Protocol of the Session on July 7, 2010

Wir behandeln gleich noch den Tagesordnungspunkt „100 % Strom aus erneuerbaren Energien“. Herr Magnussen ist ja ein großer Fan von erneuerbaren Energien. Bei diesem Tagesordnungspunkt werden wir sehen, dass die erneuerbaren Energien erheblich schneller gewachsen sind, als man angenommen hatte. Sehen wir uns einmal an, wo die erneuerbaren Energien wachsen. Das ist in Schleswig-Holstein, in Niedersachsen, also im Norden der Fall. Im Süden, wo die Atomkraftwerke stehen, ist es so, dass verhindert wird, regenerative Energien voranzubringen. Wir haben es hier insofern nicht mit einem Problem der regenerativen Energien oder der Stromlücke zu tun, sondern es ist einfach ein Problem des Verdienstes, weil die großen Konzerne weiterhin auf Strom aus Kohle und Atomstrom setzen und in dieser Hinsicht eine Verfestigung für die nächsten 40, 50 Jahre anstreben. Es gibt keine Atomlücke.

(Beifall bei der SPD - Der Abgeordnete Dr. Christian von Boetticher [CDU] meldet sich zu einer weiteren Zwischenfrage)

- Sie können sich gern wieder hinsetzen. - Vielen Dank.

Herr Arp wollte auch noch eine Zwischenfrage stellen. Ich hätte mich gefreut, auch darauf noch antworten zu können.

Ich komme zu meinem letzten Satz, weil ich meine Redezeit nicht überziehen möchte. Wir werden dem Antrag der Grünen ein weiteres Mal zustimmen. Wir haben es ja auch im Ausschuss schon getan. Wir stehen dazu und gehen davon aus, dass diese Landesregierung ebenfalls dazu steht. Jedenfalls gehe ich davon aus, wenn das richtig ist, was sie uns immer erzählt. Wir brauchen insofern keine Laufzeitverlängerungen. Wir stehen zu dem, was wir mit den Unternehmen gemeinsam ausgehandelt haben.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP hat Herr Abgeordneter Oliver Kumbartzky das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Ihr Antrag hat mich wirklich überrascht. Damit meine ich aber keineswegs den Inhalt, sondern die Tatsache, dass Sie diesen Antrag erst in dieser Tagung stellen. Ich hatte - damit stand ich nicht allein - felsenfest damit gerechnet, dass Sie den Antrag schon in der Juni-Tagung einbringen würden. Im Juni haben wir tatsächlich einmal nicht über einen Antrag der Grünen betreffend Kernenergie debattiert. Dafür tun wir es heute. Insofern bin ich beruhigt: Es gibt Sie also noch.

Der Inhalt Ihres heutigen Antrages unterscheidet sich nur minimal von dem Inhalt des Antrags Drucksache 17/79 vom November vergangenen Jahres. Auch die Begründung ähnelt der von damals. Die letzten drei Wörter, die Herr Habeck sagen würde, waren auch klar.

Sie haben lediglich zwei Aspekte hinzugefügt. Zum einen haben Sie die Frage nach der Zustimmungspflicht des Bundesrates hinzugefügt. Zum anderen haben Sie in Ihrer Begründung eine Pressemitteilung der FDP-Fraktion erwähnt. Es freut mich wirklich sehr, dass Sie die Pressemitteilungen und die Position unserer Fraktion genau studieren. Es wird Sie daher nicht überraschen, wenn ich sage, dass die FDP in Schleswig-Holstein in der Frage der Kernkraft schon seit Jahren eine kritischere Position einnimmt als die Bundespartei. Daran hat sich, wie Sie auch selber in dem Antrag dokumentiert haben, nichts geändert.

(Beifall bei FDP, SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie kennen sicherlich unseren Koalitionsvertrag mit all seinen Punkten.

(Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie wissen deshalb auch, wie sich CDU und FDP im Landtag und vor allen Dingen im Bundesrat verhalten. Was das Atomgesetz betrifft, so hat das Land nun einmal keine Regelungskompetenz. Das Energiekonzept der Bundesregierung wird im Herbst vorgelegt werden. Erst dann wissen wir, was genau geplant wird und wie es umgesetzt werden soll. Ich bin mir quasi 1.000-prozentig sicher, dass die Grünen direkt nach der Veröffentlichung des Konzepts Anträge dazu einreichen werden. Wahrscheinlich haben Sie sie schon formuliert. Ich freue mich auf die Debatte.

(Olaf Schulze)

Das Energiekonzept der Bundesregierung wirft natürlich seine Schatten voraus. Die Koalition auf Bundesebene wie auch unsere Koalition in Schleswig-Holstein haben immer gesagt: Wir wollen schnellstmöglich das Zeitalter der regenerativen Energien erreichen. Darüber sind sich doch wirklich alle Fraktionen hier im Hause einig. Was aber niemals außer Acht gelassen werden darf, ist, dass wir Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit brauchen. Alle diese Punkte müssen zueinander passen. Aber das wissen Sie sicherlich auch.

(Christopher Vogt [FDP]: Nein, das wissen sie nicht!)

Und auf Grundlage dieser Punkte wird das Energiekonzept der Bundesregierung berechnet. Es wird sich in dem Konzept und dem daraus abgeleiteten Gesetzentwurf auch die Antwort auf die Frage nach einer möglichen Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke ergeben. Wie genau das Energiekonzept und der Gesetzesentwurf aussehen werden, ist noch nicht bekannt, uns zumindest noch nicht. Ich frage mich daher, warum durch den Antrag der Grünen heute schon Fakten geschaffen werden sollen.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil wir die Regierung unter- stützen wollen! - Anhaltende Unruhe)

Uns ist bewusst -

Das Wort hat Herr Abgeordneter Kumbartzky.

Vielen Dank, noch zwei Minuten. - Uns ist bewusst, dass wir nicht von heute auf morgen auf die Kernenergie verzichten können. Als Übergangstechnologie brauchen wir die Kernkraft, bis erneuerbare Energien in ausreichendem Umfang grundlastfähigen Strom produzieren können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Da liegt auch eines der Kernprobleme, um ein Wortspiel aufzugreifen. Eines der Kernprobleme ist nun einmal die Grundlastfähigkeit. Sie lehnen Kohlekraftwerke ab, Sie lehnen Kernkraftwerke ab. Es ist nun einmal so, dass wir heute noch nicht für die Grundlast sorgen können. Das ist Tatsache.

(Zuruf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wie lange brauchen Sie denn dafür?)

Ich erwähnte eben das Energiekonzept der Bundesregierung. Es wird die Energiepolitik der Länder direkt berühren. Daher haben CDU und FDP auch einen Antrag eingereicht, der in der Sammeldrucksache am Freitag beschlossen wird. Darin geht es nämlich um einen weiteren, sehr wichtigen energiepolitischen Aspekt, nämlich den Netzausbau. Insbesondere der Ausbau der erneuerbaren Energien wird einen synchronen Netzausbau erfordern. Zugleich ist auch die Einbettung der erneuerbaren Energien in den Energiemix von Bedeutung. Daher bitten wir die Landesregierung, spätestens in der 3. Tagung des Landtags nach Veröffentlichung des Energiekonzepts der Bundesregierung einen schriftlichen Bericht vorzulegen, der die Auswirkungen des Energiekonzeptes auf Schleswig-Holstein abbildet.

Sie sehen: Das Energiekonzept der Bundesregierung wird den Landtag noch intensiv beschäftigen, und zwar nicht nur durch Schaufensteranträge der Grünen.

Ich fasse zusammen, was sich aus dem eben Gesagten schlussfolgern lässt: Die FDP-Fraktion wird den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen. Denn - und das hat Minister Schmalfuß in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen treffend zusammengefasst - eine abschließende Beantwortung der Frage der Zustimmungspflichtigkeit wird erst nach Vorlage eines konkreten Gesetzesentwurfs möglich sein.

