeschenke für Besserverdienende das spaltet die Gesellschaft, und das lähmt auch die Wirtschaft, Frau Loedige.
Lassen Sie uns doch einmal beispielhaft die Kürzung bei den Kindern durchrechnen. Sie müssten das doch gemacht haben. Wir würden gern einmal Ihre Berechnungen sehen. Die Streichung des letzten beitragsfreien Kindergartenjahres: Zunächst einmal, die Kosten für die Beitragsfreiheit sind eben einmal um 25 % geringer als geplant. 25 % Sie sind mir gute Finanzjongleure! Wenn Sie nun die 26 Millionen € einsparen, kann es vielleicht sein, dass das irgendwo zu zusätzlichen Kosten führt? Kann es sein, dass die Kommunen über die Sozialstaffel - selbstverständlich unterschiedlich stark; manche auch gar nicht, wenn sie keine haben - belastet werden? Haben Sie ausgerechnet, wie hoch diese zusätzliche Belastung für die einzelnen Kreise ist? Haben Sie schon einmal in die Landesverfassung geschaut? - Dort heißt es seit Neuestem, dass die Kosten nicht auf die Kommunen abgewälzt werden dürfen. Was bedeutet das für die Streichung der Beitragsfreiheit des Kita-Jahres? Erzählen Sie uns, wie Sie die zusätzlichen Belastungen für die Kommunen ausgleichen wollen und was das alles für den Landeshaushalt bedeutet.
Damen und Herren - auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -, zu Ihrem heroischen Einsatz bei der Verfassungsänderung zur Schuldenbremse. Diese Landesregierung denkt gar nicht daran, die zusätzlichen Belastungen für die Kommunen auszugleichen, sie denkt gar nicht daran.
„Bankenrettung und Kindesgefährdung“ sollte die Überschrift über Ihre Politik lauten - übrigens auch im Bund, nicht nur im Land. Es werden Unsummen in den Finanzsektor geschoben, den Kindern wird ein würdiges Leben verweigert.
Ein anderes Beispiel, das Blindengeld. Hier lassen sich die Kosten und der Nutzen relativ leicht berechnen. Zunächst aber: Es ist eine moralische Bankrotterklärung, an dieser Stelle sparen zu wollen, bei den Ärmsten der Armen - ich kann es immer noch nicht fassen - und das von einer Partei mit christlichen Wurzeln.
Sie kürzen eine Regelleistung - und es wurde gerade gesagt Blindenhilfe - und verweisen auf eine Antragsleistung. Die Kosten für die Bearbeitung der Anträge, haben Sie die bei den Einsparzielen berechnet? - Schöne Entbürokratisierer sind Sie!
Aber es interessiert Sie ja auch nicht, dass andere dafür geradestehen müssen, es trifft ja nicht den Landeshaushalt. Kirchturmpolitik ist das, und kurzsichtig ist das.
Meine Damen und Herren, wir haben ein Recht darauf. Ich verweise auf die Begründung des Antrags von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir haben ein Recht darauf, über die Risiken und Nebenwirkungen Ihres sogenannten Sparpaketes informiert zu werden, auch übrigens über die Alternativen, die in der Haushaltsstrukturkommission diskutiert worden sind. Der Präsident des Landesrechnungshofs hat schon zarte Anspielungen gemacht. Ich habe irgendwo einmal den Begriff Kirchenstaatsvertrag gehört. Aber dazu würde ich gern von Ihnen hier etwas hören.
Für uns, für die Fraktion DIE LINKE, wird immer klarer, Sie wollen Steuersenkungen für Ihre Klientel, und das Geld dafür holen Sie sich bei den Familien, bei den Kindern, aus den sozialstaatlichen Sicherungen, aus der Bildung und der Hochschulbildung und aus der Kultur. Legen Sie deshalb die Un
Meine Redezeit ist gerade zu Ende, und ich habe ein bisschen Kopfschmerzen. Ich bitte um Verständnis.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zu der Kollegin Loedige und zu dem Kollegen Koch muss ich sagen: Man muss sich vieles anhören, ehe einem die Ohren abfallen. Aber darauf werde ich gleich noch einmal zurückkommen.
Es ist eine ziemlich skurrile Situation, in der wir hier stecken. Eine Kommission aus Mitgliedern der Landesregierung, Vertretern der regierungstragenden Fraktionen und Hospitanten des Landesrechnungshofs hat die zukünftige Finanzpolitik des Landes beschlossen. Sowohl das Kabinett als auch die regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP haben dieses Papier abgesegnet und es öffentlich verbreitet. Der Opposition wird aber gesagt, sie habe keinen Anspruch auf die entsprechenden Unterlagen, weil es sich schließlich nicht um Regierungshandeln handle. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist absurdes Theater!
Niemand ist wirklich zuständig für das Papier, von dem wir seit Ende Mai 2010 wissen, dass es das finanzielle Schicksal Schleswig-Holsteins bestimmt und zu dem der Ministerpräsident sogar eine Regierungserklärung abgegeben hat. Die wichtigste Reform seit Jahrzehnten ist ein schwarzes Loch. Wir sehen die finanziellen Auswirkungen, aber niemand kann erklären, weshalb sie eintreten, denn die entsprechenden Hintergründe darf keiner sehen.