Dennoch - das wissen Sie auch -, an der Position der FDP Schleswig-Holstein hat sich nichts geändert. Daher haben Sie mit Ihrem Zitat ganz recht, wenn Sie Herrn Kubicki mit dem Satz zitieren: „Sollte die generelle Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken im Bundesrat zustimmungspflichtig sein, wird es dafür keine Stimme aus Schleswig-Holstein geben.“

(Beifall bei FDP und CDU)

Ich begrüße auf der Besuchertribüne Herrn KlausPeter Puls, ehemaliger Abgeordneter von der SPDFraktion. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Für die Fraktion DIE LINKE hat Frau Abgeordnete Ranka Prante das Wort.

(Oliver Kumbartzky)

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die schleswig-holsteinischen Atomkraftwerke Krümmel, Brokdorf und Brunsbüttel, die wir alle kennen, von denen mindestens zwei fragwürdige Bekanntheit aufgrund der Vielzahl von Störfällen, Pannen und weiteren Ungereimtheiten genießen.

Wir haben ein Atomgesetz mit fest definierten Reststrommengen und den damit verbundenen Verlust der Betriebsgenehmigungen. Wir haben eine Vielzahl von Rechtsgutachten, nach denen die Laufzeitverlängerung ohne eine Zustimmung des Bundesrates nicht möglich ist, weil die Länder im Vollzug des Atomgesetzes ganz andere und viel umfangreichere Aufgaben haben würden als jetzt. Wir haben unkalkulierbare Gefahren beim Betrieb von Atomkraftwerken.

Wir wissen, dass selbst im Normalbetrieb Atomkraftwerke krebserzeugende Radioaktivität an die Umwelt abgeben. Wir wissen, dass jede noch so geringe Abgabe von Strahlung Erkrankungen wie Krebs bei uns Menschen auslösen kann. Und wir wissen, dass Unfälle jederzeit möglich sind, wenn nicht sogar auch Terroranschläge. Wir wissen, dass das Leben und die Gesundheit der Bevölkerung, damit auch unser Leben, in dauerhafter Gefahr sind.

Ich möchte jetzt gern etwas zitieren und wundere mich, dass FDP und CDU diesem Antrag nicht zustimmen. Der schleswig-holsteinische Justizminister Emil Schmalfuß erklärte:

„... dass es keine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken ohne Zustimmung der Länder im Bundesrat geben kann.“

Ich zitiere Wolfgang Kubicki, der erklärte:

„Sollte die generelle Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken im Bundesrat zustimmungspflichtig sein, wird es dafür keine Stimme aus Schleswig-Holstein geben.“

Deswegen kann ich nicht nachvollziehen, warum dieser Antrag vonseiten der CDU und der FDP nicht unterstützt wird.

(Beifall bei der LINKEN, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind die Liberalen!)

Das kann ich nicht nachvollziehen. Die bereits genannten Zitate vermitteln vordergründig eine zuvor noch nicht gekannte Einigkeit beim Thema Atom

energie, die ich noch einmal für uns alle zusammenfasse:

Erstens. Änderungen des Atomgesetzes halten wir alle für zustimmungspflichtig.

Zweitens. Eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken lehnen wir alle ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Lassen Sie uns heute zunächst alle gemeinsam einen kleinen Schritt in die richtige Richtung gehen

(Beifall bei der LINKEN, SPD, SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

und uns auf diese Kernaussagen einigen. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung - nicht nur, um die bisher verursachten Verunsicherungen bei den Bürgern und Bürgerinnen Schleswig-Holsteins zu beseitigen, sondern insbesondere um unsere Umwelt zu retten, durch effizienten Umgang mit Energie Klimaschutzziele und damit eine wahre Energiewende hin zu den erneuerbaren Energien und den damit verbundenen Verbesserungen für unsere Umwelt und Gesellschaft zu erreichen: Weg von der elenden Atomenergie!