Das Ziel der Haushaltskonsolidierung heiligt für die schwarz-gelbe Koalition offensichtlich die Mittel. Die Gewaltenteilung und die demokratische Transparenz werden ohne Not auf dem Altar der Schuldenbremse geopfert. In ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage ,,Empfehlungen zur Konsolidierung der Finanzen des Landes Schleswig-Holstein“ schreibt die Landesregierung: „Die Haushaltsstrukturkommission ist keine Einrichtung der Landesregierung. Sie ist auf der Grundlage des Koalitionsvertrages zusammengetreten.“ Sie verweist vielmehr darauf, dass sie - ich zitiere - ,,zum Abwägungs- und Entscheidungsprozess der Haushaltsstrukturkommission keine Stellung“ bezieht, weil es eben kein Regierungsgremium sei und weigert sich, auf konkrete Fragen zu den einzelnen Empfehlungen der Haushaltsstrukturkommission einzugehen. So geht man nicht mit einem demokratisch gewählten Parlament um.
Wenn die Landesregierung sich die Empfehlungen einer Kommission eins zu eins zu eigen macht, dann muss sie auch bereit sein, die Argumente und Fakten offenzulegen, die zu den Entscheidungen geführt haben. Deshalb fordern wir, dass uns diese Informationen, die den Landeshaushalt entscheidend prägen werden, mit dem Haushaltsentwurf der Landesregierung zur Verfügung gestellt werden. Dies gilt umso mehr, als die Landesregierung natürlich maßgeblich an den Beschlüssen beteiligt gewesen ist. Sie hat nicht nur mit am Tisch gesessen und in Person des Finanzministers der Kommission sogar vorgesessen, sie hat auch die entscheidenden Daten geliefert.
Die Haushaltsstrukturkommission hat für ihre Arbeit Unterlagen genutzt, die in den Ministerien erarbeitet worden sind. Sie hat sogar mehr getan. Die Landesregierung hat sich schon jetzt von der Kommission leiten lassen. In den letzten Monaten haben Mitglieder der Landesregierung in Ausschusssitzungen mehrfach Vorschläge vorgelegt, die aus der Feder der Kommission stammten. Minister Dr. Klug hat zum Beispiel im Bildungsausschuss als Begründung für seine Rücknahme des Pflichtstundenerlasses angegeben: Die Haushaltsstrukturkommission wollte es so - ohne Begründung und ohne Abwägung. Das ist Veralberung des Parlaments.
Das ist auch kein Umgang mit den Bürgerinnen und Bürgern, die nachher unter den Einsparungen zu leiden haben. Es ist das Mindeste, dass die Landesregierung den Betroffenen klar und schlüssig begründet, weshalb sie zu so schwerwiegenden Maßnahmen greift.
CDU und FDP haben gemauert und sich nicht in die Karten gucken lassen, was nebenbei bemerkt den Eindruck hinterlässt, als würden sie ihren eigenen Argumenten nicht trauen. Dann wird der Opposition seit Veröffentlichung der Haushaltsempfehlungen auch noch zugerufen, sie könne ja einfach Änderungsvorschläge machen.
Darum ist höchste Zeit, dass die Koalition signalisiert, dass sie zu einem geordneten parlamentarischen Verfahren zurückkehren wird. Das gesamte Parlament, Regierungsfraktionen wie Opposition, muss aufgeklärte Entscheidungen treffen können. Ein fruchtbarer und ergebnisoffener Dialog ist aber nur möglich, wenn dem Landtag zumindest jene Hintergrundpapiere zur Verfügung gestellt werden, die die Haushaltsstrukturkommission und der Landesrechnungshof erhalten haben. Daran müssten eigentlich auch die Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen ein Interesse haben, denen ich ganz einfach nicht unterstellen mag, dass sie ihr Verständnis von Parlamentarismus und Gewaltenteilung an der Garderobe des Landtags abgegeben haben.
Zu einem Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Kai Dolgner aus der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich in dieser Debatte nicht reden, aber einige Ausführungen haben mich doch bewogen, deutlich zu machen, warum sich auch die Abgeordneten der Regierungskoalition vielleicht für die Papiere interessieren könnten und sollten. Ich nehme ein Beispiel, das in der Sammeldrucksache enthalten ist, Punkt 15, Reform der Katasterverwaltung.
Das liest sich eigentlich alles ganz gut. Man sieht, da werden ganz viele Kosten gespart, und das scheint auf den ersten Blick sinnvoll zu sein. In der Kostenbegründung wird auf ein Konzept Bezug ge
nommen, das uns nicht vorliegt. Wenn man sich dieses Konzept einmal besorgt und hineinschaut, stellt man fest, dass das Konzept, wenn es so umgesetzt wird, ab 2018 dazu führen wird, dass das Land 700.000 € weniger in der Kasse hat, als es haben könnte. Ich rechne Ihnen das vor. Es ist relativ einfach.
- Ja, ich glaube auch, das haben Sie zu befürchten. Die jährlichen Einsparungen nach dem Konzept aus Ihrer eigenen Gruppe betragen - es interessieren eigentlich nur die jährlichen Einsparungen, wenn man mit dem Konsolidierungsprozess zu Ende ist ab 2019 rund 4,7 Millionen € pro Jahr.